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News aus den Bundesländern

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Rot-Grün-Rot will 20.000 Einbürgerungen pro Jahr in Berlin

Zur Zeit erhielten in Berlin pro Jahr etwa 7000 Menschen die deutsche Staatsbürgerschaft, sagte Franziska Giffey (SPD), die zur Regierenden Bürgermeisterin gewählt werden will, am Montagabend. Das Ziel sei, in den nächsten Jahren 20.000 Menschen pro Jahr einzubürgern.

In Berlin, so Giffey, würden 400.000 Menschen, schon seit vielen Jahren leben, „die aber eines nicht haben: Und das ist die deutsche Staatsangehörigkeit“. Nach den Vorstellungen der Koalitionäre sollen die Einbürgerungen künftig zentral in der Hand des Landes organisiert werden. Zudem sollen die Verfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Bereits nach drei Monaten sollen die Betreffenden eine Entscheidung erhalten. Bisher handhabt jeder Bezirk Einbürgerungen auf seine Weise.

Die drei Parteien sind sich darin einig, dass Berlin eine „weltoffene internationale Metropole“ sein soll, aber auch „Stadt der Zuflucht“. Wer in Berlin ankommt, soll es auch einfacher in der Verständigung mit den Ämtern haben. So soll die Einwanderungsbehörde stärker unterstützt werden, Sprach- und Dolmetsch-Dienste sollen in den Behörden der Stadt ausgebaut werden.

Im Ankunftszentrum solle es eine unabhängige Asylverfahrensberatung geben, sagte die Landesvorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch. „Wir wollen, dass die Menschen möglichst bald schon in den Unterkünften wohnen können. Wir setzen auf mehr Appartements, weniger Gemeinschaftsunterkunft.“ Bei der zuständigen Senatsverwaltung solle ein Beirat für Migration gegründet werden, der den zuständigen Senatsverwaltungen Empfehlungen gibt, wie das bestehende Aufenthaltsrecht besser genutzt werden könne, „um Aufenthaltsverfestigungen, um Bleibeperspektiven zu eröffnen“.

Das bestehende Landesprogramm, das jetzt schon zur Aufnahme von syrischen und irakischen Flüchtlingen galt, soll um afghanische Flüchtlinge erweitert werden. Zudem soll in Absprache mit dem UNHCR das jährliche Kontingent von 100 besonders hilfsbedürftigen Menschen aufgestockt werden, „damit Berlin einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, um bei den Krisenherden in aller Welt zu helfen.“

Katina Schubert (Die Linke) sagte, dass so schnell wie möglich Arbeitserlaubnisse „für Menschen mit Migrationsgeschichte“ erteilt werde sollen. „Bei Abschiebungen haben wir den Paradigmenwechsel, den wir in der letzten Legislatur eingeleitet haben, fortgeschrieben. Wir möchten nicht, dass Familien getrennt werden, dass aus der Schule abgeschoben wird und aus Krankenhäusern und nachts.“

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Land knüpft Hilfen für Meyer Werft an Arbeitsplatzerhalt

Das Wirtschaftsministerium in Hannover prüft Hilfen für den Kreuzfahrtschiffbauer Meyer Werft in Papenburg. «Für den Fall einer möglichen Förderung im Rahmen der Härtefall-Hilfen erwarte ich, dass damit Investitionen und ein direkter Beitrag für die Beschäftigten der Werft einhergehen, die der langfristigen Sicherung des Standortes Papenburg dienen und damit verbunden auch dem Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen zugutekommen», sagte Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) am Mittwoch auf Anfrage. Zuvor hatte der NDR darüber berichtet.

Bei der Meyer-Werft gibt es wieder Unruhe wegen des laufenden Abbaus von 450 Stellen. Auf diese Zahl hatten sich Werftleitung und der Betriebsrat in Papenburg nach langem Ringen Ende Juli geeinigt. Der Betriebsrat hat nach eigenen Angaben aber zuletzt gefordert, die Kündigungen zu überdenken. Der Vereinbarung nach sollen bis Ende November 350 Stellen bei der Werft selber wegfallen.

Im Zusammenhang mit den Härtefall-Hilfen, einem Förderprogramm für Unternehmen, die während der Corona-Krise bislang bei sämtlichen Hilfsprogrammen wie etwa den November/Dezember-Hilfen oder dem Überbrückungsgeld III nicht zum Zuge kamen, wäre nach Angaben des Wirtschaftsministeriums eine einmalige Förderung der Werft von bis zu 12 Millionen Euro möglich. Die Förderung werde jeweils zur Hälfte von Land und Bund getragen. Ob und in welcher Höhe die Meyer Werft Hilfen beantragt habe, sei vertraulich, hieß es aus dem Ministerium.

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Land intensiviert Bemühungen um Großinvestoren

Mecklenburg-Vorpommern will im Werben um große Firmenansiedlungen erfolgreicher werden. Auf ihrer Sitzung am Dienstag beschloss die Landesregierung die Einrichtung einer Interministeriellen Arbeitsgruppe (Imag), um solche Vorhaben früh und besser koordiniert anzugehen. «Mit der Imag Frühkoordinierung sind die Ressorts unter Federführung des Wirtschaftsministeriums nun auch offiziell vom Kabinett beauftragt, bei großen strukturbedeutsamen Ansiedlungsvorhaben gemeinsam voranzugehen. So können offene Fragen und notwendige Abstimmungen unkompliziert geklärt werden. Es gibt klare Verantwortlichkeiten und Ansprechpartner, das wissen Investoren zu schätzen», begründete Wirtschaftsminister Reinhard Meyer die Neuerung.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer steht in einer Metallgießerei.

Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer steht in einer Metallgießerei.© Jens Büttner/dpa/Archivbild

Erst im März hatte Schwerin im Rennen um die Ansiedlung zweier Chipfabriken des US-Konzerns Intel gegen Magdeburg den Kürzeren gezogen. Die Opposition warf der rot-roten Regierung vor, zu wenig dafür getan zu haben. Mit der Absage des Elektronik-Riesen scheiterte Mecklenburg-Vorpommern zum zweiten Mal mit dem Versuch, einen Großkonzern für eine Milliardeninvestition zu gewinnen. 2001 hatte BMW der Landeshauptstadt einen Korb gegeben und sein Werk mit heute rund 5000 Beschäftigten in Leipzig gebaut. Die US-Firma Tesla baute ihr Werk für Elektroautos in Grünheide bei Berlin.

Mecklenburg-Vorpommern gilt als das Bundesland mit der am schwächsten ausgeprägten Industrie. Nun soll die Gewinnung von Wasserstoff mit Hilfe von Ökostrom die Ansiedlung energieintensiver Industriezweige im Nordosten fördern. Dafür will das Land sogenannte grüne Gewerbegebiete ausweisen, in denen ausreichend Energie aus Sonne und Wind bereitsteht.

«Die Ansiedlung von strukturbedeutsamen Unternehmen strahlt in die Regionen aus. Neben den zusätzlichen direkten Beschäftigungsmöglichkeiten ermöglichen Großansiedlungen auch regional verankerten Unternehmen den Aufbau von neuen Kunden- und Lieferstrukturen», hob Meyer die Bedeutung großer Neuansiedlungen hervor. Doch seien Bewerbungen und Umsetzungen komplex.

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Neuwahlen in Sicht: Zerreißt es den Berliner Senat?

Messer der Niedertracht werden gewetzt, Fallgruben der Hinterhältigkeit ausgehoben, Gemeinheitsbomben im Internet gelegt: Am 16. November wird der Kampf losbrechen. An diesem Tag entscheidet Berlins Verfassungsgerichtshof, ob die Wahl zum  Abgeordnetenhaus vom September 2021 möglicherweise wegen zahlreicher Pannen komplett wiederholt wird. Trotz dieser Ungewissheit hat der  Wahlkampf  aber schon begonnen. Vor allem in der rot-grün-roten Koalition.

Neuwahlen in Sicht: Zerreißt es den Berliner Senat?

Neuwahlen in Sicht: Zerreißt es den Berliner Senat?© Bereitgestellt von Berliner Kurier

In der erst vor rund zehn Monaten gebildeten rot-grün-roten Koalition mit Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) knirscht es gerade gewaltig. Vor allem SPD und Grüne beharken sich. Jüngstes Beispiel ist der öffentlich ausgetragene Disput zwischen Giffey und ihrer Stellvertreterin, Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), über das Projekt einer autofreien Friedrichstraße.

Die ist nahe dem Gendarmenmarkt für Autos tabu, obwohl ein gut einjähriger Verkehrsversuch dazu im Oktober 2021 auslief. Jarasch will die Sperrung unumkehrbar machen und hat deshalb eine Umwidmung der Straße zur „Flaniermeile“ auf den Weg gebracht. Bis das erledigt ist, so das Verwaltungsgericht in einem am Dienstag mitgeteilten Beschluss, muss die Sperrung für Autos aufgehoben werden.

Giffey forderte auf einer Pressekonferenz nach einer Senatssitzung, den Gerichtsbeschluss zügig umzusetzen. So wie es bisher gelaufen sei, könne es nicht funktionieren. Jarasch, die wegen Urlaubs nicht an der Sitzung teilnahm und die Sperrung der Straße nicht aufheben will, mochte diese Breitseite nicht auf sich sitzen lassen. „Ich bin nicht sicher, ob Franziska Giffey genau verstanden hat, worum's bei diesem Urteil ging“, befand sie im Interview der Abendschau. Und fügte auf die Frage, ob das schon Wahlkampf sei, hinzu: „Also für die Verkehrswende bin ich in diesem Senat zuständig.“

Auch bei anderen Themen herrscht dicke Luft. So werfen Linke und Grüne Bausenator Andreas Geisel (SPD) fiese Machenschaften vor, um ein in Lichtenberg allseits abgelehntes Wohnungsbauprojekt durchzusetzen.

So fordert die grüne Gesundheitssenatorin Ulrike Gote seit zwei Wochen vehement, die Corona-Maskenpflicht auszuweiten, die bisher auf Busse und Bahnen sowie das Gesundheitswesen beschränkt ist. Am Dienstag scheiterte sie damit im Senat vorerst: Im Moment sei eine solche Maßnahme weder nötig noch begründbar, so der Tenor Giffeys wie auch der Linken.

Dem vorausgegangen sei eine sehr kontroverse Debatte, die Differenzen haben man nicht ausräumen können, hieß es aus Senatskreisen.

Die verdeckten Fouls und Rempeleien, die zuletzt auch schon in den Diskussionen um eine Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket und bei anderen Themen zu beobachten waren, werfen die Frage auf, wie handlungsfähig der Senat und die Koalition  noch sind. Droht der Stadt bis zum neuen Urnengang, der unter Wahrung einer Frist von 90 Tagen nach dem Urteil wohl am 12. Februar 2023 stattfinden würde, politischer Stillstand?

Für Oppositionsführer Kai Wegner ist die Sache klar. „Wer sich öffentlich so gegeneinander positioniert, tut das nicht, um als Team zu funktionieren“, glaubt der CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende. „Diese rot-grün-rote Zwangsgemeinschaft ist geprägt von Misstrauen, Missgunst und Streit. In der momentanen Situation allerdings kann sich die Stadt eine solche Art des Regierens nicht erlauben.“

Was Wegner meint, sind die Sorgen und Nöte vieler Menschen, die sich aus der Energiekrise ergeben. Bei der Bewältigung dieser Herausforderung – wie auch der Corona-Pandemie und der großen Zahl von Flüchtlingen – ist der Senat  besonders gefordert. Geplant ist etwa ein milliardenschweres Hilfspaket für Menschen und Unternehmen, das Bundeshilfen ergänzen soll. Dieses muss Schritt für Schritt umgesetzt, ein Nachtragshaushalt verabschiedet werden.

