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Die Stetig wachsende Zahl von Protestwähler

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Lobbyregister für Deutschland: Die wichtigsten Fragen und Antworten

 

Zum ersten Mal soll es in Deutschland ein verpflichtendes Lobbyregister geben. Nun diskutiert der Bundestag darüber. Kritiker halten den Entwurf von Union und SPD für viel zu lasch. Der Überblick.

Ein Lobbyregister - wozu? Das war lange die Haltung vieler Parlamentarier, vor allem aus der Union. Dann kam der Fall Philipp Amthor. Der CDU-Politiker setzte sich bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für das Start-Up Augustus Intelligence ein. Von der Firma bekam er einen Direktorenposten und Aktienoptionen, inzwischen hat er seine Nebentätigkeit bei dem Unternehmen beendet.

Auch Ex-Verteidigungsminister Karl Theodor zu Guttenberg ließ seine Verbindungen spielen, lobbyierte für Augustus Intelligence und den mittlerweile insolventen Finanzdienstleister Wirecard im Kanzleramt.

Amthors und Guttenbergs Tätigkeiten haben die Stimmung in Sachen verpflichtendes Lobbyregister verändert. Nun diskutiert der Bundestag zum ersten Mal über einen Gesetzentwurf, SPD und Union haben den Vorschlag eingebracht. Doch vielen Kritikern - nicht nur in der Opposition - geht er nicht weit genug. Auch mit dem vorgesehenen Register wären Amthors und Guttenbergs Aktivitäten vermutlich nicht an die Öffentlichkeit gelangt.

Wie soll das Register aussehen - und was wird daran bemängelt? Der Überblick.

Was soll im geplanten Lobbyregister stehen?

Interessenvertreter müssten in das Register unter anderem eintragen wie sie heißen, wessen Interessen sie vertreten, für welche Branche sie arbeiten, wo ihr Auftraggeber sitzt. Daher erinnert das geplante Register an die bereits vorhandene, öffentliche Lobbyliste des Bundestages, in der sich Verbände freiwillig registrieren können.

Die wichtigste Änderung ist, dass der Eintrag ins Register verpflichtend werden soll. Wer sich nicht registriert oder falsche Angaben macht, begeht eine Ordnungswidrigkeit - und muss bis zu 50.000 Euro Strafe zahlen. Zudem soll das Lobbyregister einige zusätzliche Informationen enthalten. Etwa, wie viele Lobbyisten ein Unternehmen oder ein Verband beauftragt hat. Auch Lobbyagenturen müssen ihre Auftraggeber jetzt nennen, was in einem früheren Entwurf nicht vorgesehen war und ein Schlupfloch gewesen wäre.

Dem Entwurf zufolge sollen keine Kontakte zwischen Lobbyisten und Abgeordneten aufgezeichnet werden. Briefe, E-Mails, Anrufe, Treffen - all das soll nicht in das geplante Verzeichnis einfließen. Zudem sind zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, bei denen Lobbyisten nicht der Eintragungspflicht unterliegen - beispielsweise "im Rahmen der Tätigkeit der Kirchen". Erfolgshonorare für Lobbyisten sollen unzulässig sein.

Was spricht für ein Lobbyregister?

Die Öffentlichkeit soll nachvollziehen können, welche Interessen in den Gesetzgebungsprozess einfließen. Nur so lässt sich erkennen: Gibt es Verflechtungen zwischen einem bestimmten Politiker und einer Firma? Trifft sich der Verkehrsminister viel häufiger mit Vertretern der Automobilbranche als mit Umweltschützern? Im besten Fall erschwert ein Register illegitime Einflussnahme oder gar Korruption.

Was bemängeln Kritiker am aktuellen Entwurf?

Transparenzorganisationen wie Abgeordnetenwatch und LobbyControl sehen in dem Entwurf der Großen Koalition viele Schlupflöcher. Auf Kritik stößt vor allem der Umstand, dass die Lobbyisten ihre Kontakte zu Politikern nicht angeben müssen. Kritiker fordern, dass Lobbyisten jedes Treffen, jeden Anruf und jede E-Mail - schlicht jeden Kontakt – verzeichnen sollen. Nur so werde das Register aussagekräftig.

