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China will unabhängiger vom Rest der Welt werden

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China will unabhängiger vom Rest der Welt werden

Wegen der Spannungen mit den USA und dem globalen Wirtschaftsabschwung durch die Corona-Pandemie will sich China unabhängiger vom Rest der Welt machen.

Die Führungselite der Kommunistischen Partei begann am Montag in Peking viertägige Beratungen über den neuen Fünf-Jahres-Plan, der die Selbstständigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde stärken soll. Die seit langem bedeutendste Neuausrichtung umschrieb Staats- und Parteichef Xi Jinping mit dem Schlagwort der «dualen Kreisläufe».

Mit dieser Strategie soll sich die chinesische Wirtschaft stärker auf den heimischen Konsum, die Produktion und Verteilung im eigenen Land stützen, was als «interne Zirkulation» beschrieben wird. Der «externe Kreislauf» - also internationaler Handel und Investitionen aus dem Ausland - dient in diesem Konzept eher der Unterstützung des internen Hauptmotors. Der neue Wirtschaftskurs wird auch in Deutschland aufmerksam verfolgt, da China im vergangenen Jahr - noch vor den USA - der wichtigste deutsche Handelspartner war.

Details könnten zum Ende der Beratungen am Donnerstag bekannt werden. Der neue Fünf-Jahres-Plan für die Zeit von 2021 bis 2025 wird im März auf der Jahrestagung des Volkskongresses abgesegnet. Er soll die eigene technologische Innovation stärken und China angesichts amerikanischer Strafmaßnahmen und der Unterbrechung von Lieferketten eigenständiger machen. Es ist so etwas wie Pekings Antwort auf amerikanische Überlegungen für eine «Entkoppelung» von China.

US-Sanktionen haben chinesische Technologieriesen wie den Telekomausrüster und Smartphone-Hersteller Huawei, Chiphersteller oder Internetunternehmen wie Tiktok oder Wechat in Schwierigkeiten gebracht und ihre Verwundbarkeit demonstriert. Experten sehen hinter dem Konflikt auch die wachsende Rivalität zwischen der angeschlagenen Supermacht USA und der aufstrebenden asiatischen Macht China.

Die Führung in Peking geht auch bei einem Sieg des demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joe Biden bei der US-Wahl am 3. November über Amtsinhaber Donald Trump davon aus, dass die Spannungen anhalten werden. Dahinter stecke tiefsitzendes Misstrauen, «weil China so schnell wächst - vielleicht über die Erwartungen, die Vorstellungen oder das Ausmaß hinaus, das die entwickelte Welt akzeptiert», sagte Vizeaußenminister Qin Gang vor Journalisten. «Wir holen schnell auf. (...) Das macht einige Länder wie die USA nervös.»

Das Plenum des Zentralkomitees ist das höchste Parteitreffen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie vor knapp einem Jahr. Infektionen waren erstmals im Dezember in der zentralchinesischen Metropole Wuhan entdeckt worden. Mit strengen Maßnahmen, Einreisesperren und Massentests hat das bevölkerungsreichste Land der Erde das Virus weitgehend unter Kontrolle gebracht. Es gibt nur noch ganz wenige, kleinere Ausbrüche. So konnte sich die Wirtschaft auch wieder normalisieren.

Die schon länger verfolgte Stärkung der heimischen Nachfrage in China soll die Exportabhängigkeit reduzieren, erfordert aber strukturelle Veränderungen. So hinkt China beim Anteil des privaten Konsums an der Wirtschaftsleistung hinter entwickelten Ländern her. Die Ausgaben der Haushalte machen in China nur 38,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus, während es in Industrieländern im Schnitt 60 Prozent sind. Um hier aufzuholen, müssten die Einkommen privater Haushalte deutlich steigen und die Kluft zwischen Arm und Reich verringert werden.

Mit großem Interesse wird auch verfolgt, ob das hohe Parteigremium auch wieder ein Ziel für das Wirtschaftswachstum vorgeben wird. Der auslaufende Fünf-Jahres-Plan hatte 6,5 Prozent als durchschnittliches jährliches Wachstumsziel gesetzt. Wegen der großen Unsicherheiten durch die Pandemie hatte der Volkskongress auf seiner Sitzung Ende Juni aber keine Vorgabe für dieses Jahr beschlossen.

Da China das Coronavirus inzwischen im Griff hat, dürfte es als einzige große Volkswirtschaft in diesem Jahr Wachstum verzeichnen. Nach einem starken Einbruch zum Jahresbeginn legte die chinesische Wirtschaft im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bereits wieder um 4,9 Prozent zu. Experten gehen auch davon aus, dass Chinas Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren um rund fünf Prozent im Jahr wachsen dürfte.

Obwohl China die Selbstständigkeit fördern will, betont die Führung in Peking wiederholt, dass die Türen für Investitionen und Kapital aus dem Ausland nicht geschlossen werden. Präsident Xi Jinping sprach von einem «neuen offenen Wirtschaftssystem».

China wolle die Reform und Öffnung fortsetzen und sich zugleich in Wissenschaft, Forschung und Finanzen unabhängig machen, schrieb Fan Peng von Chinas Akademie der Wissenschaften in der «Global Times». Auch sollen die Vorteile des kommunistischen Systems stärker zur Geltung gebracht werden. Das alles sei wichtig, «um sich gegen Trends der Anti-Globalisierung und die Drohungen der USA zu wehren».

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Viele Warenproduktionen wurden in Deutschland komplett eingestellt und günstiger von China bezogen.

Wir wurden abhängig und unselbständig.