„Der Senat ist handlungsfähig“, sagt dagegen Berlins Linke-Vorsitzende Katina Schubert. „Die Koalition hat keine Zeit, sich jetzt in Wahlkampfgeplänkel zu verlieren. Aufgabe ist jetzt, diese Stadt durch den Winter zu bringen.“

Allerdings, fügt Schubert hinzu (und nimmt damit doch an der Schienbeintreterei teil), sei die SPD um Giffey aus dem Wahlkampfmodus seit dem Start der neuen Koalition im Dezember 2021 nie so richtig herausgekommen. Da werde öfter auf Effekte statt auf Konzepte gesetzt.

„Wir arbeiten in der Koalition weiterhin konzentriert und fokussiert für die Berlinerinnen und Berliner“, versichert die Grünen-Vorsitzende Susanne Mertens. „Machtspiele und Taktieren wird es mit uns nicht geben. Wir haben immer das Wohl der Stadt im Blick und erwarten das auch von unseren Koalitionspartnern.“

Die Regierungsparteien müssen also den Spagat meistern, einerseits in Zeiten multipler Krisen gut zu regieren, und sich andererseits einen vergleichsweise kurzen Wahlkampf zu liefern, den es in dieser Form noch nie gab. Und das vor dem Hintergrund jüngster Umfragen, die Giffeys SPD hinter Grünen und CDU nur auf Platz drei sehen.

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Wahlwiederholung in Berlin: CDU spricht von »Tiefpunkt für das Ansehen Berlins«

Die einen sehen den Ruf der Stadt beschädigt, andere bemängeln »desolate Verwaltungsstrukturen«. Die gerichtlich angeordnete Wahlwiederholung sorgt für Unmut in Berlin. Was sagt Bürgermeisterin Giffey?

Wahlwiederholung in Berlin: CDU spricht von »Tiefpunkt für das Ansehen Berlins«

Wahlwiederholung in Berlin: CDU spricht von »Tiefpunkt für das Ansehen Berlins«© JOHN MACDOUGALL / AFP

Das Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs steht fest: Wegen zahlreicher Fehler und Organisationspannen bei den Wahlen am 26. September 2021 ist das Ergebnis der Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen in der Hauptstadt ungültig. Beide Abstimmungen müssen damit wiederholt werden.

Die Gerichtsentscheidung war mit Spannung erwartet worden – zumal nach dem Wahlchaos in Berlin weiterhin auch eine Wahlwiederholung der am gleichen Tag durchgeführten Bundestagswahl im Raum steht. Die Entscheidung darüber hängt mit dem Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs allerdings nicht zusammen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPDkündigte am Nachmittag an, das Urteil nicht weiter anfechten zu wollen. »Wir respektieren dieses Urteil. Der Berliner Senat wird keine Beschwerde dagegen einlegen«, sagte Giffey. Der Senat werde nun alles tun, um eine reibungslose Wahl vorzubereiten.

Die SPD-Politikerin sprach von einer »herausfordernden Situation« und betonte, dass sie zum Zeitpunkt der Wahl im September 2021 noch nicht Regierende Bürgermeisterin gewesen war. »Umso mehr ist es für mich wichtig, die Konsequenzen daraus zu ziehen und alles zu tun, um diese Wahlen, die jetzt anstehen, gut vorzubereiten.«

Wahl in Berlin muss wiederholt werden
  • Wahlwiederholung in Berlin soll "reibungslos" verlaufen/

Giffey regiert in Berlin mit der Mehrheit einer rot-rot-grünen Koalition im Abgeordnetenhaus. Aus der chaotischen Wahl am 26. September 2021 war die SPD mit 36 Sitzen als stärkste Kraft vor den Grünen (32 Sitze) und der CDU (30 Sitze) hervorgegangen. SPD, Grüne und Linke kommen gemeinsam auf 92 der 147 Mandate.

CDU spricht von »Tiefpunkt für das Ansehen Berlins«

Die Berliner CDU, die bei der Wahl stärkste Oppositionspartei wurde, bezeichnete das Urteil als »eine schwere Niederlage« für Giffey. »Es ist ein Tiefpunkt für das Ansehen Berlins in Deutschland und der Welt«, teilte Generalsekretär Stefan Evers mit.

Die in Berlin ebenfalls oppositionelle FDP forderte nach dem Urteil eine Kehrtwende in der Landespolitik. Mit seiner Entscheidung setze das Gericht Berlin ein Denkmal der Dysfunktionalität, teilte der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja mit. »Wir müssen die Kontrolle über unsere desolaten Verwaltungsstrukturen zurückerlangen«, forderte Czaja.

Die Berliner AfD begrüßte das Urteil zur Wahlwiederholung. »Berlin hat eine zweite Chance bekommen«, teilte die Landesvorsitzende Kristin Brinker mit. Der Senat aus SPD, Grünen und Linke sei »für das Wahlchaos« verantwortlich gewesen. »Das Urteil stellt nun sicher, dass das Abgeordnetenhaus endlich rechtssicher zusammengesetzt ist.« Die Berliner sollten die Chance der Wahlwiederholung nutzen.

Wahlwiederholung am 12. Februar 2023

Laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler sollen beide Abstimmungen am 12. Februar 2023 wiederholt werden. Ab sofort würden die bereits getroffenen Vorbereitungen intensiviert, sagte Bröchler. So werde nun das Papier für die Stimmzettel offiziell bestellt. Wichtigster Punkt sei die Suche nach Wahlhelferinnen und Wahlhelfern. »Bereits seit dem Sommer setzen wir die Empfehlungen der Expertenkommission Wahlen um«, teilte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nach dem Urteil mit.