Außerdem kritisieren sie, dass Lobbyisten Angaben zu ihren Finanzen komplett verweigern können. Hinzu kommt: Wer in drei Monaten weniger als 50 Lobbykontakte hat, muss sich nicht in das Register eintragen - gelegentlicher Lobbyismus bliebe also geheim.

Nach dem vorliegenden Entwurf bleiben Bundesministerien und Kanzleramt noch ausgespart, was selbst die SPD immer wieder bemängelte. Denn die meisten Gesetze werden in den Ministerien vorbereitet. Für Lobbyisten sind Minister, Staatssekretäre, Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter ein lohnendes Ziel. Am Donnerstag lenkte die Unionsfraktion ein: Das Lobbyregister soll nun auch für die Regierung gelten. Der Gesetzentwurf dürfte entsprechend angepasst werden.

Was will die Opposition?

Grüne und Linke fordern seit Jahren ein verbindliches, öffentliches Lobbyregister, das Bundestag und Regierung umfasst. Sie wollen auch, dass einzelne Treffen und Kontaktversuche offengelegt werden. Die FDP hat sich nach der Amthoraffäre den Forderungen nach mehr Transparenz angeschlossen. Damit schwenkten die Liberalen um - vor dem Lobbyskandal um den jungen CDU-Politiker hatten sie sich noch gegen mehr Lobbytransparenz positioniert.

Die AfD hat einen eigenen Entwurf für ein Lobbyregister vorgelegt. Darin verlangt sie unter anderem ein Bußgeld von 100.000 Euro bei Verstößen gegen die Registrierungspflicht.

Wie ist die Haltung der Kanzlerin?

Angela Merkel äußerte sich zuletzt skeptisch zum geplanten Lobbyregister. Bei ihrer Sommerpressekonferenz sagte siefür die Arbeit der Regierung bestehe bereits eine "sehr hohe Transparenz". Dabei verwies sie auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) und die parlamentarischen Anfragen. Beide Instrumente dienen dazu, Akten, Rechnungen oder Informationen in Behörden öffentlich zugänglich zu machen. Allerdings bieten sie nicht annähernd die gleiche Transparenz wie ein gutes Lobbyregister.

Könnten Bürger nachvollziehen, welche Lobbyistenkontakte ihre Wahlkreisabgeordneten haben?

Nach dem Vorschlag von Union und SPD müssen sich Lobbyisten nicht in das Register eintragen, wenn ihre Interessenvertretung "rein lokalen Charakter aufweist". Rein lokal bedeutet hier: Das Lobbyanliegen bezieht sich auf maximal zwei aneinander grenzende Wahlkreise. Welche Unternehmen oder Verbände in der eigenen Region lobbyieren, bleibt also geheim.

Hinzu kommt: Auch wenn sich Lobbyisten mit rein lokalen Interessen registrieren müssten, gäbe es keine Angaben über einzelne Kontaktversuche. Damit wäre nicht nachvollziehbar, welchen Abgeordneten die Lobbyisten erreichen wollen – und ob es der Vertreter des eigenen Wahlkreises ist.

Wird Lobbyarbeit mit dem geplanten Register schwieriger?

Im Gesetzentwurf steht, dass der administrative Aufwand für Lobbyisten und den Deutschen Bundestag so klein wie möglich sein soll. Interessenvertreter müssen ihre Angaben einmal im Jahr aktualisieren – ein überschaubarer Aufwand, kaum mehr als eine Formalie. Schwieriger dürfte ihr Kerngeschäft nicht werden.

Was ändert sich für Abgeordnete?

Wahrscheinlich nichts. Parlamentarier müssen dem Entwurf zufolge keinerlei Angaben machen.

Wie transparent ist deutsche Politik im Vergleich zu anderen Staaten?

Ein Blick ins Ausland zeigt: Es geht auch anders. Auf Ebene der Europäischen Union (EU) müssen Lobbyisten festhalten, wann sie sich mit welchem Mitglied der EU-Kommission getroffen haben und über welches Thema sie gesprochen haben. In den USA gibt es schon seit 25 Jahren ein verpflichtendes Lobbyregister. Interessenvertreter müssen jedes Vierteljahr ihre Angaben aktualisieren. Bei Verstößen droht ihnen bis zu fünf Jahre Gefängnis.

Wie geht es nun weiter?

