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Energiepolitik

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Wie der Strommarkt noch zu retten ist

Stromtrasse in Thüringen© dpa

Der Strommarkt ist Grundlage für Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit und zen­traler Ansatzpunkt für die Transformation in eine erneuerbare Energiewelt. Doch er steht am Scheideweg. In seinem Bericht „Strommarktdesign der Zukunft“, dem „Optionenpapier“, spricht das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von fehlendem Vertrauen der Marktakteure in die langfristige Stabilität und Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen. Der Grund: In den vergangenen Jahren wurde es versäumt, die Marktregeln so weiterzuentwickeln, dass sie dem zunehmend dezentralen Stromsystem gerecht werden.

Stattdessen wird seit Jahren nahezu jeder Marktein- und -austritt energiepolitisch gesteuert und auch in die Strompreisbildung eingegriffen. Die Folge sind Fehlanreize, die immer neue Reparaturen und Eingriffe erforderlich machen. Notwendige Investitionen bleiben deshalb aus, was das Gelingen der Energiewende zunehmend gefährdet. Der Markt muss reformiert werden. Doch wie sollte das neue Strommarktdesign aussehen?

Eine naheliegende Möglichkeit wäre, das fehlende Vertrauen der Marktakteure durch die überfällige „Reparatur“ des Strommarktes und stabile energiepolitische Rahmenbedingungen zurückzugewinnen. Bei der Lektüre des Optionenpapiers drängt sich jedoch der Eindruck auf, dass im Gegenteil der Strommarkt in wichtigen Teilen aufgegeben wird und stattdessen finanzielle Anreize für den Zubau von Kraftwerkskapazitäten Aufgaben des Strommarktes übernehmen sollen. Kapazitätsmechanismen sind sinnvoll, um das „Missing Money“-Problem zu lösen. In gravierenden Knappheitssituationen können die Strompreise aus politischen, regulatorischen und technischen Gründen oft nicht ausreichend steigen, um die notwendigen Investitionen in Erzeugungskapazitäten zu gewährleisten.

Der Markt kann die Versorgungssicherheit nicht selbst steuern

Eingriffe in den Strommarkt sind sogar unumgänglich, wenn die Versorgungssicherheit gefährdet ist. Der Markt kann die Versorgungssicherheit nicht selbst steuern, wenn zum Beispiel in Zeiten geringer Solar- und Windstromeinspeisung die Nachfrage trotz hoher Strompreise am Großhandelsmarkt nicht ausreichend reduziert wird – etwa aufgrund unzureichender Weitergabe von Preissignalen oder fehlender Investitionen in Flexibilitäten. Oder wenn bei einem Überangebot an Solar- und Windstromeinspeisung trotz stark negativer Strompreise nicht ausreichend Flexibilität auf der Angebots- und Nachfrageseite aktiviert werden kann. In beiden Fällen fehlen Preissignale, die die Knappheiten und die Notwendigkeit für Flexibilität ökonomisch adäquat widerspiegeln.

Die vorgesehenen Kapazitätsmärkte beschränken sich jedoch nicht auf die Lösung des „Missing Money“-Problems, sondern sollen viele weitere Aufgaben übernehmen. Ein Beispiel ist, dass die Investoren in Zukunft weitgehend von Risiken befreit werden sollen. Investitionen in steuerbare Anlagen sollen durch Kapazitätszahlungen für 15 Jahre abgesichert und erneuerbare Anlagen von Preisrisiken im Strommarkt abgeschirmt werden.

Es ist zwar richtig, dass große energiepolitische Risiken in der Transformation investitionshemmend wirken, aber solche Risiken werden in einem Kapazitätsmarkt nicht eliminiert, sondern sie erhöhen in der Regel die Kapazitätszahlungen, die dann vom Steuerzahler oder Energieverbraucher bezahlt werden. Ein besserer Weg, die politischen Risiken und damit die Stromkosten in einem Strommarkt der Zukunft zu reduzieren, wäre die Ablösung eines überforderten regulatorischen Mikromanagements durch ein stabiles Marktumfeld. Doch davon ist im Optionenpapier wenig zu lesen.

Viel Bürokratie, hohe Komplexität

Die in dem Papier favorisierten Kapazitätsmärkte stellen auch eine besondere bürokratische Herausforderung dar. Nicht nur die Zielkapazitäten müssen vom Regulierer festgelegt werden, im Idealfall muss für jede Anlage adminis­trativ ein Kapazitätswert ermittelt werden, mit dem der Beitrag der Anlage zur Zielerreichung bewertet wird. Dies hat sich in Ländern, die bereits über einen Kapazitätsmarkt verfügen, als langwieriger und frustrierender Prozess erwiesen, in dem der Regulierer mit den „Stakeholdern“ um Mengen und entsprechende Zahlungen ringt. Das Optionenpapier schlägt für Deutschland darüber hinaus vor, dem Kapazitätsmarkt weitere Aufgaben zuzuweisen, die eigentlich dem Strommarkt obliegen, wie zum Beispiel die Steuerung der Standortwahl durch administrativ festzusetzende zusätzliche Anreize im Kapazitätsmarkt. Dadurch sollen die Auswirkungen unzuverlässiger Strompreise, hier das Fehlen lokaler Preise, kompensiert werden.

Kapazitätsmechanismen sind komplex, und selten lassen sich Fehler bei ihrer Ausgestaltung vermeiden. Davor ist auch der im Optionenpapier favorisierte „kombinierte Kapazitätsmarkt“ für steuerbare Anlagen nicht gefeit, der im internationalen Vergleich besonders kompliziert ist. Insbesondere die dezen­trale Komponente erscheint noch nicht hinreichend durchdacht. Erfahrungen aus dem Ausland zeigen: Wer Kapazität kauft, ohne auch Anreize zu setzen, dass bei Knappheit tatsächlich Strom produziert wird, bekommt zwar Produktionskapazitäten, aber noch nicht unbedingt Strom.

Darüber hinaus soll der dezentrale Markt auch hier Aufgaben übernehmen, die normalerweise dem Strommarkt zukommen: Er soll flexible Nachfrager, Speicher und Innovationen optimal einsetzen und dabei auf das dezen­trale Wissen der energiewirtschaftlichen Akteure und Verantwortlichen vor Ort setzen. Problematisch ist dabei, dass der im Optionenpapier favorisierte dezentrale Kapazitätsmarkt konzeptionell nicht geeignet ist, Kapazitätspreise zu finden, die die Grenzkosten des Kapazitätsausbaus robust abbilden.

Zu niedrige CO2-Preise?

Stattdessen ist aufgrund des geplanten kontinuierlichen Handels mit volatilen und extremen Preisen zu rechnen, wie sie auch den dezen­tralen Markt in Frankreich plagen. Auch für die geäußerte Hoffnung, dass die dezentrale Komponente zuverlässig das „richtige“ Maß an kollektiver Versorgungssicherheit gewährleisten kann, gibt es wenig Grund. Der Versorgungsgrad ergibt sich nämlich aus der Gesamtheit vieler individueller Reaktionen der Nachfrager von Kapazitätszertifikaten auf eine administrativ zu setzende Pönale. Wir empfehlen dringend, bei der Ausgestaltung von Kapazitätsmärkten nicht die Fehler anderer Länder zu wiederholen.

Auch die favorisierten Kapazitätszahlungen für erneuerbare Energien werfen neue Probleme auf. Im Optionenpapier werden verschiedene Argumente für die Notwendigkeit einer Förderung angeführt. Zum einen wird auf den „Gleichzeitigkeitseffekt“ verwiesen: Demnach ist die strompreissenkende Wirkung der erneuerbaren Energien so groß, dass sie ihre eigenen Investitionskosten häufig nicht mehr durch Markterlöse refinanzieren können. Mit anderen Worten: Erneuerbare Energien brauchen Subventionen, weil sie etwas produzieren, was auf dem Strommarkt nicht viel wert ist.

