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Energiepolitik
Zitat von Gast am 25. Juni 2025, 06:49 Uhr
Wahlversprechen gebrochen: Was Sie zur Nicht-Senkung der Stromsteuer wissen müssen
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD)© Bernd von Jutrczenka/dpaWas ist passiert?
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat im Entwurf für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 keine Senkung der Stromsteuer eingeplant. Im Koalitionsvertrag war eigentlich beschlossen worden, die Abgabe auf den von der EU geforderten Mindestwert von 0,1 Cent pro Kilowattstunde zu senken, um Unternehmen und Verbraucher zu entlasten. Lediglich die seit November 2023 geltende, temporäre Senkung der Stromsteuer auf dieses Maß für energie-intensive Industrien wie Stahl oder Glas sowie die Land- und Forstwirtschaft sollen „verstetigt“ werden – also von temporär zu permanent umgewandelt werden.
Warum ändert die Bundesregierung ihre Pläne?
Die Stromsteuer doch nicht zu senken, ist natürlich keine Idee des Finanzministers allein. Die dafür zuständige Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) begründet die Rolle rückwärts damit, dass der Koalitionsvertrag hier auf finanzielle Möglichkeiten und Wirklichkeit treffe.
Die Regierung habe Prioritäten setzen müssen und sehe einen größeren Handlungsdruck bei Unternehmen als bei privaten Haushalten.
Versprochene Senkung der Stromsteuer kommt nicht
Übersetzt bedeutet das, dass bei der Aufstellung des Bundeshaushalts die Parteien entschieden haben, Geld lieber an anderer Stelle auszugeben anstatt die versprochene Senkung der Stromsteuer zu finanzieren. Sie hätte die Bundesregierung Einnahmen von etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr gekostet.
Das Kuriose daran ist, dass die Senkung der Stromsteuer nicht nur eine Forderung aller jetzigen Regierungsparteien im Wahlkampf war, damit konsequenterweise auch im Koalitionsvertrag verankert wurde, sondern auch noch Anfang Juni im Sofortprogramm der Bundesregierung stand – also den Maßnahmen, die als erstes umgesetzt werden sollten.
Wie viel Geld hätten Sie durch die Senkung gespart?
Aktuell liegt die Stromsteuer bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde, die Sie verbrauchen. Die EU schreibt ein Mindestmaß von 0,1 Cent pro kWh vor, so dass die Ersparnis bei 1,95 Cent pro kWh liegen würde.
Das klingt nicht viel, summiert sich aber beim jährlichen Verbrauch eines typischen Haushalts. Ein alleinlebender Single hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes einen jährlichen Verbrauch von rund 2100 kWh. Er hätte mit einer Senkung der Stromsteuer also rund 41 Euro pro Jahr gespart. Ein Paar mit einem Verbrauch von 3500 kWh hätte rund 68 Euro mehr zur Verfügung gehabt, eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von 5500 kWh rund 107 Euro mehr.
Wie werden Sie stattdessen entlastet?
Klingbeil und Reiche betonen beide, dass es statt der Senkung der Stromsteuer andere Erleichterungen bei den Energiekosten geben soll. So soll etwa die Gasspeicherumlage ab 1. Januar wegfallen. Die wurde erst 2022 in der Energiekrise eingeführt und dient dazu, die Mindestbefüllung der deutschen Gasspeicher zu sichern.
Die in Düsseldorf ansässige Trading Hub Europe ist gesetzlich verpflichtet, zu bestimmten Zeiten des Jahres bestimmte Füllstände zu garantieren. Erreicht sie diese nicht, muss Gas am Markt nachgekauft werden. Die dadurch entstehenden Mehrkosten werden über die Umlage auf alle Verbraucher umgelegt. Die Höhe der Umlage wird alle sechs Monate neu festgelegt. Seit Januar beträgt sie 0,299 Cent pro kWh, ab 1. Juli nur noch 0,289 Cent pro kWh.
Entlastung bei Gas, nicht bei Strom
Hier geht es jetzt aber um eine Kilowattstunde Gas, nicht um Strom. Ein Einpersonenhaushalt verbraucht typischerweise 5000 kWh Gas pro Jahr, würde durch den Wegfall der Umlage also rund 22 Euro gegenüber diesem Jahr sparen. Bei einem Paar mit einem Verbrauch von 10.000 kWh wären es 44 Euro. Eine vierköpfige Familie mit 15.000 kWh Verbrauch käme auf eine Ersparnis von 66 Euro.
