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Friedrich Merz ist sich nicht sicher, ob diese aufrechterhalten werden können. Dennoch lobt er das Zusammenspiel zwischen Bund und Ländern. Und er erklärt, dass der Weg aus der Krise für die Unternehmen wohl nicht so leicht wird.

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Wären Sie aktuell Ministerpräsident eines Bundeslandes – welche Maßnahme zum Weg in die Normalität würden Sie sofort ergreifen?

Friedrich Merz: Wie alle Bürgerinnen und Bürger wünsche auch ich mir eine Rückkehr der Normalität. Aber die Corona-Maßnahmen müssen so lange eingehalten werden, bis die Infektionskurve abflacht, damit das Gesundheitssystem nicht überfordert wird. Danach geht es Schritt für Schritt um die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft. Ein bundeseinheitliches Vorgehen ist dabei sicher hilfreich, Alleingänge einzelner Bundesländer eher nicht.

Sind die Einigungen, die von Merkel heute mit den Ministerpräsidenten erzielt wurden, ausreichend?

Wir sollten berücksichtigen, dass es so eine Situation in Deutschland zu unseren Lebzeiten noch nie gegeben hat. Gemessen daran funktioniert das Zusammenspiel aus Bund und Ländern doch ganz gut. Und dass es in einer Demokratie auch Diskussionen um den richtigen Weg gibt, empfinde ich nicht als problematisch. Ich teile die Einschätzung, dass Lockerungen lieber nicht zu früh vorgenommen werden sollten.

Sind diese ersten Lockerungen denn richtig? 

 

Ob sie in dieser Form wirklich zielgenau sind, werden wir erst in der Rückschau beurteilen können  es wäre sogar denkbar, dass manche Lockerungen wieder zurückgenommen werden müssen, falls die Infektionszahlen erneut ansteigen. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten können eben auch nur von Tag zu Tag entscheiden. Aktuell wäre deshalb kleinkarierte Kritik fehl am Platz. Jetzt ist Gemeinsamkeit gefragt und kein Streit.

Ist es gut, dass die Schulen bis zum 4. Mai geschlossen bleiben sollen?

Das hängt sicher auch von der unterschiedlichen Situation in den einzelnen Bundesländern ab. Das müssen die Länder in eigener Verantwortung entscheiden.

Wann sollte die deutsche Wirtschaft wieder vollständig hochgefahren werden? 

Die Infektionsgefahr ist nicht über Nacht gebannt, und auch viele Unternehmen kann man nicht einfach am Tag X wieder einschalten wie eine Wohnzimmerlampe. Mit gewissen Einschränkungen werden wir also noch eine ganze Weile leben müssen. Zugleich ist es aber wichtig, in möglichst vielen Betrieben so schnell wie möglich wieder normal zu arbeiten.

Wie soll das aussehen?

Wir müssen einen klugen Mix aus verschiedenen Maßnahmen finden, um die Wirtschaft wieder zum Laufen zu bringen. Im Vordergrund muss dabeistehen, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze zu erhalten. Das wird eine Aufgabe sein, die weit über das Jahr 2020 hinausreicht.

Wie groß werden Ihrer Ansicht nach die langfristigen Auswirkungen der wirtschaftlichen Lage in den USA aufgrund der Corona-Krise sein? 

Wir stehen am Beginn einer Rezession, die die einzelnen Wirtschaftsräume unterschiedlich treffen wird. Amerika erholt sich erfahrungsgemäß schneller als viele andere Länder auf der Welt. Mich besorgt am meisten der Zustand der Europäischen Union.

Und für Deutschland bedeutet das...

...dass wir nie allein auf unsere Probleme schauen. Europa muss es insgesamt schaffen, diese Krise zu überwinden.

Sie haben bereits erklärt, dass über die neue CDU-Spitze erst entschieden werden kann, wenn Deutschland „aus dem Gröbsten heraus“ ist. Wann wird das etwa sein?

Bis zum kompletten Normalzustand wird es wohl noch eine ganze Zeit dauern. Ich teile deshalb die Einschätzung der Parteivorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer, dass es wohl keinen Sonderparteitag mehr gibt und ich gehe davon aus, dass die gesamte Führung der CDU auf dem regulären Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart gewählt wird.

