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Energiepolitik

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Experte erklärt, warum sich die Politik beim Stromnetz irrt

Im Wahlkampf sind sich (fast) alle einig: Deutschland braucht neue Stromautobahnen. Aber stimmt das denn? Nein, sagt Energieexperte Lorenz Jarass. Er hat eine andere Idee.

Sie heißen Südlink, Südostlink oder Ultranet: Der Bau von Stromautobahnen durch Deutschland gilt als Bedingung dafür, dass die Energiewende gelingt. Der Windstrom müsse vom Norden in den Süden fließen können, argumentieren Netzbetreiber und Bundesregierung. Das Projekt wird teuer, laut Netzentwicklungsplan der Bundesnetzagentur ist mit mehr als 60 Milliarden Euro an Kosten zu rechnen.

Gibt es Alternativen? Ja, sagt Lorenz J. Jarass. Gemeinsam mit Carsten Siebels hat er jüngst eine Studie veröffentlicht und warnt: Für eine gesicherte Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sind keine neuen Leitungen erforderlich, sondern neue Reservekraftwerke.

Alle Parteien, die ins Kanzleramt wollen, sagen: Wir brauchen neue Stromleitungen. Bei so viel Einigkeit dürften viele Bürgerinnen und Bürger denken: "Tja, muss dann wohl sein ..."

Lorenz J. Jarass: Man muss zunächst einmal zwischen Übertragungs- und Verteilnetzen unterscheiden. Zu den Übertragungsnetzen gehören die sogenannten Stromautobahnen, die große Mengen an Energie über weite Strecken transportieren sollen, und zwar mit einer Spannung von 380.000 Volt. In den Verteilnetzen fließen weniger große Strommengen, sie versorgen einzelne Regionen mit Energie.

Warum brauchen wir Stromautobahnen?

Im Norden wird viel Windenergie erzeugt, im Süden werden die Kernkraftwerke stillgelegt. Also muss der Strom aus dem Norden in den Süden – so lautet die Begründung.

Klingt logisch.

Aber diese Leitungen werden ausschließlich dazu dienen, Windstrom aus Leistungsspitzen nach Süd- und Südosteuropa zu exportieren. Also an sehr windreichen Tagen. Das denke ich mir nicht aus, sondern habe es auf Basis der Ausbauziele für erneuerbare Energien ausgerechnet, wie sie im Netzentwicklungsplan aufgeführt sind. Um Bayern und Baden-Württemberg mit Strom zu versorgen, ist der Netzausbau nicht erforderlich.

Warum hält eine Mehrheit der Parteien an einem so teuren Projekt, gegen das vielerorts Bürgerinitiativen protestieren, weil ihnen große Strommasten vor die Tür gesetzt werden, fest?

Das liegt an einer Schwäche des Netzentwicklungsplanes. Dieser Plan behauptet, dass Leitungen gebaut werden, die wir auf jeden Fall brauchen, weil eines Tages in einer Region X die Strommenge Y eingespeist werden soll. Aber diesem Plan liegt keinerlei Kosten-Nutzen-Überlegung zugrunde. Deshalb lassen sie kostengünstige Alternativen zum Aus- und Neubau der Netze unberücksichtigt.

Welche Alternativen sind das?

Wir können überschüssige Windenergie dafür nutzen, um grünen Wasserstoff zu produzieren, als Energiespeicher. Im Wasserstoff steckt die Energie des überschüssigen Windstroms, den man auf diese Weise lagern und später nutzen könnte. Das wäre viel kostengünstiger.

Was bedeutet das konkret?

Es ist billiger, Wasserstoff an der Küste zu erzeugen, als Leitungen längs durch Deutschland zu bauen. Gleichstromleitungen für vier Gigawatt Übertragungsleistung kosten zehn Milliarden Euro. Vier Gigawatt an Wasserstofferzeugung kosten vier Milliarden Euro. Das macht eine Ersparnis von sechs Milliarden Euro, und hier reden wir nur über eine Trasse. Außerdem haben wir ja noch das Problem mit den Verteilnetzen, das uns – wenn wir nicht gegensteuern – ebenfalls teuer zu stehen kommen kann.

Worin besteht dieses Problem?

Wir haben bisher über Windenergie gesprochen, aber den massivsten Ausbau erleben wir derzeit bei der Photovoltaik, und zwar insbesondere in Süddeutschland. Also beim Solarstrom, und der unterliegt immer einem Tag-Nacht-Zyklus. Am frühen Abend, wenn wir die maximale Nachfrage nach Strom haben, gibt es keinen oder nur noch sehr wenig Strom aus Photovoltaikanlagen, weil die Sonne untergeht. Dieses Problem können Sie mit Batteriespeichern lösen, die tagsüber überschüssigen Sonnenstrom aufnehmen, den sie abends und nachts abgeben.

Was hat das mit den Verteilnetzen zu tun?

Es gibt noch viel zu wenige Speicher. Ein Beispiel: An einem sonnigen Tag erzeugen Solaranlagen in einer Stadt wie Nürnberg einen großen Überschuss an Strom, der akut gar nicht benötigt wird. Ohne Speicher müssten die Verteilnetze ausgebaut werden, erst recht, wenn wir in Zukunft noch mehr Solarenergie erzeugen. Neue Verteilnetze bedeuten neue Erdkabel – sie auszubauen, geht nur sehr langsam. Und die Frage ist, was man am Ende des Verteilnetzes mit dem Strom machen würde? Die Bundesnetzagentur sagt: Ganz einfach, diese Überschüsse speisen wir auch noch ins Übertragungsnetz ein, in die Stromautobahn, die dann noch stärker ausgebaut werden muss.

Wäre das schlimm?