Mit Blick auf die mögliche Wiederholungswahl hatte der Berliner Senat zuletzt bereits das sogenannte Erfrischungsgeld für Wahlhelferinnen und -helfer deutlich erhöht. Ehrenamtliche Helfer sollen demnach für ihren Einsatz einmalig bis zu 240 Euro erhalten. Das Erfrischungsgeld für Ehrenamtliche liegt normalerweise bei 60 Euro.

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Koalitionsstreit in NRW - Grüne wollen Clan-Kriminalität „neu definieren“ - die Reaktionen sind heftig

NRW ist ein Zentrum von Clan-Kriminalität in Deutschland. Jetzt wollen die Grünen dort eine „neue Definition von Clan-Kriminalität“ schaffen, „die nicht stigmatisiert“. Der Widerstand ist groß - vor allem von NRW-Innenminister Reul.

Beamte bei einem Großeinsatz gegen kriminelle Clans (Symbolbild) Ina Fassbender/dpa

Beamte bei einem Großeinsatz gegen kriminelle Clans (Symbolbild) Ina Fassbender/dpa© Ina Fassbender/dpa

Eine Fehde zwischen Rockern der Hells Angels und dem kurdisch-libanesischen Saado-Clan eskaliert im Mai 2022. Nahezu 100 Männer treten auf dem Hamborner Markt in Duisburg gegeneinander an. Schüsse fallen, verletzen drei mutmaßliche Hauptakteure.

Im Juni liefern sich 400 Mitglieder zweier Clans erbitterte Straßenkämpfe in Essen-Altendorf. Teller und Gläser fliegen, immer wieder lassen die Schläger Stühle eines türkisches Grill-Lokals auf ihre Gegner niedersausen. Die Handy-Videos von dem Vorfall zeigen größere Gruppen, die ihre Opfer am Boden zusammentreten. Ein Kombattant wird durch einen Messerstecher schwer am Hals verletzt, zwei weitere Männer müssen ebenfalls behandelt werden.

Die Kriminalbeamten sprechen von typischen Tumultdelikten im Clanmilieu. Doch geht es nach den Grünen im NRW-Landtag, sollen solche Phänomene nicht mehr im Lagebild des Landeskriminalamts NRW zu Clan-Delikten auftauchen. Es sei denn, die Strafverfolger können nachweisen, dass die Organisierte Kriminalität (OK) hinter diesen Vorfällen steckt.

NRW: Grüne wollen „neue Definition von Clan-Kriminalität“

Julia Höller, innenpolitische Sprecherin der NRW-Grünen, pocht gegenüber FOCUS online darauf, „eine neue Definition von Clan-Kriminalität zu schaffen, die nicht stigmatisiert“. Im Koalitionsvertrag habe man sich mit der CDU darauf geeinigt, den Schwerpunkt auf den Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu legen. Eine einheitliche polizeiliche und justizielle Definition in diesem Bereich solle sich einzig auf kriminelle Strukturen beziehen, „ohne Menschen pauschal zu verurteilen und unter Generalverdacht zu stellen“, teilte Höller mit.

„Ich gehe davon aus, dass sich das Innenministerium und das Justizministerium zeitnah über eine gemeinsame Definition austauschen.“ Auch der Grünen-Justizminister Benjamin Limbach befürwortet nach eigenen Angaben das Vorhaben, den Clanbegriff neu zu fassen.

Wie dieser dann genau aussehen soll und welche Delikte herausfallen sollen, lässt Limbach allerdings offen. Die Agenda des NRW-Innenministers Herbert Reul (CDU) der tausend Nadelstiche gegen kriminelle kurdisch-libanesische Großfamilien ist bei den letzten Landtagswahlen indes auf großen Zuspruch gestoßen.

Reul geht auf die Barrikaden gegen die Pläne der Grünen

Im Clan-Diskurs droht inzwischen ein veritabler Zoff innerhalb der grün-schwarzen Koalition. Während Ministerpräsident Hendrik Wüst und seine grüne Stellvertreterin, Wirtschaftsministerin Mona Neubaur, nach außen hin einen äußerst harmonischen Regierungsstil pflegen, geht Innenminister Herbert Reul auf die Barrikaden. Vehement wehrt sich der CDU-Politiker gegen die Grünen-Pläne, den Kampf gegen die Clankriminalität aufzuweichen.

Auf FOCUS-online-Anfrage will der CDU-Politiker an seinem Law-and-Order-Kurs festhalten: „Wenn wir ein Problem lösen wollen, müssen wir es benennen und unter anderem jährliche Lagebilder zur Clankriminalität erstellen.“ Auf diese Weise leuchte man das Dunkelfeld aus und mache das Phänomen sichtbar, führt Reul aus. „Erst in der Gesamtschau erkennt man das ganze Ausmaß, die Zusammenhänge und die neuralgischen Punkte. Und nur so lassen sich maßgeschneiderte Konzepte entwickeln, um diese Kriminalität zu bekämpfen.“

Zwar stellten die Ermittler im Jahr 2021 in jedem fünften OK-Verfahren Bezüge zu kurdisch-libanesischen Großfamilien fest. In NRW zeige die Clan-Kriminalität allerdings viele Gesichter, so Reul: „Aggressives Machtgehabe in der Öffentlichkeit, Tumulte, Gewalt-Eskalationen – alles mit dem Ziel, bestimmte Straßen und Plätze für sich zu reklamieren.“ Demnach bespielen Clan-Größen die ganze Bandbreite der Allgemeinkriminalität: Bedrohungen, Beleidigungen, Nötigungen, Körperverletzungen oder Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.

