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News zur Bundesregierung

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Reaktion auf Corona-Bericht : Kubicki fordert Entlassung von RKI-Chef Wieler

Die FDP sieht sich in ihrer Kritik an den Corona-Maßnahmen bestätigt. RKI-Chef Lothar Wieler sei der „Verantwortliche dieser Misere“.

Der FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

© Foto: IMAGO/FotostandDer FDP-Vize Wolfgang Kubicki.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat als Konsequenz aus dem Corona-Evaluierungsbericht die Absetzung von RKI-Präsident Lothar Wieler gefordert. Es sei "unausweichlich", dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) den Präsidenten des Robert-Koch-Instituts "als Verantwortlichen dieser Misere entlässt", sagte Kubicki der "Welt am Sonntag" laut Vorabmeldung.

Das von der FDP angeprangerte Datenchaos werde mit dem Bericht nun offiziell benannt. Im RKI sei ein "personeller Neuanfang" nötig.

Durch den Bericht des Sachverständigenausschusses sehe sich die FDP "in der seit Beginn der Pandemie geäußerten Kritik bestätigt", sagte Kubicki weiter. Die Maßnahmen seien größtenteils unverhältnismäßig und undemokratisch gewesen und "entbehrten zu häufig jeder wissenschaftlichen Grundlage", sagte der stellvertretende Parteivorsitzende. Die FDP-Fraktion werde nun zügig darüber beraten, was dieser "erschütternde Bericht" für die weitere infektionsrechtliche Diskussion bedeute.

Auch der FDP-Politiker Frank Schäffler forderte den Rücktritt Wielers. Der Bericht müsse zu personellen "Konsequenzen an der Spitze des RKI führen", sagte er der Zeitung und fügte hinzu: "Herr Wieler ist offensichtlich nicht in der Lage, die Situation zu verbessern." Der Bericht offenbare eklatante Mängel bei der "Datenlage und der wissenschaftlichen Begleitung der Pandemie". Es sei ein Skandal, dass auf dieser "mangelhaften Basis" dann "teilweise sinnlose Grundrechtseinschränkungen beschlossen" worden seien, so Schäffler.

Die Sachverständigenkommission zur Evaluierung der Corona-Maßnahmen legte am Freitag ihren Bericht vor. Demnach entfalteten die bisher eingeleiteten Schritte durchaus eine Wirkung. Generelle Empfehlungen zum weiteren Vorgehen, etwa mit Blick auf das Tragen von Schutzmasken, wollte die Kommission aber nicht abgeben.

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Pflegenotstand: Karl Lauterbach gerät bei Anne Will an wütenden Berliner Pfleger

Es ist schon erstaunlich, wie Lauterbach das immer wieder macht. Da sitzt er am Sonntagabend bei Anne Will in der ARD und wird von dem Berliner Pfleger Ricardo Lange intensiv danach befragt, wieso er schon wieder eine um die andere Maßnahme für Herbst gegen Corona diskutiert, um die Überlastung der Kliniken zu verhindern. Dabei ist doch das eigentliche Problem das fehlende Pflegepersonal, und zwar nicht erst seit Corona, wie Lange dem Gesundheitsminister eindrücklich vor Augen führt:

Pflegenotstand: Karl Lauterbach gerät bei Anne Will an wütenden Berliner Pfleger

© Bereitgestellt von Berliner ZeitungPflegenotstand: Karl Lauterbach gerät bei Anne Will an wütenden Berliner Pfleger

„Wenn ich höre, man will vulnerable Gruppen schützen und das System nicht überlasten, dann sitze ich vorm TV mit geballter Faust“, hebt der Intensivpfleger an zu einem kleinen Wutausbruch: „Würden Sie sagen, das System ist überlastet, wenn Menschen wegen Personalmangel sterben?" Lange macht deutlich:  "Das ist schon seit Jahren und war auch schon vor Corona ein Problem. Jetzt gehen wir jedes Mal wieder unvorbereitet in eine Herbstwelle und alle sind erschrocken: Oh Gott, wir haben gar kein Pflegepersonal. Wir reden immer wieder über Masken und Tests, das ist alles schön. Aber Sie haben die Verantwortung für die Personalüberlastung!“

Und dann sitzt Lauterbach da und lobt sich selbst. Unwidersprochen. Weil er persönlich dafür gesorgt habe, das betont er dreifach, dass die Pflege aus den Fallpauschalen in den Kliniken herausgenommen wurde. Denn die Fallpauschalen hätten zuvor dafür gesorgt, dass man Pflegekräfte in den Krankenhäusern entlassen habe, um Gewinne zu machen. „Es war mein persönlicher Vorschlag“, so Lauterbach, diesen Umstand abzuschaffen. Was er dabei vergisst: Er war einst selbst an der Einführung eben jener Fallpauschalen mit beteiligt.

Und es ist wiederum sehr erstaunlich, dass von den beiden anwesenden Journalistinnen – Anne Will von der ARD und Christina Berndt von der Süddeutschen Zeitung – nicht eine auf die Idee kommt, dem Politiker oder auch dem Publikum diesen Umstand an dieser Stelle vor Augen zu führen.

Stattdessen scheinen Will und Berndt sich in der Sendung unter der Frage "Bilanz der Corona-Politik – Ist Deutschland auf die nächste Welle besser vorbereitet?" total einig darin zu sein, dass die Politik schon wieder viel zu spät dran sei mit den aktuellen Maßnahmen gegen Corona, die am besten schon vorgestern wieder für den kommenden Herbst oder auch für die aktuelle Sommerwelle hätten beschlossen sein müssen. Was sie vergessen zu haben scheinen: Das aktuelle Infektionsschutzgesetz gilt noch bis Ende September. Erst dann braucht es neue Maßnahmen für jetzt im Übrigen immer noch nicht bekannte Virusvarianten. Die eventuell im Herbst drohen. Zur Erinnerung: Im Moment herrscht immer noch die milde Virusvariante Omikron. Ob die nächste Virusvariante wieder gefährlicher wird, steht in den Sternen.