Es wäre nicht sinnvoll. Denn wenn in Nürnberg die Sonne scheint, wird das mit großer Wahrscheinlichkeit in Würzburg und München auch so sein. Also muss der Strom weiter nach Österreich, Italien oder Südosteuropa – und man braucht noch mehr teure Übertragungsleitungen, in der Hoffnung, irgendwo weit entfernt Abnehmer für den Strom zu finden. Die Planer und die Politik übersehen dabei aber, dass andere Länder in Europa ihre Kapazitäten an erneuerbaren Energien ebenfalls ausbauen und unseren Strom nicht benötigen.

Was schlussfolgern Sie daraus? 

Die Alternative ist: Wir müssen vor Ort Batteriespeicher bauen, um den tagsüber gespeicherten, überschüssigen Strom abends zu nutzen. Die bayerische Staatsregierung strebt an, dass man pro Kilowatt installierter Solarleistung auch ein Kilowatt an Speicherkapazität vorhalten muss. Es gibt da leider noch kein Gesetz, aber es ist gut, dass ein Umdenken einsetzt.

Ihre Alternative zu neuen Stromautobahnen besteht also darin, Speichermöglichkeiten zu schaffen. Für Windstrom wäre das Wasserstoff, für Solaranlagen wären das Batterien, richtig?

Ja.

Kann man überhaupt ausreichend Batterien herstellen?

Das haben wir nicht untersucht. Aber wenn es nicht möglich wäre, wäre ja auch die ganze Strategie zur Elektromobilität hinfällig.

Strom aus Wind und Sonne fließen nicht immer zuverlässig. Was hilft uns da weiter? 

Der aktuelle Netzentwicklungsplan geht davon aus, dass im Jahr 2035 bei sehr geringer Wind- und Sonnenstromerzeugung – einer sogenannten Dunkelflaute – mit einem Leistungsdefizit von bis zu 40.000 Megawatt zu rechnen ist. Das ist gut ein Drittel der Jahreshöchstlast, die durch Importe gedeckt werden soll. Ich sehe darin eine Harakiri-Strategie, weil sie auf der Hoffnung basiert, dass im Ausland dann schon ausreichend sichere Kapazitäten installiert sein werden. Deutschland muss in der Lage sein, seinen Bedarf an Strom grundsätzlich immer selbst zu decken. Und das geht an Tagen mit Dunkelflaute – wenn es landesweit bewölkt ist und der Wind weht nicht, was im Winter häufiger passiert – nur mit Reservekraftwerken, die hochgefahren werden, wenn Solar- und Windstrom fehlen.

Müssten das Reservekraftwerke sein, die man mit Wasserstoff betreiben kann? 

Wenn man 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren haben will, muss das so sein, ja.

Gegner der großen Stromtrassen warnen, dass der teure Netzausbau den Weg offen halten soll für eine Renaissance der Atomkraft. Ist das ein Verschwörungsglaube?

Nein, die Überlegungen, Kernkraftwerke länger zu betreiben oder Atomenergie aus dem Ausland zu importieren, gibt es. Sie tauchen auch in Medien immer wieder auf, zuletzt häufiger. Umso wichtiger ist, in großem Umfang Reservekraftwerke zu bauen, damit diese Idee keine Legitimität hat. Denn bei einer deutschlandweiten längeren Dunkelflaute, wie sie leider im Winter immer wieder auftritt, helfen neue Leitungen den Stromverbrauchern in Bayern gar nichts, es sei denn, man rechnet in großem Umfang mit dem Bau neuer Kernkraftwerke.

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Investitionsbedarf von 5 Billionen Euro für Klimaneutralität

 

Rund 5 Billionen Euro an Investitionen sind einer Studie zufolge insgesamt erforderlich, damit Deutschland wie angestrebt im Jahr 2045 klimaneutral wird.

«Das ist eine gewaltige Summe, aber es ist machbar. Damit die Herausforderung gelingt, müssen öffentliche Investitionsmittel zielgerichtet eingesetzt und private Investitionen mobilisiert werden», sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Den eigentlich Mehrbedarf an Investitionen beziffert die im Auftrag der staatlichen Förderbank erstellte Studie allerdings deutlich geringer auf insgesamt 1,9 Billionen Euro. Dazu müssten ohnehin erforderliche Investitionen verstärkt in Alternativen gelenkt werden, die einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten.

Das Klimaziel erfordere eine umfangreiche Transformation in allen Wirtschaftssektoren, vom Verkehr über die Industrie bis hin zu den privaten Haushalten, hieß es in der vom Prognos Institut, Nextra Consulting und dem Institut für nachhaltige Kapitalanlagen (NKI) erstellten Studie.

Vor allem der Bereich Verkehr bedarf hoher Investitionen

Den größten Teil der Investitionen sieht die Analyse im Bereich Verkehr mit 2,1 Billionen Euro. Größtenteils gehe es allerdings um eine Neuausrichtung ohnehin anstehender Reinvestitionen in diesem Bereich. Die eigentlichen Mehrinvestitionen seien mit 153 Milliarden Euro daher deutlich geringer.

Die zweithöchsten Investitionen werden demnach im Sektor Energie mit 840 Milliarden Euro benötigt. Auf die privaten Haushalte entfallen rund 636 Milliarden Euro. Davon sind den Berechnungen zufolge rund 254 Milliarden Euro Mehrinvestitionen, vor allem für einen klimagerechten Wohnungsbestand.

Auf den Industriebereich kommen 620 Milliarden Euro zu. Davon sind 462 Milliarden Euro tatsächliche Mehrinvestitionen. Produktionstechniken könnten vielfach nur mit großem Aufwand klimafreundlich umgestellt werden, hieß es zur Begründung.

Im Bereich Gewerbe, Handel und Dienstleistungen fallen mit rund 237 Milliarden Euro verhältnismäßig geringe Klimaschutzinvestitionen an, etwa 113 Milliarden Euro seien Mehrinvestitionen.

Aus Sicht der KfW bieten die Klimaschutzinvestitionen zugleich die Chance, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu verbessern, indem zum Beispiel neue Technologien entwickelt werden. Dies könne den exportorientierten Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig stärken.