„Kriminelle Clanangehörige sind für mich der Inbegriff dessen, was ein funktionierender Staat verhindern muss“

Diese Delikte seien genauso an der Tagesordnung wie alles, was Geld einbringe: Raub, Betrug, Diebstahl und Fälschungsdelikte, erläuterte der Innenminister weiter. „Und diese Typen legen eine Arroganz an den Tag nach dem Motto: Wir machen, was wir wollen; wir pfeifen auf den Staat‘. Deshalb sind kriminelle Clanangehörige für mich der Inbegriff dessen, was ein funktionierender Staat verhindern muss. Wir werden Clankriminalität weiter auf allen Ebenen und in all ihren Erscheinungsformen konsequent bekämpfen.“

Selten geht ein Minister so harsch mit seinem Koalitionspartner ins Gericht. Reul aber fürchtet eine Rückkehr zu alten politischen Reflexen des Wegsehens, die über Jahrzehnte zum Aufstieg der kurdisch-libanesischer Sippen gerade im Ruhrgebiet führten. Im Landtagswahlkampf noch kanzelte die Grünen-Fraktionschefin Verena Schaeffer die Clankriminalität als „aufgebauschtes Thema“ ab. Reuls Null-Toleranz-Stategie stieß bei ihr auf wenig Gegenliebe.

Inzwischen aber hält sich Schaeffer auf Anfrage bedeckt. Vielmehr übernimmt ihre Kollegin Höller. Die Innenpolitikerin wies auf „migrantische Jugendliche“ hin, die in dritter Generation hier lebten und über keine Ausbildungsperspektive verfügten. Ferner beklagte die Landtagsabgeordnete bei jenen Teenagern „anlasslose Kontrollen durch die Polizei, ohne etwas angestellt zu haben. Wir müssen vor allem den jungen Menschen eine Perspektive geben und ihnen zeigen, dass sie Teil unserer Gesellschaft sind, statt sie pauschal zu stigmatisieren.“

Der sicherheitspolitische Streit wird sich um ein weiteres Kapitel erweitern

Bei diesen Sätzen wird klar, dass hier zwei völlig unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen. Der innenpolitische Dissens zieht sich inzwischen weit durch die Fraktionen.

Mit großem Unmut haben CDU-Abgeordnete eine Pressemitteilung der Grünen-Co-Parteichefin Yazgülü Zeybek zu den tödlichen Schüssen auf den 16-jährigen senegalesischen Flüchtling Mouhamed D. im August durch die Polizei aufgenommen. Die Landesvorsitzende hatte nach Berichten über den mutmaßlich rechtswidrigen Einsatz „rassistische Denkmuster“ bei den Einsatzkräften in den Raum gestellt.  

Beim schwarzen Koalitionspartner herrscht Entsetzen. Der CDU-Abgeordnete Gregor Golland betonte: „Jeden Tag stehen unsere Polizeibeamtinnen und -beamte für unsere Sicherheit ein. Und diese dann pauschal zu verurteilen, ist weder richtig noch hilfreich.“

Der sicherheitspolitische Streit wird sich demnächst sicherlich um ein weiteres Kapitel erweitern. Nämlich dann, wenn die Polizei das Tagebau-Dorf Lützerath von Klima-Aktivisten räumen soll. Eskaliert der gewaltsame Konflikt zwischen den Beamten und den Besetzern, müssen die Grünen in NRW erneut einen schwierigen Spagat leisten: zwischen Kritik an der Polizei und einem verträglichen Umgang mit dem schwarzen Koalitionspartner.

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Paukenschlag bei PK: Söder kündigt Klage an und gibt Energie-Versprechen für Bayern

In einer bemerkenswerten Pressekonferenz kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Klage gegen die Erbschaftssteuer und einen umfangreichen Rettungsschirm an (Symbolbild).

In einer bemerkenswerten Pressekonferenz kündigte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine Klage gegen die Erbschaftssteuer und einen umfangreichen Rettungsschirm an (Symbolbild).© Future Image / IMAGO

Paukenschlag bei PK: Söder kündigt Klage an und gibt Energie-Versprechen für Bayern

Auf der Pressekonferenz nach der Kabinettssitzung sprach Ministerpräsident Söder über viele große Themen – und machte einige schwere Ankündigungen.

Nürnberg – Im Anschluss an das Weihnachtskabinett, der letzten Kabinettssitzung im Jahr 2022, luden Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) und Staatskanzleiminister Florian Herrmann (CSU) zur anschließenden Pressekonferenz in Nürnberg ein.

In dieser informierte Söder über zahlreiche Beschlüsse, die gefasst wurden, und über verschiedene Bestandsaufnahmen. Einige davon waren mit einem regelrechten Paukenschlag versehen.

„Hilfen und Zukunftskonzepte für Bayern“: Söder mit weitreichenden Ankündigungen zur Energiehilfe

Zunächst geht es in der Pressekonferenz um den zweiten Teil der Härtefallfonds, die man laut Söder auf den Weg gebracht habe. Stichwort Bürgerinnen und Bürger: „Sollten die Maßnahmen des Bundes nicht wirken [...], dann haben wir einen Energiesperrschutz gemacht“, so Söder. Dieser bedeute, dass wenn eine Sperrung von Energie drohe, weil die Rechnungen nicht mehr bezahlt werden können und die Maßnahmen des Bundes nicht greifen, der Freistaat Bayern einspringe und die Rechnung zahle. „Niemand, niemand in Bayern dürfte somit in Gefahr laufen, wegen überhöhter Energiekosten eine Sperrung zu haben“, verspricht Söder.

Damit nicht genug. Als Zweites setze man das Bundesprogramm für Öl und Pellets um. Auch hier gebe es nun eine Lösung, so Söder – wenn sich der Ölpreis verdopple, werden ab dem Zeitpunkt der Verdopplung 80 Prozent der entstehenden Mehrkosten ersetzt (maximal 2000 Euro), abgewickelt durch das Sozialministerium. „Endlich gibt es auch für Öl und Pellets eine Lösung“, freut sich der Ministerpräsident.