Ein weiterer vorgebrachter Grund für Subventionen ist, dass die CO2-Preise zu niedrig sind, um Erneuerbare wirtschaftlich zu machen. Das favorisierte Fördermodell über Kapazitätszahlungen führt nun jedoch paradoxerweise dazu, dass beide unschönen Effekte sogar noch verstärkt werden. Durch den Zubau von Kapazitäten gegen die Preissignale im Strommarkt wird der Gleichzeitigkeitseffekt verstärkt, sodass erneuerbare Energien im Strommarkt weiter entwertet werden und die Belastungen auf dem EEG-Konto steigen. Und durch den Zubau von Kapazitäten gegen die Preissignale im Emissionshandel wird der Preisdruck im europäischen Emissionshandel verringert, sodass in anderen Strommärkten oder in der Industrie Spielräume für zusätzliche CO2-Emissionen entstehen.

Zielen werden nicht erreicht, wenn man sich gegen Marktkräfte stellt

Es ist kaum vorstellbar, dass ein Strommarkt der Zukunft, der sich gegen die Marktkräfte stellt, seine Ziele erreichen kann. Dies gilt umso mehr, als Investitionen in erneuerbare Energien bei einer Förderung durch Kapazitätszahlungen von den Preisrisiken des Strommarktes weitgehend abgeschirmt werden sollen, sodass die administrative Festlegung von Kapazitätswerten nicht nur die zu errichtenden Erzeugungskapazitäten, sondern auch die Standorte und Technologien weitgehend zentral steuern muss. Die damit verbundenen bürokratischen, ökonomischen und rechtlichen Herausforderungen sind groß – auch weil die Interessen der Anbieter bei der Festlegung der Kapazitätswerte und damit der Kapazitätszahlungen einer effizienten Bewertung entgegenstehen können.

Der Schlüssel für das Strommarktdesign der Zukunft sind nicht komplizierte und mit marktfremden Aufgaben überfrachtete Kapazitätsmärkte, sondern Strompreissignale, die Knappheiten und Kosten zuverlässig abbilden. Der Strompreis kann die vielen Millionen Akteure und Strategien regional und (viertel-) stündlich kosteneffizient koordinieren und für Wettbewerb, Investitionen und Innovationen sorgen. Dagegen sind Kapazitäten für sich genommen wenig wert, wenn sie nicht in den richtigen Regionen errichtet werden und ihr Einsatz nicht durch geeignete Preissignale gesteuert wird. Noch ist es nicht zu spät, die Weichen richtig zu stellen.

Folgende Maßnahmen müssen für einen resilienten Strommarkt ergriffen werden. Erstens sollte die Energiepolitik Marktpreise zulassen, auch wenn sie regional differenziert sind. Das Optionenpapier lehnt regionalisierte Preise ab und versucht stattdessen, die entstehenden Pro­bleme über administrative Umwege und Mikromanagement in Form von Bonuszahlungen in Kapazitätsmärkten, regional variierenden Netzentgelten und Ähnlichem zu lösen. Doch selbst wenn es gelänge, durch weitere komplexe Eingriffe die Anlagen weitgehend systemdienlich zu platzieren, würden sie nicht effizient betrieben.

Und der Versuch, sich ständig ändernde Preissignale durch administrativ festgelegte Zahlungen „nachzuahmen“ oder die Folgeprobleme eines bundeseinheitlichen Strompreises ex post zu reparieren, dürfte ein zunehmend aussichtsloses Unterfangen sein. Der Strommarkt der Zukunft ist angesichts des notwendigen viertelstündlichen Zusammenspiels von erneuerbaren Energien, Nachfrageflexibilitäten, Batterien und Gaskraftwerken ohne verlässliche Preissignale nicht steuerbar.

Die Wettbewerbsfähigkeit leidet

Der Schritt zu regional differenzierten Preisen erfordert Überzeugungskraft und politisches Kapital. Süddeutsche Bundesländer befürchten dadurch steigende Strompreise, Verbände fürchten um die Wettbewerbsfähigkeit von Standorten. Dabei wird jedoch übersehen, dass die Anreize der Marktteilnehmer zur Erzeugung und zum Verbrauch von Strom sowie die Investitionsanreize in Erzeugungskapazitäten durch die räumliche Vereinheitlichung der Großhandelspreise zurzeit massiv verzerrt werden. Die zunehmenden Ineffizienzen durch fehlgeleitete Investitionen treiben die Stromkosten immer weiter in die Höhe.

Die Wettbewerbsfähigkeit leidet. Nicht mögliche Strompreisunterschiede zwischen Nord- und Süddeutschland gefährden letztlich die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen, sondern die im Vergleich zu ausländischen Standorten relativ hohen Strompreise in Deutschland. Regional differenzierte Strompreise bedeuten zwar zunächst etwas größere Unterschiede bei den Stromkosten innerhalb der Bundesrepublik.

Effizienzgewinne auf dem Strommarkt bei Produktions- und Investitionsentscheidungen sowie die durch Kostenwahrheit ausgelösten Innovationsanreize dürften jedoch zu einem Absinken des durchschnittlichen Preisniveaus im Vergleich zu einem Marktdesign ohne regionale Marktpreise führen. Selbst die Hochpreisregionen dürften davon profitieren im Vergleich zu einem Szenario, in dem die künstlich verordnete einheitliche Preiszone fortbesteht.

Zweitens müssen die Preissignale auch darüber hinaus gestärkt werden, insbesondere die Knappheitspreise im Strommarkt und CO2-Preise im Emissionshandel. Hier ist aktive Energiepolitik gefragt. Strompreise, die zuverlässig Knappheiten und Kosten widerspiegeln, schaffen Anreize für Flexibilität und Speicher und erhöhen den Wert der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Zugleich sollten erneuerbare Energien nicht vollkommen von Preisrisiken abgeschirmt werden. Dort, wo der Markt aus sich heraus noch keine ausreichenden Anreize für den Ausbau der erneuerbaren Energien setzt, könnte eine Weiterentwicklung des bestehenden Marktprämienmodells den Ausbau der erneuerbaren Energien fördern und gleichzeitig Anlagen, die ohne Förderung wirtschaftlich sind, automatisch in den Markt entlassen. In der Vergangenheit ist die Integration in den Strommarkt bereits oft gelungen.

Kein Umbau von heute auf morgen

In Kombination mit regional differenzierten Preisen wäre es so für Betreiber attraktiv, Anlagen an Standorten mit hoher Auslastung und hohen Preisen zu errichten, wo die Anlagen also aus Systemsicht einen hohen Nutzen stiften. Auch andere marktnahe Fördermodelle sind denkbar. In Kombination mit unserer dritten Empfehlung ist es beispielsweise möglich, Energieversorger zu verpflichten, einen bestimmten Anteil ihres Stroms aus erneuerbaren Energien im Rahmen einer Absicherungspflicht am Strommarkt zu beziehen.

Drittens hat die Forschung zu Kapazitätsmechanismen in den letzten Jahren gezeigt, dass traditionelle Kapazitätsmärkte nicht notwendig sind, um langfristig gute Investitionsanreize zu setzen, selbst wenn Nachfrage und Angebot teils noch unflexibel sind. Stattdessen sind Kapazitätsmechanismen zu empfehlen, die auf eine Absicherungspflicht auf Terminmärkten setzen, wie sie auch von der EU gefordert wird. Mit einer bereits früh einsetzenden und graduell ansteigenden Absicherungspflicht können sich Marktteilnehmer, Regulierer und Politik durch frühzeitig verlässliche Terminpreise auf Engpässe vorbereiten.

Ein modernes Marktdesign mit Absicherungspflicht ermöglicht einen schrittweisen und flexi­blen Handel von verschiedenen Energieprodukten für ein optimales Risikomanagement, Flexibilitätsanreize, Innovationen und den Abbau von Marktmacht. So kann die für die neue Energiewelt so wichtige Versorgungssicherheit und Resilienz erreicht werden – ohne administrative Kapazitätsvorgaben und -bewertung, zentral gesteuerte Standortwahl und die vielen anderen Herausforderungen der derzeit favorisierten Kapazitätsmärkte.