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Moskau und Brüssel wegen hoher Gaspreise besorgt

 

Die explodierenden Gaspreise und die Angriffe aus der EU gegen die Gasgroßmacht Russland sind für Präsident Wladimir Putin seit Tagen Chefsache. Er wehrt sich kategorisch gegen Vorwürfe, Russland sei für die immer neuen Rekorde verantwortlich.

Bei Verbrauchern in Deutschland machen sich Sorgen breit, ob sie künftig ihre Heizrechnungen bezahlen können. Putin räumt inzwischen ein, dass dringend gehandelt werden müsse, um die Lage zu entspannen.

«Europa läuft vor Kälte blau an ohne russisches Gas», titelte gerade die Moskauer Tageszeitung «Nesawissimaja Gaseta». Andere russische Medien feiern den 69-Jährigen angesichts der «Panik auf dem Gasmarkt» schon als möglichen Retter vor einem drohenden Kälteschock der Europäer.

Der in Gaskrisen erprobte Präsident sagt, dass der Staatskonzern Gazprom helfen könne, wenn es für ihn nicht zu teuer werde. Russland sei offen für Angebote der Großabnehmer aus der EU, betont der Kreml.

Die Lösung? Der Gastransit über die Ukraine könnte deutlich ausgeweitet werden. Doch sei das teuer für Gazprom. Es ist Putins Art zu sagen, dass die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 für den günstigen Gastransport bereitsteht. Es fehlt nur die Betriebsgenehmigung der deutschen Behörden. Der Kreml weist immer wieder darauf hin, dass die rasche Inbetriebnahme Entspannung in der Energiekrise bringen könne.

Schuld an den hohen Preisen sei nicht Russland, sondern die Lage auf dem Weltmarkt - und eine verfehlte Energiepolitik der EU, betont Putin. Trotz Russlands Warnungen sei sie von Langzeitverträgen abgerückt und zum Handel an den Energiebörsen übergangenen. «Heute ist klar, dass diese Politik ein absoluter Fehler ist.»

Auch der für Energiefragen zuständige Vize-Regierungschef Alexander Nowak betont, dass Russland trotz der Gewinne für die Staatskasse kein Interesse an solch hohen Gaspreisen habe. Wegen der hohen Kosten sieht Nowak vielmehr die Gefahr, dass sich der Übergang zu alternativen Energien in der EU beschleunigt. Russland will möglichst lange seine fossilen Energieträger Öl, Gas und Kohle nach Europa verkaufen.

Auch beim bis Freitag angesetzten St. Petersburger Internationalen Gas-Forum war die angespannte Lage ein Thema. Die Vorwürfe aus der EU, Russland manipuliere den Gaspreis, «um die Ostseepipeline Nord Stream 2 schneller mit Gas zu füllen, sind haltlos und absurd», sagt Rainer Seele, der Präsident der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer (AHK). Gazprom liefere die vereinbarten Mengen, was auch Kanzlerin Angela Merkel in dieser Woche hervorhob.

Seele war lange Chef der Energieunternehmen Wintershall Dea und OMV, zwei der fünf europäischen Unternehmen, die Nord Stream 2 finanzierten. «Wer an kostengünstigem Gas für deutsche und europäische Haushalte und Industriebetriebe interessiert ist, sollte auf Kooperation statt auf Konfrontation mit Moskau setzen», meint er.

Auch er kritisiert, dass in der EU zu sehr auf «das freie Spiel von Angebot und Nachfrage gesetzt wurde». Durch den Verzicht auf langfriste Lieferverträge für Pipelinegas gebe es nun Risiken, «unter deren Folgen jetzt die europäische Industrie und Millionen privater Haushalte leiden». Deutschland verbraucht nach AHK-Angaben rund 87 Milliarden Kubikmeter Gas im Jahr, davon stammen 55 Prozent aus Russland.

Doch selbst wenn Russland nicht für den Anstieg der Energiepreise verantwortlich ist, stellt sich in Europa die Frage, ob das Land nicht vielleicht absichtlich Möglichkeiten ungenutzt lässt, damit sich die Lage entspannt. Der Gaspreis hat sich seit Jahresbeginn verzehnfacht. Doch noch macht Gazprom die Ventile nicht auf. Zuerst müssten die eigenen Speicher im Land aufgefüllt werden, weil ein womöglich kalter Winter bevorstehe, teilte das Unternehmen mit.

Klar ist, dass Russland eine EU-interne Diskussion über Klimaschutzmaßnahmen infrage stellt, um einen Ausstieg aus der Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen wie Gas möglichst weit hinauszuzögern. Auch EU-Staaten wie Polen kritisieren, dass die Energiepreise teilweise auf den CO2-Emissionshandel zurückzuführen seien. Dieser macht die Stromerzeugung mit fossilen Energieträgern teurer, um Unternehmen zur Einsparung von Kohlenstoffdioxid zu bewegen.

In der EU drehen sich die Diskussionen deswegen vor allem um die Frage, wie in Zukunft starke Schwankungen bei den Energiepreisen vermieden werden könnten. Die Europäische Kommission will in der kommenden Woche Handlungsoptionen vorschlagen. So ist denkbar, dass EU-Länder beim Einkauf von Gas zusammenarbeiten oder zumindest gemeinsame strategische Reserven anlegen. Erste Richtungsentscheidungen könnten in rund zwei Wochen beim nächsten regulären EU-Gipfel fallen.

Ins Gewicht fallen dürfte dabei, wie groß die Gefahr eingeschätzt wird, dass es in Zukunft erneut zu starken Preisanstiegen kommen könnte. Experten wie die EU-Energiekommissarin Kadri Simson rechnen derzeit damit, dass die Preise ab dem Frühling nach und nach fallen dürften. Für die derzeitige Situation ist demnach der weltweite Energiehunger nach der Corona-Krise verantwortlich. Hinzukommen geschrumpfte Gasvorräte nach dem ungewöhnlich kalten Winter, geringere Gaslieferungen wegen Instandhaltungsarbeiten an Pipelines und ein Rückgang der Gasproduktion in Europa.

