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RWE testet schwimmende Windkraftanlage vor Küste Norwegens

Der Energiekonzern RWE testet zusammen mit drei anderen Unternehmen vor der Küste Norwegens eine schwimmende Windkraftanlage. Die Turbine stehe auf dem weltweit ersten vollständig industriell gefertigten, schwimmenden Fundament, teilte die RWE-Sparte für Erneuerbare Energien, RWE Renewables, am Mittwoch in Essen mit. Der «Tetraspar» genannte Prototyp sei erfolgreich an das norwegische Stromnetz angeschlossen worden.

Beteiligt sind neben RWE die Energieunternehmen Shell (Niederlande) und Tepco (Japan) sowie das dänische Technologieunternehmen Stiesdal, das die Turbinenplattform entwickelt hat. Die Energieunternehmen erhoffen sich von dem Tetraspar-Konzept schnellere Herstellung, Montage und Errichtung sowie geringere Materialkosten.

Das schwimmende Fundament verfügt laut RWE über ein Kielelement. Am Meeresboden befestigt wird es mit drei Ankerketten. Der Prototyp mit einer 3,6 Megawatt-Windturbine befindet sich rund 16 Kilometer vor der norwegischen Küste. Die Wassertiefe beträgt dort etwa 200 Meter. Der Strom wird über ein Kabel ans Festland geleitet.

RWE sieht sich als Vorreiter bei schwimmenden Windkraftanlagen. Bis 2030 plant das Unternehmen Anlagen mit einer Gesamtkapazität von 1000 Megawatt in Betrieb oder im Bau zu haben. Derzeit ist RWE auch an zwei weiteren Pilotprojekten in Spanien und den USA beteiligt, die nach Angaben einer Sprecherin aber noch nicht in Betrieb sind.

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Chinas fliegende Windturbinen durchbrechen die Megawatt-Grenze

 

Chinas fliegende Windturbinen durchbrechen die Megawatt-Grenze

In 1,5 Kilometern Höhe hat Chinas fliegendes Megawatt-Kraftwerk S1500 alle Tests bestanden. Die Kombination aus Zeppelin und Windturbine könnte die Energieversorgung revolutionieren.

Zwischen dem 19. und 21. September 2025 wurde in den weiten Sandebenen von Hami in der chinesischen Region Xinjiang ein Meilenstein der Energiegeschichte erreicht. Zum ersten Mal schwebte eine megawattstarke Windturbine durch die Luft und erzeugte dabei in einer Höhe von 1,5 Kilometern kontinuierlich Strom aus den Höhenwinden der Atmosphäre.

Wie Interesting Engineering vergangene Woche berichtete, durchlief das zeppelinartige Luftschiff S1500 des chinesischen Unternehmens Beijing Sawes Energy Technology erfolgreich alle geplanten Tests.

Mit einer Länge von 60 Metern, einer Breite von 40 Metern und einer Höhe von ebenfalls 40 Metern ist die S1500 laut Sawes das bislang größte fliegende Windkraftwerk der Welt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Windrädern benötigt das System weder Fundament noch Turm und kann innerhalb weniger Stunden an einen neuen Standort verlegt werden. Der Prototyp hat sich dabei als robust genug für den Dauerbetrieb unter extremen Wüstenbedingungen bei starken Winden sowohl tags als auch nachts erwiesen.

Damit ist die S1500 die erste Turbine ihrer Art, die bei einem Testflug tatsächlich eine Megawatt Leistung erzeugte. Sie könnte den Weg für eine neue Generation der Stromproduktion ebnen.

Technische Innovation: Zeppelin trifft auf Windkraft

Das Herzstück der S1500 bildet eine neuartige Kombination aus bewährter Luftschiffstechnologie und moderner Windenergiegewinnung. Das mit Helium gefüllte System schwebt in einer Höhe von 1.500 Metern über dem Boden und nutzt dort die deutlich stärkeren und konstanteren Winde der oberen Atmosphärenschichten, wie das Fachmagazin Elektroniknet berichtet.