Transformation nur durch verlässliche Preise am Strommarkt

Ohne Koordination durch verlässliche Preise am Spot- und Terminmarkt für Strom ist die Transformation nicht zu bewältigen. Die Reparatur des Strommarktes ist im Vergleich zu traditionellen Kapazitätsmärkten relativ einfach umzusetzen – und wirkt schon durch ihre Ankündigung. Würde sich die Politik heute verpflichten, künftig (lokale) Marktpreise als Koordinationsinstrument zuzulassen, würden ab sofort viele Standort- und Technologieentscheidungen den tatsächlichen Knappheiten und Bedarfen folgen und wichtige Innovations- und Flexibilitätsprozesse angestoßen werden. Eine Stärkung des Terminmarkts durch eine Absicherungspflicht stellt auch unabhängig von der Einführung eines klassischen Kapazitätsmarktes eine „No re­gret“-Option dar, die die Preissignale stärkt. Auch die zunehmende Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt erscheint deutlich weniger aufwendig und effizienter als die Umstellung auf eine zentrale Steuerung durch Investitionskostenförderung.

Der Umbau des Strommarktes kann realistischerweise nicht von heute auf morgen erfolgen. In der Übergangszeit braucht es ein Sicherheitsnetz, um den Übergang in die neue Stromwelt zu gestalten. Dies kann zum Beispiel in Form einer erweiterten Kraftwerksstrategie oder einer klugen strategischen Reserve geschehen sowie durch eine Übergangslösung für Regionen, die bei regional differenzierten Strompreisen nicht sofort mit Preissenkungen rechnen können.

Wichtig ist aber: Die Richtung muss stimmen. Mittelfristig sollten Kapazitätszahlungen im Strommarkt der Zukunft überflüssig werden. Werden sie hingegen eingeführt, um die zum Teil hausgemachten Probleme des Strommarktes zu kaschieren, wird der Flickenteppich weiter wachsen, der Subventionsdruck weiter ansteigen und der Strommarkt der Zukunft sein Versprechen einer resilienten und kostengünstigen Stromversorgung nicht halten können.

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„Das Problem ist ganz schön verhext“ - Der irre Grund, warum die Ampel jetzt auf schlechtes Wetter hoffen muss

 

 

Ein Solarpark des Energieversorgers EnBW nahe Grischow in Mecklenburg-Vorpommern Maja Hitij/Getty Images© Maja Hitij/Getty Images

Alleine 2,6 Milliarden Euro im September: Die sogenannte EEG-Einspeisevergütung für Wind- und Solaranlagen reißt ein Loch in den Bundeshaushalt. Experten sprechen von einem „verhexten Problem“. Denn eine kurzfristige Lösung ist kaum in Sicht.

Wenn es um Sonne und Wind geht, wird es mit der Kohle langsam eng. Zur Finanzierung des Ausbaus der erneuerbaren Energien muss der Bund 2025 laut einer Prognose gut 17 Milliarden Euro aufbringen. Dies teilten die für die Führung des EEG-Kontos zuständigen Übertragungsnetzbetreiber am Freitag mit.

Was ist damit gemeint? Das Erneuerbare-Energien-Gesetz aus dem Jahr 2000 sieht vor, dass die Betreiber von Anlagen für Erneuerbare Energien für 20 Jahre eine fixe Vergütung erhalten, unabhängig von den tatsächlichen Strompreisen auf den Markt. Für den Staat war diese Vergütung jahrzehntelang kein großes Problem: Erstens war die Zahl der installierten Anlagen wesentlich geringer, zweitens waren es die Endkundinnen und -kunden, die die Vergütung finanzierten, über die sogenannte EEG-Umlage auf der Stromrechnung.

Teurer Topf für den Staat

Seit einigen Jahren ist das anders. Seit Amtsantritt der Ampel-Regierung stieg besonders der Zubau neuer Solaranlagen auf ein Rekordtempo. Insgesamt 7,7 Gigawatt Solar-Leistung sind alleine im ersten Halbjahr 2024 in der Bundesrepublik ans Netz gegangen, mehr als 516.000 Photovoltaikanlagen waren bis zur Jahreshälfte installiert worden. Das offizielle Ausbauziel für 2024 wurde schon im Mai erreicht. Nach Angaben der Bundesregierung gibt es mittlerweile mehr als vier Millionen Solaranlagen in Deutschland, hinzu kommen mehr als 30.000 Windräder.

Zum anderen zahlen jetzt nicht mehr die Kunden die EEG-Umlage - sondern der Staat. Seit dem Juli 2022 übernimmt der Bund nun die Kosten der Umlage, mit Mitteln aus einem Sondertopf namens „Klima- und Transformationsfonds“, in dem unter anderem die Einnahmen aus der CO2-Steuer landen. Mit der Maßnahme sollten die Stromkundinnen und -kunden in Deutschland entlastet werden.

Das Problem jedoch: Die Größe dieses Topfes ist endlich, vor allem angesichts der Haushaltslage. Und die Kosten explodieren immer weiter. Alleine im September zahlte der Bund nach Angaben der Übertragungsnetzbetreiber insgesamt 2,6 Milliarden Euro Vergütung aus, die Einnahmen aus dem Verkauf des Stroms beliefen sich aber nur auf 145 Millionen Euro. Die Differenz bleibt an der Staatskasse hängen - und somit am Steuerzahler.

Das Kannibalen-Problem

Ursprünglich hatten die Netzbetreiber für 2024 einen Bedarf von 10,6 Milliarden Euro vorhergesagt. Bereits Ende Juni ging Finanzminister Christian Lindner (FDP) dann aber von mittlerweile rund 19 Milliarden Euro aus. Die fehlenden Milliarden müssen nun durch einen sogenannten Nachtragshaushalt abgedeckt werden, den der Bundestag aber noch nicht abgesegnet hat.

Der Staatskasse macht dabei vor allem zu schaffen, dass sich Solaranlagen gegenseitig immer weiter „kannibalisieren“. Zumindest derzeit speisen Solaranlagen ihren Strom noch wetterabhängig ins Netz ein, also vor allem tagsüber und wenn die Sonne scheint. Wenn aber alle 4,3 Millionen Anlagen zur selben Zeit ihren Strom einspeisen, kollabieren die Strompreise im Großhandel. Teilweise stürzen die Preise sogar ins Negative - Abnehmer von Strom bekommen noch Geld für ihren Kauf.

Um diesen Kannibalen-Effekt einzudämmen, braucht es Batteriespeicher, eine digitalisierte Nutzung der Netze, die Umwandlung von Grünstrom in Wasserstoff sowie „intelligente“ Stromtarife, die Verbraucher dazu ermutigen, vor allem dann ihren Strom zu verbrauchen, wenn er gerade günstig ist. Dieser gewaltige Umbau des Stromsystems ist derzeit in Gange und läuft stellenweise schneller als gedacht, etwa bei Großspeichern. Aber bis das Kannibalen-Problem endgültig behoben ist, werden noch einige Jahre ins Land ziehen.

„Stoisches Einspeisen“

In der Zwischenzeit muss die Bundesregierung also ironischerweise hoffen, dass das Wetter im Herbst nicht zu sonnig wird - jeder wolkenfreie Herbsttag macht die EEG-Lücke nur noch größer. Das Problem ist der Ampel durchaus bewusst. In ihrer „Wachstumsinitiative“ aus dem September sieht die Koalition unter anderem vor, dass größere Anlagenbetreiber in Stunden mit negativem Strompreis keine Einspeisevergütung mehr erhalten sollen. Das soll die Betreiber zum Bau von Speichern animieren. Ebenso sollen die Betreiber größerer Anlagen ab 25 Kilowatt Strom ihre erzeugte Energie bald selbst direkt vermarkten müssen, statt automatisch die Netzbetreiber die Arbeit machen zu lassen.