Die Runde täte also gut daran, den Rat des Pflegers Lange ernst zu nehmen und einmal grundsätzlich darüber zu diskutieren, wie sich das Grundproblem des Pflegenotstands endlich lösen ließe. Denn ganz offensichtlich hat es bisher noch nicht so viel genützt, dass Lauterbach die von ihm mit eingeführte Fallpauschale für die Pflege wieder mit abgeschafft haben will. Der Pflegenotstand wird seit Jahren immer schlimmer statt besser. Ricardo Lange erinnert zurecht daran, dass die Unikliniken in NRW seit Monaten bestreikt werden: „Die streiken übrigens nicht für mehr Geld, sondern weil sie nicht mehr können. Weil sie verzweifelt sind. Weil Rettungswagen die Krankenhäuser nicht mehr anfahren können, weil die sich abgemeldet haben wegen Personalüberlastung.“

Doch die meiste Zeit der Sendung wird darauf verwendet, ein ums andere Mal die Frage zu stellen, warum die Vorsorge für den kommenden Corona-Herbst nicht schon viel weiter sei und ob es wirklich nötig gewesen sei, auf die Evaluation der Maßnahmen zu warten, die am Freitag von der extra eingesetzten Expertenkommission verkündet worden war – mit einigermaßen verheerendem Ergebnis. Denn die Kommission konnte nur einmal mehr bestätigen, dass in Deutschland die wichtigsten Daten fehlen.

Warum man denn unbedingt diese Experten hätte hören müssen, bevor man weiteres beschließt, wollte die Moderatorin immer wieder wissen. Gegen das eifrige Duo Will/Berndt wirkte der an diesem Abend eher gemäßigte Karl Lauterbach da fast schon wie ein Maßnahmengegner. Das muss man auch erst mal schaffen.

Allein Christine Aschenberg-Dugnus von der FDP, Mitglied im Gesundheitsausschuss, gelang es stringent darauf zu verweisen, dass es schon nicht ganz so übel sei, wenn man künftig etwa in Echtzeit sagen könne, wie viele Patienten in den Kliniken aktuell mit Covid-19 oder wegen Covid-19 liegen. Und dass man nicht die immer selben Maßnahmen auch im Jahr drei der Pandemie verordnen solle, etwa: Schulschließungen.

„Wenn ich einen Appell heute noch an die Bürger richten kann“, beschließt Karl Lauterbach die Sendung: „Die vierte Impfung für jeden über 60 halte ich für absolut sinnvoll, weil damit können wir die Sterblichkeit sehr stark senken“, hätten Daten von über-80-Jährigen aus Portugal gezeigt, so der Gesundheitsminister. Das sehen allerdings nicht alle Experten so.

Immerhin, eines will er der deutschen Bevölkerung versprechen: „Ein Lockdown ist auszuschließen. Den brauchen wir nicht mehr. Dazu haben wir einen zu guten Immunitätsstatus in der Bevölkerung.“

Doch auch das sieht Christina Berndt anders und würde lieber so viele Werkzeuge wie möglich den Ländern an die Hand geben, weil wir jetzt alle noch nicht wissen könnten, was im Herbst kommt. Letzteres zumindest ist doch mal eine kluge Aussage. Wir wissen, dass wir nicht genug wissen.

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Energieexperten: Robert Habecks LNG-Strategie geht nicht auf

Energieexperten: Robert Habecks LNG-Strategie geht nicht auf

© Bereitgestellt von Berliner ZeitungEnergieexperten: Robert Habecks LNG-Strategie geht nicht auf

Energieexperten halten die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) für den raschen Import von Flüssiggas (LNG) als Ersatz für russisches Erdgas für kaum realisierbar. Die deutschen Reeder äußerten Zweifel an der Machbarkeit der Pläne. „In der deutschen Handelsflotte gibt es keine Gastanker, die LNG über Langstrecken transportieren können“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Reeder, Martin Kröger, der Bild-Zeitung vom Mittwoch. „Weltweit stehen insgesamt knapp 500 LNG-Tanker zur Verfügung, allerdings ist die Nachfrage aus anderen Regionen der Welt hoch.“

Der Energieökonom Andreas Fischer vom Institut der deutschen Wirtschaft in Köln sagte der Bild-Zeitung: „Die Flüssiggasmengen müssen auf dem Weltmarkt verfügbar sein und es braucht entsprechende Tanker, die größtenteils bereits über Langfristverträge gebunden sind.“ Zudem sei „nur eines der drei geplanten Terminals bisher genehmigt“. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte gegenüber Bild, die „Frequenz und die Anzahl von Tankern, die das LNG-Gas zu den Standorten transportieren, lässt sich derzeit nicht beziffern“.
Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), sagte der Bild, Habecks LNG-Strategie sei „gescheitert“. Sie werde „absehbar nicht die Menge von Gas ersetzen können, die wir im kommenden Winter benötigen. Deshalb müssen wir alles daransetzen, die Gasspeicher zügig aufzufüllen.“ Frei fordert deshalb, sofort Kohlekraftwerke wieder anzufahren, um sämtliche verfügbare Gasmengen in die Speicher zu pumpen.

Deutschland will mit Hilfe von verflüssigtem Erdgas (LNG) schnellstmöglich von russischen Gasimporten unabhängig werden.

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Ampel-Vorschlag zur Wahlrechtsreform: So nicht! - Kommentar

Gut, dass die Ampel-Fraktionen den Bundestag nun endlich verkleinern wollen. Aber ihr Vorschlag ist nicht ausgereift, denn er benachteiligt vor allem eine Partei.

