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Grundsteuer-Chaos: Wenn das Finanzamt Gartenland zu Gold macht

 

Grundsteuer-Chaos: Wenn das Finanzamt Gartenland zu Gold macht

Ein Gartengrundstück für 33.000 Euro gekauft, plötzlich soll es 852.000 Euro wert sein. Die neue Grundsteuer macht aus einem Garten ein teures Goldstück.

Droht Deutschland ein Grundsteuer-Sturm? Ursprünglich zielte die am 8. November 2019 beschlossene Grundsteuerreform, die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tritt, darauf ab, die bisherige Einheitsbewertung zu ersetzen und ein gerechteres System zu etablieren, das nun als "Bundesmodell" von elf der 16 Bundesländer angewendet wird.

Doch die Umsetzung der Reform scheint zahlreiche Probleme zu offenbaren, die sowohl bei Eigentümern als auch bei Mietern für reichlich Unmut sorgen. Bereits im Vorfeld hatten die Reformpläne für hitzige Debatten gesorgt. Aber die mittlerweile desolate Haushaltslage vieler Kommunen, die sich in den Hebesätzen widerspiegelt, scheint jetzt noch mehr Öl ins Feuer zu gießen.

Kommunale Hebesätze: Kritischer Weg aus der Haushaltskrise

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige Regelung am 10. April 2018 für verfassungswidrig erklärt. Karlsruhe kritisierte, dass die Einheitswerte auf Wertverhältnissen von 1964 in den alten Bundesländern und von 1935 in den neuen Bundesländern basierten. Das BVerfG urteilte, dass diese Praxis gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes verstoße, da sie zu erheblichen Ungleichbehandlungen führte.

Das neue Bundesmodell basiert auf einer Vielzahl von Faktoren, darunter Bodenrichtwerte, Größe der Wohnfläche und Gebäudetyp. Ziel ist es, eine objektivierte Bewertung zu schaffen, die die tatsächlichen Werte der Immobilien besser widerspiegelt. Diese Neubewertungen führen jedoch in vielen Fällen zu erheblichen Steuererhöhungen, da die Bodenrichtwerte in vielen Regionen gestiegen sind.

Vor allem aber ist die Grundsteuer eine bedeutende Einnahmequelle für Städte und Gemeinden.

Ein zentraler Aspekt der neuen Grundsteuer ist der Hebesatz, den jede Kommune individuell festlegt. Der Hebesatz multipliziert den Grundsteuermessbetrag und bestimmt so die letztlich zu zahlende Grundsteuer. Finanziell angeschlagenen Kommunen können die Hebesätze anheben, um die Haushaltsdefizite auszugleichen, was die Steuerlast für die Bürger weiter erhöht.

Eine Umfrage des ARD-Wirtschaftsmagazins plusminus ergab, dass viele Städte und Gemeinden bereits planen, die Hebesätze zu erhöhen, was die Reform für viele Eigentümer und Mieter noch kostspieliger macht. In einigen Städten, wie Hamburg, werde gar eine Verdopplung des Hebesatzes diskutiert.

Die Grundsteuerreform betrifft zwar in erster Linie Grundstückseigentümer. Doch die Kosten können oftmals auf Mieter umgelegt werden. Und das wiederum schürt Ängste gegenüber steigenden Wohnkosten. Jüngste Medienberichte scheinen diese Ängste zu bestätigen.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund betont gegenüber dem Magazin Kommunal, dass die Grundsteuer eine unverzichtbare Einnahmequelle darstelle und die Kommunen oft keine andere Wahl hätten, als die Steuern zu erhöhen: "Keine Kommune erhöht gerne die Grundsteuer", so der Hauptgeschäftsführer des Städtetags, Helmut Dedy. "Die Kommunen sind aber zum Ausgleich ihrer Haushalte verpflichtet."

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben beteuert gegenüber Kommunal indes, dass einige Städte allerdings versuchten, die Reform pflichtgemäß "aufkommensneutral" zu gestalten, indem sie die Hebesätze senkten. Berlin habe beispielsweise beschlossen, den Hebesatz von 810 auf 470 Prozent zu senken, um die Belastung für die Bürger abzufedern.

Doch die Praxis zeigt, dass viele Eigentümer offenbar dennoch mit höheren Kosten rechnen müssen, da die Neubewertungen oftmals zu einer höheren Steuerlast führen. Auch in der Hauptstadt.