Allerdings gelten die neuen Regeln auch nur für neue Anlagen, für die Bestandsanlagen muss das alte EEG-Regelwerk erhalten bleiben - der Staat kann schließlich nicht einfach sein Wort brechen. Was also tun? „Das Problem ist leider ganz schön verhext“, sagte der Energieökonom Lion Hirth, der unter anderem auch die Bundesregierung berät, Mitte Oktober der Zeitung für Kommunale Wirtschaft (ZfK). Das „stoische Einspeisen“ von Strom, selbst wenn er gerade nicht benötigt wird, könne sich Deutschland eigentlich nicht leisten.

Felder statt Dächer?

„Im Prinzip halte ich die Ausweitung der Direktvermarktung für den einzig langfristig sinnvollen Ansatz“, sagte Hirth. Gerade private Besitzer kleinerer Anlagen würde das aber vor große bürokratische Hürden stellen. Der Ökonom bringt daher einen radikalen Ansatz ins Spiel: Den Solarausbau auf privaten Hausdächern zu beschränken - und ihn auf große Solarparks zu fokussieren. „Ökonomisch ergibt es mehr Sinn, Felder zu bebauen, als Handwerker auf Dächern herumkraxeln zu lassen“, sagt Hirth.

Allerdings lieben die Deutschen ihre Solaranlagen, weil sie damit Geld sparen können. Und auch für die Entlastung der notorisch überbeanspruchten Stromnetze ist es hilfreich, wenn möglichst viel Elektrizität lokal erzeugt wird. Die „Kollateralschäden“, wie Hirth es nennt, wären also groß, so dass auch der Experte zugibt: „Die zündende Idee ist mir noch nicht gekommen.“

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Gas für Europa, Öl aus Russland und enge Verbindungen zur Herrscherfamilie: Der Energiekonzern Socar verwaltet Aserbaidschans «Geschenk Gottes»

 

Aserbaidschans staatlicher Energiekonzern hat in der Schweiz 200 Tankstellen. Bei einem Teil der Filialen ist auch eine Marke der Migros-Gruppe sichtbar. Manuel Geisser / Imago

«Four Seasons», «Hilton», «Marriott»: An der Strandpromenade in Baku ist Reichtum an jeder Strassenkreuzung zu finden. Die Luxushotels sind hier aneinandergereiht, weil in den Tiefen des Kaspischen Meers fossile Reserven liegen.

Aserbaidschans Hauptstadt hat praktisch ihren gesamten Wohlstand Öl und Gas zu verdanken – zwei Energiequellen, von denen sich die meisten Staaten der Welt eigentlich lösen möchten. Ausgerechnet in Baku verhandeln Diplomaten gegenwärtig an der Uno-Klimakonferenz über den Klimaschutz.

Wer das jedoch kritisiere, sei scheinheilig, findet Aserbaidschans Präsident Ilham Alijew. Sein Land könne nichts für seine geografischen Gegebenheiten, sagte er in seiner Antrittsrede zum Klimagipfel: «Uns anzuklagen, weil wir Öl haben, ist, wie wenn man uns anklagte, weil Baku mehr als 250 Sonnentage im Jahr hat.» Alijew nennt die Reserven ein «Geschenk Gottes».

Und wenn es Gottes Wunsch war, dass Aserbaidschan auf haufenweise Öl und Gas sitzt, dann ist eine Firma die Vollstreckerin: die State Oil Company of Azerbaijan Republic, kurz Socar. Aserbaidschans staatlicher Energiekonzern betreibt auch in der Schweiz gut 200 Tankstellen.

Das Geschäft wird in der Schweiz verbucht

Von der Förderung über die Verarbeitung bis zur Vermarktung – Socar deckt die gesamte Wertschöpfungskette ab, um aus Erdöl und Erdgas Geld zu machen.

Der Konzern entstand 1992 aus einer Zusammenlegung zweier Staatskonzerne. Die Sowjetunion war untergegangen, Aserbaidschan stellte sich für den Weltmarkt auf. Der junge Staat brauchte dringend Ressourcen, denn die Wirtschaft kriselte, und in Nagorni Karabach tobte ein Krieg mit dem Nachbarstaat Armenien.

Socar führt in moderner Unternehmensstruktur fort, was in der Region lange Tradition hat. Die ersten Ölbohrungen fanden in Baku bereits 1846 statt, Aserbaidschan gilt als Wiege des Ölgeschäfts. Für Aserbaidschan sind fossile Energiequellen noch immer von höchster wirtschaftlicher Bedeutung. Erdöl und Erdgas machen rund 90 Prozent der gesamten Exporte des Landes aus. 60 Prozent der Staatseinnahmen werden über fossile Energiequellen generiert.

In der Schweiz hat Socar eine sichtbare Präsenz. 2011 übernahm der Konzern das Schweizer Tankstellennetz von Esso, erstmals standen in Westeuropa Tanksäulen unter aserbaidschanischer Flagge. An rund der Hälfte aller Socar-Tankstellen gibt es zudem eine Migrolino-Filiale oder einen Mio-Shop. Es handelt sich dabei um eine Franchisevereinbarung: Migros bietet die Marke, die Produkte und das Konzept, Socar betreibt den Laden.

Wirtschaftlich viel bedeutender als das Tankstellennetz ist jedoch das Tochterunternehmen Socar Trading. Die Handelssparte, über die der Konzern das Geschäft mit den aserbaidschanischen Energiequellen und somit einen Grossteil des Umsatzes verbucht, hat ihren Hauptsitz in Genf.

Die vertrauenswürdige Partnerschaft

Während andere Energieunternehmen in klimafreundlichere Geschäftsfelder expandieren, kommt die Energiewende bei Socar langsam an. Zwar hat die Firma anlässlich der letztjährigen Uno-Klimakonferenz Umweltziele verkündet. 2050 will der Konzern Netto-Null-Emissionen erreichen, 2030 soll der Anteil der Erneuerbaren am Portfolio des Unternehmens 30 Prozent betragen.

Der diesjährige Klimagipfel soll Aserbaidschan als Schaufenster dienen. Ilham Alijew weibelt für einen Schub bei den Investitionen in grüne Technologien, etwa bei der Herstellung von Wasserstoff. Umweltorganisationen, etwa der deutsche Think-Tank Urgewald, kritisieren, dass Socar keine glaubwürdige Strategie aufgezeigt habe, wie die Firma die angekündigten Klimaziele erreichen könne.

Socars grosses Wachstumsgeschäft der vergangenen Jahre war jedoch das Erdgas, das viele Staaten als Übergangstechnologie auf dem Weg in ein grüneres Zeitalter sehen. Aserbaidschan baute die Erdgasförderung in den letzten Jahren rasant aus.

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat diese Entwicklung weiter beschleunigt. Als die Gaslieferungen aus Russland ausfielen, suchten die europäischen Staaten krampfhaft nach neuen Handelspartnern. Zahlreiche Regierungschefs pilgerten nach Baku und erkundeten sich bei Ilham Alijew nach seinen Erdgasreserven.

Ursula von der Leyen nannte Ilham Alijew einen vertrauenswürdigen Partner. Azerbaijan Press Servi / EPA / Keystone

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen etwa nannte die Regierung Alijew im Juli 2022 eine vertrauenswürdige Partnerin: «Wir schätzen unsere Partnerschaft. Und diese Partnerschaft wird im Laufe der Zeit weiter wachsen und sich vertiefen.»

Bis 2027 sollen sich die Erdgaslieferungen aus Aserbaidschan in die EU im Vergleich zu 2022 verdoppeln. Allen voran in den osteuropäischen Staaten sollen sie so die weiterhin bedeutenden Gaslieferungen aus Russland ersetzen. Der slowakische Energiekonzern SPP etwa gab am vergangenen Mittwoch bekannt, einen neuen Liefervertrag mit Socar abgeschlossen zu haben.