Ampel-Vorschlag zur Wahlrechtsreform: So nicht! - Kommentar

© Achille Abboud / IMAGOAmpel-Vorschlag zur Wahlrechtsreform: So nicht! - Kommentar

736 Abgeordnete sitzen derzeit im Bundestag. Mancher ist der Meinung, ein Land wie Deutschland könne so viele Volksvertreter in seinem höchsten legislativen Organ locker vertragen. Das Bundeswahlgesetz sieht aber nur 598 Abgeordnete vor, also rechnerisch zwei für jeden der 299 aktuellen Wahlkreise. Im Alltagsbetrieb stößt das Parlament längst an die Grenzen seiner Arbeitsfähigkeit.

Dass die Fraktionen der Ampel-Koalition deshalb nun Tempo machen, um das Wahlrecht zu reformieren und damit den Bundestag zu verkleinern, ist richtig. Änderungen sind seit Jahren im Gespräch, aber die Einigung auf einen wirklichen großen Wurf blieb bis heute aus, die Mini-Reform aus dem Sommer 2020 hatte eher kosmetische Effekte. Nur deshalb einigten sich die damaligen Koalitionspartner Union und SPD darauf.

Was die Ampel-Fraktionen nun vorschlagen, wäre eine echte Reform: Sie würde den Bundestag auf 598 Mandate begrenzen.

Das Problem ist: Der Plan von SPD, Grünen und FDP bricht mit einem Grundprinzip der Direktwahl in Deutschland. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde das Ampel-Konzept darauf hinauslaufen, dass am Ende nicht jeder Abgeordnete ins Parlament einzieht, der seinen Wahlkreis mit der Mehrheit der Erststimmen gewonnen hat.

Dann nämlich, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Mandate über die Erststimme gewinnt, als ihr nach der Zweitstimme zustehen. In diesem Fall würde folgendes passieren: Die Partei bekommt nur so viele Abgeordnete, wie ihr aufgrund der Zweitstimme zustehen. Nach unten würden jene Mandate abgeschnitten, die mit einem besonders niedrigen Anteil der Erststimme gewonnen wurden. Je knapper ein Sieg, desto größer also die Gefahr, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat leer ausgeht.

CSU beklagt sich zu Recht

Dass unter einem solchen Modell wohl besonders die CSU zu leiden hätte, ist kein Argument dafür, auch wenn die Christsozialen außerhalb des Freistaats und erst recht im Ampel-Lager besonders unbeliebt sind: Die CSU dürfte in Bayern auch in Zukunft die meisten Wahlkreise direkt gewinnen, obwohl sie bei der Zweitstimme deutlich schlechter abschneidet. In München droht man bereits mit dem Gang nach Karlsruhe, falls die Ampel ihr Modell im Alleingang durchsetzt. Die CSU beklagt sich jedenfalls zu Recht.

Eigentlich müsste man in den Regierungsfraktionen allerdings auch so darauf kommen, dass man mit der vorgelegten Idee einen Teil des Wählerwillens ignorieren würde. Deshalb ist es dringend angeraten, wie ursprünglich geplant im Rahmen der Wahlrechtskommission an einem besser geeigneten Modell zu arbeiten.

Und auch hier landet man am Ende wieder bei der CSU: In den vergangenen Jahren hat die Partei beim Thema Wahlrechtsreform alles abgelehnt, was sie am Ende auch nur ein Mandat kosten würde. Der frühere Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus von der CDU kann davon ein Lied singen, dessen Bemühungen 2020 auch an seinen Abgeordneten aus Bayern scheiterte.

Besonders die Christsozialen müssen sich bewegen

Um zu einer echten Wahlrechtsreform zu kommen, muss sich vor allem die CSU bewegen, die im deutschen Parteienwesen ohnehin eine Sonderstellung genießt. Ihr gemeinsam mit der CDU vorgelegtes Modell eines starren Grabenwahlrechts ist nämlich genauso wenig geeignet wie das der Ampel.

Es ist wohl so, wie es der damals scheidende und langjährige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Oktober 2021 in der konstituierenden Sitzung des aktuellen Parlaments sagte: »Eine Wahlrechtsreform, die ihren Namen verdient, ist allerdings keinen Deut leichter geworden.« Die Regierungs- und Oppositionsfraktionen sollten sich zu dennoch zu Herzen nehmen, was der CDU-Politiker noch zum Thema Wahlrechtsreform ergänzte: »Und trotzdem: Sie duldet ersichtlich keinen Aufschub.«

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Falschaussage? Verteidigungsministerin Lambrecht in Erklärungsnot

Die Unionsfraktion wirft der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) vor, im Parlament gelogen zu haben. Die Hintergründe.
Christine Lambrecht

© IMAGO / Christian SpickerChristine Lambrecht

"Ministerin Lambrecht hat im Bundestag offensichtlich die Unwahrheit gesagt", so Florian Hahn, verteidigungspolitischer Sprecher der Unionsfraktion in der "Welt". Dabei bezieht sich der CSU-Politiker auf das Zustandekommen der Rüstungsexporte in die Ukraine.

Bei der Regierungsbefragung am 22. Juni hatte die Verteidigungsministerin erklärt, dass Anträge auf Rüstungsexporte weiterhin im Bundessicherheitsrat entschieden würden.

Diese Sitzungen müssten nicht in Präsenz stattfinden, man könne "auch in einem Umlaufverfahren abstimmen". Sie fügte hinzu, dass man "selbstverständlich" auf diesem Weg "diese Entscheidungen dann getroffen" habe.

Steuerfreie Einmalzahlung: Kehrtwende von Kanzler Scholz

"Nachweislich falsch"

In einer Antwort der Bundesregierung auf die schriftliche Frage des CDU-Abgeordneten Thomas Röwekamp vom 04. Juli hieß es hingegen, dass die Entscheidung darüber, ob und welche Waffen in die Ukraine exportiert werden "derzeit regelmäßig auf Leitungsebene vom Bundeskanzleramt und den Bundessicherheitsrats-Ressorts getroffen" werde.

Zudem hieß es im Antwortschreiben der Regierung, dass der Bundessicherheitsrat in diesem Jahr noch keine Genehmigungsentscheidungen zum Export von Rüstungsgütern getroffen habe. Röwenkamp kritisierte Lambrechts Aussage nach dieser Antwort als "nachweislich falsch".