Die Konstruktion folgt dem Prinzip eines ringförmigen Kanals, durch den der Höhenwind strömt und dabei zwölf Mikrogeneratoren aus Kohlefaser antreibt. Jede Turbine leistet 100 Kilowatt, sodass in der Summe die angestrebte Leitung von einem Megawatt sogar etwas überschritten wird. Der erzeugte Strom wird über ein Kabelsystem zur Bodenstation übertragen.

Laut dem Technik-Magazin Fast Company wiegt das gesamte System weniger als eine Tonne und ist somit 90 Prozent leichter als eine vergleichbare bodengebundene Stahlturmturbine.

Die Effizienz des Systems basiert auf den physikalischen Gesetzmäßigkeiten der Windenergie. Wie Sawes-Technikchef Weng Hanke gegenüber Elektroniknet erläuterte, weht der Wind in 1.500 Metern Höhe etwa dreimal so schnell wie am Boden. Verdoppelt sich die Windgeschwindigkeit, so steigt die verfügbare Energie um das Achtfache. Bei dreifacher Geschwindigkeit sind es sogar 27-mal so viel Energie wie bei Bodenwind.

Sawes verspricht gegenüber traditionellen Windkraftanlagen erhebliche Einsparungen. Laut Firmenangaben sinkt der Materialverbrauch um 40 Prozent, während die Stromgestehungskosten ebenfalls um 30 Prozent zurückgehen, so Interesting Engineering.

Das System kommt ohne massive Fundamente und aufwendige Infrastruktur aus und kann binnen weniger Stunden an einen anderen Standort verlegt werden. Damit eignet es sich besonders für abgelegene Gebiete, Inseln oder Bergbaustätten, wo herkömmliche Windkraftanlagen nur schwer errichtet werden können.

Historische Wurzeln: Von NASA zum chinesischen Durchbruch

Die Grundlagen der zugrundeliegenden Technologie wurden bereits 1957 vom chinesisch-amerikanischen Raumfahrtingenieur Qian Xuesen entwickelt. Der ehemalige NASA-Pionier und Mitbegründer des Jet Propulsion Laboratory entwarf die Theorie des "Ejector Diffuser Duct" (Ringkanal-System), eines ringförmigen Gehäuses um Turbinen, das den Luftstrom beschleunigt und die Effizienz steigert, wie Fast Company berichtet.

Nachdem die USA ihn 1955 zur Ausreise gezwungen hatten, wurde Qian der Begründer des chinesischen Raumfahrtprogramms. Seine Ideen zur Nutzung von Windenergie blieben jedoch jahrzehntelang ungenutzt. Erst ab den 2000er Jahren wagten sich internationale Unternehmen an die praktische Umsetzung. So baute das MIT-Spin-off Altaeros heliumgefüllte Turbinen-Zeppeline, gab jedoch das Geschäft mit Windenergie auf und konzentrierte sich stattdessen auf Telekommunikationsplattformen.

Google kaufte im Jahr 2013 das Start-up Makani Technologies, stellte das Projekt jedoch im Jahr 2020 wieder ein. Alle Versuche scheiterten an technischen Problemen, langwierigen Genehmigungsverfahren und billiger Konkurrenz durch fossile Brennstoffe. 2017 griff Sawes Qians ursprüngliches Konzept wieder auf und entwickelte es zur marktfähigen Technologie weiter.

Der Weg zum Erfolg: Prototypen und viele Tests

Sawes entwickelte drei aufeinander aufbauende Prototypen. Den Anfang machte im Oktober 2024 die S500, die in einer Höhe von 500 Metern über der Provinz Hubei schwebte und eine Leistung von über 50 Kilowatt erzeugte, wie Elektroniknet berichtet. Damit sicherte sich das Unternehmen Weltrekorde bei Flugzeit und Energieausbeute für derartige Systeme.

Nur drei Monate später folgte der nächste Meilenstein. Laut Fast Company stieg die S1000 auf etwa 1.000 Meter Höhe und verdoppelte die Leistung auf 100 Kilowatt. Durch diese schrittweise Steigerung von Flughöhe und Energieausbeute konnte das Konzept der Höhenwind-Nutzung validiert werden.