Kaum Berührungsängste gegenüber russischen Rohstoffen

Innert kurzer Zeit die Gasförderung an eine gestiegene Nachfrage anzupassen, ist kein leichtes Unterfangen. Socar hat im Kaspischen Meer einige Gasfelder entdeckt, die in den kommenden Jahren weiter erschlossen werden sollen. Doch reicht das, um den Bedarf der Europäer zu decken?

Um aserbaidschanische Kapazitäten für den europäischen Markt frei zu halten, griff Aserbaidschan in letzter Zeit auf Erdgaslieferungen aus Russland zurück. 2022 etwa schlossen Gazprom und Socar einen Liefervertrag ab. Heizen die Bürger Aserbaidschans also künftig mit russischem Brennstoff, damit die Europäer dasselbe mit aserbaidschanischem Gas und einem guten Gewissen tun können?

Zumindest teilweise ist das denkbar. Bislang profitiert die Bevölkerung Aserbaidschans von stark vergünstigten Energiepreisen. Ob diese auch bei russischer Produktion bestehen blieben, ist ungewiss.

Doch Socar beweist im Umgang mit russischen Rohstoffen weniger Berührungsängste als die westliche Konkurrenz. Beispielhaft zeigt sich das an einer Raffinerie in der Westtürkei, die der aserbaidschanischen Regierung und Socar gehört und deren Ölprodukte auch in Europa landen. Laut Zahlen des Datenanbieters Kpler kommt dort mehr Rohöl aus Russland, als es noch vor dem Kriegsausbruch der Fall war. Im ersten Quartal des Jahres 2024 betrug der russische Anteil am gesamten weiterverarbeiteten Rohöl 90 Prozent.

Der Grund: Der Import von russischem Rohöl in die EU ist mit wenigen Ausnahmen verboten. Länder wie Aserbaidschan oder die Türkei, die die Sanktionen nicht übernommen haben, kaufen das russische Rohöl zu günstigeren Konditionen. Laut Politico untersucht das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) gegenwärtig den Verdacht, dass über den Umweg EU-Sanktionen umgangen werden und russische Ölprodukte doch in Europa landen.

Parteinahme im Krieg

Die Verbindungen zwischen Socar und der Regierung Aserbaidschans sind eng. Der Regierungspräsident besetzt den Konzernvorstand, er kann auch einzelne Mitglieder entlassen. Ilham Alijew selbst hat eine Vergangenheit im Staatskonzern: Vor dem Tod seines Vaters war er Vizepräsident. Muchtar Babajew, Minister für Ökologie und natürliche Ressourcen sowie Präsident und Chefverhandler des diesjährigen Klimagipfels, arbeitete zuvor 26 Jahre lang bei Socar.

In den sozialen Netzwerken äusserte sich Socar in der Vergangenheit regierungsnah. 2020, als zwischen Armenien und Aserbaidschan heftige Kämpfe um die Region Nagorni Karabach ausbrachen, bezog die Firma Position für die heimischen Truppen. In den sozialen Netzwerken postete die Firma beispielsweise ein Bild von Ilham Alijew mit gereckter Faust. Der Aufruf: Zum Sieg! Unsere Stärke liegt in unserer Einheit!

2023, als der Konflikt um Nagorni Karabach erneut aufflammte, hielt sich Socar mit solchen Wortmeldungen zurück.

Die Finanzflüsse zwischen Socar und der aserbaidschanischen Staatskasse sind undurchsichtig. Gubad Ibadoghlu, ein aserbaidschanischer Ökonom und ehemals Research Fellow an der London School of Economics, kritisierte in einem Forschungspapier die unklare Trennung zwischen Unternehmen und Staat. Das begünstige Korruption und Vetternwirtschaft, über die Firma könne der Staat Aserbaidschan etwa Sponsorings von Sport- und Kulturanlässen verschleiern.

Regierungskritiker setzen sich mit ihrer Kritik häufig Repressalien aus. Im Juli 2023 wurde Ibadoghlu verhaftet, die Behörden warfen ihm den Besitz von Falschgeld und extremistischem Material vor. Weil sich sein Gesundheitszustand in Haft verschlechterte, wurde Ibadoghlu im April 2024 in den Hausarrest überstellt.

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Fataler Alleingang? Hans-Werner Sinn warnt vor Heizungsgesetz

 

Der bekannte Ökonom und frühere Präsident des ifo-Instituts Hans-Werner Sinn hat im Interview mit der Welt scharfe Kritik am Heizungsgesetz der Bundesregierung und den geplanten Rückbau der Gasnetze geäußert. Sinn argumentierte, dass die Pläne, fossile Heizsysteme durch klimafreundlichere Alternativen wie Wärmepumpen zu ersetzen, unrealistisch und kontraproduktiv seien. Er warnte vor ökonomischen und sozialen Verwerfungen und unterstrich, dass die Belastungen für Nutzende und Unternehmen kaum zu stemmen seien.

„Heizungsgesetz ist ein krankhafter Auswuchs“

„Das Heizungsgesetz ist ein krankhafter Auswuchs einer zentralplanerischen Denkweise“ erklärte Sinn im Interview (Paywall) und kritisierte, dass es der liberalen Ordnung, die Deutschlands Nachkriegswohlstand ermöglicht habe, widerspreche. Er begrüße daher den politischen Widerstand gegen das Gesetz, insbesondere von Parteien wie der Union, die eine Abschaffung anstreben.

Seine Einwände spiegeln die Sorgen vieler Hauseigentümer*innen wider, die sich durch die Gesetzgebung mit erheblichen Kosten konfrontiert sehen. Dennoch sei zu berücksichtigen, dass die Bundesregierung umfangreiche Förderprogramme für klimafreundliche Heiztechnologien anbietet. Kritiker*innen wie Sinn argumentieren jedoch, dass solche Subventionen die grundlegenden Probleme nicht lösen können. Tatsächlich ist es wichtig, die langfristigen ökonomischen und ökologischen Effekte abzuwägen, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu sichern.

Aus Industriekreisen waren zuletzt andere Stimmen zu hören, die – sehr gegensätzlich zu den Aussagen Sinns – an ebendiesen Förderprogrammen festhalten wollen. Unternehmen aus der Heizungs- und Energiebranche haben Milliarden Euro in neue Technologien wie die Wärmepumpe investiert und sehen diese Investitionen angesichts der Pläne der CDU, das Heizungsgesetz zu „korrigieren“, in Gefahr.

 

Hans-Werner Sinn vor einem Heizungsregler© Wolfilser - stock.adobe.com / IMAGO / fossiphoto / Canva.com [M]

Sinn warnt vor Zerstörung

Besonders heftig kritisierte Sinn den geplanten Rückbau der Gasnetze. Er bezeichnet ihn als „Akt mutwilliger Zerstörung“ einer Infrastruktur, die mit enormem Aufwand aufgebaut wurde. Der Verlust dieser Vermögenswerte belaufe sich seiner Ansicht nach auf hunderte Milliarden Euro.

Darüber hinaus argumentierte er, dass Erdgas eine effektive Brückentechnologie auf dem Weg zur Dekarbonisierung sei. Der hohe Wasserstoffanteil im Erdgas könne dazu beitragen, CO2-Emissionen zu reduzieren. Zudem seien gasbetriebene Wärmepumpen eine Alternative, die den Gasverbrauch weiter senken würde, ohne die Gasnetze vollständig abzuschaffen.

„Gaskraftwerke sind im Übrigen als Komplemente und Partner des Wind- und Solarstroms unerlässlich, weil sie deren wetterbedingte Schwankungen bis hin zu Dunkelflauten ausgleichen“, so der Ökonom. „Ohne die Hilfe der konventionellen Stromquellen lässt sich der grüne Strom im Netz nun einmal nicht verwerten.“

 

Blackout-Risiko dank Wärmepumpe?