 

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Zum Glück sind die Umfagewerte von Mutti, Laschet und Co. wieder gefallen.

Alles nur Machtspiele.

Seehofer schlägt Mutti für eine 5. Amtszeit vor - um sich selbst ein Hintertürchen zum weitermachen zu öffnen.

Laschet spielt sich als Macher in der Krise auf. (Komisch nur, dass man die letzten 14 Jahre unter Mutti kaum etwas von Ihm hörte.) Da geht leider sukzessive immer mehr in die Hose. - Der kann nicht Kanzler

Span ist überfordert und fehlt die Erfahrung zum Kanzler.

Söder hat den Größenwahn, nach einigen Monaten Ministerpräsident von Bayern zu sein, möchte er gleich Kanzler werden. Dazu fehlt noch viel.

Für mich ist immer noch Friedrich Merz der beste Kandidat!

 

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Die Abgesänge auf Friedrich Merz, den Kandidaten für den CDU-Parteivorsitz, kommen zu früh. Politiker mit seiner Kompetenz werden in den kommenden Jahren gebraucht.

Gesucht wird ein Sanierer. Der Mann soll die Firmenfinanzen in Ordnung bringen, das Unternehmen wieder auf einen soliden Wachstumskurs steuern. Die Kosten müssen zurückgefahren werden, das Geschäftsmodell braucht eine Generalüberholung.

Die Stellenbeschreibung ist die des Kanzlerkandidaten der CDU/CSU. Das Unternehmen ist die Bundesrepublik Deutschland. Das Problem: Es gibt im konservativen Lager im Augenblick nur einen Mann mit diesem Profil. Das ist Friedrich Merz. Doch der sackt in den Umfragen von Woche zu Woche weiter ins Abseits. Gute Aussichten, für den Spitzenjob angeheuert zu werden, hat er nicht.

Es ist die Tragik des 64-jährigen Sauerländers, dass er entweder in der Partei beliebt ist, aber nicht gebraucht wird – oder umgekehrt. Seine Anläufe zur Spitze stoppten bisher abrupt an der vorletzten Stufe. Es spricht einiges dafür, dass es diesmal wieder so kommen wird. Das wäre wirklich schade. Denn diesmal wird einer wie er gebraucht.

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CDU braucht Finanzpolitiker

Im kommenden Jahr wird die Partei Politiker dringend benötigen, die Steuern und Finanzen können. Die einen klaren Kompass für die wirtschaftspolitischen Entscheidungen der Zukunft haben. Die verstehen, wie gefährlich die Lage der deutschen Industrie ist. Denn die müsste dringend in klimafreundliche Technologien investieren, doch in der Krise fehlt ihr das Geld dazu.

Die anderen CDU-Kandidaten für die Parteispitze und das Kanzleramt haben wirtschafts- und finanzpolitisch nicht viel zu bieten. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet ist ein oft unterschätzter Sozialpolitiker, dessen politische Verdienste in der Flüchtlings- und Migrationspolitik liegen. Der Außenpolitiker Norbert Röttgen war zwar einmal Umweltminister, doch für Ökonomie und Staatsfinanzen hat er nicht viel übrig. Er profiliert sich lieber im Transatlantischen, als sich in den Niederungen der Milliardenschulden abzuplagen.

Bisher war das alles kein Problem. Vor der Corona-Krise ging es in der Union vor allem um zwei Fragen: Welcher der Bewerber kann am besten mit den Grünen? Wer hält die Nationalkonservativen davon ab, dauerhaft zur AfD zu wechseln?

Beide Fragen sind zwar wichtig, werden aber im kommenden Jahr nicht die Hauptrolle spielen. Denn 2021 wird der größte Teil des Konjunkturpakets auslaufen. In den kommenden fünf Jahren muss die Rentenkasse saniert werden, damit die Sozialabgaben nicht aus dem Ruder laufen. Die neue Bundesregierung muss ein überzeugendes Konzept entwickeln, wie sie die Staatsverschuldung zurückfährt. Sie wird das Steuersystem umbauen müssen.

