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USA verpflichten sich nach Nord Stream-Leck zur Förderung der europäischen Energiesicherheit».

US-Außenminister Antony Blinken führte am Dienstag ein Telefongespräch mit seinem dänischen Amtskollegen Jeppe Kofod, mit dem er sich nach der offensichtlichen Sabotage der Nord Stream-Pipeline für die europäische Energiesicherheit einsetzte.

Ein vom dänischen Verteidigungskommando zur Verfügung gestelltes Luftbild zeigt das Nord Stream 2-Gasleck bei Bornholm. Nach dem Schaden an den Nord Stream-Pipelines unter der Ostsee suchen die deutschen und dänischen Behörden noch immer nach der Ursache. - Danish Defence Command/dpa

Ein vom dänischen Verteidigungskommando zur Verfügung gestelltes Luftbild zeigt das Nord Stream 2-Gasleck bei Bornholm. Nach dem Schaden an den Nord Stream-Pipelines unter der Ostsee suchen die deutschen und dänischen Behörden noch immer nach der Ursache. - Danish Defence Command/dpa© Bereitgestellt von News 360

"Die Vereinigten Staaten stehen mit ihren Verbündeten und Partnern in ihrem Engagement zur Förderung der europäischen Energiesicherheit zusammen", sagte der Sprecher des Außenministeriums, Ned Price, unter Bezugnahme auf das Gespräch zwischen Blinken und Kofod.

Am Montagnachmittag entdeckten die dänischen Behörden ein Gasleck in einem Abschnitt der Nord Stream 2-Pipeline auf der dänischen Insel Bornholm. Stunden später wurde in der Unterwasserpipeline Nord Stream 1 ein Druckabfall beim Transport von Gas aus Russland nach Deutschland festgestellt, der beide Leitungen der Pipeline betraf.

Dänemark, Norwegen, Polen und die Vereinigten Staaten vermuten, dass die Lecks auf Sabotage zurückzuführen sein könnten. Seismologen in Schweden sind noch weiter gegangen und haben Explosionen in dem Gebiet bestätigt, Stunden bevor die Lecks bestätigt wurden.

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USA: Inflationsrate ist leicht zurückgegangen

Es ist der dritte Rückgang in Folge: Im September fiel die Teuerung in den USA zwar, aber weniger stark, als Experten prognostizierten. Die Märkte reagierten direkt nach der Bekanntgabe.

USA: Inflationsrate ist leicht zurückgegangen

USA: Inflationsrate ist leicht zurückgegangen© Mary Altaffer / AP

Die hohe Inflation hat die USA weiter im Griff – die Teuerungsrate geht nur langsam zurück. Im September fiel die Inflationsrate für Waren und Dienstleistungen auf 8,2 Prozent von 8,3 Prozent im August, wie das Arbeitsministerium in Washington mitteilte. Experten hatten mit einer Inflationsrate von 8,1 Prozent gerechnet.

Die neue Teuerungsrate markiert den dritten Rückgang in Folge, dennoch liegt die Inflationsrate immer noch viermal so hoch wie von der Notenbank Fed angestrebt. Nach Bekanntgabe der neuen Zahlen gaben die Aktienkurse weltweit nach, der deutsche Leitindex etwa verlor 1,09 Prozentpunkte und rutschte damit ins Minus. Der US-Dollar hingegen legte zu. Anlegerinnen und Anleger fürchten, die Fed könnte der Wirtschaft mit einem zu aggressiven Kurs zusetzen.

Die Federal Reserve treibt den Leitzins seit Monaten nach oben, um die Inflation zu bekämpfen. Im September erhöhte die Fed den Leitzins bereits zum dritten Mal in Folge ungewöhnlich kräftig um einen Dreiviertel-Prozentpunkt.

Derweil hat sich die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt in der vergangenen Woche erneut leicht eingetrübt. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe legte um 9000 auf 228.000 zu, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Es ist der zweite Anstieg in Folge. Analysten hatten im Schnitt mit 225.000 Anträgen gerechnet.

Trotz des Anstiegs bleibt das Niveau der Hilfsanträge im längeren Vergleich niedrig. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gelten als kurzfristiger Indikator für die Entwicklung des amerikanischen Arbeitsmarkts. Trotz der Konjunkturschwäche klagen viele Unternehmen über einen Mangel an Arbeitskräften.

In Deutschland liegen wir leider bei ca. 10%

Die Gründe:

  • schlechte Regierungsarbeit
    • ab 01.10.2022 8 % Zuschlag auf Spritpreise (Co² - Umlage)
    • Weitere Steuern und Gebüren
    • abkassieren ohne Rücksicht
    • unfähigkeit der Regierung
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US senkt Einkommenssteuerklassen um sieben Prozent

Die US-Steuerbehörde Internal Revenue Service (IRS) hat beschlossen, die Einkommenssteuerklassen für das Steuerjahr 2023, das im Laufe des Jahres 2024 eingereicht wird, um sieben Prozent zu senken, hieß es in einer Erklärung.

18. Oktober 2022, USA, Washington: US-Präsident Joe Biden spricht vor den Zwischenwahlen im Howard Theatre über das Thema Abtreibung. Bild: Jordan Tovin/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa - Jordan Tovin/SOPA Images via ZUM / DPA

18. Oktober 2022, USA, Washington: US-Präsident Joe Biden spricht vor den Zwischenwahlen im Howard Theatre über das Thema Abtreibung. Bild: Jordan Tovin/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa - Jordan Tovin/SOPA Images via ZUM / DPA© Bereitgestellt von News 360

Diese Art der Anpassung ist keine einmalige Angelegenheit, da das Finanzamt die Steuern jährlich anpasst. Die hohe Inflation hat jedoch dazu geführt, dass die für dieses Jahr angekündigte Deflation mehr als das Doppelte der für 2022 angekündigten drei Prozent beträgt.