Zusätzlich habe man für alle anderen Bereiche des öffentlichen und sozialen Lebens ein Hilfsprogramm ins Leben gerufen, um „Bayern am Laufen zu halten“. Man habe damit eine Vollabdeckung erreicht, verkündet Söder, und zählt unter anderem die Bereiche von Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen und Sportvereinen als Beispiel auf. In einigen Fällen gebe es auch eine Pauschalunterstützung, die nicht nur bei Existenzgefährdung greife. „Wir helfen damit ganz Bayern“, so Söder.

Corona-Hilfen im Fokus – und eine emotionale Verteidigung des Zukunftsmuseums in Nürnberg

Auch ein wichtiges Thema auf der Pressekonferenz: Die Corona-Hilfen. Söder leitet mit der Sorge vieler Bürger ein, geleistete Hilfen – in Teilen – zurückzahlen zu müssen. Hier habe man eine Verbesserung erreicht, so der CSU-Chef. Zwar werde die Rückzahlprüfung weiterhin gemacht, aber mit mehr Kulanz. So werde es bei Härtefällen wie einer Existenzbedrohung einen Verzicht auf die Rückforderung geben, mit „weitreichenden Stundungen von zwei Jahren oder Ratenzahlungen“.

Gen Ende seiner Rede bei der Pressekonferenz resümiert Söder nochmal über das umstrittene Zukunftsmuseum in Nürnberg. Von diesem sei er ein „glühender Fan“, so Söder – entsprechend emotional hebt er den Stellenwert des Museums hervor. Sowas gebe es kaum, es sei ein Museum „sui generis“ (einzigartig in seiner Charakteristik) und habe bereits 150.000 Besucher angezogen. Die Menschen hätten somit mit ihren Füßen darüber abgestimmt, ob sie das Museum gut finden würden, erklärt Söder.

Außerdem habe es europäische Preise bekommen und sei „finanziell hochsolide finanziert“ worden. Mehrmals hatte es im Laufe des Jahres Wirbel um Söders Prestigeobjekt gegeben – es war mit gigantischen Mietkosten unter anderem im Steuer-Schwarzbuch gelandet.

Weitere Punkte der PK: Bayerns Klage gegen Erbschaftssteuer, Ukraine-Hilfen und Söders Resümee

Neben den großen Themen der Energiehilfen, der Corona-Rückzahlungen und Söders emotionaler Zukunftsmuseums-Verteidigung ging fast unter, dass der bayerische Ministerpräsident weitere Ankündigungen machte. Bayern werde gegen die Erbschaftssteuer klagen, teilte Söder mit, und der Ukraine ein Fünf-Millionen-Programm zukommen lassen – unter anderem mit Heizgeräten und Notstrom-Aggregate.

Außerdem habe man hinsichtlich des Themas der Arbeitsmigration den Auftrag gegeben, in den europäischen Städten Tirana (Albanien), Belgrad (Serbien) und Sarajewo (Bosnien-Herzegowina) eigene Bayern-Büros zu eröffnen, um Arbeitsplätze zu vermitteln und Visa-Erteilungen zu beschleunigen. Abschließend warf Söder noch einen Blick in die Zukunft. Er sei ein Optimist, auch über Bayern werde wieder die Sonne scheinen – „Und auch der kälteste Winter hat einen schönen Frühling und Sommer“ zur Folge, so der CSU-Chef.

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Beschwerden eingereicht: CDU und AfD wollen Bundestagswahl in Berlin wiederholen lassen

Kommt es doch zur Wiederholung der Bundestagswahl in den Berliner Wahlbezirken? Wegen der vielen Pannen bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin haben die Fraktionen von AfD und CDU/CSU fristgemäß ihre angekündigten Wahlprüfungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingereicht. Ein Sprecher des Gerichts bestätigte am Montag den Eingang beider Beschwerden.
Beschwerden eingereicht: CDU und AfD wollen Bundestagswahl in Berlin wiederholen lassen

Beschwerden eingereicht: CDU und AfD wollen Bundestagswahl in Berlin wiederholen lassen© Bereitgestellt von Berliner Kurier

Daneben seien inzwischen acht weitere Wahlprüfungsbeschwerden anhängig. Die Einreichfrist für die Fraktionen endet nach Worten des Sprechers mit Ablauf des 10. Januar. Es sei aber möglich, dass Beschwerden einzelner Personen auch noch danach fristgerecht eingehen.

Sämtliche Beschwerden richten sich gegen die Wahlprüfung durch den Bundestag. Dieser hatte am 10. November mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und FDP auf Empfehlung des Wahlprüfungsausschusses beschlossen, dass die Wahl lediglich teilweise wiederholt wird. Betroffen sind demnach 327 der 2256 Wahlbezirke der Hauptstadt sowie 104 der 1507 Briefwahlbezirke. Das sind die Bezirke, in denen Vorfälle nachgewiesen wurden.

Die Union wollte ursprünglich, dass in rund 1200 Bezirken nachgewählt wird. Ein Sprecher der Fraktion sagte auf Anfrage, dass die Anfang Dezember angekündigte Wahlprüfungsbeschwerde nun eingelegt sei. Die AfD-Fraktion teilte mit, sie habe beantragt, die Bundestagswahl im gesamten Wahlgebiet von Berlin für ungültig zu erklären.
Die Wahl am 26. September 2021 war in vielen Berliner Wahllokalen chaotisch verlaufen. Es gab lange Schlangen und Wartezeiten, falsche oder fehlende Stimmzettel, weswegen Wahllokale vorübergehend schließen mussten oder bis weit nach 18.00 Uhr geöffnet blieben.

Das betrifft auch das Berliner Abgeordnetenhaus, das damals parallel gewählt wurde. Nach einem Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs vom 16. November muss diese Wahl ganz wiederholt werden. Gewählt werden soll am 12. Februar, die Vorbereitungen laufen bereits.