Die Ministerin habe nicht die Wahrheit gesagt. Hahn schloss sich dem an. Ob ihre Aussage mit Vorsatz oder aufgrund von mangelndem Wissen getätigt wurden - beides sei "mit großer Sorge" zu betrachten.

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Merz fordert "Krisenplan für Deutschland" in sieben Punkten
Friedrich Merz (Archiv): In sieben Punkten listet der CDU-Vorsitzende auf, was seiner Meinung nach getan werden müsste.

Friedrich Merz (Archiv): In sieben Punkten listet der CDU-Vorsitzende auf, was seiner Meinung nach getan werden müsste. (Quelle: Kay-Helge Hercher/imago-images-bilder)

Friedrich Merz wirft der Bundesregierung vor, in der Energiekrise nicht ausreichend zu handeln. Der CDU-Chef hat nun eigene Vorschläge vorgelegt.

Die Preise in Deutschland steigen, die Lage ist angespannt: Im Winter drohen hohe Rechnungen, kalte Wohnungen und eine ausgewachsene Wirtschaftskrise. In diesem Zusammenhang hat CDU-Chef Friedrich Merz die Bundesregierung kritisiert: Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) benenne kein Konzept, mit welchem er die steigenden Preise bekämpfen wolle – so der Vorwurf des Oppositionsführers in einem Gastbeitrag in der "Bild"-Zeitung.

"Ja, die Union hat 16 Jahre regiert. Aber die Union hätte – anders als die Ampel – innerhalb von 16 Wochen seit Kriegsbeginn einen Krisenplan für Deutschland entwickelt", heißt es darin.

Einen solchen "Energiesicherheitsplan" erwarteten die Bürger für den Fall, dass Russland kein Gas mehr liefern sollte. Jüngster Anlass für diese sich verschärfenden Befürchtungen sind Wartungsarbeiten an der Ostseepipeline Nord Stream 1: Wird Russland die Gaslieferungen über die wichtige Verbindung nach Abschluss der Arbeiten nicht wieder aufnehmen? Mehr dazu lesen Sie hier.

In sieben Punkten listet Merz nun auf, was seiner Meinung nach getan werden müsste. Dabei gehe es auch darum, die Menschen zu entlasten, die unter den steigenden Preisen besonders leiden.

► Anstieg der Lebensmittelpreise dämpfen: Dafür solle der Anbau von Obst und Gemüse auf allen stillgelegten Flächen mit sofortiger Wirkung erlaubt werden.

► Energiesteuern weiter absenken und niedrigen Industriestrompreis einführen: Dadurch würden die Produktionskosten sinken. Einen entsprechenden Industriestrompreis habe Scholz im Wahlkampf versprochen, so Merz.

► Steuertarif anpassen: Bei kleinen und mittleren Einkommen solle der Steuertarif so angepasst werden, dass eine Gehaltserhöhung nicht von den Steuern "aufgefressen" werde, schreibt der CDU-Chef.

► Energiesparen in öffentlichen Einrichtungen: "Überflüssiges Licht aus, Klimaanlage runter", schreibt Merz. Die ganze Bundesregierung solle Energiesparpläne in allen öffentlichen Einrichtungen durchsetzen.

► "Wettbewerb der besten Ideen": Der CDU-Vorsitzende schlägt eine offene Internetplattform vor, auf welcher "Unternehmen, die am effektivsten Strom, Kraftstoff und Gas sparen", zeigen, wie sie dies erreichen.

► Heizen mit Biomasse hochfahren: Die entsprechenden Silos seien voll, schreibt Merz.

► Atomkraft verlängern: "Wir sollten uns nicht die Möglichkeit nehmen, unsere Kraftwerke weiter laufen zu lassen, um damit Gas bei der Stromerzeugung einzusparen", so Merz. Dabei schickt er einen Appell an die Grünen.

Grüne weisen "Phantomdebatte" zurück

Die Grünen haben solche Forderungen nach einer Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke als "Phantomdebatte" zurückgewiesen. "Die Bundesregierung hat längst geprüft, welche Energiealternativen zur Verfügung stehen", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Julia Verlinden, den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Dienstag. "Eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke gehört nicht dazu."

"Wer jetzt also das Revival der Atomkraft fordert, der führt eine Phantomdebatte, die uns nicht weiterhilft", so Verlinden weiter. "Erdgas wird vor allem im Wärmesektor und in der Industrie eingesetzt. Atomstrom hilft uns da nicht."

Sozialverband fordert Kündigungsschutz

Der Sozialverband Deutschland (SoVD) forderte von der Bundesregierung derweil umgehend ein Konzept, das den Menschen die Angst nehme, dass sie im Winter in einer kalten Wohnung säßen oder auf der Straße landeten, weil sie ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen könnten. Menschen mit solch "existenziellen Ängsten" dürften nicht alleingelassen werden, erklärte Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer.

Der Sozialverband VdK fordert einen Kündigungsschutz für solche Härtefälle. Niemand dürfe im Herbst und Winter seine Wohnung verlieren, falls Heizkosten nicht mehr beglichen werden könnten, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag).

Lemke: Moratorium für Gassperren

Auch die Fraktionschefin der Grünen, Britta Haßelmann, sieht die Notwendigkeit, insbesondere Geringverdienende in unsicheren Zeiten wie diesen rückzuversichern. Sie unterstützte den Vorschlag von Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke, ein Moratorium für Gas- und Stromsperren bei Zahlungsverzug einzuführen, sollten die Energiepreise noch stärker steigen.