Am Freitag diskutiert der Bundestag zum ersten Mal über den Vorschlag der Regierungsfraktionen. Die SPD hat mehrmals verkündet, dass sie Lobbyismus gegenüber der Bundesregierung - also in den Ministerien und im Kanzleramt - in den Entwurf aufnehmen möchte. Vizekanzler und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz bekräftigte das am Mittwoch im Bundestag. Nachdem nun auch die Unionsfraktion dies befürwortet, dürfte es bald einen überarbeiteten Entwurf geben, der Lobbyismus auf Regierungsebene einbezieht.

 

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Berufsverbot als Dauerzustand: Altmaiers Corona-Politik? Ludwig Ehrhard dreht sich im Grabe um

 

Der Minister will per Beschwichtigungsgipfel die Empörungswelle brechen. Doch im Amt ist er nur noch, weil Merkel einen ihrer Gegner stoppen will. Ein Kommentar.

Peter Altmaier ist ein umgänglicher und freundlicher Mann mit Humor. Er stuft sich als „geländegängig“ ein, wenn es um die Anforderungen im Amt geht. Das klingt nach Anpacken und Lösungskompetenz. Ob Altmaier ein guter Wirtschaftsminister ist, beantworten an diesem Dienstag 40 Verbandsvertreter. Deren Reaktionen auf die jüngsten Lockdown-Beschlüsse der Ministerpräsidentenrunde lassen nichts Gutes ahnen: Verzweiflung und Verbitterung prägen immer größere Bereiche der Wirtschaft.

Altmaiers Gäste werden ihren Groll abladen und sich wieder einmal seine Hilfszusagen anhören. Das ist der Zweck des Beschwichtigungsgipfels: die Empörungswelle brechen. Altmaier ist auch deshalb noch im Amt, weil Angela Merkel ihren langjährigen, treuen „Alleskönner“ braucht, um Friedrich Merz als Wirtschaftsminister zu verhindern.

Die Notwendigkeit von Corona-Schutzmaßnahmen stellen selbst die am stärksten Betroffenen nicht infrage. Um das Berufsverbot zu überstehen, bedarf es staatlicher Hilfe. Und einer Perspektive. Im vierten Lockdown-Monat ist jedoch nicht erkennbar, was im fünften möglich sein könnte. Der Durchhaltewille im Einzelhandel, im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Reisebranche und der Kreativwirtschaft schwindet langsam.

Und Ludwig Erhard dreht sich im Grabe um. Ein paar Lehrsätze des Wirtschaftswunderministers hätten im Ministerbüro für den Nachfolger aufgehängt werden sollen. Zum Beispiel: Wirtschaft ist zu 50 Prozent Psychologie. Wenn Unternehmen investieren oder Verbraucher konsumieren, hängt das auch von der Stimmung ab. Dazu ist Planungssicherheit wichtig: Größere Ausgaben tätigen sich leichter, wenn es eine Vorstellung von der Zukunft gibt. An der Stimmung zu arbeiten, ist Aufgabe von Wirtschaftspolitik. Stattdessen drücken Politiker auf die Stimmung, wenn sie noch vor der Fastenzeit Schlagzeilen produzieren über die Unmöglichkeit eines Osterurlaubs und das Berufsverbot quasi als Dauerzustand ausrufen. Angesichts solcher Plappereien wäre auch Erhard machtlos.

Verständnis und Mitgefühl vermissen in diesen Wochen Hunderttausende Unternehmen und Soloselbstständige. Die Maschine Merkel spult ihr Programm runter und vermittelt den Eindruck, als seien vier oder fünf oder mehr Monate Lockdown unvermeidlich. Das wiederum macht ganze Branchen fassungslos und lässt Betriebe aufgeben. Trotz der Bazooka, die Finanzminister Olaf Scholz mit Hilfsmilliarden geladen haben will.

Das war nicht nur Propaganda. Bis jetzt sind 80 Milliarden Euro durch Bund und Länder bewilligt worden. Hinzu kommen fast 25 Milliarden Euro Kurzarbeitergeld. Die reguläre Auszahlung der Novemberhilfe läuft jedoch erst seit Mitte Januar und ist damit das berüchtigtste Beispiel für ein Organisationsversagen, das nicht nur Oppositionspolitiker dem Wirtschaftsministerium vorwerfen.