Ein weiterer zentraler Punkt in Sinns Kritik betraf die Risiken einer ausschließlich elektrifizierten Energieversorgung. Er warnte vor der Verwundbarkeit durch Cyberangriffe oder Netzstörungen, die im Kriegsfall gravierende Folgen haben könnten.

„Es ist auch schon deshalb nicht sinnvoll, den gesamten Wärmemarkt auf Strom umzustellen, weil Deutschland damit im Kriegsfalle sehr verwundbar wäre“, erklärte er konkret. „Mir graust es vor der Vorstellung, dass sich das Land in einem Cyberkrieg mit ein paar Mouseclicks einfrieren ließe, weil es nur noch elektrische Energie gibt.“

Diese Sorge ist nicht unbegründet: Eine robuste Energieinfrastruktur ist essenziell, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Gasbetriebene Systeme könnten hier eine wichtige Rolle als Backup-Lösung spielen.

Wunschtraum in weiter Ferne

In Bezug auf die globale Klimapolitik hob Sinn hervor, dass Deutschlands einseitige Maßnahmen kaum einen Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoß hätten. Er plädierte stattdessen für die Bildung eines „Klima-Clubs“, in dem wichtige Industrienationen wie die USA, China und Indien zusammenarbeiten, um den Ausstoß fossiler Brennstoffe wirksam zu begrenzen. Ohne eine solche internationale Kooperation bestehe die Gefahr, dass freiwerdende fossile Brennstoffe einfach in anderen Ländern genutzt würden.

Sinn machte aber klar, dass es sich bei diesem Club lediglich um eine Wunschvorstellung handele. „Mit der Wahl von Trump ist er noch weitere Ferne gerückt.“

Die Kritik des Ökonoms am Heizungsgesetz und den geplanten Rückbau der Gasnetze wirft wichtige Fragen zur wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit der Energiewende auf. Während seine Argumente oft zugespitzt formuliert sind, regen sie doch zumindest dazu an, die langfristigen Konsequenzen politischer Entscheidungen kritisch zu hinterfragen. Der Erfolg der Energiewende wird maßgeblich davon abhängen, ob es gelingt, technologische Innovationen, wirtschaftliche Effizienz und soziale Akzeptanz miteinander in Einklang zu bringen.

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Energiepolitik: „Dann sinkt der Strompreis um fünf Cent“

 

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Warum das Habeck-Gesetz zum Einfangen des klimaschädlichen CO2 nicht kommt und wie CDU/CSU die Energiekosten senken wollen.

WirtschaftsWoche: Herr Jung, die Union hat sich mit den Regierungsfraktionen von SPD und Grünen noch auf gemeinsame Gesetze zur Energiewende geeinigt. Was haben Sie erreicht?

Andreas Jung: Wir haben uns bei Punkten verständigt, die dringlich waren und für die wir uns als Union lange eingesetzt haben. Ohne dieses Paket in letzter Minute hätte erheblicher Schaden für den Wirtschaftsstandort gedroht. Wir haben wieder Perspektiven für die Kraft-Wärme-Kopplung geschaffen, also die gleichzeitige Gewinnung von Strom und Wärme in einer Anlage. Der Investitionsstau muss überwunden werden, den gab es schon länger für neue Anlagen. Für Biogasanlagen wird Verlässlichkeit geschaffen, um Abschaltungen und Investitionsruinen abzuwenden.

Ist das ein Vorbild, wie sich die demokratischen Parteien in der Mitte einigen können?

Ich würde das nicht überhöhen. Es wurde an der Sache orientiert gearbeitet, um dringende Probleme zu lösen. Das ist eine demokratische Selbstverständlichkeit und gleichzeitig eine Brücke über die nächsten Monate, bis eine neue Regierung konsequent neue Weichen stellen kann.

Entscheidende Pläne werden aber nicht umgesetzt. So hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck ein Gesetz eingebracht, das in Deutschland klimaschädliches Kohlendioxid eingefangen und unter der Erde verpresst werden kann.

Das stimmt und wir kritisieren das deutlich. Wir müssen die Bedingungen für eine klimaneutrale Industrie schaffen. Dazu gehört auch die Abscheidung und Verpressung von CO2. Das Treibhausgas ist bei manchen Prozessen nicht zu vermeiden. Wenn wir ein starkes Industrieland bleiben wollen, müssen wir Branchen wie die Baustoffindustrie und andere hier halten. Deutschland muss die Technik nutzen. Wir hatten deshalb signalisiert, dass wir dem Gesetz zustimmen.

Sie haben das Vorhaben unterstützt. Woran ist es nun gescheitert?

Es ist wirklich unglaublich. Die Technik ist ein richtiger und wichtiger Schritt, um Wirtschaft und Klimaschutz voranzubringen. Das erklären auch Olaf Scholz und Robert Habeck. Sie haben es aber nicht geschafft, ihre eigenen Fraktionen hinter sich zu bringen: SPD und Grüne blockieren.

Gescheitert ist es, weil in den Fraktionen von SPD und Grünen einige nicht erlauben wollten, dass auch das CO2 aus Gaskraftwerken verpresst werden darf. Das schade dem vorrangigen Ziel, das Treibhausgas erst gar nicht entstehen zu lassen.

Wir brauchen auch neue Gaskraftwerke noch einige Zeit als verlässlichen Partner, wenn Sonne und Wind keine Energie produzieren. Die Anlagen müssen mit der Zeit klimaneutral werden. Dafür braucht es wasserstoff-fähige Gaskraftwerke, aber als weitere Option auch die Möglichkeit zur Abscheidung und Verpressung von CO2. Wir würden dem Entwurf der Regierung zustimmen. Sie selbst wollen jetzt nicht mehr. Das ist paradox.

Wie stellen Sie sich die Energiepolitik und den Umbau der Industrie vor, wenn die Union die Regierung stellen würde?

Klimaschutz und wirtschaftliche Stärke müssen unbedingt zusammengebracht werden. Beides ist von herausragender Bedeutung. Die erneuerbaren Energien müssen weiter stark ausgebaut werden, das muss aber besser an den Kosten orientiert gesteuert werden. Die Energiepreise müssen runter. Konkret: Wir werden sofort die Einnahmen aus dem CO2-Preis fürs Heizen und den Verkehr zurückgeben und damit die Stromkosten senken. Das sind 15 Milliarden Euro dieses Jahr. Dann sinkt der Strompreis um fünf Cent je Kilowattstunde. Das entlastet Privathaushalte und Wirtschaft sofort.

Stehen dazu nicht Aussagen von Kanzlerkandidat Friedrich Merz im Widerspruch, der den grünen Umbau der Stahlproduktion im Land angezweifelt hat?

Das hat Friedrich Merz nicht getan. Er hat allerdings zu Recht die Verengung der Ampel nur auf grünen Wasserstoff beim klimaneutralen Umbau der Stahlproduktion kritisiert. Das ist als Ziel richtig. Wir müssen aber neben Wasserstoff aus Ökostrom auch auf blauen Wasserstoff, also aus Gas mit CO2-Abscheidung, setzen. Wir müssen pragmatischer werden und Überregulierung abbauen. Wir brauchen schnell große Mengen bezahlbaren Wasserstoff für die Industrie. Das geht nur mit neuer Offenheit. Sonst kommt alles zu teuer und zu spät.

Mit welchen Partnern können Sie bei Energie und Klimaschutz besser zusammenarbeiten – SPD oder Grüne?

Diese Frage stellt sich jetzt nicht. Für uns ist klar: Nach der Wahl müssen Weichen grundlegend neu gestellt werden. Wir setzen für das Erreichen der Klimaziele sehr stark auf technologische Innovationen, neuen Pragmatismus und auf Kosteneffizienz. Das ist unser Weg – und für den werben wir jetzt um Zustimmung.