Noch nicht zu früh von Merz verabschieden

Auch bei den anderen potenziellen Partnern der CDU sind Finanzpolitiker dünn gesät. Allenfalls dem Europapolitiker Sven Giegold von den Grünen und dem rheinland-pfälzischen Wirtschaftsminister Volker Wissing von der FDP wird das Fach zugetraut. Beide aber müssten sich erst einmal an einer ganzen Reihe innerparteiischer Prominenz vorbeischieben, bevor sie einen der begehrten Ministerposten bekommen könnten. Und ob sie dann tatsächlich die Staatsfinanzen auf Konsolidierungskurs steuern wollen, ist zumindest im Fall der Grünen mehr als zweifelhaft.

Es gäbe gute Gründe, auf Friedrich Merz als Chef oder Mitglied einer künftigen Bundesregierung zu setzen. Von einfachen und populistischen Vorschlägen wie der Bierdeckel-Steuerreform hat er sich schon lange verabschiedet. Neuerdings kommt ihm so etwas Ähnliches wie Lob für die Krisenstrategie der derzeitigen Bundesregierung über die Lippen.

Wer diesen Mann in diesem Sommer schon vom politischen Tableau streicht, ist womöglich zu früh dran. Denn auch wenn er nicht Parteivorsitzender und Kanzler werden sollte – die Zeiten werden hart genug, um einen guten Finanzminister zu brauchen.

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INTERVIEW Friedrich Merz über USA  

"Wir sind doch nicht die Befehlsempfänger der Amerikaner"

 

 

Friedrich Merz: "Der Libanon stand ja schon vor dem schrecklichen Unglück in Beirut am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs."

Eine Explosion hat Beirut verwüstet, der CDU-Politiker Friedrich Merz fürchtet um die Folgen: Die Weltpolitik wird in Zeiten von Corona und Donald Trump immer prekärer. Was Europa nun tun sollte, erklärt er im t-online.de-Gespräch. 

Der Libanon ist ein labiles Land, nun liegen auch noch weite Teile der Hauptstadt Beirut in Trümmern. Die Explosionskatastrophe ereignete sich in einer Zeit, in der sich die USA aus dem Nahen Osten zurückziehen. Und nicht nur von dort: Auch aus Deutschland werden US-Truppen abgezogen. Friedrich Merz, Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, sieht die Entwicklung mit Sorge.

Merz weiß wovon er spricht, er war Chef des einflussreichen Vereins "Atlantik-Brücke", der den Austausch zwischen den USA und Deutschland pflegt - was Merz allerdings nicht von scharfer Kritik an den Vereinigten Staaten abhält: Dort seien "viele bisherige Selbstverständlichkeiten ins Wanken" geraten. Welche Probleme er in den USA sieht und wie er die Herausforderung aus China bewertet, erklärt er hier im Interview.

Herr Merz, nach einer Explosion im Hafen von Beirut sind mindestens 140 Menschen gestorben, 4.000 weitere sind verletzt. Wird das Unglück in der Region für weitere Instabilität sorgen?

Friedrich Merz: Ja, das steht leider zu befürchten. Gerade der Libanon stand ja schon vor dem schrecklichen Unglück in Beirut am Rande des wirtschaftlichen Zusammenbruchs.

Muss sich Deutschland in der Region jetzt stärker engagieren? 

Deutschland sollte sich im Rahmen der Ratspräsidentschaft für gemeinsame europäische Antworten auf die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts einsetzen. Dazu gehört auch eine koordinierte Nahostpolitik.

Die USA ziehen sich aus dem Nahen Osten immer weiter zurück, in drei Monaten stehen die Präsidentschaftswahlen an. Die Corona-Pandemie und die Polarisierung der Gesellschaft haben das Land in eine tiefe Krise gestürzt, die Präsident Trump auch noch verschärft. Stimmen Sie dieser Einschätzung zu?

Die amerikanische Gesellschaft ist so tief gespalten wie lange nicht mehr – und das auch noch kurz vor einer sehr wichtigen Wahl. Da sind Demonstranten unterwegs, die jeden Abend durch die Straßen ziehen und buchstäblich zündeln. Zugleich werden die politischen Positionen auf beiden Seiten immer extremer. Diese Polarisierung bereitet der ganzen westlichen Welt zu Recht erhebliche Sorgen.