Diese Wirtschaftsfehlsteuerung kann uns noch enorm auf die Füße fliegen.

 

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Warum sich die Welt vor Chinas Schuldenfalle hüten sollte

Nicht nur der Westen, auch China engagiert sich in der Entwicklungshilfe. Doch Staaten, die Geld aus Peking bekommen, könnten dies noch bereuen. Denn China strebt nach Macht, sagt Experte Heiko Herold.

In den letzten Jahren ist China zu einem der größten Geber in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit avanciert. Auch in diesem Bereich strebt die Volksrepublik an die Weltspitze. Dahinter steckt ein klares Kalkül: der systematische Ausbau ihrer geostrategischen Machtstellung mit allen Mitteln.

China ist kein neuer Akteur in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit (EZ). Seit den 1950er-Jahren unterstützt die Volksrepublik Entwicklungsländer im Rahmen der sogenannten Süd-Süd-Kooperation.

Von Anfang an lag der Fokus dabei auf Initiativen in den Bereichen Landwirtschaft, Gesundheit und Infrastruktur. Die Grundprinzipien der chinesischen Entwicklungszusammenarbeit haben sich in den letzten Jahrzehnten nicht verändert. Allerdings ist sie einem kontinuierlichen Reformprozess unterworfen, der seit dem Amtsantritt von Staatspräsident Xi Jinping 2013 an Dynamik gewonnen hat.

An bestimmte Standards nicht gebunden

Die chinesische Regierung veröffentlicht nur wenige EZ-Daten. Sie finden sich in drei Weißbüchern zum Thema, die China seit 2011 veröffentlicht hat.

Nach den Angaben im jüngsten Weißbuch, das im Januar dieses Jahres erschienen ist, konzentriert sich die chinesische Entwicklungszusammenarbeit derzeit auf acht Bereiche: schlüsselfertige Infrastrukturprojekte, Warenhilfe, technische Zusammenarbeit, Kooperation im Bereich der Humanressourcen, Entsendung chinesischer Ärzteteams, Entsendung chinesischer Freiwilliger, humanitäre Soforthilfe und Schuldenerlass.

Anders als die westlichen Geber ist China kein Mitglied des OECD-Ausschusses für Entwicklungshilfe (DAC) und somit an dessen Standards nicht gebunden. China setzt seine eigenen Standards. Bei der Finanzierung von bilateralen EZ-Projekten werden die wichtigsten Finanzierungsinstrumente – Zuschüsse, zinslose und niedrigverzinste Darlehen – nicht separat, sondern kombiniert eingesetzt.

Zudem werden kommerzielle und entwicklungspolitische Maßnahmen nicht eindeutig voneinander getrennt, wie es die DAC-Standards vorsehen, sondern dezidiert miteinander vermischt. Diese intransparenten Praktiken stellen die Empfängerländer vor große Herausforderungen, zumal die Volumina besonders bei Infrastrukturprojekten in den letzten zwanzig Jahren stark gestiegen sind.

Von 2013 bis 2018 hat China sein EZ-Budget kontinuierlich gesteigert. In diesem Zeitraum betrug es nach amtlichen Angaben 270,2 Milliarden Renminbi (ca. 35 Milliarden Euro) – rund ein Drittel der Summe, die Deutschland als zweitgrößter DAC-Geber in diesen Jahren bereitgestellt hat. Tatsächlich dürfte das Budget für EZ-Projekte deutlich höher liegen, je nachdem, welche Investitionen im globalen Süden hinzugerechnet werden.

Sri Lanka machte Fehler

China verknüpft Hilfeleistungen häufig mit Wirtschaftsprojekten, wodurch das Gesamtvolumen der EZ-Finanzierung intransparent bleibt. Auf der Empfängerliste standen laut Weißbuch 20 multilaterale Organisationen und 122 Staaten, überwiegend in Afrika, Asien und Ozeanien, aber auch in Südamerika, der Karibik und Europa.

Im aktuellen Weißbuch definiert die chinesische Regierung die Belt and Road Initiative (BRI), hierzulande besser unter dem Namen "Neue Seidenstraße" bekannt, erstmals als Kernbestandteil ihrer internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Das ist bemerkenswert, denn die BRI geht weit über diesen Rahmen hinaus. Sie beinhaltet sogar Investitionen in Industriestaaten, darunter Deutschland.

Allerdings gibt es bei der BRI einen großen Haken: Viele Infrastrukturprojekte werden mit Krediten finanziert, die sich die Empfängerländer gar nicht leisten können. Zahlreiche Länder sind schon – unbeabsichtigt – in die Schuldenfalle getappt, was sie wirtschaftlich und politisch von China abhängig macht. Ein bekanntes Beispiel ist Sri Lanka, das bei der Volksrepublik hoch verschuldet ist.

Der Inselstaat musste 2017 seinen von chinesischen Firmen gebauten Tiefwasserhafen Hambantota für 99 Jahre an ein chinesisches Staatsunternehmen verpachten. Selbst europäische Staaten sind davor nicht gefeit. Jüngstes Beispiel ist Montenegro, das für den Bau einer neuen Autobahn einen chinesischen Milliarden-Kredit in Anspruch genommen und jetzt Rückzahlungsschwierigkeiten hat. Infolge der Corona-Krise hat sich die Schuldenlast vieler chinesischer Partnerländer noch erhöht, sodass die Abhängigkeit dieser Staaten von China in den nächsten Jahren noch wachsen dürfte.