Aber auch diese Wahlwiederholung ist ein Fall für das Bundesverfassungsgericht: Gegen das Urteil der Berliner Richter sind fünf Verfassungsbeschwerden anhängig. Vier davon sind mit einem Eilantrag verbunden - mit dem Ziel, dass nicht gewählt wird, bis das Karlsruher Verfahren abgeschlossen ist. Im ersten und größten Eilverfahren, das von 43 Klägerinnen und Klägern angestrengt wurde, hat das Gericht sämtlichen Berliner Abgeordneten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Frist dafür endet ebenfalls am 10. Januar.

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In Niedersachsen drohen Neuwahlen

22 Einsprüche gegen Landtagswahl

In Niedersachsen drohen Neuwahlen

In Niedersachsen drohen Neuwahlen

In Niedersachsen drohen Neuwahlen© T - Online

Muss die Landtagswahl in Niedersachsen wiederholt werden? Noch in diesem Quartal will sich der Wahlprüfungsausschuss mit zahlreichen Einsprüchen beschäftigen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl? Bei der Landtagsverwaltung in Niedersachsen sind zahlreiche Einsprüche gegen die Landtagswahl am 9. Oktober in Niedersachsen eingegangen. Nun muss sich der Wahlprüfungsausschuss damit beschäftigen, ob die Einwände berechtigt sind und der Wahlausgang in der Folge für ungültig erklärt wird.

Die nächste Sitzung des Wahlprüfungsausschusses soll laut dem Vorsitzenden André Bock "spätestens Ende März" stattfinden, wie der CDU-Politiker "Bild" sagte. Dann solle das weitere Verfahren abgestimmt werden.

Hintergrund: Der Ex-AfD-Abgeordneter Christopher Emden hatte in einem Fernseh-Interview behauptet, dass er für einen aussichtsreichen Listenplatz Geld hätte zahlen müssen – es ging um 4.000 Euro. Daraufhin legten zahlreiche Politiker Einspruch gegen die Wahl in Niedersachsen ein.

Auch AfD-Mitglieder plädieren für Ungültigkeit

Bis zur Eingabe-Frist Mitte Dezember vergangenen Jahres gingen insgesamt 22 Einsprüche zur Landtagswahl ein. Auch aus dem Kreis der AfD selbst kamen welche: Zwei Mitglieder beschwerten sich, da die Partei mit ihrer Listenaufstellung auch gegen die eigene Parteisatzung verstoßen habe, schreibt "Bild".

Ein Einspruch soll auch vom ehemaligen FDP-Abgeordneten Marco Genthe stammen. Seine Partei hatte bei der Wahl im Oktober den Wiedereinzug in den Landtag verpasst. "Wenn Parlamentssitze verkauft werden, verfault die Demokratie", sagt Genthe zu "Bild".

"Das ist eine Sache des Wahlprüfungsausschusses, da werde ich mich mit eigenen Betrachtungen zurückhalten", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem NDR mit Blick auf die Anfechtung. Die Staatsanwaltschaft hätte sich demnach mit den Vorwürfen gegen die AFD befasst. Weil selbst wolle die Ergebnisse des Ausschusses abwarten.

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Rache der Uncoolen: Grüne können ja gendern und Indianderkostüme verbieten, ich wähle CDU

Wie schön, dass Berlin sich nach der Wahl am Sonntag jetzt zum Besseren verändert. Und wie schön, dass die Gentrifizierung in der Hauptstadt unaufhörlich voranschreitet. Nein, ich meine natürlich nicht die Verdrängung von Rentnern und sozial schlechter gestellten Menschen aus ihren Kiezen, sondern an eine politische Gentrifizierung der Vernunft, die Inkompetenz und Träumerei aus den Amtsstuben fegt.

Rache der Uncoolen: Grüne können ja gendern und Indianderkostüme verbieten, ich wähle CDU

Rache der Uncoolen: Grüne können ja gendern und Indianderkostüme verbieten, ich wähle CDU© Bereitgestellt von Berliner Zeitung

Das gute Berlin, das ist für viele Journalisten ja das linke Berlin. Das Berlin, das gendert, das Berlin der Lastenfahrräder (und nicht der stinkenden Verbrenner) und auch das Berlin, in dem eine harte Hand gegen arabische Clans nicht gute Politik, sondern racial profiling ist. Für die Zeit-Journalistin Mariam Lau jedenfalls galten CDU-Wähler bis vor ein paar Tagen noch als „Schrebergärtner, Autofahrerinnen, Liebhaber der Currywurst und des robusten Polizeieinsatzes“ jenseits des „S-Bahn-Rings“.

Auch wenn nicht falsch, schwingt bei dieser Umschreibung natürlich ein bisschen die intellektuelle Arroganz des urbanen Großstädters mit, der alle Menschen, die den deutschen Spießertraum (der schön sein kann!) aktiv und gerne leben und auch mal mit dem Verbrenner samstags einen Großeinkauf beim Kaufland in Spandau machen, als rückwärtsgewandt, abgehängt und gar uncool abstempelt. Man kann das schon verstehen, wer will nicht gerne der Enge von Blaubeuren entfliehen. Nur zu welchem Preis?

Wie kolossal man sich als Journalist bei solchen Erklärungen jedoch irren kann, zeigen die jüngsten Wahlergebnisse im Zentrum der Hauptstadt. Schaut man sich die Zweitstimmen in den Wahlkreisen und auf der interaktiven Karte an, dann hat sich seit der (ungültigen) Abgeordnetenhauswahl 2021 einiges fundamental verändert. Wählte man 2021 vor allem in den entfernten westlichen Bezirken Schwarz und im Zentrum und im Osten Rot-Rot-Grün, wird Schwarz inzwischen nicht nur von den Mindercoolen außerhalb des S-Bahn-Rings gewählt, sondern auch im Herzen der Stadt.