Mit der S1500 gelang schließlich der entscheidende Sprung in die Megawatt-Klasse. Laut Unternehmensangaben erreicht das System eine Leistung, die einer herkömmlichen, 100 Meter hohen Windkraftanlage entspricht – jedoch ohne deren massive Infrastruktur.

Die Tests in der Wüste Xinjiang bewiesen die Alltagstauglichkeit des Systems unter extremen Bedingungen. Das Luftschiff bestand alle Prüfungen, von der Montage in der Wüste über Drucktests hin zu Start- und Landevorgängen bei starken Winden rund um die Uhr.

Kommerzielle Perspektiven der Höhenwindtechnologie

Sawes hat den Sprung zur Vermarktung vollzogen und produziert bereits Kleinserien in Yueyang in der Provinz Hunan. Nach eigenen Angaben hat sich das Unternehmen Aufträge über mehr als 70 Millionen US-Dollar gesichert und drei Finanzierungsrunden durchlaufen, wie aus einem Bericht von  All About Industries hervorgeht. Die Firma ist inzwischen teilweise im Staatsbesitz.

Firmenchef Dun Tianrui plant den Beginn der Massenproduktion und die ersten Netzanschlüsse für das Jahr 2026. Das Unternehmen sieht insbesondere in abgelegenen Gebieten ein großes Marktpotenzial. Die schnell verlegbaren Systeme eignen sich für Wüstenregionen, entlegene Inseln oder Offshore-Bohrplattformen, wo der Bau herkömmlicher Windkraftanlagen kaum möglich wäre.

Auch in Katastrophengebieten nach Erdbeben oder Überschwemmungen könnte mobile Stromversorgung von entscheidender Bedeutung sein.

Globaler Kontext: Chinas Windenergie-Dominanz

Die S1500 ist mehr als nur eine technische Innovation – sie unterstreicht die beherrschende Stellung Chinas im globalen Windenergiemarkt. Laut Daten der World Wind Energy Association installierte China allein 2024 insgesamt 86,9 Gigawatt neue Windkraftkapazität und erreichte damit einen Marktanteil von 72 Prozent. Die Gesamtkapazität des Landes stieg somit auf 561,5 Gigawatt.

Während im Rest der Welt die Neuinstallationen um 18 Prozent zurückgingen, wuchsen sie in China mit einer Rate von 18,3 Prozent. Zum Vergleich: Die USA, der zweitgrößte Windenergiemarkt, installierten lediglich 4,2 Gigawatt – weniger als fünf Prozent der chinesischen Zubauleistung. Deutschland kam auf 3,2 Gigawatt und Indien auf 3,4 Gigawatt.

Diese Dominanz verschafft chinesischen Unternehmen wie Sawes entscheidende Vorteile bei der Entwicklung neuer Windtechnologien. Sie profitieren von einem riesigen Heimatmarkt, staatlicher Unterstützung sowie einer gut ausgebauten Lieferkette.

Zukunftsvision und Herausforderungen

Die fliegenden Windkraftwerke könnten Chinas Führungsrolle bei den erneuerbaren Energien weiter festigen und dem Land einen Vorsprung bei der nächsten Generation der Windenergietechnologie verschaffen.

Es bleiben jedoch erhebliche Hindernisse bestehen. So müssen die Systeme beispielsweise bei Gewittern und Stürmen innerhalb von fünf Minuten sicher landen können. Laut Sawes wurde das Problem der Helium-Leckage für eine 25-jährige Betriebsdauer gelöst. Ungeklärt sind jedoch weiterhin Fragen der Flugsicherheit, Genehmigungsverfahren für Lufträume und die Skalierbarkeit der Technologie.

Sawes plant bereits den nächsten großen Sprung: Flughöhen von 10.000 Metern in der Stratosphäre, wo die Winde 200-mal stärker wehen als am Boden. Das könnte ein Durchbruch sein. Firmenchef Tianrui verspricht dadurch Stromkosten, die nur ein Zehntel des heutigen Niveaus betragen.