G7 haben Herausforderung erkannt

Die Volksrepublik bietet vielen Entwicklungsländern eine alternative Partnerschaft, die nicht auf westlichen Werten basiert. Das ist besonders attraktiv für autoritär und diktatorisch regierte Staaten, in denen die DAC-Mitgliedsländer aufgrund ihres wertebasierten Ansatzes kaum oder gar keine EZ-Projekte durchführen. China nutzt die globalen Entwicklungspartnerschaften gezielt, um seine geostrategische Machtstellung weiter auszubauen.

Die G7-Staaten haben die Herausforderung erkannt. Mitte Juni dieses Jahres haben sie mit der Build Back Better World Initiative erste Gegenmaßnahmen vereinbart. Letztlich gilt für den Umgang mit der chinesischen Entwicklungszusammenarbeit die gleiche Prämisse, die aus Sicht der EU-Kommission und auch der Bundesregierung für den Umgang mit der Volksrepublik insgesamt gilt: China ist sowohl Partner als auch Wettbewerber und Rivale.

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Blinken geißelt "aggressive Handlungen" Chinas im Indopazifik

Der US-Außenminister fordert freie Fahrt für Schiffe im Südchinesischen Meer. Es gehe nicht um einen Wettbewerb zwischen beiden Supermächten um die Vorherrschaft in der Region.

US-Außenminister Antony Blinken hat in einer Rede bei einem Besuch in Indonesien scharfe Kritik an Chinas Auftreten im Indopazifik-Raum geübt. "Sie beanspruchen die offenen Meere als ihr Eigentum, verzerren öffentliche Märkte durch Subventionen für staatliche Unternehmen, verweigern Exporte oder wiederrufen Verträge mit Ländern, mit deren Politik sie nicht einverstanden sind", sagte Blinken.

Diese "aggressiven Handlungen" Pekings versetzten die Anrainer in Sorge: "Länder in der gesamten Region wollen, dass sich dieses Verhalten ändert. Und wir auch", sagte Blinken. Washington wolle dabei die Region nicht beherrschen, sondern sei lediglich "entschlossen, die Freiheit der Schifffahrt im Südchinesischen Meer zu gewährleisten". Man wolle das Recht aller Länder schützen, ihren eigenen Weg zu wählen, ohne Nötigung und Bedrohung ausgesetzt zu sein.

Kleine Inseln, große Militärpräsenz

Die Führung in Peking beansprucht große Teile des Südchinesischen Meers und der dort gelegenen Inseln und Atolle als Hoheitsgewässer. Der Internationale Gerichtshof wies 2016 den historisch begründeten Anspruch auf die Hoheitsgewässer als unbegründet zurück. Seit Jahren äußern sich Beobachter und andere Staaten immer besorgter über die zunehmende chinesische Militärpräsenz dort; so sollen Satellitenbilder zeigen, wie einzelne sehr kleine Inseln zu Militärstützpunkten ausgebaut werden.

Chinas "aggressive Handlungen" im Südchinesischen Meer bedrohten Handelsbewegungen im jährlichen Wert von drei Billionen US-Dollar (2,6 Billionen Euro), sagte Blinken. Die Anrainerstaaten seien besorgt und wollten, dass sich dies ändere. Es handele sich jedoch nicht um einen Wettbewerb, ob die Region sich zugunsten der USA oder zugunsten Chinas ausrichte.

Bidens geopolitische Strategie im Pazifik

Unter Präsident Joe Biden wenden sich die USA in ihrer Geopolitik immer stärker der indopazifischen Region zu. "Wir entwickeln ein zusammenhängendes wirtschaftliches Rahmenwerk im Indopazifik, um unsere gemeinsamen Ziele zu verfolgen, inklusive Handel und Digitalwirtschaft", sagte Blinken in Indonesien. Allerdings umfasst die Strategie auch militärische und sicherheitspolitische Aspekte wie das im September ausgerufene Bündnis Aukus: Gemeinsam mit Großbritannien und Australien wollen die USA im Pazifik Präsenz zeigen; ein damit in Verbindung stehender U-Boot-Deal zwischen den USA und Australien brüskierte Frankreich, dessen Auftrag von der australischen Regierung widerrufen wurde.

Zur Strategie gehört auch die zunehmend offenere Unterstützung für Taiwan. Peking betrachtet den demokratisch geführten Inselstaat als abtrünnige Provinz und droht immer unverhohlener mit einem militärischen Einmarsch. Washington stellt sich dem entgegen. Taiwan sowie der chinesische Druck auf demokratische Institutionen in der Sonderverwaltungszone Hongkong sind wichtige Themen von Blinkens dreiwöchiger Südostasienreise. Nach seinem Aufenthalt in Indonesien stehen Besuche in Malaysia und Thailand auf dem Programm.

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Interview in chinesischen Staatsmedien wirft Fragen auf: Wendet sich Peking gegen Putin?

Die USA würden „Öl ins Feuer“ gießen, hört man im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine immer wieder aus Peking. Eine klare Verurteilung des russischen Angriffskrieges und der zahllosen Kriegsverbrechen? Fehlanzeige. 

Bislang haben die chinesischen Staatsmedien zu großen Teilen das Narrativ des russischen Präsidenten Wladimir Putin übernommen. Umso überraschender ist nun ein Interview der chinesischen Staatsmedien mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba.

Kuleba kritisiert darin Russland scharf und bittet um Sicherheitsgarantien: „Die Ukraine prüft derzeit die Möglichkeit, Sicherheitsgarantien von ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates, einschließlich China, und anderen Großmächten zu erhalten“, so Kuleba gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua. Es sei ein Zeichen des „Respekts und Vertrauens“ in die Volksrepublik China.