Im Bezirk Berlin-Mitte wählten zwar immer noch die meisten Wähler die Grünen, aber im urbanen Wahlkreis Mitte 2 wurde die CDU an diesem Sonntag mit 24,2 Prozent der Stimmen vor den Grünen (19,5 Prozent) unangefochtener Wahlsieger. 2021 wurde man mit 14,6 Prozent hier hinter Linke, SPD und Grünen nur viertstärkste Kraft. Man kann sagen, an der grünen Ostfront bröckelt es.

Ein Erfolg allerdings, der nicht auf das Konto der CDU und ihres Spitzenkandidaten Kai Wegner selbst geht. Klar, der süße Labrador Retriever Casper des CDU-Manns hat sicher ein paar Stimmen eingebracht. Und auch mit seiner schlitzohrigen Aussage gegenüber der Journalistin Lau, er habe „inzwischen einen guten Draht zur queeren Community“, hat er vielleicht einige Tausend Zeit-Leser umgedreht, aber eigentlich hat sein Wahlsieg ganz andere Gründe.

Hört man sich mal im Büro um, dann bekennen sich an diesem Montagmorgen erstaunlich viele Kollegen zu ihrer CDU-Stimme. Darunter sind ehemalige Grünen-Wähler aus Kreuzberg. Und auch ein Kollege aus Köpenick. Sein ganzes Leben habe er die Linke gewählt und sich jetzt eben für die CDU entschieden: „Aus Protest, ich bin ein Protestwähler.“ Ein Sozialist, der jetzt einen bürgerlichen Spießer aus Spandau wählt. Jene Partei des Westens, die seit jeher Synonym für Korruption und Filz in dieser Stadt steht. Wunderbar.

Die Gründe dafür sind dieselben, die auch den Autor aus dem Wahlkreis Mitte 2 dazu veranlasst haben, das Gleiche zu tun. Immer mehr Wählern in der Hauptstadt reicht es eben nicht mehr, den nur auf dem Papier progressiven und (manchmal coolen) Parteien des linken Spektrums ihre Stimme zu geben. Sie wollen nicht mehr in Sippenhaft genommen werden von einer Politik des Nichtstuns und der Verschlimmbesserung.

Zwar wird die CDU natürlich auch nicht viel verbessern in dieser Stadt, aber wenn man als Regierungspartei in dieser Stadt angesichts der schweren Krawalle in Neukölln an Silvester nicht viel mehr als betretenes Gestammel absondern kann, um dann zur Lösung den Einsatz von irgendwelchen Sozialarbeitern vorschlägt, ja, der fällt eben durch die politische Falltür.

Man muss sich ja gar nicht auf die Linie von Friedrich Merz („kleine Paschas“) einlassen, um festzustellen, dass die Ursachen dieser Silvesternacht in Berlin hausgemacht sind. Um die Bildung in dieser Stadt ist es seit Jahrzehnten wahrscheinlich schlechter gestellt als in Bangladesch. Wenn man in Berlin nicht in der Lage ist, Generationen von jungen Menschen richtig auszubilden, damit sie, statt mit Gasknarren und Raketen rumzurennen, vielleicht mal Immobilienmakler werden oder im mittleren Management arbeiten, dann braucht man sich nicht wundern.

Schon okay, nur wenn man sich für den Weg der maroden Schulen (Argument: kein Geld!) entscheidet, dann sollte man vielleicht im Gegenzug dafür sorgen, dass Richter eben genauso hart urteilen wie in Bayern. Das Gute an angemessen harten Strafen ist doch, dass die Bestraften es sich beim nächsten Mal eben zweimal überlegen, ob sie eine Tankstelle ausrauben, Koks tickern oder wie wir normale Kartoffeln eine Lehre als Dachdecker in Britz beginnen.

Und dann noch das Thema mit den Autos. Glauben die Grünen wirklich, dass unsere Hauptstadt funktioniert, wenn man überall Parkplätze abbaut und Fahrradstraßen hinbaut? Glauben Bettina Jarasch und die Verkehrsstadträtin von Berlin-Mitte wirklich, dass wir alle wie in der Nachkriegszeit mit unseren Fahrrädern zum Hamstern auf die Bauernhöfe Brandenburgs fahren und nicht mehr im Supermarkt einkaufen?

Viele Familien wollen auf ihr mühsam angespartes Auto eben nicht verzichten. Ich kann schon verstehen, dass man da wegen des Klimawandels ein bisschen abbauen sollte. Alles kein Thema. Aber ich zahle als Bürger eben auch Kfz-Steuer und da ist eben eingerechnet, wie dreckig die Kiste ist. Ein Dodge-Ram-Pick-up ist viel teurer als ein VW Polo.

Da könnte man politisch ja was machen, aber ich habe keine Lust, mich von meinen grünen Mitbürgern vollpöbeln zu lassen, nur weil ich einen Geländewagen fahre. Zumal die ja auch gar nicht wissen, ob ich nicht einen Forstbetrieb habe, mit dem ich klimaschonendes Treibhausgas einspare. Und so geht es eben vielen erfolgreichen und mitdenkenden Wählern, wenn sie sehen, wie die Infrastruktur in dieser Stadt verrottet und, statt instand gesetzt zu werden, irgendwelche Parklets, Pop-up-Radwege und gendergerechten Toiletten in Parks geplant werden.

Ihr könnt alle gendern und euren eigenen Kindern Indianerkostüme verbieten, aber lasst mich damit bitte in Ruhe. Mir ist das völlig egal. Ich gendere, wann und wo ich will. Und sollten die CDU und die SPD in der Regierung nichts auf die Reihe bekommen, dann wähle ich eben aus Protest nächstes Mal die Grünen. Oder gar nicht mehr.

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