Manches, was gut gemeint war, wird nicht gut gemacht. Das Konjunkturpaket zum Beispiel: Im Juni legte die große Koalition zwei Milliarden Euro für Modernisierungs- und Qualifizierungsprojekte in der Autoindustrie ins Paket. Im November hieß es im Hause Altmaier, die Förderrichtlinie würde „demnächst“ veröffentlicht. Aktueller Stand: „Demnächst“ kommt die Richtlinie. Demnächst klappt es dann vielleicht auch mit einer Politik, die Selbstständigen und Unternehmen Zuversicht vermittelt.

Merkels Seilschaften sind nicht zukunftsfähig. Das verhindern von Merz wird die CDU langfristig schädigen und schwächen.

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"Nicht neue Grenzwerte erfinden"  

Laschets Aussagen sind brandgefährlich

Nur wenige Tage nach dem Corona-Gipfel zieht CDU-Chef Armin Laschet die gemeinsamen Beschlüsse maximal in Zweifel. So wichtig eine lebhafte Diskussion über die Corona-Regeln ist, so verantwortungslos ist seine Wortwahl.

Die Corona-Krise ist die Zeit der politischen Kehrtwenden. Die Geschwindigkeit, in der sich der neue CDU-Chef und Ministerpräsident von Nordrhein-WestfalenArmin Laschet, nun selbst widersprochen hat, ist aber auch in der aktuellen Lage bemerkenswert. Bemerkenswert populistisch und gefährlich.

Zur Erinnerung: Auf dem Corona-Gipfel am vergangenen Mittwoch war ein Inzidenzwert von 35 als Grenze für Lockerungen vereinbart worden, nachdem lange zunächst die 50 als jene Grenze gegolten hatte. Laschet verteidigte das am Donnerstag in einer Sondersitzung des NRW-Landtags: "Es ist eine Illusion zu glauben, man könne Schritt für Schritt planen. Ich würde weiter dafür plädieren, auf Sicht zu fahren."

An diesem Montag nun klang das beim digitalen Neujahrsempfang des baden-württembergischen Landesverbands des CDU-Wirtschaftsrats ganz anders. Laschet polterte dort: "Man kann nicht immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet."

Laschet schiebt die Verantwortung weg

Natürlich ist Kritik an den Corona-Bestimmungen legitim. Es muss offen darüber gestritten werden, ob Grenzwerte zu streng oder lasch gewählt sind. Für beide Seiten gibt es gute Argumente. Für Laschets Wortwahl aber kein einziges.

Der Ministerpräsident tut erstens so, als sei er in die Entscheidungen nicht involviert. Dabei saß Laschet als einer der mächtigsten Politiker beim Corona-Gipfel mit am Tisch. Als Chef des bevölkerungsreichsten Bundeslandes und der größten Regierungspartei kann er das "erfinden immer neuer Grenzwerte" doch selbst verhindern – und den Fokus von den Inzidenzwerten lenken.

Zweitens ist allein die Andeutung Laschets, Corona-Grenzwerte würden willkürlich "erfunden", brandgefährlich. Tatsächlich ist die aktuelle Zahl 35 seit Monaten im Infektionsschutzgesetz, das seine Partei ausgearbeitet und beschlossen hat, verankert. Dort ist sie als Grenze für eine erste Verschärfung der Corona-Maßnahmen genannt. Ob sie deshalb automatisch auch eine sinnvolle Marke für erste Lockerungen ist und auf welcher Grundlage sie beruht, darüber darf gestritten werden. Plötzlich erfunden ist da aber nichts.

Selbst wenn Laschets Aussage sich nicht auf diesen konkreten Wert bezieht: Sie schürt das Bild von Ministerpräsidenten, die wahllos Grenzwerte würfeln und ihre Aufgabe nicht ernst nehmen.

Eine wichtige Forderung geht unter

Im schlimmsten Fall steckt hinter Laschets Kehrtwende Populismus. Er spürt den Unmut in der Bevölkerung über den neuen, schärferen Zielwert – und befeuert ihn. Wer hat denn schon Lust auf einen noch längeren Lockdown? Auf diese Art und Weise das Vertrauen zu den Regierenden in der aktuellen Situation noch weiter auszuhöhlen, ist gefährlich und verantwortungslos. Die neuen Virus-Mutationen bedanken sich.