Aber: Der Wegfall der Gasspeicherumlage ist kein Ersatz für die Nicht-Senkung der Stromsteuer. Ihr Ende stand ebenfalls bereits im Koalitionsvertrag und wird jetzt nur wie versprochen umgesetzt. Zudem nutzt der Wegfall der Umlage nur all denen etwas, die auch mit Gas heizen, während von der Stromsteuer alle betroffen sind.
Ist das alles?
Nein, der Bund möchte sich auch „deutlich stärker“ so Klingbeil, an den Kosten des Netzausbaus beteiligen. Was „deutlich stärker“ in Euro bedeutet, ist aber noch unklar. Eigentlich war im Koalitionsvertrag auch geplant, die Netzentgelte dauerhaft zu reduzieren und zu deckeln – wenngleich dafür keine Werte genannt wurden. Dem hat Klingbeil jetzt also nichts neues hinzugefügt.
Über die Netzentgelte finanzieren Verbraucher den Ausbau der Stromnetze. Dieser wiederum ist für den Umbau des Strommixes hin zu mehr erneuerbaren Energien notwendig. Sichtbarste Projekte dieses Netzausbaus sind neu zu errichtende Hochspannungsleitungen – trivial „Stromautobahnen“ genannt – die den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den industriell stärkeren Süden leiten.
Warum bekommt die Industrie eine Stromsteuer-Senkung?
Während Sie als Verbraucher also auch kommendes Jahr noch 2,05 Cent pro kWh Stromsteuer an den Staat abdrücken, sind viele Unternehmen schon seit anderthalb Jahren davon befreit. Im November 2023 hatte die damalige Ampel-Koalition ein Strompreispaket verabschiedet. Darin wurden Hilfen für die Industrie für die kommenden fünf Jahre festgeschrieben.
Das produzierende Gewerbe zahlt seitdem nicht mehr den sowieso schon reduzierten Stromsteuer-Satz von 1,537 Cent pro kWh, sondern nur noch das für die Industrie geltende EU-Mindestmaß von 0,05 Cent pro kWh. Vertreter von Unternehmensverbänden hatten das Paket damals zwar begrüßt, gleichzeitig aber auch angemahnt, dass eine Dauer von fünf Jahren nicht lang genug für langfristige Investitionsentscheidungen sei. Dem kommt die neue Regierung jetzt also entgegen, in dem sie die Senkung verewigt.
Für die Bundesregierung ist dieser Schritt einfacher als eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucher. Abgesehen davon, dass die Wirtschaft besseren Zugang zu Politikern hat und deswegen mehr Druck für ihre Wünsche aufbauen kann, ist der Bundeshaushalt sowieso bereits mit den geringeren Stromsteuer-Einnahmen aus der Wirtschaft geplant. Diese zu verewigen, ändert also am Zahlenwerk rein gar nichts, während durch die Senkung der Stromsteuer für Verbraucher eben fünf Milliarden Euro gegenfinanziert werden müssten.
Wie geht es jetzt weiter?
Bisher hat Klingbeil nur einen Entwurf für den Bundeshaushalt in diesem Jahr und die Eckpunkte für den Bundeshaushalt im kommenden Jahr vorgestellt. Beides wurde vom Bundeskabinett bereits beschlossen. Als nächstes muss dieser im Bundestag beraten werden. Unklar ist, ob das für den 2025er-Haushalt noch vor der Sommerpause am 11. Juli geschieht. Für den Bundeshaushalt 2026 wäre ein Termin im September üblich.
Anschließend wird der Entwurf an den Haushaltsausschuss des Parlaments gegeben, in dem jeder einzelne Plan diskutiert wird. Dabei können viele Punkte noch geändert werden. Der Ausschuss gibt den überarbeiteten Haushalt dann zurück in den Bundestag, wo er Ende November oder Anfang Dezember noch einmal debattiert und anschließend beschlossen wird. Theoretisch wäre es also noch möglich, dass die Stromsteuer-Senkung bei entsprechendem öffentlichen Aufruhr noch aufgenommen wird.