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im Vergleichstest© Provided by Ever-growing GmbH

Der Energiekonzern Scottish Power gilt als Vorreiter der Energiewende. Doch neue Enthüllungen werfen ein schlechtes Licht auf das Unternehmen. Ein Whistleblower deckte auf, dass 71 Windräder zeitweise mit Diesel betrieben wurden, anstatt nachhaltige Energiequellen zu nutzen. Die Vorwürfe gehen jedoch noch weiter.

Dieselgeneratoren für Windräder im Einsatz

Scottish Power bestätigte, dass 71 Turbinen zeitweise von Dieselgeneratoren mit Strom versorgt wurden. Offiziell hieß es, dies sei notwendig gewesen, um die Anlagen in der kalten Jahreszeit zu schützen. Ein Insider behauptet jedoch, dass ein Kabelfehler im Stromnetz die wahre Ursache gewesen sei. Demnach liefen die Generatoren bis zu sechs Stunden täglich und erzeugten hohe Emissionen.

Technische Probleme und Umweltgefahren

Neben dem Einsatz fossiler Brennstoffe gibt es weitere schwere Vorwürfe. Mehrere Windräder produzierten laut dem Whistleblower nur mit halber Leistung oder liefen im Testbetrieb, wobei sie selbst Strom aus dem Netz zogen. Zudem sollen über 4.000 Liter Hydrauliköl aufgrund mechanischer Schäden in die Umwelt gelangt sein. Kritiker fordern eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle.

Reaktion des Unternehmens und wachsende Kritik

Scottish Power verteidigt sein Vorgehen und verweist auf einen Zuverlässigkeitswert von 96 Prozent seiner Anlagen. Das Unternehmen betont, dass Diesel ausschließlich für den Schutz der Turbinen genutzt wurde und nicht zur Stromproduktion. Doch das Vertrauen ist erschüttert: Bereits 2017 verschwieg Scottish Power den Einsturz einer 2,26 Millionen Euro teuren Anlage über eine Woche lang. Auch die Rekordgewinne von fast einer Milliarde Euro im Jahr 2022 bei gleichzeitig steigenden Strompreisen sorgen für anhaltende Proteste.

Zukunft der erneuerbaren Energien

Der Einsatz von Dieselgeneratoren für Windkraftanlagen stellt die Glaubwürdigkeit nachhaltiger Energiekonzepte infrage. Unternehmen müssen innovative Lösungen entwickeln, um solche Rückschläge zu vermeiden und das Vertrauen der Verbraucher zu sichern. Transparenz und technologische Verbesserungen werden entscheidend sein, um den Erfolg der Energiewende langfristig zu gewährleisten.

Der Einsatz von Dieselgeneratoren für Windkraftanlagen zeigt, dass selbst nachhaltige Technologien noch mit Herausforderungen kämpfen. Um die Energiewende glaubwürdig voranzutreiben, müssen Unternehmen stärker in zuverlässige Infrastruktur und innovative Lösungen investieren. Nur durch Transparenz und technologische Fortschritte kann erneuerbare Energie langfristig das Vertrauen der Verbraucher gewinnen.

Wie sehen Sie die Zukunft der Windkraft? Sollten Unternehmen stärker in neue Technologien investieren, um solche Vorfälle zu verhindern? Diskutieren Sie mit uns in den Kommentaren!

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Trumps Zölle drücken den Ölpreis und den US-Dollar: Für Deutschland ist das eine doppelte Chance auf billigere Energie

 

Die Opec-Länder fördern wieder mehr Öl.© Getty Images
Die Opec-Länder fördern wieder mehr Öl.

Der Ölpreis entwickelt sich für Haushalte und Unternehmen in Deutschland günstig. Das neue Zoll-paket von US-Präsident Donald Trump hat den Ölpreis am Donnerstag wieder deutlich gedrückt. Das für Europa wichtige Rohöl der Nordseesorte Brent kostete zeitweise weniger als 70 Dollar je Barrel. Im Januar lag der Preis noch bei 82 US-Dollar je Barrel (159 Liter). Im Jahresvergleich ist Rohöl gut 16 Prozent billiger geworden. Die Aussicht, dass der Preisrückgang anhält, ist gut.

Zum einen drückt Trumps Zoll-Furor das weltweite Wirtschaftswachstum und damit die Nachfrage nach Öl. Zum anderen wollen die Ölexport-Staaten der Gruppe Opec+ wieder mehr Öl fördern. Sie haben ihre Beschränkung bei der Ölförderung auslaufen lassen. Das erhöht das Angebot.

Für den Euro-Raum und damit den Euro-Raum kommt noch ein weiterer Faktor dazu. Trumps Zölle lasten auch auf dem US-Dollar. Der Euro stieg am Donnerstag zeitweise über 1,10 Dollar und damit auf den höchsten Stand seit sechs Monaten. Da Rohöl in Dollar gehandelt wird, senkt ein stärkerer Euro Deutschlands Energierechnung.

 Was bedeutet das für Heizöl?

Sollten die Preise für Rohöl auf dem Weltmarkt weiter sinken, dürfte das mit etwas zeitlichem Verzug auch Einfluss auf die Preise für Heizöl haben

Allerdings fällt das Ende der Förderbeschränkung der Opec+ in eine Zeit, in der die Heizperiode auf der nördlichen Halbkugel endet und die Preise erst im kommenden Herbst wieder stärker in den Fokus der Verbraucher rücken dürfte. Für sie könnte es sich aber doppelt lohnen, nicht bis dahin zu warten und die Ölvorräte schon früher wider aufzufüllen.

Was machen die Preise für Benzin und Diesel?

An den Tankstellen dürfte der Beschluss der Opec+ nur begrenzt Wirkung zeigen. Immerhin: „Wenn die Förderung ausgeweitet wird, ist das auf jeden Fall ein Impuls in Richtung günstigerer Ölpreise“, sagte Christian Laberer, Kraftstoffmarktexperte beim ADAC.

Die beschlossene Ausweitung der Förderung habe das Potenzial, den Ölpreis um ein paar Dollar zu drücken und den Spritpreis damit um einige Cent. Selbst dies seit nur zu erwarten, wenn die Ölkonzerne den Preisrückgang auf dem Weltmarkt an die Verbraucher an den Tankstellen weitergeben. Auch Laberer verweist auf das Ende der Heizperiode: „Dieselfahrer können aktuell darauf hoffen, dass das Ende der Heizperiode die saisontypische Entspannung beim Preis für ihren Kraftstoff mit sich bringt.“

Was sind die Folgen für Inflation und Wachstum?

Der Ölverbrauch in Deutschland ist in den vergangenen 25 Jahren laut dem Institut der deutschen Wirtschaft um rund ein Drittel gesunken. Dennoch bleibt Öl einer der wichtigsten Rohstoffe. Öl ist der Grundstoff für viele Güter. Öl liefert Energie für Wärme und industrielle Prozesse. Öl ist wichtig zum Heizen und für den privaten Verkehr. Entsprechende wichtig ist die Bedeutung des Ölpreises für die Inflation und das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Laut dem IW würde eine Steigerung des Ölpreises um 15 Dollar je Barrel bis zu 0,2 Prozentpunkte Wachstum kosten und die Inflation um 0,3 Prozentpunkte anheizen. Dies würde auch höhere Zinsen nach sich ziehen. Entsprechende Chancen gibt es nun bei einem sinkenden Ölpreis.

Ölpreis: Welchen Einfluss hat Donald Trump?