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Umstrittene Ostseepipeline  

Erste Röhre von Nord Stream 2 ist betriebsbereit

Die Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Ostseepipeline Nord Stream 2 sind geschaffen. Die erste Röhre ist mit Gas befüllt worden. Nun sind alle Augen auf den zweiten Strang gerichtet.

Der erste Strang der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 ist nach Angaben der Betreiber betriebsbereit. Die Befüllung mit Gas sei abgeschlossen, teilte die Nord Stream 2 AG am Montag mit. Die erste Röhre sei mit etwa 177 Millionen Kubikmeter sogenanntem technischem Gas befüllt worden. Damit seien die Voraussetzungen geschaffen, "um den Gastransport zu einem späteren Zeitpunkt zu starten". Ein Datum nannte die Nord Stream 2 AG zunächst nicht.

Für den zweiten Strang laufen den Angaben zufolge die technischen Vorbereitungen. Zu einem späteren Zeitpunkt sollten Einzelheiten mitgeteilt werden, hieß es. Die Leitung ist zwar fertiggestellt, die Betriebsgenehmigung der deutschen Behörden steht aber aus.

Versorgung von 26 Millionen Haushalten

Durch die 1.230 Kilometer lange Pipeline von Russland nach Mecklenburg-Vorpommern, die zwei Stränge hat, sollen jährlich 55 Milliarden Kubikmeter Gas geliefert werden. Damit können nach Angaben der Betreibergesellschaft 26 Millionen Haushalte versorgt werden.

Russland macht Druck, dass Nord Stream 2 schnell in Betrieb geht und verweist dabei auf die hohen Preise für Erdgas. Russlands Präsident Wladimir Putin meinte in der vergangenen Woche in Moskau, die Lieferungen über diesen Weg würden zu einer Entspannung auf dem aufgeheizten Gasmarkt führen.

Kritiker sehen die Gefahr, Russland könne die Pipeline für geopolitische Zwecke missbrauchen, weil es sich so unabhängiger von der Ukraine als wichtiges Transitland mache.

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Dramatische Zahlen  

So groß ist die Belastung durch Heizkosten wirklich

Weil Gas- und Heizölkosten stark gestiegen sind, stehen deutsche Haushalte vor einem teuren Winter. Doch zwei Drittel planen eine Gegenmaßnahme: Die Wohnung soll kühler bleiben.

 

 

Die explodierenden Energiepreise zwingen die Deutschen zum Sparen: Zwei Drittel (67 Prozent) wollen in diesem Winter weniger heizen. Ein Großteil der Haushalte (71 Prozent) empfindet die hohen Preise für Heizöl und Gas zudem als finanzielle Belastung. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Vergleichsportals Verivox, die t-online vorab vorliegt.

Ein Drittel der Befragten (34 Prozent) gab demnach an, die Heizung leicht herunterregeln zu wollen. Jeder Fünfte (19 Prozent) will die Zimmertemperatur stärker absenken. Statt wohliger Heizungswärme sollen dann Pulli, Socken und Co. vor dem Frieren schützen.

13 Prozent planen, nur noch einzelne Räume zu beheizen. Eine kleine Gruppe (2 Prozent) will oder muss sogar noch drastischere Mittel ergreifen und die Heizung in diesem Winter komplett kalt lassen. 30 Prozent sagen, dass die hohen Energiekosten ihr Heizverhalten nicht beeinflussen – sie heizen wie sonst auch.

Deutsche verlangen Maßnahmen gegen hohe Preise

Die große Mehrheit der Deutschen (71 Prozent) belasten die gestiegenen Heizkosten. Für mehr als jeden Vierten (29 Prozent) ist die Belastung sogar so stark, dass an anderer Stelle Geld eingespart werden muss. Nur jedem Achten (12 Prozent) machen die hohen Heizkosten finanziell nichts aus. Weitere 14 Prozent der Befragten können die Mehrkosten noch nicht abschätzen.

Für rund 80 Prozent der Befragten ist klar: Das kann so nicht weiter gehen. Sie fordern Sofortmaßnahmen von der Bundesregierung, um die hohen Energiepreise zu deckeln. So wünscht sich etwa die Hälfte derer, die sich dafür aussprechen, eine vorübergehende Steuersenkung auf Gas und Heizöl. Knapp 40 Prozent befürworten, dass die Preise zeitweise gedeckelt werden.

Ein einmaliges Energiegeld für jeden Haushalt in Deutschland können sich 39 Prozent vorstellen. 47 Prozent würden einen Zuschuss zu den Heizkosten auf Haushalte mit geringem Einkommen begrenzen.

"Die deutsche Bundesregierung hat jüngst verkündet, dass sie derzeit keinen Handlungsbedarf für eine Energiepreisbegrenzung sieht. Die meisten Bundesbürger sind angesichts explodierender Heizkosten anderer Meinung und fordern eine Entlastung durch die Politik", sagt Thorsten Storck, Energieexperte bei Verivox.

Zur Methode: Für die Umfrage hat das Marktforschungsinstitut Innofact im Oktober 2021 deutschlandweit online 1.000 Personen im Alter von 18 bis 69 Jahren befragt. Sie ist bevölkerungsrepräsentativ in Bezug auf Alter, Geschlecht und Bundeslandzugehörigkeit.

Gaskosten deutlich gestiegen

Wie dramatisch die Lage ist, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Lagen die durchschnittlichen Gaskosten eines Musterhaushalts mit 20.000 Kilowattstunden vor zwölf Monaten noch bei 1.094 Euro pro Jahr, werden für die gleiche Menge aktuell 1.402 Euro fällig.

Das entspricht einem Plus von 28,2 Prozent. Allerdings drückte die Corona-Krise den Gaspreis vergangenes Jahr auch deutlich.