Wahlversprechen gebrochen: Was Sie zur Nicht-Senkung der Stromsteuer wissen müssen
Was ist passiert?
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hat im Entwurf für die Bundeshaushalte 2025 und 2026 keine Senkung der Stromsteuer eingeplant. Im Koalitionsvertrag war eigentlich beschlossen worden, die Abgabe auf den von der EU geforderten Mindestwert von 0,1 Cent pro Kilowattstunde zu senken, um Unternehmen und Verbraucher zu entlasten. Lediglich die seit November 2023 geltende, temporäre Senkung der Stromsteuer auf dieses Maß für energie-intensive Industrien wie Stahl oder Glas sowie die Land- und Forstwirtschaft sollen „verstetigt“ werden – also von temporär zu permanent umgewandelt werden.
Warum ändert die Bundesregierung ihre Pläne?
Die Stromsteuer doch nicht zu senken, ist natürlich keine Idee des Finanzministers allein. Die dafür zuständige Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) begründet die Rolle rückwärts damit, dass der Koalitionsvertrag hier auf finanzielle Möglichkeiten und Wirklichkeit treffe.
Die Regierung habe Prioritäten setzen müssen und sehe einen größeren Handlungsdruck bei Unternehmen als bei privaten Haushalten.
Versprochene Senkung der Stromsteuer kommt nicht
Übersetzt bedeutet das, dass bei der Aufstellung des Bundeshaushalts die Parteien entschieden haben, Geld lieber an anderer Stelle auszugeben anstatt die versprochene Senkung der Stromsteuer zu finanzieren. Sie hätte die Bundesregierung Einnahmen von etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr gekostet.
Das Kuriose daran ist, dass die Senkung der Stromsteuer nicht nur eine Forderung aller jetzigen Regierungsparteien im Wahlkampf war, damit konsequenterweise auch im Koalitionsvertrag verankert wurde, sondern auch noch Anfang Juni im Sofortprogramm der Bundesregierung stand – also den Maßnahmen, die als erstes umgesetzt werden sollten.
Wie viel Geld hätten Sie durch die Senkung gespart?
Aktuell liegt die Stromsteuer bei 2,05 Cent pro Kilowattstunde, die Sie verbrauchen. Die EU schreibt ein Mindestmaß von 0,1 Cent pro kWh vor, so dass die Ersparnis bei 1,95 Cent pro kWh liegen würde.
Das klingt nicht viel, summiert sich aber beim jährlichen Verbrauch eines typischen Haushalts. Ein alleinlebender Single hat nach Angaben des Statistischen Bundesamtes einen jährlichen Verbrauch von rund 2100 kWh. Er hätte mit einer Senkung der Stromsteuer also rund 41 Euro pro Jahr gespart. Ein Paar mit einem Verbrauch von 3500 kWh hätte rund 68 Euro mehr zur Verfügung gehabt, eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von 5500 kWh rund 107 Euro mehr.
Wie werden Sie stattdessen entlastet?
Klingbeil und Reiche betonen beide, dass es statt der Senkung der Stromsteuer andere Erleichterungen bei den Energiekosten geben soll. So soll etwa die Gasspeicherumlage ab 1. Januar wegfallen. Die wurde erst 2022 in der Energiekrise eingeführt und dient dazu, die Mindestbefüllung der deutschen Gasspeicher zu sichern.
Die in Düsseldorf ansässige Trading Hub Europe ist gesetzlich verpflichtet, zu bestimmten Zeiten des Jahres bestimmte Füllstände zu garantieren. Erreicht sie diese nicht, muss Gas am Markt nachgekauft werden. Die dadurch entstehenden Mehrkosten werden über die Umlage auf alle Verbraucher umgelegt. Die Höhe der Umlage wird alle sechs Monate neu festgelegt. Seit Januar beträgt sie 0,299 Cent pro kWh, ab 1. Juli nur noch 0,289 Cent pro kWh.
Entlastung bei Gas, nicht bei Strom
Hier geht es jetzt aber um eine Kilowattstunde Gas, nicht um Strom. Ein Einpersonenhaushalt verbraucht typischerweise 5000 kWh Gas pro Jahr, würde durch den Wegfall der Umlage also rund 22 Euro gegenüber diesem Jahr sparen. Bei einem Paar mit einem Verbrauch von 10.000 kWh wären es 44 Euro. Eine vierköpfige Familie mit 15.000 kWh Verbrauch käme auf eine Ersparnis von 66 Euro.