China verpflichtete sich bereits 2013 der Ukraine beizustehen, sollte sie mit Atomwaffen bedroht oder angegriffen werden.

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Die chinesische Marine gewinnt Oberwasser

In der Taiwan-Krise von 1996 beorderte der amerikanische Präsident Bill Clinton die beiden Flugzeugträger-Kampfgruppen «Nimitz» und «Independence» mit gegen 130 Kampfflugzeugen und mit rund 130 Startrampen für «Tomahawk»-Marschflugkörper in die Nähe der Strasse von Taiwan. China blieb damals nichts anderes übrig, als nachzugeben. Die Volksrepublik hat seither ihre Lehren gezogen. Mit einem gewaltigen Rüstungsprogramm baut sie ihre Streitkräfte aus, ganz besonders die Marine.

Chinesische Soldaten vor dem Auslaufen im Hafen von ;Zhoushan. Jiang Shan / Imago

© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung DeutschlandChinesische Soldaten vor dem Auslaufen im Hafen von ;Zhoushan. Jiang Shan / Imago

China nahm den Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi vom 2. August zum willkommenen Vorwand, um seine militärischen Angriffs- und Blockadeplanungen intensiver als je zuvor zu testen. Kenner der Region gehen davon aus, dass China bis 2049, dem hundertsten Geburtstag der Volksrepublik, die Taiwan-Frage geklärt haben will. Die Insel soll bis dann Teil der Volksrepublik sein – sei es mit friedlichen Mitteln oder mit Gewalt. Nach Aussagen des Kommandanten des indopazifischen Kommandos der USA, Admiral John Aquilino, sollen in etwa fünf bis sechs Jahren optimale Voraussetzungen für eine Eroberung Taiwans geschaffen sein.

Die Marine der Volksrepublik China hat zahlenmässig den Bestand der US-Navy von knapp 300 Schiffen vor etwa zwei Jahren erreicht, inzwischen liegt China sogar darüber. Kommt hinzu, dass die USA ihre Navy im Wesentlichen auf zwei Ozeane verteilen müssen. Ihr stehen im Pazifik 6 der insgesamt 11 Flugzeugträger zur Verfügung. Diesen Bestand strebt die chinesische Marine innerhalb der nächsten zehn bis fünfzehn Jahre ebenfalls an. Mit dem Stapellauf des ersten eigenständig entwickelten und gebauten Trägers des Typs 003 im Juli stehen in rund drei Jahren drei Schiffe dieser Art bereit. Die neue «Fujian» ist mit einem Flachdeck mit Katapulten ausgestattet und ist damit das erste Schiff, das mit US-Trägern verglichen werden kann.

US-Navy mit zahlreichen Problemen

Die US-Navy hingegen kämpft derzeit an vielen Fronten mit Problemen: Sie leidet an Personalproblemen, einer teilweise überalterten Flotte und einem zu hohen Operationstempo. Auch kommt der längst geplante Ausbau der Flotte nicht vom Fleck. Zudem fehlt ihr eine angemessene Infrastruktur für den Unterhalt. Dies alles begünstigt die chinesische Marine, die mit zahlreichen Werften teilweise doppelt so viele neue kampfstarke Schiffe wie Zerstörer, Fregatten, Landungsschiffe und U-Boote wie die USA baut. Der hohe Bestand bedeutet, dass die Marine die ursprünglich angestrebte Verteidigungsfähigkeit zur See innerhalb der sogenannten Ersten Inselkette (Kyushu–Okinawa–Taiwan–Südchinesisches Meer) längst erreicht hat und nun die Einflusssphäre auf die Zweite Inselkette (Hokkaido–Guam–Philippinen) auszudehnen beginnt. Weitergehende Einsätze bis hin in den zentralen Pazifik werden folgen. Heute ist sie zudem bereits regelmässig im Golf von Oman und zeitweise auch in europäischen Gewässern und im Atlantik aktiv.

Diese Entwicklung bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Bewegungsfreiheit der US-Navy. Die zunehmende Fähigkeit Chinas zu Hochsee-Einsätzen, kombiniert mit den vor allem für die US-Trägerverbände bedrohlichen Entwicklungen durch ballistische Anti-Schiff-Lenkwaffen der Typen DF-21D und DF-26B, bleibt nicht ohne Folgen. Die uneingeschränkte Herrschaft über bestimmte Seegebiete ist für die US-Navy nicht mehr gegeben. Das heisst nicht, dass sie diese Gewässer meiden wird, wie dies China möchte. Aber es gilt, Operationen beispielsweise im Südchinesischen Meer oder in der Nähe Taiwans besonders sorgfältig vorzubereiten und durchzuführen. In einem Konflikt mit China werden die USA vermehrt das Zusammengehen mit anderen Teilen der Streitkräfte sowie mit den Verbündeten in der Region suchen müssen.

Vergleich mit dem «D-Day»

Die nach dem Besuch von Nancy Pelosi erfolgten Raketenabschüsse, zum Teil über Taiwan, und die seit Monaten laufenden umfassenden «Mock»-Angriffe der chinesischen Luftwaffe bis hin zum Eindringen in die Luftraum-Identifikationszone Taiwans, selbst Luftraumverletzungen, geben einen Vorgeschmack auf das, was in Zukunft zu erwarten ist. Provokationen werden künftig zum Normalverhalten Chinas gehören.