Zur Amtseinführung von Donald Trump als US-Präsident im Januar kostete Rohöl der Nordseesorte Brent noch etwa 82 Dollar je Barrel. Dann fiel der Preis bis Anfang März unter 70 Dollar. Das war das niedrigste Niveau seit etwa drei Jahren, also etwa seit Russlands Überfall auf die Ukraine. Der wichtigste Grund dafür ist die aggressive Zollpolitik der US-Regierung. Das unberechenbare Vorgehen mit immer neuen Ankündigungen, Rücknahmen oder Verschiebungen von Zöllen sorgt an den Märkten und in der Weltwirtschaft für Verunsicherung. Mehr und höhere Zölle bedeutet in der Tendenz weniger Handel, weniger Wachstum, weniger Transport. All diese belastet die Nachfrage nach Rohöl.

Trump macht auch direkt Druck auf die Opec, die Preise zu senken. Doch Trump sorgt auch für das Gegenteil. Zuletzt hatte das jüngste Vorgehen der US-Regierung gegen das wichtige Öl-Förderland Iran eine starke Wirkung auf die Ölpreise. Sanktionen der USA gegen die Verarbeitung von iranischem Öl in China hatten die Ölpreise in den vergangenen Handelstagen wieder steigen lassen.

Welche Folgen gibt es für Russland?

Für Russland spielen Einnahmen aus dem Verkauf von Rohöl eine große Rolle. Viele Länder des Westens haben den Kauf von russischem Öl eingestellt oder verringert. Sanktionen erschweren es Russland auch Öl in andere Länder zu liefern. Wichtige Kunden wie Indien und China laufen Öl aus Russland, aber nur mit Preisabschlägen.

Die Einnahmen aus dem Ölexport bleiben eine der wichtigsten Finanzquellen für Putins Kriegswirtschaft. Wie der Wirtschaftsdienst Bloomberg berichtet, stiegen die Öllieferungen aus russischen Häfen im März auf 3,45 Millionen Barrel pro Tag, den höchsten Wert seit Oktober.

Allerdings ist der Preis für das russische Ural-Öl im März auf ein 14-Monats-Tief von rund 54 Dollar pro Barrel gefallen. Der Ökonom Evgeny Suvorov von der Tsentro Kredit Bank sagte der Agentur Reuters, er glaube, dass Putin im Haushalt kürzen müsse, wenn der Ölpreis auf oder unter 50 Dollar sinkt.

Mit Material von dpa

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CDU und SPD begraben Heizungsgesetz: Das sind die Folgen für euch

 

Das Heizungsgesetz ist Geschichte. (Bildquelle: IMAGO / ULMER Pressebildagentur / Bearbeitung: GIGA)

Die schwarz-rote Koalition nimmt das umstrittene Heizungsgesetz wieder vom Tisch. Doch die neue Regierung verspricht: Der Klimaschutz soll nicht auf der Strecke bleiben. Stattdessen setzt sie auf flexiblere Lösungen und mehr Technologieoffenheit – allerdings bleiben zentrale Fragen zur konkreten Umsetzung noch unbeantwortet. Erste Folgen für euch sind aber schon absehbar.

Heizungsgesetz wird abgeschafft

Nach nur einem Jahr Laufzeit steht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) vor dem Ende. Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz (CDU) will das von Robert Habeck (Grüne) eingeführte Gesetz komplett abschaffen. Der Grund: Die strengen Vorgaben zur 65-Prozent-Regel für erneuerbare Energien bei neuen Heizungen hätten sich als zu bürokratisch und schwer umsetzbar erwiesen.

Die neue Koalition aus CDU und SPD setzt auf einen anderen Weg: Statt starrer Vorgaben rückt die tatsächliche CO₂-Vermeidung in den Fokus. Verbraucher sollen mehr Flexibilität bei der Wahl ihrer Heiztechnologie bekommen. Die Förderung für Sanierungen und neue Heizungen bleibt bestehen. Ein besonderer Bonus: Wer eine Immobilie erbt, kann künftig energetische Sanierungskosten von der Steuer absetzen. Das hilft besonders den sowieso schon wohlhabenden Menschen (Quelle: Frankfurter Rundschau).

Das sind die Folgen für euch

Trotz der Kehrtwende beim Heizungsgesetz: Das Ende fossiler Heizungen ist nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Friedrich Merz machte bereits im Wahlkampf klar, dass Öl- und Gasheizungen mittelfristig ausgedient haben. Die neuen Regelungen sollen aber praxistauglicher sein und sich stärker an europäischen Standards orientieren. Deutschland hält weiterhin am Ziel der Klimaneutralität bis 2045 fest.

Gas- und Ölheizungen könnten zwar wieder verbaut werden, würden mit der Zeit aber zu echten Kostenfallen werden. Der CO₂-Preis wird immer weiter steigen, die Netzentgelte auch, weil immer weniger Menschen auf das Gasnetz setzen und die Umlagen auf weniger Schultern verteilt werden, und teilweise wird das Gasnetz sogar ganz abgeschafft. Echte Unabhängigkeit gibt es nur mit der Wärmepumpe, denn den dafür benötigten Strom könnt ihr immerhin selbst erzeugen – bei Gas und Öl geht das nicht.

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Trotz Kritik – Reiche beharrt auf weiterer Zulassung alter Gasthermen

Katherina Reiche will den Betrieb von Gasthermen erlauben, die vor 1991 eingebaut wurden. Das Heizungsgesetz komme einem Betriebsverbot gleich, sagt sie. Die neue Wirtschaftsministerin will bei der Energiepolitik weitere Akzente setzen.

Die neue Wirtschaftsministerin hat andere Pläne als ihr Vorgänger Sebastian Christoph Gollnow/dpa/Sebastian Gollnow

Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) beharrt trotz Kritik darauf, wieder den Betrieb von Erdgasthermen in Wohnhäusern zu erlauben, die vor 1991 eingebaut wurden. „Das bisherige Heizungsgesetz rekurriert mehr oder weniger auf eine Technologie. Es gibt de facto ein Betriebsverbot für Gasthermen, die vor 1991 eingebaut wurden“, sagte die CDU-Politikerin im Podcast „Table.Today“.

„Zunächst müssen wir dieses Betriebsverbot abschaffen, um wieder Ruhe in den Markt zu bekommen.“ In einem neuen Gebäude-Energie-Gesetz müsse der gesamte CO₂-Ausstoß des Gebäudes berücksichtigt werden. Reiche sagte, dass man es Hausbesitzern künftig überlassen solle, in welche Technologie sie investierten. „Wir müssen lernen, die Energiewende zu hybridisieren“, so Reiche. Ein entsprechendes neues Gesetz solle noch in diesem Jahr ins Kabinett kommen, sagte sie.

Die CDU-Politikerin hatte dies bereits in ihrer Rede im Bundestag vergangene Woche erklärt. Im schwarz-roten Koalitionsvertrag steht nur die Formulierung: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen. Das neue GEG machen wir technologieoffener, flexibler und einfacher. Die erreichbare CO₂-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden.“

Gesetz zur Senkung der Stromsteuer soll kommen

Reiche kündigte zudem an, einen Gesetzentwurf zur Absenkung der Stromsteuer auf das EU-Minimum noch vor der Sommerpause ins Kabinett einzubringen. Dies hatte CSU-Chef Markus Söder am Montag gefordert. Wie im Koalitionsvertrag festgeschrieben prüfe das Wirtschaftsministerium zudem eine Senkung der Netzentgelte, erklärte Reiche.

Man werde auch einen Industriestrompreis von fünf Cent pro Kilowattstunde prüfen. Die CDU-Politikerin war vor ihrer Berufung zur neuen Wirtschaftsministerin Vorsitzende der Geschäftsführung der E.ON-Tochter Westenergie AG.

Die Wirtschaftsministerin will zudem Tempo beim Bau neuer Gaskraftwerke machen. Sie wolle bei der EU-Kommission die Ausschreibungen beantragen. „Bis 2030 bis zu 20 GW Kraftwerke installiert zu haben, ist mehr als optimistisch“, sagte sie zu der Planung der früheren Regierung. „Wir müssen aber jetzt die erste Welle hinbekommen. Wir setzen neben Klimaschutz auch auf Versorgungssicherheit.“

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