Wo sehen Sie die Gründe? 

Die Entwicklung hat sich in den USA über Jahre aufgestaut. Man kann das schon seit längerer Zeit auch an den Universitäten beobachten. Selbst in Harvard wurden in den vergangenen Jahren bestimmte Teile der Geschichte tabuisiert oder nicht mehr so intensiv behandelt. Lehrbücher und historische Dokumente werden mit Triggerwarnungen versehen oder ganz ausgelistet, damit sich ja niemand beleidigt oder belästigt fühlt. Bei den Studenten geben inzwischen radikale Minderheiten den Ton an, und diese Stimmung überträgt sich auf die ganze Gesellschaft.

Merz: "Eine sachliche Debatte findet praktisch gar nicht mehr statt."

Was meinen Sie?

Identitäre Bewegungen und Cancel Culture bekommen immer größeren Einfluss auf das öffentliche Meinungsklima. Da versuchen kleine, aber laute Gruppen, der Mehrheit Sprech- und Denkverbote aufzuerlegen. Wer widerspricht, wird öffentlich diffamiert oder beim Arbeitgeber angeschwärzt, da werden ganze Existenzen vernichtet. Eine sachliche Debatte findet praktisch gar nicht mehr statt. Und der Präsident befeuert diesen öffentlichen Streit noch mit seiner Rhetorik statt wenigstens den Versuch zu unternehmen, das Land zu einen. Es wird lange dauern, bis die amerikanische Gesellschaft einen neuen common sense gefunden hat. Und leider bemerken wir ähnliche Tendenzen auch hierzulande.

In Harvard studiert die Elite. Was ist mit den normalen Bürgern, die auf einem normalen College studieren? Auch dort ist die Spaltung ja offensichtlich. 

Für viele normale Menschen in den USA geraten schon seit längerem viele bisherige Selbstverständlichkeiten ins Wanken. Die Corona-Krise verschärft diese Entwicklung nun noch: Plötzlich schwächelt die Wirtschaft, und gerade für die Mittelschicht ist der alte amerikanische Traum geplatzt, dass man nur eine gute Ausbildung braucht, und dann steht die Welt offen. Das verunsichert gerade diesen Teil der Gesellschaft, der bisher immer für eine große gesellschaftliche Binnenstabilität stand.

Ist die US-amerikanische Gesellschaft kaputt?

Das Land ist zumindest in einer sehr schwierigen Lage. Es hat sich sehr verändert, und zwar nicht erst seit Trump. Trump ist eher der vorläufige Höhepunkt einer längeren Entwicklung, die sich schon sehr unter Obama abzeichnete.

Welche Folgen ergeben sich daraus für die Rolle der USA in der Welt? 

Die USA sind nicht mehr willens und auch nicht mehr in der Lage, die Rolle einer Weltordnungsmacht zu übernehmen. Die Bundeskanzlerin hat dies nach ihrer ersten Begegnung mit Trump ja schon vor drei Jahren gesehen und mit ihrem Satz "Wir müssen als Europäer unser Schicksal jetzt ein Stück weit selbst in die Hand nehmen" die Konsequenzen aufgezeigt. Wir müssen als Europäer tatsächlich selbst mehr Verantwortung übernehmen, auch für unsere eigene Sicherheit. Die amerikanische Truppenpräsenz in Deutschland wurde in den vergangenen drei Jahrzehnten bereits um über 80 Prozent reduziert, jetzt kommt möglicherweise noch einmal ein weiterer signifikanter Truppenabzug hinzu. Das verändert die gesamte Statik unserer Sicherheit.

Friedrich Merz im Interview mit t-online.de: "Das verändert die gesamte Statik unserer Sicherheit."

Stimmen Sie zu, dass das ein schwerer Schlag für die Nato ist? 

Dieser Truppenabzug dient jedenfalls niemandem und schadet allen. Wir müssen uns doch jetzt die Frage stellen: Woher kommen heute die Gefahren für unsere Sicherheit und für unsere Freiheit?

Sagen Sie es uns. 