Wenn Einschüchterungen und eine allfällige Blockade nicht zum Ziel führen, wird China letztlich darauf angewiesen sein, die Insel physisch zu besetzen. Angesichts der grossen Distanz von 160 Kilometern vom Festland bis zur Insel und der zeitweise unvorteilhaften Wetterbedingungen ist dies kein einfaches Unterfangen. Verschiedene Quellen vergleichen das Vorhaben einer amphibischen Landung auf Taiwan mit der Operation «D-Day» vom 6. Juni 1944 in der Normandie, allerdings mit ungleich grösseren Schwierigkeiten. Im Gegensatz zur Normandie, wo ein flacher und meist offener Strand für die Anlandung der Alliierten zur Verfügung stand, gibt es auf dem etwa 400 Kilometer langen und 145 Kilometer breiten Taiwan bloss 14 meist kleine Küstenstreifen, die mehrheitlich von steilen Berghängen dominiert werden. Taiwan ist eine stark urbanisierte und zerklüftete Insel mit 258 Berggipfeln, die bis zu 2900 Meter hoch sind.

Für die Bereitstellung der chinesischen Kräfte wird das «Kommando Süd» mit Hauptquartier in Guangzhou zuständig sein. Dort sind drei grosse amphibische Bereitschaftszonen vorgesehen. Gemäss dem amerikanischen Institut Project 2049 wären für eine Landung und Besetzung des schwierigen Geländes zwischen 1,3 und 2,2 Millionen Mann erforderlich. Diese würden auf eine stehende Armee von etwa 190 000 Mann treffen, die nach Mobilmachung auf mindestens 450 000 Personen anwachsen kann.

Die amphibischen Truppen Chinas bestehen aus zwei Teilen. Der eine nennt sich amphibische Streitmacht und gehört zu den Landtruppen. Er umfasst rund 30 000 Mann. Der zweite Teil besteht aus dem eigentlichen Marinekorps und zählt acht Kampfbrigaden sowie eine Fliegerbrigade. Der Gesamtbestand wird gegenwärtig von 40 000 auf 100 000 Mann ausgebaut. Diesem Korps käme die Schlüsselrolle bei der Inbesitznahme der Einfallstore nach Taiwan zu.

Es wird angenommen, dass die 14 möglichen Landestrände keinesfalls ausreichen werden, um ausreichend Brückenköpfe zu bilden. Deswegen geht man davon aus, dass bei einer militärischen Operation zuerst ausgewählte taiwanische Häfen (im Norden Taipeh, Keelung, Suao und Hualien, im Süden und Westen Anping, Kaohsiung und Taichung) eingenommen werden müssten. Dies würde vor allem aus der Luft sowie mit Einheiten des Marinekorps und der Spezialtruppen sichergestellt. Letztere werden in erster Linie auf kritische Infrastrukturen angesetzt, infiltrieren, führen Sabotage- und Zersetzungsaktionen durch, zerstören Hindernisse und weisen der Luftwaffe und der Marine Ziele zu. Danach könnten über die Häfen das Gros der Besatzungstruppen der Landstreitkräfte und die riesigen Mengen an logistischen Gütern an Land gebracht werden.

Die Marine der Volksrepublik China hat in den letzten Jahren den Bestand an modernen amphibischen Kampfschiffen mit Helikopterträgern, Docklandungsschiffen und Luftkissenfahrzeugen stark ausgebaut, die den amerikanischen Schiffen gleichen Typs übrigens verblüffend ähnlich sehen. Trotz diesen Anstrengungen wird aber der jetzige Bestand für einen Angriff und eine Besetzung Taiwans nicht ausreichen.

Militarisierung ziviler Ressourcen

Deswegen hat die KP Chinas bereits 2016 die Voraussetzungen für einen Einbezug ziviler Komponenten für eine solche Operation gegen Taiwan geschaffen. Mit diesem Schritt wird sichergestellt, dass weltweit 1000 Handelsschiffe, beispielsweise von der Reederei Cosco, 46 Containerhäfen und 190 Piers militarisiert werden können. Bei der zivil-militärischen Fusion geht man sogar davon aus, dass im Ernstfall bis zu 2000 Frachter, Schlepper, Fähren sowie bis zu 650 000 zivile Seeleute für die Vorhaben Chinas aufgeboten werden könnten.

Die USA und ihre Verbündeten wären bei einem militärischen Konflikt in einer schwierigen Lage. Die Taiwan Relations Act, ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz von 1979, nimmt die USA in die Pflicht, weil sie vorsieht, dass Amerika bei einem Angriff Chinas die Inselrepublik militärisch unterstützt. In der jetzigen Situation kommt freilich der Diplomatie und abschreckenden Massnahmen grosse Bedeutung zu. Erst wenn diese versagen, wäre eine direkte militärische Konfrontation unausweichlich und deren Ausgang schwer vorhersehbar.

Im Kriegsfall werden sich die USA auf starke Fähigkeiten in der Teilstreitkräfte-übergreifenden Führung, auf ihre Spitzentechnologie, Flugzeugträger-Kampfgruppen, Marschflugkörper, strategische Bomber und ihre überlegenen nuklearen Jagd-Unterseeboote verlassen. Letztgenannte nehmen eine Schlüsselrolle ein, weil ihre Präsenz in der Strasse von Taiwan für chinesische Invasoren wohl besonders gefährlich wäre. Nachteilig dürfte sich auswirken, dass die USA die Entwicklung hypersonischer Flugkörper und weitreichender Schiff-Schiff-Lenkwaffen zu lange hinausgeschoben haben.