Zum Start der Heizsaison haben bereits 61 der 700 Gas-Grundversorger ihre Preise um durchschnittlich 11 Prozent erhöht. Für eine Musterfamilie in den von Erhöhungen betroffenen Grundversorgungsgebieten bedeutet das Mehrkosten von durchschnittlich 153 Euro im Jahr.

Verivox erwartet Welle von Gaspreiserhöhungen

Bei Heizöl sieht es noch schlechter aus: Kostete leichtes Heizöl im Oktober 2020 im Mittel 42,45 Euro pro Hektoliter, sind es zum Start in die Heizsaison 79,19 Euro. Das entspricht einem Kostenanstieg von 86,5 Prozent. Für einen Musterhaushalt (20 Hektoliter) bedeutet das jährliche Mehrkosten von 735 Euro.

"Der ungebremste Energiepreisanstieg geht im Oktober weiter und daran wird sich auch in den kommenden Wochen nichts ändern. Wir erwarten eine Welle von Gaspreiserhöhungen zahlreicher Versorger", sagt Storck.

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Nord Stream 2: Jetzt spielt Gazprom seine Macht aus

 

In Europa wird das Gas knapp und der russische Konzern kann sich freuen. An der Situation sind die EU-Staaten aber nicht unschuldig

Während die Gaspreise in Europa explodieren, richten sich die fragenden Blicke vieler europäischer Politikerinnen und Politiker nach Moskau. Erst am Mittwoch klagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der russische Exportmonopolist Gazprom reagiere nicht auf die gestiegene Nachfrage in der EU.

Kritiker des russischen Energiekonzerns werfen ihm gar unlautere Taktiken vor. Statt zusätzliches Gas nach Europa zu liefern, verzichte Gazprom auf Gewinne in Milliardenhöhe, nur um Druck für eine zügige Inbetriebnahme von Nord Stream 2 aufzubauen. Wie zum Beweis dieser These hat Gazprom im Oktober die Gaslieferungen über die gewohnten Routen durch die Ukraine und Polen um insgesamt 15 Prozent verringert.

Der russische Konzern kontert seinerseits, alle Verträge würden erfüllt, Exportlieferungen an Länder jenseits der ehemaligen UdSSR seien im laufenden Jahr insgesamt um 16,6 Prozent gestiegen. Allein nach Deutschland wurde demnach im Vergleich zu 2020 bislang rund 28 Prozent mehr Gas gepumpt. Die Kürzung der Lieferungen über die Ukraine hänge vor allem mit Gazproms neuer Südroute zusammen, über die nun Länder wie Ungarn und Kroatien versorgt werden.

Die Verantwortung für die europäische Energiekrise weist Moskau als absurd zurück. Tatsächlich wirkt Gazproms Exporttaktik der vergangenen Wochen und Monate bei näherer Betrachtung zumindest nicht unlogisch, wenn man berücksichtigt, wie die Preise in den Lieferverträgen zustande kommen. Und dabei spielt Europa eine wesentliche Rolle.

Gazprom hat kein Interesse an kurzfristigen Verkäufen

Im vergangenen Jahrzehnt haben die EU und Gazproms europäische Kunden darauf gepocht, dass die langfristigen Lieferverträge des Konzerns und die darin enthaltenen Preisformeln zunehmend an Spotmärkte und Börsenpreise gebunden werden. Über den Spotmarkt lässt sich Energie kurzfristig, wenn auch meist teuer, beschaffen. Das ist etwa dann von Vorteil, wenn der Bedarf unerwartet steigt. In gleich mehreren Gerichtsverfahren wurde Gazprom dazu verdonnert, alte Verträge zu ändern und rückwirkend Strafen für zu hohe Preisforderungen zu zahlen.

Das Ergebnis: Der Anteil der Volumen in den Verträgen, die preislich an die europäischen Börsen gebunden sind, stieg nach Gazprom-Angaben seit 2010 von 15 auf zuletzt 87 Prozent. Für gewöhnlich werden langfristige Vertragspreise aber mit einer Verschiebung von mehreren Monaten an die Börsenpreise angepasst.

Das bedeutet, dass Gazprom derzeit kein allzu großes Interesse an zusätzlichen Spotverkäufen hat. Statt der kurzfristigen Verkaufserlöse würden mittelfristig stabil hohe Börsenpreise dem Konzern deutlich mehr Geld bringen. Allein in den ersten neun Monaten ist die Gazprom-Prognose für den durchschnittlichen Exportpreis für Europa im laufenden Jahr von ursprünglich 170 auf 330 US-Dollar pro 1.000 Kubikmeter gestiegen. Der tatsächliche Wert dürfte am Ende des Jahres durch die zeitversetzte Anpassung der Preise noch weitaus höher liegen.

Igor Juschkow, Experte der Moskauer Stiftung für nationale Energiesicherheit, beschreibt die mutmaßliche Motivation des Konzerns gegenüber ZEIT ONLINE folgendermaßen: "Warum sollten wir zusätzliche Anstrengungen unternehmen und mehr Gas fördern, nur um durch zusätzliche Spotverkäufe den Exportpreis für unseren gesamten Export zu senken?" Zudem sei völlig unklar, wie viel Gas europäische Abnehmer zu den aktuellen Börsenpreisen kaufen könnten. "Alle fragen, warum Gazprom nicht mehr liefert. Aber keiner denkt darüber nach, wie viel denn die Europäer zu diesen hohen Preisen kaufen wollen."