Gefahren drohen nicht mehr allein für unsere territoriale Integrität, noch mehr sind unsere Datennetze und unsere digitale Infrastruktur bedroht. Wir erleben Hackerangriffe auf die Bundesregierung, auf den Bundestag, auf Unternehmen, auf Krankenhäuser. Es ist so gut wie sicher, dass russische und chinesische Geheimdienste dahinterstecken. Wir sind in unserem Alltag davon betroffen, zum Beispiel mit Hackerangriffen auf bestimmte Apps und Navigationssysteme. Schauen Sie den jüngsten Vorfall an bei Garmin. Garmin ist eine Firma, die in der Navigationstechnik arbeitet und Marktführer bei Fitnessarmbändern ist, ich benutze selbst eines. Vor kurzem wollte ich laufen gehen – und schauen Sie mal, was auf meinem Handy seit Tagen zu lesen ist!

Handy von Friedrich Merz mit geöffneter Fitness-App: "Es werden Wartungsarbeiten durchgeführt."

Lassen Sie mal sehen: "Es werden Wartungsarbeiten durchgeführt, versuchen Sie es später erneut."

Von wegen Wartungsarbeiten. Das System ist gehackt worden und steht jetzt weltweit still. Möglicherweise ist es einfach nur kriminelle Erpressung. Aber dieser Vorfall zeigt, wie weit solche Angriffe führen können. Jetzt sind es nur Sportuhren. Aber was ist mit den Navigationssystemen, die wir alle jeden Tag benutzen? Und die die Seefahrt genauso benötigt wie die Luftfahrt. Die Vernetzung aller Unternehmen, Maschinen und Datensysteme schafft enorme Möglichkeiten, birgt aber auch große Risiken.

Welche geopolitischen Veränderungen nehmen Sie außerdem wahr? 

Die gegenwärtige Politik der chinesischen Staatsführung ist in vielerlei Hinsicht besorgniserregend. Das gilt sowohl für ihr Verhalten in Hongkong als auch für die aggressive Haltung Chinas im ostchinesischen und im südchinesischen Meer. China verfolgt offenbar eine Politik der territorialen Expansion und nimmt dabei immer wieder auch Verletzungen des internationalen Rechts in Kauf. Auch Russland testet offenbar, wie weit der Kreml gehen kann, ohne auf Widerstand zu stoßen. Vor diesem Hintergrund wäre es mehr als wünschenswert, dass die Europäische Union zu einer gemeinsamen Lagebeurteilung kommt und daraus dann auch gemeinsame Konsequenzen zieht.

Da fehlt offenbar etwas, wenn wir Sie richtig verstehen.

Sie verstehen mich richtig. Europa muss mehr sein als ein Binnenmarkt – und allemal mehr als ein rein ökonomisches Projekt. Die Amerikaner entscheiden in Washington darüber, wo sie ihre Truppen stationieren und verteilen die Einheiten nach ihrem Gutdünken über Europa. Da muss die Frage erlaubt sein: Warum entscheiden wir nicht gemeinsam als EU, wo wir bestimmte Truppenkontingente der Amerikaner strategisch am besten aufgestellt sehen? Wir sind doch nicht die Befehlsempfänger der Amerikaner, sondern ihre Partner. Hier braucht auch Deutschland mehr Koordination mit den europäischen Verbündeten, um auf gleicher Augenhöhe unsere Interessen wahrzunehmen.

Wer könnte das Ihrer Meinung nach sein?

In sicherheitspolitischen Fragen betrifft das alle europäischen Nato-Mitglieder. Mit einer besseren Abstimmung könnten wir mit weniger Aufwand für uns alle mehr an Sicherheit und Stärke gewinnen.

Also braucht Europa eine echte Verteidigungsunion mit einer europäischen Armee?

Das sollte jedenfalls langfristig das strategische Ziel einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in Europa sein.

Uneinig ist sich Europa auch beim Umgang mit Hongkong. Die chinesische Zentralregierung setzt dort brutal ihr neues "Sicherheitsgesetz" durch. Großbritannien stellt sich klar dagegen, die Bundesregierung verhält sich auffällig leise.