Die jüngsten Entwicklungen verdeutlichen Verschiedenes. Sie führen vor Augen, wie ernst die Lage ist und wie sehr die Umsetzung bisher aufgeschobener Massnahmen dringend nötig ist. Sie machen ferner deutlich, dass Taiwan bei der Schaffung einer Territorialverteidigung und der Verlängerung der Dienstpflicht noch Handlungsbedarf hat. Die Inselrepublik hat trotz einem Sonderzuschlag im Verteidigungsbudget von 8,6 Milliarden Dollar Anfang 2022 zu wenig für ihre Verteidigung getan. Das ist allerdings nicht nur Selbstverschulden, sondern liegt auch an der Zurückhaltung vieler westlicher Staaten, die sich der Ein-China-Politik verschrieben haben.

Eine gewaltsame Besetzung Taiwans dürfte für China ein schwieriges, verlustreiches und langwieriges Unterfangen sein. Die Ungewissheiten sind zahlreich. So haben die Planer der Volksbefreiungsarmee nach der russischen Invasion in der Ukraine zweifellos registriert, dass der Widerstand in einem besetzten Gebiet nicht unterschätzt werden darf.

Ein durch China blockiertes oder besetztes Taiwan würde auch den globalen Handel im indopazifischen Raum nachhaltig bedrohen. Für die weltweite Wirtschaft könnten zudem die zu erwartenden, im Vergleich zur Ukraine weit umfassenderen Sanktionen verheerende Folgen zeitigen. Dies alles ist Grund genug, dem scheinbar unausweichlichen Waffengang rasch, nachhaltig und an allen Fronten vorzubeugen. Die Zeit drängt.

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So bedrohen Chinas Hyperschallraketen den Westen – Test hat "Grenzen der Physik" verschoben

Die Mittelstreckenrakete DF-17 ist mit dem Hyperschall-Gefechtskopf DF-ZF ausgestattet.

Die Mittelstreckenrakete DF-17 ist mit dem Hyperschall-Gefechtskopf DF-ZF ausgestattet.© picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ng Han Guan
Die Mittelstreckenrakete DF-17 ist mit dem Hyperschall-Gefechtskopf DF-ZF ausgestattet.

China ist eine Supermacht. Die Volksrepublik wird aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren die USA nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch überholen. Immer wieder gibt es Berichte zu angeblichen Tests von chinesischen Hyperschallraketen. Die Flugkörper erreichen mehrfache Schallgeschwindigkeit, sind unberechenbar und bedrohen den Westen. China könnte auf diesem Feld womöglich bereits weiter sein als die USA. Militärexperten zeigen sich besorgt.

Hyperschallraketen fliegen mit einer Geschwindigkeit von über 6000 Kilometern pro Stunde in der oberen Atmosphäre. Im Gegensatz zu den herkömmlichen Interkontinentalraketen folgen die Hyperschallraketen keiner eindeutigen Laufbahn und sind dadurch äußerst schwer zu erfassen. Zudem können die Raketen schnell ihren Kurs ändern, wodurch die Luftabwehr nicht in der Lage ist, die Sprengkörper rechtzeitig zu neutralisieren. Hyperschallraketen können auch Atomsprengköpfe tragen.

China testet atomwaffenfähige Hyperschallraketen

Im Dezember 2021 bestätigte das Pentagon erstmals offiziell den Test von atomwaffenfähigen chinesischen Hyperschallraketen. Demnach habe das Land im August 2021 bereits Tests durchgeführt. Das US-Militär stufte die Beobachtungen als besorgniserregend ein, wie die "Tagesschau" berichtet.

China dementiert Meldungen dieser Art immer wieder. Demnach handelte es sich nur um Routine-Tests mit wiederverwendbarer Raumfahrttechnik. Man habe kein Interesse an einem Wettrüsten, so Liu Pengyu, Sprecher der chinesischen Botschaft in den USA, laut "Merkur".

Dabei hat China bereits ballistische Mittelstreckenraketen mit Hyperschall-Gefechtskörpern in seinem Repertoire. Die DF-17 besitzt eine Reichweite von über 2000 Kilometern und wurde bereits seit 2014 getestet. Sie ist mit dem Hyperschall-Gleitflug-Gefechtskopf Dongfeng-Zhengfu (DF-ZF) ausgestattet.

Der Flugkörper erreicht demnach bis zu zehnfache Schallgeschwindigkeit, also über 12.000 Kilometer pro Stunde. Nach Einschätzungen des US-Geheimdienstes ist die Hyperschallrakete sehr genau und in der Lage, die Luftabwehr der Nachbarländer Taiwan, Südkorea und Japan zu umgehen.

Im April gab es zudem Meldungen, dass China erfolgreich die Hyperschallrakete YJ-21 testete, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Sie findet ihren Einsatz auf dem Meer. Demnach besitzt auch die YJ-21 eine unberechenbare Flugbahn und kann Ziele in bis zu 1500 Kilometern erreichen. Die Tests sind als Warnung an die USA im Taiwan-Konflikt zu verstehen.

Chinesischer Test hat "Grenzen der Physik" verschoben

Für Peking könnte bereits ein neues Raketen-Zeitalter angebrochen sein. Einem Bericht des "Wall Street Journals" zufolge ist es der Volksrepublik gelungen, ein Projektil bei über 6000 Kilometern pro Stunde aus einem Hyperschallgleiter abzufeuern. Der Gleiter wurde demnach zuvor wiederum von einer Hyperschallrakete gestartet. Sollte China dazu in der Lage sein, wären "die Grenzen der Physik" verschoben worden, heißt es in dem Bericht.