Tatsächlich hat Gazprom in den vergangenen Jahren Gas über die Spotmärkte verkauft, um vor allem seinen Marktanteil in Europa zu behaupten. Also immer dann, wenn die Preise niedrig waren und Konkurrenz aus dem LNG-Sektor und von anderen Anbietern drohte. Das ist jetzt nicht der Fall. Trotzdem ist das Gasdefizit in Europa nach Einschätzung russischer Experten der Moskauer Higher School of Economics mit etwa 10 bis 15 Milliarden Kubikmeter nicht sehr groß, das sind gut fünf bis sechs Prozent von Gazproms europäischem Exportvolumen. Kleinere zusätzliche Mengen könnten deshalb schon zu einem deutlichen Preisverfall an den Börsen führen und Gazproms Exporteinnahmen insgesamt verhageln. Erst vor wenigen Wochen hatten Präsident Putin und der für Energiefragen zuständige Vizepremier Alexander Nowak den jüngsten Gastrend als "spekulativ", also vor allem durch Investoren und Trader getrieben, bezeichnet.

An dieser für Gazprom derzeit günstigen Situation ist Europa nicht unschuldig, sagt etwa Sergej Kapitonow, Energieexperte an der privaten Moscow School of Management in Skolkowo. "Hätten die Europäer die alte Ölpreisbindung aus den Nullerjahren behalten, wären die Preise jetzt bei etwa 250 Euro oder niedriger", rechnet Kapitonow vor. Aktuell liege der Preis auf den europäischen Spotmärkten bei etwa 900 Euro pro 1.000 Kubikmeter Gas. Das seien eben die Kosten der Liberalisierung des Gasmarktes, sagt Kapitonow: "Sie macht Preisschocks möglich und die zusätzlichen Kosten in diesem Jahr kompensieren die Einsparungen im vergangenen Jahr, als die Preise in den europäischen Hubs teilweise unter den Preisen innerhalb Russlands lagen." In guten Zeiten habe Europa Gazprom Zugeständnisse abgerungen – und rufe jetzt in der Krise nach höheren Liefermengen.

Für Gazprom zählt nicht nur der Preis

Aus dieser Lage heraus versucht nun der russische Gasriese seine Marktmacht wirken zu lassen. Der Preis ist längst nicht alles, was für Gazprom zählt. Auch wenn die Konjunktur für den Konzern gerade günstig ist: Eigentlich waren die Liberalisierung des europäischen Gasmarktes und die Umleitung des Gashandels an die Börsen Moskau und Gazprom schon immer ein Dorn im Auge. "Aus Sicht der russischen Führung führt eben diese Liberalisierung und der Börsenhandel zu unerwünschter Volatilität", sagt etwa Experte Juschkow. Nicht umsonst hat Russland ganz offiziell neue Lieferungen in Form von zusätzlichen langfristigen Verträgen angeboten.

Für einen Hersteller wie Gazprom ließen sich Investitionen in zusätzliche Liefermengen durch langfristige Verträge viel besser planen und würden entsprechende Sicherheit über den Absatz geben. Als löbliches Beispiel gilt für die russische Seite seit Kurzem etwa Ungarn, das erst Ende September zwei langfristige Verträge mit 15 Jahren Laufzeit unterschrieb. Besonders wichtig für Russland ist auch der Umstand, dass das Gas dabei nicht über die Ukraine fließt, sondern über die von der Gazprom eigens betriebene Pipeline Turkish Stream.

Wenn Gazprom überhaupt zusätzliches Gas nach Europa schicken möchte, dann wird man das möglichst nicht über das Nachbarland tun, das sich politisch nach Westen orientiert. Zum einen will Russland damit der Ukraine keine zusätzlichen Einnahmen bescheren. Zum anderen seien für Gazprom Pipelines wie Nord Stream und potenziell auch Nord Stream 2 einfach günstiger, weil die Durchleitungsgebühren im Unternehmen bleiben und nur die reinen Transportkosten anfallen, sagt Juschkow: "Natürlich will Gazprom Europa auch signalisieren, dass zusätzliche Gaslieferungen auch ein Entgegenkommen seitens der Europäer bei der Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und der zügigen Zertifizierung bedürfen." Neben politischen Gründen und der Umgehung der Ukraine habe dies auch wirtschaftliche Gründe. "Wenn wir mehr Gas liefern und die Preise senken, so wollen wir zumindest Geld bei den Transitgebühren in der Ukraine und Polen sparen", erklärt Juschkow Gazproms Rechnung.

Inwieweit Gazprom mit seiner Strategie erfolgreich sein wird, ist jedoch fraglich. Erst Anfang dieser Woche klagte der russische EU-Botschafter Wladimir Tschizhow, dass die Europäer neuen langfristigen Gasverträgen mit Gazprom weiter ablehnend gegenüberstehen. Zudem riskiert das Unternehmen, die Reste seines Ansehens als wichtigster Gaslieferant der EU zu verspielen. "Die Gefahr aus russischer Sicht ist, dass die hohen Kosten die Europäer dazu treiben, noch schneller auf Gas zugunsten grüner Energie zu verzichten", sagt Skolkowo-Experte Kapitonow. Zumal die Europäer den russischen Gaskonzern nicht nur unter Druck gesetzt hätten. "Trotz der Ukraine-Krise 2014 konnte Gazprom jährlich bis zu 40 Milliarden US-Dollar in Europa einnehmen und seine Pipelines zu Ende bauen". Eine Stabilisierung der Gasmärkte in Europa müsste deshalb letzten Endes auch in Gazproms Interesse sein.

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EU-Energieminister beraten über starken Preisanstieg

 

In vielen EU-Staaten werden die gestiegenen Kosten für Öl, Gas und Strom langsam, aber sicher zum Problem. Die zuständigen Minister erörtern bei einem Sondertreffen mögliche Gegenmaßnahmen.

Wie können extreme Schwankungen bei den Energiepreisen langfristig verhindert werden? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigen sich die Energieminister der Europäischen Union bei ihrem Sondertreffen in Luxemburg. Die EU-Kommission hatte vor zwei Wochen einen Werkzeugkasten mit Maßnahmen vorgelegt, die von den einzelnen Staaten gegen die hohen Preise eingesetzt werden können - beispielsweise Steuersenkungen oder Subventionen für kleinere Unternehmen.