Plötzlich mit astronomischen Summen konfrontiert

Die Reform hat viele Menschen in eine schwierige finanzielle Lage gebracht. Ein Beispiel zeigt, dass sich die Kosten um mehr als das 60-fache erhöht haben. Wie kommt eine solche Summe zusammen? Darüber berichtet die Tagesschau in einem Beitrag mit Torsten Küllig aus dem sächsischen Moritzburg. Küllig hat sich mit anderen Grundstückseigentümern zu den "Moritzburger Grundsteuerrebellen" zusammengeschlossen, um gegen die Reform vorzugehen.

Küllig selbst ist nach eigenen Angaben Eigentümer eines Gartengrundstücks, welches plötzlich als baureifes Land bewertet worden sei, obwohl es nicht bebaut werden dürfe. Nach der neuen Bewertung müsste Küllig statt bisher 40 Euro plötzlich bis zu 2.500 Euro jährlich zahlen. Das wäre mehr als das 60-fache. Im Bericht der Tagesschau heißt es:

Vor neun Jahren hatte der Familienvater das Gartengrundstück gekauft. 2600 Quadratmeter für 33.000 Euro. Zwei Doppelgaragen stehen darauf, ansonsten besteht es vor allem aus Garten und Wiese. Doch laut Bescheid des Finanzamtes Meißen ist sein Grundstück nun knapp 852.000 Euro wert. Und das obwohl Torsten Küllig hier gar nicht bauen darf. Trotzdem wurde sein Grundstück größtenteils als baureifes Land mit 308 Euro pro Quadratmeter bewertet.

Küllig nimmt mutmaßlich zurecht an, dass "dieser Wert (…) nur auf dem Papier" steht und der Marktpreis seines Grundstücks diese Bewertung nicht rechtfertige.

Der MDR hatte bereits Anfang September über Küllig sowie ein weiteres Ehepaar aus Sachsen berichtet, dessen Grundstück aufgrund seiner Steilhanglage nicht weiter bebaut werden darf. Trotzdem sei es als baureifes Land eingestuft worden, was zu einer Bewertung von über einer Million Euro führte und die entsprechend Grundsteuer in die Höhe treiben würde.

Das Problem beschränkt sich aber nicht auf das Bundesland Sachsen. Die B.Z. Berlin hat kürzlich – in reißerischer Weise – die Bürger des Stadtstaates dazu aufgerufen, ihre persönlichen Erfahrungen mit dem "Grundsteuer-Wucher" zusammenzutragen. Ein Betroffener, der nach eigenen Angaben 272 Prozent seines ursprünglichen Betrags aufbringen muss, folgert: "Wir werden uns das Eigenheim nicht mehr leisten können mit dieser Erhöhung". Könnte es so vielen Menschen in Deutschland gehen?

Einspruch zwecklos

Naturgemäß hat die Reform eine Welle von Einsprüchen ausgelöst. So wurden allein in Mitteldeutschland fast 930.000 Einsprüche gegen die neuen Grundsteuerbescheide eingereicht. Viele dieser Einsprüche basieren auf der Kritik, dass die Neubewertungen nicht den tatsächlichen Marktwerten entsprächen und die Berechnungen intransparent seien.

Mehrere Musterverfahren wurden initiiert, um die Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells zu überprüfen. Kritiker wie der vom MDR zitierte Steuerrechtler Gregor Kirchhof argumentieren, dass das Modell gegen den Gleichheitssatz verstoße, da es in vielen Fällen zu ungenauen und unfairen Bewertungen führe.

Der Bundesfinanzhof hat im Mai entschieden, dass Eigentümer gegen überhöhte Festsetzungen Einspruch erheben können, wenn diese den tatsächlichen Wert um mehr als 40 Prozent überschreiten. Allerdings sind die Kosten für die notwendigen Gutachten oft hoch und müssen von den Eigentümern selbst getragen werden.

Ein bedeutender Meilenstein in der rechtlichen Auseinandersetzung um die neue Grundsteuerbewertung ist die Entscheidung des Finanzgerichts Köln vom September 2024 (Az. 4 K 2189/23). In diesem Fall klagten Eigentümer gegen die Feststellung des Grundsteuerwerts ihrer Immobilie nach dem Bundesmodell.

Sie argumentierten, dass die Neubewertung ihrer Wohnung, die unter anderem einen Bodenrichtwert von 2.280 Euro zugrunde legte, verfassungswidrig sei. Zudem ärgerten sich die Kläger darüber, dass für eine andere Wohnung in einer ihrer Meinung nach besseren Lage ein deutlich niedrigerer Bodenrichtwert angesetzt worden sei.