Die Art und der Nutzen des Projektils seien nicht bekannt. Mit dem Projektil könnten jedoch Abwehrsysteme verwirrt oder Ziele direkt angegriffen werden. Durch eine solche Hyperschallrakete wäre es Peking möglich, Ziele in noch größerer Entfernung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu treffen. Das Abfangen der Rakete wäre fast unmöglich und Ziele in den USA damit nicht nur über dem Nord-, sondern auch dem Südpol erreichbar, wie es heißt.

Militärexperten sind über den Test verblüfft. In den USA gibt es keine vergleichbare Technologie. Es ist bereits die Rede von einem "Sputnik-Moment", wie die "Tagesschau" berichtet. Damit wird auf den Schock der westlichen Staaten angespielt, nachdem es der Sowjetunion 1957 mit Sputnik gelungen war, den ersten Satelliten in die Erdumlaufbahn zu befördern.

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„Das ist unvorstellbar“ – Industrie wäre bei Wirtschaftskrieg mit China lahmgelegt

Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, Stefan Wolf, hält es für nahezu unmöglich, die wirtschaftliche Abhängigkeit von China kurzfristig zu verringern. „Das ist gar nicht vorstellbar“, sagte Wolf der Deutschen Presse-Agentur. Hintergrund sind Forderungen, wegen der chinesischen Drohgebärden gegenüber Taiwan und Berichten über massive Menschenrechtsverletzungen die Wirtschaftsbeziehungen mit China zu überdenken.

Robert Habecks Stresstest legt den Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken nahe, darunter das AKW Isar 2 in Bayern. Einen solchen Test hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger seit März gefordert: „Jetzt haben wir September – die grüne Parteiideologie ist offenbar wichtiger als die Wirtschaft im Land.“

Robert Habecks Stresstest legt den Weiterbetrieb von zwei Atomkraftwerken nahe, darunter das AKW Isar 2 in Bayern. Einen solchen Test hat Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger seit März gefordert: „Jetzt haben wir September – die grüne Parteiideologie ist offenbar wichtiger als die Wirtschaft im Land.“© Bereitgestellt von WELT

Die Abhängigkeit sei „immens“, sagte der Gesamtmetallchef. „Auch die Handelsbeziehungen mit China sind ja völlig anders als die mit Russland.“ Die Industrie wäre bei einem Wirtschaftskrieg des Westens mit China an vielen Stellen lahmgelegt. „Stellen Sie sich mal vor, wir schneiden plötzlich alles ab, was heute aus China nach Europa kommt. Das ist unvorstellbar.“

Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG und Präsident des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie Quelle: Marijan Murat/dpa

Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG und Präsident des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie Quelle: Marijan Murat/dpa© Marijan Murat/dpa

Hinzu komme, dass 50 Prozent der Halbleiter aus Taiwan geliefert würden. Es sei für die deutsche Wirtschaft quasi unmöglich, sich auf einen solchen Konflikt mit China vorzubereiten. „Darauf kann man sich nicht einstellen. Sie können jetzt nicht plötzlich anfangen, alles was aus China kommt, zu verlagern.“ Wolf sagte weiter: „Wenn ich mir überlege, was alles aus China kommt, an Unmengen von Teilen, an Fertigprodukten.“ Es werde häufig gesagt: „Was wir heute aus China alles beziehen, das beziehen wir dann halt woanders her. Ja, woher denn?“ Zudem betrieben deutsche Firmen viele Fabriken in China. Auch hier gebe es oft die Forderung, diese zu verlagern. „Das würde ja bedeuten, dass große Produktionskapazitäten auf dieser Welt leer stehen und ungenutzt sind. Das ist völlig illusorisch.“

Entscheidung zwischen China und den USA?

Der 60 Jahre alte Verbandschef warnte auch vor den Folgen für die Weltwirtschaft, die besonders die Deutschen zu spüren bekämen. Das Problem sei: „Bei einer Taiwan-Krise würden aus meiner Sicht sofort die USA in irgendeiner Form eingreifen, was sie ja bei Russland nicht gemacht haben. Wir haben dann ein großes Problem in Deutschland.“

Er ist überzeugt: „Die Amerikaner werden sagen: Diejenigen, die noch mit China Geschäfte machen, machen mit USA keine Geschäfte mehr. Das heißt, wir müssten uns dann für einen Markt entscheiden. Wolf sagte weiter: „Aus meiner Sicht ist dieses Thema fast unlösbar, weil wir eigentlich nicht für den chinesischen Markt den US-Markt aufgeben können. Und umgekehrt auch nicht.“ Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik an.

Der Chef des Autozulieferers ElringKlinger aus Baden-Württemberg setzt darauf, dass die Chinesen vor einem Wirtschaftskrieg mit dem Westen zurückschrecken. „Die Chinesen wissen ganz genau, dass ihre Volkswirtschaft massiv abhängt von Europa und von den USA. Die Volkswirtschaften sind so eng verbunden miteinander, und China ist um ein Vielfaches abhängiger von Europa und von den USA, als es Russland ist.“ China müsse eine „Rieseninteresse“ daran haben, diese Handelswege offen zu lassen. Sonst drohe ein Kollaps: „In der Konstellation würde unsere Weltwirtschaft komplett durcheinanderkommen. Ich wüsste gar nicht, wie das zu lösen wäre.“