Eine Ländergruppe um Frankreich, Spanien und Griechenland will allerdings mehr. Sie fordert zusätzliche, tiefgreifende Maßnahmen auf EU-Ebene, um auch in Zukunft hohe Preise zu vermeiden. So könnte beispielsweise der Großhandelsmarkt für Strom reformiert werden. Erdgas könnte gemeinsam gekauft und gespeichert werden.

Keine Eingriffe in die internen Märkte

Dem gegenüber steht eine andere Gruppe, die auf marktwirtschaftliche Lösungen pocht. Deutschland und acht andere Länder sprachen sich am Montag gegen Reformen der Energiemärkte aus. In einem Positionspapier, das unter anderem auch von Österreich und den Niederlanden unterzeichnet wurde, heißt es: "Wir können keine Maßnahmen unterstützen, die mit den internen Gas- und Strommärkten in Widerspruch stehen, zum Beispiel eine Ad-hoc-Reform des Großhandelsmarktes für Strom".

Polen und Ungarn wiederum machen Maßnahmen des EU-Klimapakets wie den Handel mit Kohlenstoffdioxid (CO2) für den Preisanstieg mitverantwortlich. Im EU-Emissionshandelssystem müssen etwa Stromanbieter für den Ausstoß von Treibhausgasen wie CO2 zahlen. Mehrere Länder - darunter Deutschland - betonen jedoch, dass die Klimamaßnahmen die Lösung für die hohen Energiepreise sind, und nicht deren Ursprung.

Die Positionen der Staaten liegen also weit auseinander - auch weil sie von den rasch steigenden Preisen unterschiedlich stark betroffen sind. Es ist daher nach Ansicht von Beobachtern unwahrscheinlich, dass bei dem Treffen in Luxemburg schon jetzt Einigungen erzielt werden. Stattdessen dürfte das Thema auf dem nächsten Gipfel Mitte Dezember erneut die Staats- und Regierungschefs beschäftigen

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Explodierende Energiekosten: Diese Energie-Versorger erhöhen die Gas-Preise um mehr als 100 Prozent

 

Die Kosten für Strom und Gas steigen massiv. Nun haben rund 100 Versorgungsunternehmen in Deutschland angekündigt, die Preissteigerung an die Kunden weiterzugeben. Einige Firmen verdoppeln ihre Preise.

Die Gaspreise in Deutschland liegen auf einem Rekordniveau. Ein durchschnittlicher Haushalt, der rund 20.000 kWh verbraucht, musste dafür im Oktober 1532 Euro hinlegen. Einen Monat zuvor lagen die Kosten noch bei 1423 Euro. Das entspricht einem Plus von acht Prozent.

Die steigenden Preise geben die Versorger an ihre Kunden weiter. So berichtet das Vergleichsportal Check24, dass 98 Versorgungsunternehmen die Preise erhöht oder aber Preiserhöhungen angekündigt haben. Einige Versorger verdoppeln sogar die Preise. Im Durchschnitt müssen Verbraucher ein Preisplus von 17,3 Prozent hinnehmen. In Euro ausgedrückt bedeutet dies für den Durchschnittshaushalt Mehrkosten in Höhe von 263 Euro. Betroffen seien rund 560.000 Haushalte in Deutschland, so das Vergleichsportal.

Hintergrund der enormen Preissteigerungen: Der Großhandelspreis für Gas liegt auf einem Allzeithoch und ist zum bisherigen Rekordwert im September weiter gestiegen. Im Oktober werden dort 63,26 Euro pro MWh fällig. Im Oktober 2020 kostete die Megawattstunde nur 11,20 Euro. Das entspricht einer Preissteigerung von enormen 465 Prozent. Einer der Gründe sind die derzeit leeren Gasspeicher in der EU, während zeitgleich die Nachfrage nach Gas mit Blick auf den Winter anzieht. Auch die Erhöhung der CO2-Abgabe von 25 auf 30 Euro pro Tonne seit dem 1. Januar 2021 verteuert Energie.

Diese Versorger erhöhen die Preise

Besonders die Versorger "Erdgasversorgung Schwalmtal GmbH & Co. KG" und "Stadtwerke Barmstedt Xtra GmbH" verteuern ihre Grund- und Allgemein Tarife enorm. Mit einem Plus von mehr als 128 Prozent müssen Verbraucher tief in die Tasche greifen. Die "Stadtwerke Löbau GmbH" verlangt rund 113 Prozent mehr.

Nicht nur Gas ist deutlich teurer geworden. Auch beim Heizöl gab es ein Preisplus von bis zu 127 Prozent, so das Vergleichsportal. Dennoch rät Check24 beim Heizöl jetzt zu kaufen, das Ende der Preissteigerung sei offenbar noch nicht erreicht.

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Der Ausbau der Windenergie geht weiter: Mit einem dritten Offshore-Windpark will das Energieunternehmen Iberdrola sein Windpark-Cluster in der Ostsee erweitern.

Das Projekt mit dem Namen «Windanker» soll 2026 mit einer Kapazität von 300 Megawatt ans Netz gehen, wie das Unternehmen am Freitag mitteilte. Die Investitionen werden auf 800 Millionen Euro beziffert. Gleichzeitig formuliert die Branche Wünsche an die neue Bundesregierung.

«Windanker» sei der erste Windpark in der deutschen Ostsee, der ohne staatliche Förderung realisiert werden soll, erklärte Iberdrola. Damit wird der Strom nicht zu einer vorher festgelegten Marktprämie vergütet. Stattdessen sollen große Teile der Leistung über langfristige Verträge mit Abnehmern vermarktet werden.

Da die Ostsee für den Bau von Offshore-Windparks mitunter anspruchsvoller als die Nordsee sei, etwa mit Blick auf den Untergrund, sei die Umsetzung zu Marktbedingungen eine Herausforderung, erklärte die Iberdrola-Deutschland-Chefin Iris Stempfle. Man könne aber unter anderem auf bestehende Erfahrungen in der Ostsee zurückgreifen und Synergien mit anderen dortigen Windparks nutzen.