Das Gericht wies die Klage jedoch ab.

Das Finanzgericht erklärte, dass die Bewertung den Vorgaben der neuen Wertermittlungsvorschriften entspreche und keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne. Der Senat betonte, dass das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weiten Spielraum für Typisierungen und Pauschalierungen eingeräumt habe. Die Entscheidung des Finanzgerichts Köln ist insofern wegweisend, als sie die Rechtmäßigkeit des Bundesmodells bestätigt und damit eine Vielzahl ähnlicher Streitfälle beeinflussen könnte.

Trotz der Entscheidung aus Köln bleibt die Möglichkeit bestehen, dass Gerichte in anderen Verfahren den Einsprüchen gegen die neue Grundsteuer stattgeben. Noch stehen zahlreiche Klagen aus, die die Verfassungsmäßigkeit der neuen Bewertungsregeln infrage stellen. Diese Verfahren werden nun teilweise vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt.

Ferner gibt es in Bundesländern wie Berlin-Brandenburg und Rheinland-Pfalz laufende Klagen, die von Organisationen wie Haus & Grund sowie dem Bund der Steuerzahler unterstützt werden. Sollte ein Gericht den Einsprüchen stattgeben und das Bundesmodell als verfassungswidrig einstufen, müsste der Gesetzgeber erneut tätig werden, um eine Neuregelung zu schaffen.

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SPD-Pläne: Was 30 Prozent Abgeltungsteuer bedeuten würden

 

Sinkende Renditen? Die SPD will Kapitalerträge stärker besteuern (Doppelbelichtung).© Lucas Bäuml (Doppelbelichtung)

Es ist keine schöne Zeit für Kapitalanleger, und das liegt nicht nur an den labilen Aktienbörsen. Zum einen erlaubte das Bundesverfassungsgericht vergangene Woche der Politik, den Solidaritätszuschlag beizubehalten. Im Ge­gen­satz zur Einkommensteuer, bei der die allermeisten Steuerpflichtigen inzwischen von dem Zuschlag verschont bleiben, trifft der „Soli“ bei der Abgeltungsteuer alle. Zum anderen dringt die SPD in den laufenden Koalitionsverhandlungen darauf, „den Abgeltungssteuersatz für private Kapitaleinkünfte“ von heute 25 Prozent auf 30 Prozent zu erhöhen. Der Steuerzuschlag des Soli käme wie immer verschärfend hinzu.

Die meisten Anleger haben mit der Besteuerung der Kapitalerträge nicht viel zu tun, weil ihre Bank oder Versicherung die Sache für sie mit dem Fiskus regelt – abgeltend. Der Vater dieser Regelung ist ein Sozialdemokrat, nämlich Peer Steinbrück. Als Bundesfinanzminister warb er dafür mit der eingängigen Parole: Besser 25 Prozent von X als nix. Wer seinen Sparerfreibetrag (aktuell 1000 Euro) und seine Konfession bei seiner Bank hinterlegt hat, muss sich um nichts mehr kümmern.

Doch bleibt es ihm unbenommen, sich beim Finanzamt mit seinen Belegen zu Zinsen, Fondserträgen oder Dividenden zu melden, weil er mit der normalen Einkommensteuer besser wegkommt. Mit der Anlage KAP kann er die sogenannte Günstigerprüfung beantragen. Wenn der Betreffende nur wenig andere Einkünfte hat, gibt es nicht nur die im Vergleich zur Einkommensteuer zu viel gezahlte Abgeltungsteuer zurück, sondern auch den gesamten Solidaritätszuschlag.

Was eine Erhöhung für Anleger bedeutet

Der Bund der Steuerzahler rechnet vor, wie das geht und wie sich eine erhöhte Abgeltungsteuer auswirken würde. Im ersten Fall verdient ein alleinstehender Angestellter ohne Kinder 36.000 Euro. Mit 1300 Euro Werbungskosten und 7700 Euro Sozialbeiträgen kommt man auf eine Steuerlast von 3467 Euro. Außerdem hat er Kapitalerträge von 2000 Euro. Abzüglich 1000 Euro Sparerfreibetrag un­terliegen 1000 Euro der Abgeltungsteuer. Einschließlich Soli kassiert das Finanzamt davon 263,75 Euro. Insgesamt gehen so 3730,75 Euro an den Fiskus. Würde die Abgeltungsteuer auf 30 Prozent steigen, müsste er 52,75 Euro mehr zahlen.