"Das, was wir jetzt gerade sehen, sind ja noch gar nicht die Engpässe, über die wir gerade sprechen", sagte Haßelmann in der ntv-Talkshow "#beisenherz". "Deshalb ist es ein wichtiges Signal, dass wir politisch zusagen, dass die Menschen, die wenig haben, sicher sein müssen, dass sie sich darauf verlassen können, dass sie eine Unterstützung bekommen für Strom und Wärme, wenn sie das aus eigener Kraft nicht stemmen können."
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„Das Vertrauen ist nachhaltig erschüttert“: Scharfe Kritik an Stark-Watzinger von Forschenden

Tilmann Warnecke - Gestern um 21:35

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Förderzusagen würden nicht eingehalten, Programme unvermittelt eingestellt: Es gibt Kritik an Ministerin Stark-Watzinger. Betroffen ist etwa F orschung zur Pandemie.

© Foto: IMAGO/Political-MomentsForschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP).

Es sind mehrere offene Briefe, die in diesen Tagen bei Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) eingehen. Der Absender sind Wissenschaftler:innen verschiedener großer Forschungsvorhaben, der Tenor ist derselbe.

Von einer „unbegründeten Verschwendung wissenschaftlicher Arbeit“ ist da die Rede, von „zynischen“ Kürzungen und von „problematische Tendenzen“, die exzellente und notwendige Forschung „erschweren“ würden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) „beschädige“ Wissenschaftler:innen und ihrer Reputation sowie nationale und internationale Forschungsbeziehungen.

Förderlinien droht die Einstellung

Der Hintergrund ist derselbe: Stark-Watzingers Ministerium hat kurzfristig längst zugesagte Bewilligungsbescheide gestoppt, teils von hohen Summen. Gesamte Förderlinien drohen unvermittelt eingestellt zu werden oder wurden bereits kurzfristig gestoppt, bei internationalen Kooperationen ist der deutsche Beitrag gefährdet.

„Das Vertrauen in das BMBF ist nachhaltig erschüttert“, sagt Jule Specht, Psychologie-Professorin an der Humboldt-Universität, von der ein Forschungsprojekt in der Förderline „Gesellschaftliche Auswirkungen der Corona-Krise“ betroffen ist. „Es herrscht viel Frustration bei allen Beteiligten.“

„So etwas habe ich noch nicht erlebt“

Marianne Braig, ehemalige Vizepräsidentin der Freien Universität, äußert sich auf FU-Webseite mit den Worten: „So etwas habe ich als Wissenschaftlerin noch nicht erlebt.“ Braig gehört zum Projekt „BioTip“, das Kipppunkte, Dynamik und Wechselwirkungen von sozialen und ökologischen Systemen erforscht. Das Vorhaben wurde jetzt vom BMBF zwei Jahre vor dem offiziellen Ende und mitten im laufenden Verfahren abrupt beendet.

Wie viele Programme genau betroffen sind, ist unklar – teilweise organisieren sich Forschende auf Twitter und in Zoom-Calls, um einen Überblick zu erhalten. Nach Tagesspiegel-Informationen geht es neben den Themenbereichen „Gesellschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie“ und Bio-Ökologie unter anderem auch um Rechtsextremismus-Forschung und innovative Frauenprogramme.

Aber nicht nur die Geisteswissenschaften seien betroffen, heißt es aus der Technischen Universität, wo ebenfalls vermehrt Aufforderungen zu Mittelkürzungen eintreffen: „Wir beobachten diesen Trend mit Sorge und hoffen, dass im Sinne einer stabilen und nachhaltigen Forschungslandschaft Mittelkürzungen vermieden werden können“, heißt es aus der TU.

„Neue Forschungsaktivitäten, die einen schnellen Impact erzeugen“

Verwandtes Video: Parlament: Kritik an Anti-Teuerungspaketen

Ein Beispiel ist besagtes Programm „Biotip“: Seit 2019 arbeiten rund 130 Wissenschaftler:innen daran, international vernetzt. Die Projekte seien „international beispielgebend für die Frage der planetaren Grenzen und des Verlustes der Artenvielfalt“, heißt es in dem Offenen Brief der „Biotip“-Forschenden an Stark-Watzinger, der dem Tagesspiegel vorliegt. Schon Mitte 2021 habe das BMBF alle Projekte aufgefordert, Skizzen für eine planmäßige zweijährige Verlängerung einzureichen. Die Anträge seien bereits im Februar eingereicht worden.

Umso überraschender die Mitteilung am 9. Juni, dass die gesamte Verlängerungsphase gekippt wird. Begründet wurde dies vom BMBF laut offenem Brief mit „aktuell geringeren zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln und neuen Schwerpunktsetzungen hinzu Forschungsaktivitäten, die einen schnellen Impact erzeugen“.

Vor allem letzteres ist bei den beteiligten Unis fast ungläubig aufgenommen worden. „Während in Deutschland Extremwettersituationen wie Hitzewellen und Dürren mit immer größerer Regelmäßigkeit auftreten, werden zeitgleich wegweisende sozialökologische Forschungsprojekte gekappt“, kritisiert FU-Präsident Günther M. Ziegler auf Anfrage.

Der Ärger ist bei vielen Betroffenen groß

Die Unis wüssten um die angespannte Haushaltslage, „aber wichtige Forschung zu kürzen, weil man sich von ihr keinen schnellen Impact verspricht, das ist besorgniserregendes Kurzfristdenken“. Nach dieser Logik gäbe es in Deutschland weder Entwicklungen zu Quantencomputer noch Künstlicher Intelligenz, von Covid-Impfstoffen ganz zu schweigen. „Wenn wir auf kurzfristige Wirkungsoptimierung setzen, werden wir nicht weit kommen.“

Die Verärgerung ist bei vielen Betroffenen groß, vor allem, weil die Zusagen oft seit Monaten feststehen und die Projekte längst startklar sind. HU-Psychologin Jule Specht etwa hatte für ihr Verbundprojekt, das Teil des Förderbereichs zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie ist, bereits im Januar eine Förderzusage erhalten. Es geht dabei um immerhin 700.000 Euro in drei Jahren.