Das war bisher so, aber nachdem auch die deutsche Bundesregierung entschieden hat, das Auslieferungsabkommen mit Hongkong zu suspendieren, gibt es offensichtlich eine größere Veränderung in diesem Teil der deutschen Außenpolitik. Ich habe das schon vor einigen Wochen so gefordert und kann das nur begrüßen.

Kuscht die Bundesregierung Ihrer Meinung nach vor Peking? 

Bisher hat Deutschland sehr viel Rücksicht genommen auf die chinesische Staatsführung und natürlich auch auf unsere eigenen Wirtschaftsinteressen. Aber ich sehe dazu eine neue Nachdenklichkeit in Berlin und auch in Teilen der deutschen Wirtschaft. Aus meiner Sicht kann ich nur sagen: Wir müssen unsere außenpolitische und unsere wirtschaftspolitische Souveränität bewahren.

Herr Merz, wir danken für das Gespräch. 

Klasse!

Solche Politiker braucht das Land!!

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Merz warnt vor Gewöhnung an ein Leben ohne Arbeit

weiter leichter in Kurzarbeit schicken können. Das Kabinett gab grünes Licht für das Beschäftigungssicherungsgesetz. Die Details erläutern Arbeitsminister Heil und Finanzminister Scholz hier. Quelle: WELT

Der für den Parteivorsitz kandidierende CDU-Politiker Friedrich Merz warnt davor, dass sich möglicherweise viele erwerbsfähige Menschen während der Corona-Krise an ein Leben ohne Arbeit gewöhnt haben. „Wir müssen ein bisschen aufpassen, dass wir uns nicht alle daran gewöhnen, dass wir ohne Arbeit leben können“, sagte der frühere Aufsichtsratschef des US-Vermögensverwalters Blackrock am Sonntagabend im „Bild“-Politik-Talk „Die richtigen Fragen“. „Wir müssen zurück an die Arbeit.“

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie am Arbeitsmarkt sind Experten zufolge stärker als in der Finanzkrise 2008 und 2009. Seit März 2020 wurden bundesweit mehr als 600.000 Menschen arbeitslos. Im April waren rund sechs Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit – ein Rekord. Die Wirtschaftsleistung ist wegen des Lockdown im Frühjahr eingebrochen, im Gesamtjahr rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 5,8 Prozent – das wäre der bisher schwerste Einbruch in der Nachkriegsgeschichte.

Merz ließ im „Bild“-Talk durchblicken, dass aus seiner Sicht vor allem Lehrkräfte ohne triftigen Grund nicht mehr zum Schulunterricht erscheinen. „Es bleiben einfach zu viele Lehrer zu Hause“, sagte er.

Wer nicht ernsthaft erkrankt sei, müsse auch in die Schule kommen. „Wir brauchen das System Schule – das muss funktionieren, auch in Corona-Zeiten.“

Nach Wochen des Heimunterrichts und der Ferien war zuletzt der Start des vollen Präsenzunterrichts vor allem für Lehrer aus Risikogruppen problematisch. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek, wie Merz CDU-Politikerin, hatte sich im August dafür ausgesprochen, Lehrkräfte keinen unzumutbaren Belastungen auszusetzen.

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Rückkehr in den Bundestag: Der ehemalige Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat im Hochsauerlandkreis (Nordrhein-Westfalen) das Direktmandat gewonnen. Nach Auszählung aller Stimmbezirke lag Merz am Sonntag bei der Bundestagswahl mit 40,4 Prozent weit vor dem SPD-Kandidaten Dirk Wiese (32,2 Prozent). Das geht aus Angaben des Hochsauerlandkreises hervor.

„Ich nehme dieses Mandat mit Freude an“, sagte der zum Zukunftsteam von CDU-Chef Armin Laschet zählende 65-Jährige in einem am Sonntagabend auf Twitter veröffentlichten Video.

Merz, gebürtig aus Brilon im Sauerland, hatte sich nach vier Wahlperioden (1994 bis 2009) zunächst nicht mehr für ein Direktmandat beworben. Nun kehrt der Wirtschafts- und Finanzexperte nach längerer Pause in den Bundestag zurück. Er hatte 2018 und 2021 auch den CDU-Bundesparteivorsitz angestrebt, war aber gescheitert.