Bei der Günstigerprüfung schlägt das Finanzamt die Kapitalerträge abzüglich Pauschbetrag dem zu versteuernden Einkommen hinzu, in diesem Musterfall also 1000 Euro. Damit käme man auf eine Steuerlast von 3742 Euro. Im Ergebnis ist die geltende Abgeltungsteuer für den Betreffenden 12 Euro günstiger. Stiege ihr Satz auf 30 Prozent, wäre die Einkommensteuererklärung vorteilhaft (um 41,50 Euro). In einem zweiten Fall beträgt das Bruttoeinkommen 50.000 Euro, die anderen Umstände sind gleich. Hier kommt der Steuerzahlerbund zu demselben Ergebnis, wenn auch mit anderen Werten: Mit 25 Prozent ist die Abgeltungsteuer um 50,25 günstiger als die Abgabe einer Einkommensteuererklärung, mit 30 Prozent nicht (um 2,50 Euro).

Steuerberater gehen von mehr Steuererklärungen aus

Der Steuerberaterverband geht davon aus, dass viele Kleinsparer zur Abgabe einer Steuererklärung übergehen, wenn die SPD sich durchsetzen sollte, um eine solche Mehrbelastung zu vermeiden. Präsident Torsten Lüth nennt die Anhebung der Abgeltungsteuer eine Katastrophe. „Noch mehr Steuererklärungen sind weder im Sinne der Kanzleien noch der Finanzämter“, sagt Lüth. „In den Kanzleien hätten wir mit noch mehr Zettelwirtschaft zu kämpfen.“ Lüth sieht ein weiteres Problem: „Sparer müssten daran denken, die digitalen Steuerbescheinigungen aus ihren Onlinepostfächern abzurufen und uns zu übermitteln.“

Auch Steuerzahlerpräsident Reiner Holznagel erwartet, dass viele Menschen eine Einkommensteuererklärung abgeben werden, wenn es wie von der SPD gefordert kommt. „Unter dieser besonderen Belastung werden sowohl die Bürger als auch der Staat leiden – hier wie dort bedeutet das viel mehr Arbeit.“ Die Wähler müssten gerade eine schlechte Nachricht nach der anderen schlucken. Zum histo­rische Schuldenpaket kämen Vorschläge für massive Steuererhöhungen, da sei Frustration programmiert. So sei das nötige Wirtschaftswachstum nicht zu schaffen, urteilt Holznagel.

Doppelte Besteuerung

Im Wahlkampf hatten die Sozialdemokraten sich im Einklang mit Forderungen aus dem Gewerkschaftslager sogar dafür ausgesprochen, Zinseinkünfte, Dividenden und andere Kapitalerträge grundsätzlich mit dem persönlichen Einkommensteuersatz zu belegen. Dann wären sie nach dem geltenden Tarif in der Spitze mit 42 Prozent oder als extrem Reiche sogar mit 45 Prozent belastet worden. Die SPD will diese Sätze auf 47 beziehungsweise 49 Prozent erhöhen.

Linke Politiker, Gewerkschafter und manche Hilfsorganisation beklagen gern: Wer arbeitet, hat höhere Abzüge als Großkapitalisten. Das klingt gut, ist aber verkehrt. Einen Vorteil gibt es allein für Zinseinkünfte. Doch das große Geld lässt sich damit kaum machen. Bei Dividenden ist das anders. Doch hier blenden Kritiker des Systems aus, dass die Gewinne schon auf der Ebene der Unternehmen mit durchschnittlich 30 Prozent belastet werden. Wenn der Rest ausgeschüttet wird, greift der Fiskus ein zweites Mal zu. So kommt das Bundesfinanzministerium auf eine Gesamtbelastung ausgeschütteter Gewinne von 48,41 Prozent. Sie ist höher als die höchste in der Einkommensteuer.

Es ist ein schwacher Trost, dass die Kapitalerträge wohl nicht – entgegen der ursprünglichen SPD-Pläne – in die Ein­kommensteuer einbezogen werden. Denn auch so drohen den Anlegern spürbare Mehrbelastungen. Wer für das Alter privat vorsorgen will, wird den Zinseszins­effekt zu spüren bekommen. Was er heute zusätzlich an das Finanzamt abführen muss, fehlt ihm plus späteren Erträgen morgen für seine private Rente.

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