Eigentlich sollte es spätestens zum 1. Juli losgehen. Doch Mitte Juni, knapp zwei Wochen vor dem Start, war der Förderbescheid immer noch nicht eingetroffen. Im Telefonat mit dem Projektträger wird Specht zwar mitgeteilt, dass eigentlich alles vorbereitet sei – dass es aber Probleme mit dem Bundeshaushalt gebe.

Auch könne es sein, dass die Regierung „Altlasten“ der Vorgängerregierung nicht mehr mittragen wollen, wozu offenbar die Corona-Forschung gehöre. Am 29. Juni erhielt Specht dann eine Mail, dass es „noch keine Entscheidung des BMBF“ bezüglich der infrage stehenden Projekte gebe. Auch jetzt, zwei Wochen später, ist immer noch nichts passiert.

„Manche stehen vor dem Nichts“

In einem Zoom-Call trafen sich vor kurzem 60 Wissenschaftler:innen, die bundesweit von nicht ausgestellten Förderbescheiden betroffen sind, erzählt Specht. Sie spricht von einer „krassen Situation“ und teilweise dramatischen Folgen für die Betroffenen. Ausgeschriebene Stellen könnten nicht angetreten werden  „Manche sind mit Kind und Kegel in eine andere Stadt gezogen. Die stehen vor dem Nichts“, sagt Specht.

Viel Arbeit sei offenbar völlig vergeblich gewesen, allein in ihrer Förderlinie gehe es um 400 Anträge, die geschrieben, gestellt und von vielen Forschenden dann auch begutachtet wurden. Specht fordert, das BMBF müsse an den Förderungen festhalten, die es in Aussicht gestellt habe. Es brauche jetzt zeitnahe Entscheidungen – und vor allem auch eine transparente Kommunikation.

BMBF verweist auf veränderte Rahmenbedingungen

Eine Sprecherin des BMBF teilte auf Anfrage mit, das Ministerium könne „gut nachvollziehen“, wenn Forscherinnen und Forscher bei geringerer oder ausbleibender Förderung von Anschlussprojekten enttäuscht sind. Leider sei dies den „Rahmenbedingungen“ geschuldet.

Dazu gehörten unter anderem die „besonderen Bedingungen“ des Haushaltsjahres, wie die Folgen des russisches Angriffskrieges gegen die Ukraine und die Schuldenbremse, die ab 2023 wieder gilt. Tatsächlich hat auch bereits das Auswärtige Amt Mittel für den Deutschen Akademischen Austauschdienst gestrichen.

Laut BMBF seien es jetzt jedoch nur Einzelfälle, dass Anschlussprojekte nicht oder nicht im bisherigen Umfang gefördert werden. Aktuell laufende Forschungsvorhaben müssten aus Kostengründen nicht abgebrochen werden.

Das Ministerium verwies auch darauf, dass eine Projektförderung immer zeitlich begrenzt sei. „Das Auslaufen der Projektförderung ist somit der Regelfall.“ Ein Hinweis, der die Betroffenen kaum trösten würde.

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Jetzt bricht es überall weg
Olaf Scholz: Seine Ampelregierung streitet vor sich hin. Und das in Zeiten der Krise.
Olaf Scholz: Seine Ampelregierung streitet vor sich hin. Und das in Zeiten der Krise. (Quelle: Florian Gaertner/photothek.de/imago-images-bilder)

ich muss Ihnen etwas gestehen: Als Reporter werde ich dafür bezahlt, die Irrungen und Wirrungen der Ampelkoalition zu beobachten. Doch in diesen Wochen komme selbst ich kaum noch mit beim Versuch, alle kleinen und großen Streitereien nachzuvollziehen.

Bevor ich versuche zu erklären, weshalb das aus meiner Sicht nicht mehr nur das übliche Polittheater ist, sondern ziemlich gefährlich, habe ich uns deshalb ein kleines Best-of-Ampelzoff zusammengestellt. Alles aus den vergangenen drei Tagen. Und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, das versteht sich von selbst.

Da war Arbeitsminister Hubertus Heil von der SPD, der sagte, er wolle Hartz IV neu berechnen, damit die Regelsätze deutlich steigen. Die Grünen jubelten, die FDP eher nicht so: Nichts da, hieß es, der Arbeitsminister solle sich mal schön an den Koalitionsvertrag halten.

Da war Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD, der auch jüngeren Deutschen empfahl, sich jetzt die vierte Corona-Impfung zu holen. Gute Idee? Lauterbach solle sich mal lieber um eine effiziente Pandemiebekämpfung kümmern, stichelte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai bei t-online.

Da war die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die ihren Bundeskanzler Olaf Scholz in einem Brandbrief dazu aufforderte, in einer "Nationalen Ukraine-Konferenz" endlich die Karten auf den Tisch zu legen. Die Bundesregierung müsse "noch mehr tun", um der Ukraine zu helfen.

Ricarda Lang: Die Grünen-Chefin kritisierte den Verkehrsminister deutlich.
Ricarda Lang: Die Grünen-Chefin kritisierte den Verkehrsminister deutlich. (Quelle: Janine Schmitz/photothek.de/imago-images-bilder)

Da war die Grünen-Chefin Ricarda Lang, die im Interview mit t-online dem Verkehrsminister Volker Wissing von der FDP ins Hausaufgabenheft schrieb, bei dessen Klimapolitik müsse aber "auf jeden Fall noch mehr kommen".

Da war der FDP-Bundestagsabgeordnete, der Ricarda Langs Forderung nach einem verstärkten Kündigungsschutz für Mieter so kommentierte: "Wie man angesichts dieser wöchentlich taktisch platzierten Schwachsinnsforderungen der Grünen ernsthaft noch von der FDP als Störenfried in der Ampel reden kann, ist mir ein Rätsel." Sein Parteifreund und Justizminister Marco Buschmann drückte das anschließend gewählter aus, findet solche Moratorien aber auch unsinnig.

Und da war natürlich einmal mehr die Atomkraftdebatte, deren Laufzeit jedenfalls schon bis auf unbestimmte Zeit verlängert ist. Er "rate dringend dazu", die Atomkraftwerke befristet weiterlaufen zu lassen, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Und schrieb mit seinen Länderkollegen sogar eine gemeinsame Erklärung.

Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck warf ihm und allen anderen Befürwortern mangelnde Objektivität vor. Parteichefin Ricarda Lang witterte gar eine strategische Debatte, "um das Blamegame für den Herbst und Winter vorzubereiten". Dann werde es heißen: "Ihr seid schuld, dass die Energie nicht reicht." Wohlgemerkt: Nicht nur der Union warf sie das vor, sondern auch dem eigenen Koalitionspartner FDP.

Robert Habeck: Alle in einem Boot? Eher nicht.
Robert Habeck: Alle in einem Boot? Eher nicht. (Quelle: imago-images-bilder)

Und wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, nach so viel Gift und Galle jetzt erst einmal einen großen Schluck Kaffee brauchen, dann kann ich das gut verstehen. Klar, in der Politik geht es oft ruppig zu, zwischen dem Streit um Inhalte und dem Streit als Inhalt sind die Grenzen manchmal fließend.

Für die Ampelkoalition aber sind diese Tage des Zoffs besonders gefährlich. Das liegt natürlich auch am Offensichtlichen: Sie ist mit dem russischen Krieg in der Ukraine, der Inflation inklusive drohender Wirtschaftskrise, der Corona-Pandemie und der Klimakrise so sehr gefordert wie kaum eine Bundesregierung vor ihr. Streit frisst Nerven, die sie eigentlich für ihre Problemberge brauchen.

Doch vor allem lässt der Streit das Fundament der Ampel langsam wegbröckeln. Denn dass die Koalition nicht auf gemeinsamen Inhalten gebaut ist, das war allen Beteiligten nach der Bundestagswahl schnell klar. Zu verschieden sind die politischen Vorstellungen von SPD, Grünen und FDP. Das Versprechen der Ampel an die Deutschen und an sich selbst lautete deshalb: Wir wissen das, aber wir haben einen umfassenden Koalitionsvertrag geschrieben – und genug Vertrauen aufgebaut, um auch schwierige Situationen zu überstehen.

Klingt gut, hätte vielleicht sogar funktionieren können. Aber dummerweise kam die Wirklichkeit dazwischen.

Der Koalitionsvertrag ist spätestens mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine zu einem Dokument geworden, das die Ampel eher spaltet als eint. Er ist für eine alte Welt geschrieben worden, eine Welt vor der Zeitenwende. Zur neuen Welt hat er nur noch wenig zu sagen. Trotzdem berufen sich alle Seiten immer noch munter auf ihn, wenn es gerade opportun ist. Obwohl natürlich alle wissen, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht, wenn man ihn jetzt noch wortwörtlich auslegt.

Volker Wissing, Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck während der Sondierungsgespräche: Das Vertrauen bröckelt.
Volker Wissing, Annalena Baerbock, Christian Lindner und Robert Habeck während der Sondierungsgespräche: Das Vertrauen bröckelt jetzt. (Quelle: INSTAGRAM @volkerwissing/Reuters-bilder)

Beliebt ist deshalb, sich einfach auf den "Geist des Koalitionsvertrags" zu berufen. Also zu sagen: Dieses und jenes steht zwar nicht explizit drin, aber wir wollten die Welt doch gemeinsam besser machen, deshalb entspricht es dem Geschriebenen. Das ist recht bequem, weil man den Geist immer so spuken lassen kann, wie man sich das gerade wünscht. Aber Streit über die richtige Auslegung der quasi-heiligen Schrift ist so eben auch programmiert.

Das wäre vielleicht gar nicht so schlimm, wenn das zweite Versprechen der Ampel halten würde: das Vertrauen ineinander. Nur zehrt der ewige Streit mittlerweile auch daran immer stärker. Vor allem, weil es eben nicht nur um unterschiedliche Positionen geht, die man in der Öffentlichkeit ausficht, um sich zu profilieren. Um Streit fürs Schaufenster also.

Nein, es geht auch intern mittlerweile so zur Sache, dass sich einige Grüne fragen, wie eine professionelle Zusammenarbeit eigentlich noch funktionieren soll. Die Grünen machen besonders der FDP inzwischen recht unverhohlen den Vorwurf, schlicht unprofessionell zu arbeiten. Zuletzt war das so bei den Verhandlungen über das Energiepaket, in denen man sich nächtelang verhakt hatte. Die FDP soll dabei, so der Vorwurf, immer wieder eigentlich schon erzielte Kompromisse infrage gestellt haben.

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So dumm sind die Deutschen - Wie wir uns mit den Russland-Sanktionen selbst schaden

Der Euro stürzt ab, die Inflation schießt auch wegen des Russland-Kriegs und die gegen Moskau verhängten Sanktionen hoch und andere Länder schlagen nun Profit aus unserer Politik. Zudem glaubt die Mehrheit der Deutschen, dass die Sanktionen uns selbst mehr schaden als Russland und bald eine Wirtschaftskrise bevorsteht. Ein Desaster. Doch der Reihe nach.

So dumm sind die Deutschen - Wie wir uns mit den Russland-Sanktionen selbst schaden

© Shannon Stapleton/ReutersSo dumm sind die Deutschen - Wie wir uns mit den Russland-Sanktionen selbst schaden