Im besten Fall hat Laschet seine neue Rolle und Verantwortung als CDU-Chef bloß noch nicht verstanden. Als NRW-Ministerpräsident mag es hin und wieder nötig sein, im Rahmen der Corona-Gipfel die Ellenbogen auszufahren und sich gegen das in der Krise lange allmächtige Kanzleramt zu behaupten. Als Chef einer Regierungspartei und möglicher Kanzlerkandidat sollte ihm aber auch an einer gemeinsamen Linie und gesellschaftlichem Zusammenhalt gelegen sein.

Bitter: Laschets wichtige Forderung, es müsse noch stärker über die Schäden der aktuellen Lockdown-Maßnahmen gesprochen werden, geht angesichts seiner provokanten Wortwahl mal wieder unter. Sachlich und mit starken Argumenten hätte er der Diskussion helfen können. So nicht

 

 

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"Wohin soll das führen?"  

Schröder rechnet mit Grünen-Haltung zu China ab

Altkanzler Gerhard Schröder übt erneut scharfe Kritik am außenpolitischen Programm der Grünen. Der SPD-Politiker warnt vor erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen und dem erhobenen Zeigefinger in der internationalen Politik.

"Das ist nicht nachvollziehbar, was die Grünen da herumposaunen. Wohin soll das führen?" – mit diesen Worten eröffnet Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) die neue Folge seines Podcasts "Die Agenda" (hier hören). Es geht dabei um die deutschen Beziehungen zu China und eine, wie er es nennt, "moralisierende Außenpolitik".

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, hatte angesichts anhaltender Menschenrechtsverletzungen kürzlich mehr Härte im Umgang mit der Volksrepublik gefordert und vor Blauäugigkeit gewarnt. Die Grünen fordern zudem ein deutlich schärferes Lieferkettengesetz als es die große Koalition plant. Mit diesem sollen deutsche Unternehmen verpflichtet werden, auch bei Zulieferern im Ausland die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards zu kontrollieren – zum Beispiel in China.

Schröder: Arbeitsplätze in Gefahr

Schröder warnt in seinem Podcast nun vor dem "Instrument des erhobenen Zeigefingers" in der internationalen Politik. Er verweist auf drohende wirtschaftliche Nachteile. Seine Begründung: "Die deutsche Automobilindustrie liefert inzwischen 40 Prozent ihrer Produktion nach China. Das heißt: Der chinesische Markt ist wichtiger als alle anderen Märkte. Das bedeutet, dass hier Arbeitsplätze massiv in Gefahr geraten, wenn wir meinen, aus politischen Gründen – mir gefällt das System auch nicht – Lieferketten infrage stellen zu sollen."

Die Kritik des Altkanzlers geht aber noch weiter: "Eine so exportabhängige Industrie wie die deutsche kann eine solch angeblich werteorientierte Politik nicht machen." Ansonsten dürfe beispielsweise auch mit der Türkei, Saudi-Arabien, Indonesien oder Russland keine wirtschaftliche Kooperation mehr stattfinden.

Hoffen auf die Union

Im Hinblick auf die Bundestagswahl im September hofft SPD-Urgestein Schröder für den Fall einer schwarz-grünen Koalition auf die Union: "Ich kann nur hoffen, dass die Union dann wirklich deutlich macht, dass mit der deutschen Ökonomie nicht zu spielen ist. Das glauben die Grünen, vornweg ihre Kanzlerkandidatin, offenbar zu können."

Schröder weist zudem daraufhin, dass sich viele globale Probleme wie beispielsweise die Corona-Pandemie, Migrationsströme, Terrorismus oder die Klimakrise nur in internationaler Zusammenarbeit lösen lassen – "unabhängig davon, ob einem das jeweilige politische System gefällt oder nicht."

Deshalb schlägt Schröder eine andere Rolle für Europa vor – basierend auf Dialog und Zusammenarbeit. Statt Sanktionen zu verhängen, müsse Europa eine gemeinsame geostrategische Position entwickeln. Für ihn ist klar: "Es kann nur eine Position der Vermittlung sein." Sonst drohe Europa in eine handelspolitische Auseinandersetzung zwischen den USA und China hineingezogen zu werden. Und: "Abhängigkeit zu beiden Seiten ist für Europa zu wenig."

 

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