Aber: Der Wegfall der Gasspeicherumlage ist kein Ersatz für die Nicht-Senkung der Stromsteuer. Ihr Ende stand ebenfalls bereits im Koalitionsvertrag und wird jetzt nur wie versprochen umgesetzt. Zudem nutzt der Wegfall der Umlage nur all denen etwas, die auch mit Gas heizen, während von der Stromsteuer alle betroffen sind.
Ist das alles?
Nein, der Bund möchte sich auch „deutlich stärker“ so Klingbeil, an den Kosten des Netzausbaus beteiligen. Was „deutlich stärker“ in Euro bedeutet, ist aber noch unklar. Eigentlich war im Koalitionsvertrag auch geplant, die Netzentgelte dauerhaft zu reduzieren und zu deckeln – wenngleich dafür keine Werte genannt wurden. Dem hat Klingbeil jetzt also nichts neues hinzugefügt.
Über die Netzentgelte finanzieren Verbraucher den Ausbau der Stromnetze. Dieser wiederum ist für den Umbau des Strommixes hin zu mehr erneuerbaren Energien notwendig. Sichtbarste Projekte dieses Netzausbaus sind neu zu errichtende Hochspannungsleitungen – trivial „Stromautobahnen“ genannt – die den vor allem im Norden produzierten Windstrom in den industriell stärkeren Süden leiten.
Warum bekommt die Industrie eine Stromsteuer-Senkung?
Während Sie als Verbraucher also auch kommendes Jahr noch 2,05 Cent pro kWh Stromsteuer an den Staat abdrücken, sind viele Unternehmen schon seit anderthalb Jahren davon befreit. Im November 2023 hatte die damalige Ampel-Koalition ein Strompreispaket verabschiedet. Darin wurden Hilfen für die Industrie für die kommenden fünf Jahre festgeschrieben.
Das produzierende Gewerbe zahlt seitdem nicht mehr den sowieso schon reduzierten Stromsteuer-Satz von 1,537 Cent pro kWh, sondern nur noch das für die Industrie geltende EU-Mindestmaß von 0,05 Cent pro kWh. Vertreter von Unternehmensverbänden hatten das Paket damals zwar begrüßt, gleichzeitig aber auch angemahnt, dass eine Dauer von fünf Jahren nicht lang genug für langfristige Investitionsentscheidungen sei. Dem kommt die neue Regierung jetzt also entgegen, in dem sie die Senkung verewigt.
Für die Bundesregierung ist dieser Schritt einfacher als eine Senkung der Stromsteuer für Verbraucher. Abgesehen davon, dass die Wirtschaft besseren Zugang zu Politikern hat und deswegen mehr Druck für ihre Wünsche aufbauen kann, ist der Bundeshaushalt sowieso bereits mit den geringeren Stromsteuer-Einnahmen aus der Wirtschaft geplant. Diese zu verewigen, ändert also am Zahlenwerk rein gar nichts, während durch die Senkung der Stromsteuer für Verbraucher eben fünf Milliarden Euro gegenfinanziert werden müssten.
Wie geht es jetzt weiter?
Bisher hat Klingbeil nur einen Entwurf für den Bundeshaushalt in diesem Jahr und die Eckpunkte für den Bundeshaushalt im kommenden Jahr vorgestellt. Beides wurde vom Bundeskabinett bereits beschlossen. Als nächstes muss dieser im Bundestag beraten werden. Unklar ist, ob das für den 2025er-Haushalt noch vor der Sommerpause am 11. Juli geschieht. Für den Bundeshaushalt 2026 wäre ein Termin im September üblich.
Anschließend wird der Entwurf an den Haushaltsausschuss des Parlaments gegeben, in dem jeder einzelne Plan diskutiert wird. Dabei können viele Punkte noch geändert werden. Der Ausschuss gibt den überarbeiteten Haushalt dann zurück in den Bundestag, wo er Ende November oder Anfang Dezember noch einmal debattiert und anschließend beschlossen wird. Theoretisch wäre es also noch möglich, dass die Stromsteuer-Senkung bei entsprechendem öffentlichen Aufruhr noch aufgenommen wird.