Saudi Arabien verdient prächtig an unserem Öl-Verzicht

Es ist nun mal so: Deutschland braucht Gas und Öl aus Russland. Die günstigen Importe machten das deutsche Wirtschaftsmärchen nach der Finanzkrise 2008 erst zu einem guten Teil möglich. Denn massenhaft günstige Importe trieben unsere Wirtschaft an. Und auch jetzt brauchen wir das Gas und Öl aus Russland, weil wir sonst weniger Autofahren und Duschen können und weil die heimische Wirtschaft in eine Rezession abdriftet, sollte die Gas-Pipeline Nordstream 2 Ende der Woche nach den Wartungsarbeiten nicht wieder angeschaltet werden. So stark und resolut der russische Überfall auf die Ukraine zu verurteilen ist: Durch den kopflosen Importstopp von Energieträgern aus Russland schaden wir uns in Deutschland aber erstmal kräftig selbst. Andere Länder gehen da klüger vor. Saudi Arabien zum Beispiel. Wie das Handelsblatt berichtet, wurde jüngst folgender kluger Schachzug bekannt: Saudi Arabien importierte von April bis Juni 2022 647.000 Tonnen russischen Öls. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 320.000 Tonnen gewesen. Aber nanu! Warum importiert denn der zweitgrößte Öl-Exporteur der Welt Öl? Macht das überhaupt Sinn? Und ob! Wie das Handesblatt berichtet, importiert Saudi-Arabien im Sommer immer etwas Öl für die heimische Wirtschaft. Weil im Sommer mehr Energie benötigt wird - etwa für den Betrieb von Klimaanlagen im Land - und man die Exporte nicht drosseln will, um weiterhin als verlässlicher Handelspartner zu gelten, importiert Saudi Arabien im Sommer immer etwas Öl. In diesem Jahr ist die Menge dabei doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr. Denn das russische Öl ist aufgrund der Sanktionen gegen Russland um 30 Prozent günstiger. Während wir bei uns in Deutschland kräftig beim Öl draufzahlen, verdient Saudi Arabien. Denn die Saudis importieren günstiges russisches Öl und decken damit den eigenen Energiebedarf, während das Land viel mehr teureres eigenes Öl exportieren kann als sonst. Ein Milliardengeschäft.

Absturz 2.0: Darum verlieren an der Börse schon wieder fast alle Anlageklassen

© Brendan Mc Dermid/ReutersAbsturz 2.0: Darum verlieren an der Börse schon wieder fast alle Anlageklassen

Deutsche zweifeln an den Sanktionen

In einer INSA-Umfrage für BILD am SONNTAG (Umfrage fand bei 1.003 Befragten am 15. Juli statt) sagen 47 Prozent, dass sie glauben, Deutschland schade sich mit den Sanktionen mehr als Russland. Zusätzlich sagen 36 Prozent, dass sich beide Parteien gleich schaden. Nur 12 Prozent finden, Russland müsse darunter mehr leiden. Damit hat sich die Stimmung komplett gedreht, waren doch im Februar noch 61 Prozent für einen Import-Stopp russischen Gases. Und es wird noch schlimmer: Denn ein paar Woche etwas mehr Geld an der Tankstelle zahlen ist zwar schmerzhaft, sollte aber irgendwie gelingen. Doch 74 Prozent der Befragten rechnen in der Umfrage mit einem wirtschaftlichen Abschwung und dass die Arbeitslosigkeit in Deutschland zulegen wird. Und das wäre dann tatsächlich deutlich verheerender als nur höhere Preise. Zusätzlich ist der Euro so schwach, wie schon ewig nicht. Bedeutet: Auch alle anderen Importe werden drastisch teurer, die Kaufkraft der Deutschen sinkt, während die Preise immer weiter steigen. Als Privatverbraucher kann man nur versuchen, etwas zu sparen, sein Einkommen zu steigern und sein Geld klug anzulegen. Etwa in Edelmetalle wie Gold und Silber, oder in krisenresistente Aktien. Auch Dividendenaktien können jetzt durch stabile und regelmäßige Ausschüttungen etwas Geld auf die Konten von Anlegern spülen

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„Habeck und Lauterbach überbieten einander täglich mit Nachrichten, wie furchtbar alles werden kann“

CDU-Chef Friedrich Merz wünscht sich im politischen Alltag wieder mehr Zuversicht und Optimismus. „Insbesondere zwei maßgebliche Vertreter dieser Bundesregierung, der Bundeswirtschaftsminister und Bundesgesundheitsminister, überbieten sich täglich mit Nachrichten, wie furchtbar das alles werden kann.“ Quelle: WELT

© WELTCDU-Chef Friedrich Merz wünscht sich im politischen Alltag wieder mehr Zuversicht und Optimismus. „Insbesondere zwei maßgebliche Vertreter dieser Bundesregierung, der Bundeswirtschaftsminister und Bundesgesundheitsminister, überbieten sich täglich mit Nachrichten, wie furchtbar das alles werden kann.“ Quelle: WELT

Trotz Corona und Ukraine-Krieg muss die Bundespolitik nach Ansicht von CDU-Chef Friedrich Merz wieder mehr Zuversicht ausstrahlen. „Wir schätzen die Lage übereinstimmend als kritisch ein, aber lösbar. Wir teilen die Auffassung, dass es keinen Sinn macht, nun jedes Jahr das Land mit Schreckensnachrichten zu überziehen, wie furchtbar das alles wird mit Corona und Öl und Gas und Kohle“, sagte er am Donnerstag zum Abschluss der Sommerklausur der CSU-Bundestagsabgeordneten im oberfränkischen Kloster Banz.

Auf Twitter teilte er zudem ein Zitat, das deutlich machte, welche Politiker er konkret im Sinne hatte, als er von der Verbreitung von „Schreckensnachrichten“ sprach: „Die Minister Habeck und Lauterbach überbieten einander täglich mit Nachrichten, wie furchtbar alles werden kann. Das ist keine Politik. Politik besteht darin, den Menschen zu erklären, wie man die Lage sieht, Lösungswege aufzuzeigen und diese dann auch zu gehen.“

Merz habe das deshalb so deutlich angesprochen, „weil ich möchte, dass die Union, CDU und CSU, klar und deutlich zu dem stehen, was sie auch seit Beginn dieses Ukraine-Krieges immer gesagt haben“.

Deutschland sei stark genug, die Probleme zu lösen, betonte Merz auf der CSU-Sommerklausur. „Wir müssen sie sauber analysieren. Wir müssen die Lösungsvorschläge dann nebeneinander legen und bewerten und dann zu Entscheidungen kommen.“