«Windanker» soll Teil einer Gruppe von dann insgesamt drei Windparks von Iberdrola vor der Insel Rügen werden, von denen einer bereits in Betrieb und einer in Bau ist. Dieser «Baltic Hub» soll nach einer Gesamtinvestition von 3,5 Milliarden Euro bis 2026 über eine Kapazität von 1,1 Gigawatt verfügen.

Stempfle hofft nach eigener Aussage auf mehr Dynamik beim Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland. «Wir setzen große Hoffnung in die neue Bundesregierung.» Dabei gehe es beispielsweise um die Zuweisung von Flächen und den Artenschutz. «Wir müssen unser Mögliches tun, um den Schutz heimischer Arten zu gewährleisten und zugleich als Gesellschaft ambitionierter denken, wenn wir die Energiewende schaffen möchten.»

Zudem wünsche sie sich von den Regierenden, «Spielregeln während des Spiels nicht zu ändern». Sie verwies auf die zwischenzeitliche Reduzierung der Ausbauziele durch die Bundesregierung. Diese waren 2014 wegen des zunächst hohen Subventionsbedarfs und entsprechenden Steigerungen des Strompreises gesenkt worden. In der Folge sei es zu der in der Branche als «Fadenriss» bekannten Unterbrechung des Ausbaus gekommen.

Dieser Fadenriss hat nach Aussage von Andreas Mummert, Leiter Politik der Stiftung Offshore Windenergie, auch zum Verlust von Unternehmen und Arbeitsplätzen geführt. Die Ausbauziele sind mittlerweile wieder angehoben worden und liegen derzeit bei 20 Gigawatt bis 2030 und 40 Gigawatt bis 2040. Auch das reicht laut Mummert allerdings nicht. Studien zeigten, dass Deutschland bis 2045 mindestens 70 Gigawatt brauche, um seine Klimaziele zu erreichen. Am Netz seien in Nord- und Ostsee derzeit 7,76 Gigawatt.

Auch Mummert blickt optimistisch auf die künftige Bundesregierung: Im Bundestag habe man die stärkste Unterstützung für Offshore bei den Grünen und der SPD verzeichnet. «Insofern blicken wir optimistisch auf eine mögliche Ampel-Konstellation.» Auch der Wahlsieg der SPD in Mecklenburg-Vorpommern sei aus Offshore-Branchensicht sehr zu begrüßen gewesen. «Mit Frau Schwesigs Regierung und den entsprechenden Ministerien gibt es einen sehr guten Austausch.»

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) wertete Windparks auf See als Chance für das Bundesland. «Schon durch den Bau und den Betrieb des Windparks entstehen weitere Arbeitsplätze», wurde sie am Freitag von Iberdrola zitiert. «Wir brauchen weitere

Windparks auf See, damit die Energiewende gelingt.»

Mit Blick auf den Netzausbau sagte Stempfle: «Das ist leider ein absoluter Flaschenhals, dass die anlandende Energie nicht abtransportiert werden kann.» Betreiber hätten großen lokalen Widerstand, die Genehmigungsverfahren dauerten endlos lange und seien sehr teuer. «Diese Herausforderung müssen wir so schnell wie möglich lösen.»

Als Markt stehe Deutschland im Wettbewerb mit anderen Ländern. «Das heißt, die jeweiligen Marktbedingungen entscheiden am Ende auch, inwieweit wir uns in den jeweiligen Ländern engagieren.» Der neue Windpark zeige, dass Deutschland für Iberdrola einer der strategischen Märkte sei. Man wolle sich in der Ostseeregion langfristig engagieren. «Inwieweit wir die Nordsee genauer unter die Lupe nehmen, wird sich kurzfristig entscheiden.»

Laut Mummert müsse in der neuen Legislaturperiode die Frage nach einem neuen Förderregime geklärt werden. Das sei breiter politischer Konsens. Diskutiert würden etwa Modelle, nach denen Erzeugern die Differenz gezahlt werde, wenn der Strompreis unter einen bestimmten Betrag fällt. Umgekehrt müssten sie selbst zahlen, wenn der Strompreis einen bestimmten Betrag überschreitet. Die Überlegungen hingen auch von den Erwartungen hinsichtlich der Strompreisentwicklung ab. Stempfle sagte mit Blick auf die anstehenden Entscheidungen zum Marktdesign: «Da ist noch Musik drin in den kommenden Monaten.»

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Gazprom: Auffüllung europäischer Gasspeicher hat begonnen

 

Der russische Energieriese Gazprom hat eigenen Angaben zufolge mit der angekündigten Auffüllung europäischer Gasspeicher begonnen.

Das Unternehmen habe einen entsprechenden Plan zur Einspeisung von Gas in fünf unterirdische Anlagen im November gebilligt, heißt es in einer Mitteilung vom Dienstag. Mit der Umsetzung des Plans sei bereits begonnen worden.

Angesichts der aktuellen Energiekrise in Europa hatte Russlands Präsident Wladimir Putin den Staatskonzern Ende Oktober angewiesen, die Lieferungen nach Deutschland und Österreich zu erhöhen. Gazprom-Chef Alexej Miller erklärte damals, dass dies nach dem 8. November möglich sei - sobald die russischen Speicher aufgefüllt seien.

Kritiker haben Gazprom in den vergangenen Wochen mehrfach vorgeworfen, nicht auf die erhöhte europäische Nachfrage reagiert zu haben. Vermutet wurde, dass die russische Seite so eine rasche Inbetriebnahme der umstrittenen Ostseepipeline Nord Stream 2 erzwingen wollte. Moskau wies solche Anschuldigungen zurück. Russland wirft vielmehr der EU vor, es nach dem letzten kalten Winter versäumt zu haben, ihre Gasspeicher rechtzeitig wieder aufzufüllen.

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