Allerdings sei auch der Konflikt mit Russland bis vor Kurzem so nicht absehbar gewesen. Auch die deutsche Wirtschaft habe gedacht, es werde mit den russischen Energielieferungen immer so weitergehen. „Das war auch ein bisschen blauäugig. Wir haben in der Wirtschaft auch daran geglaubt, dass das einfach immer so laufen wird, zumal das auch im Kalten Krieg so war.“ Die Wirtschaft habe es unterlassen, bei der Politik auf eine stärkere Diversifizierung bei der Energieversorgung zu pochen. „Man hat diese ganzen geopolitischen Risiken und diese geostrategischen Risiken, die sich hier jetzt verwirklicht haben, die hat man nicht gesehen.“

Wolf sagte, man müsse Lehren daraus ziehen. „Es haben viele deutsche Unternehmen in der Ukraine investiert und haben dort Tochtergesellschaften gegründet und produzieren dort. Ich glaube, wir müssen auch in Zukunft viel mehr auch Auslandsinvestitionen unter geostrategischen und geopolitischen Risiken betrachten.“ Er räumte ein: „Man hat die Kostenvorteile in Osteuropa und die Subventionen gesehen. Aber geostrategische Themen hat man nicht mit berücksichtigt. Das war aus meiner Sicht ein großer Fehler.“

Allerdings warnte der Gesamtmetallchef auch davor, sich vom russischen Markt komplett zu verabschieden. „Maschinen- und Anlagenbauer leiden im Moment, weil ihnen der russische Markt weggebrochen ist. Das ist wirklich ein Thema, wo man sich auch Gedanken machen muss, ob es richtig ist, dass wir uns diesen Markt so zumachen.“ Der Markt werde derzeit von China und der Türkei eingenommen, wo es auch gute Maschinen und Anlagenbau gebe.

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China: Außenhandel schwächelt – aber Geschäfte mit Russland florieren

Experten erwarteten ein zweistelliges Exportwachstum, doch China steht nun deutlich schlechter da. Der Handel mit den USA leidet, die Volksrepublik orientiert sich Richtung Moskau.

China: Außenhandel schwächelt – aber Geschäfte mit Russland florieren

China: Außenhandel schwächelt – aber Geschäfte mit Russland florieren© Alex Plavevski / EPA

Chinas Exportwachstum hat sich überraschend deutlich verlangsamt.

Die Ausfuhren legten im August in US-Dollar berechnet nur noch mit einem Plus von 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, wie der chinesische Zoll in Peking berichtet. Experten hatten ein zweistelliges Wachstum erwartet, nachdem die Exporte im Juli noch um 18 Prozent gestiegen waren.

Auch die Importe entwickelten sich mit einem Zuwachs von nur 0,3 Prozent schlechter als vorhergesagt. Im Juli war noch ein Anstieg von 2,3 Prozent verzeichnet worden.

Ursache für die schwachen Zahlen sind nach Angaben von Experten die schlechte Konsumlaune der chinesischen Verbraucher, die Krise am Immobilienmarkt in China sowie Corona-Lockdowns. Die Ausfuhren leiden vor allem unter der schwächeren globalen Nachfrage durch wachsende Inflation.

Die Exportschwäche sei wohl früher als erwartet eingetreten, weil »sich die Nachfrage aus den USA und der EU bereits verlangsamt hat während die Versandpreise erheblich gesunken sind«, sagte Zhou Hao, Chefökonom der Investmentbank Guotai Junan International, laut der Nachrichtenagentur Reuters. Er gehe davon aus, dass die Preiseffekte den Handel weiter beeinträchtigen werden.

China handelt intensiver mit Russland

Stark entwickelte sich weiter Chinas Handelsaustausch mit Russland, gegen das wegen seines Einmarsches in die Ukraine internationale Wirtschaftssanktionen verhängt worden waren. China, das politisch hinter Russlands Präsident Wladimir Putin steht, importierte 59,3 Prozent mehr aus Russland – vor allem Energie. Umgekehrt lieferten chinesische Exporteure um 26,5 Prozent mehr Güter an das Nachbarland.

Die Europäische Union konnte ihre Ausfuhren nach China um 3,1 Prozent steigern. Umgekehrt exportierte China aber um 11,1 Prozent mehr in die EU. Im Handel mit den USA gingen hingegen sowohl Chinas Einfuhren als auch Ausfuhren zurück. Die chinesischen Exporte verringerten sich um 3,8 Prozent, während die Importe aus den USA sogar um 7,4 Prozent rückläufig waren.

China schwächelt

Die strikte Null-Covid-Politik der chinesischen Führung belastet die Wirtschaft des Landes. So waren Ende August Dutzende Städte, die ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts ausmachen, von Schließungen betroffen. Das Analysehaus Capital Economics zählte konkret 41 von Coronamaßnahmen betroffene Städte, die für 32 Prozent der chinesischen Wirtschaftsleistung stehen. Kommunale Lockdowns könnten auch Engpässe in globalen Lieferketten verschärfen.

ie chinesische Industrie ist allgemein in schlechter Form: Sie schrumpfte im August erneut, wie die Umfrage des Statistikamtes belegte. Der dabei ermittelte Einkaufsmanagerindex sank um 0,4 auf 49,0 Punkte. Erst ab 50 wird ein Wachstum signalisiert. Die Umfrage deutet darauf hin, dass sich die Wirtschaftstätigkeit im August im Vergleich zum Vormonat kaum verbessert hat.

Der Wirtschaft setzen nicht nur Coronamaßnahmen zu, sondern auch die schlimmste Hitzewelle seit Jahrzehnten und eine Krise auf dem Immobilienmarkt. Banken-Ökonomen senkten deshalb ihre Prognose für das Wachstum der nach den USA zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Die Experten von ANZ etwa rechnen nur noch mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von drei Prozent in diesem Jahr, nachdem bislang vier Prozent erwartet wurden.