So wird die niedrigste Steuerklasse von zehn Prozent im Jahr 2023 bis zu 11.000 Dollar (vergleichbare Zahl in Euro) betragen, verglichen mit 10.275 Dollar im Jahr 2022. Für Ehepaare, die gemeinsam einen Antrag stellen, erhöht sich der Grenzwert für diese Stufe von 20.550 $ auf 22.000 $.

Die 12-Prozent-Grenze gilt im nächsten Jahr für alle Einkünfte bis zu 44.725 Dollar, gegenüber 41.775 Dollar in diesem Jahr, während die Grenze für gemeinsame Steuererklärungen bei 89.450 Dollar liegt, gegenüber 83.550 Dollar in diesem Jahr.

Für Beträge über 44.726 Dollar gilt eine 22-prozentige Staffelung, deren Grenze um 6.300 Dollar auf maximal 95.375 Dollar angehoben wurde. Bei einer Ehegattenerklärung liegt der Höchstbetrag für diese Steuerklasse bei 190.750 Dollar (12.600 Dollar mehr).

Danach besteuert das Finanzamt das darüber liegende Einkommen mit 24 % bis zu einer Obergrenze von 182.100 $ (12.050 $ mehr als in diesem Jahr). Die Partnerrenditen erhöhen ihre Obergrenze in dieser Stufe um 24.100 $ auf 364.200 $.

Dann gibt es noch die 32-Prozent-Regelung für Alleinstehende, die mehr als 182.100 Dollar verdienen, bis zu einem neuen Höchstbetrag von 231.250 Dollar, der von den für 2022 geplanten 215.950 Dollar abweicht. Der Grenzwert für Ehepaare wurde auf 462.500 angehoben, im Vergleich zu den bisherigen 431.900.

Alle Einkünfte, die über die oben genannten Beträge hinausgehen, werden mit einem Grenzsteuersatz von 35 Prozent besteuert, wobei die Grenze bei 578.125 Dollar (38.225 Dollar mehr) liegt. Für gemeinsame Steuererklärungen wurden die Höchstbeträge um 45.900 $ auf 693.750 $ erhöht. Alle darüber hinausgehenden Einkünfte werden mit einem maximalen Grenzsteuersatz von 37 % besteuert.

Alle Befreiungen und Freibeträge, die US-Steuerzahler in ihrer jährlichen Steuererklärung geltend machen können (Kinder, Transportkosten, Krankenversicherungsbeiträge usw.), wurden ebenfalls auf ein Niveau von fast sieben Prozent gesenkt.

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USA: China ist die größte Gefahr, Russland «akute» Bedrohung

Die US-Regierung sieht in ihrer neuen Militärstrategie China als dauerhaft größte Bedrohung. Es sei das einzige Land, dass «sowohl die internationale Ordnung umbauen will als auch zunehmend die Kraft dafür hat», sagte Verteidigungsminister Lloyd Austin bei der Vorstellung der Strategie am Donnerstag.

US-Soldaten beobachten die gemeinsame Militärübung zwischen Südkorea und den USA.

US-Soldaten beobachten die gemeinsame Militärübung zwischen Südkorea und den USA.© Lee Jin-Man/AP/dpa

Russland wird dagegen als «akute» Bedrohung eingestuft. Das Wort sei sorgfältig gewählt worden, betonte Austin. «Anders als China kann Russland die USA nicht auf lange Sicht systematisch herauszufordern», sagte Austin zur Begründung. «Aber die russische Aggression ist eine direkte und scharfe Bedrohung unserer Interessen und Werte.»

Einsatz von Atomwaffen

Zum Einsatz amerikanischer Atomwaffen heißt es, man werde dafür weiterhin eine sehr hohe Schwelle setzen. Die Strategie schreibt dabei allerdings nicht fest, dass sie nur als Antwort auf einen nuklearen Angriff verwendet werden sollen.

Für Nordkorea enthält die Strategie die Warnung, dass ein Einsatz von Atomwaffen gegen die USA oder ihre Partner «das Ende des Regimes» von Machthaber Kim Jong Un bedeuten würde. «Es gibt kein Szenario, in dem das Regime von Kim Atomwaffen einsetzen und überleben könnte», betont das Pentagon. Mit Blick auf den Iran heißt es, das Land habe derzeit keine Atomwaffe, «und wir glauben aktuell, dass es nicht versucht, eine zu bekommen». Allerdings baue der Iran nukleare Fähigkeiten auf, die eine Entwicklung von Atomwaffen ermöglichen würden.

Die 2018 unter US-Präsident Donald Trump eingeführten seegestützten Marschflugkörper SLCM-N, die Atom-Sprengköpfe tragen können, werden wieder abgeschafft. Man sei zu dem Schluss gekommen, dass sie nicht notwendig seien, sagte Austin. «Wir haben ausreichend Fähigkeiten in unserem Nukleararsenal.» Er verneinte die Frage von Journalisten, ob dies das falsche Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin sein könnte: «Er weiß, was unsere Fähigkeiten sind.» Ein anderes umstrittenes Projekt aus der Trump-Ära, den Nuklear-Sprengkopf W76-2 für auf U-Booten basierte Raketen, wurde hingegen beibehalten.

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USA führend bei der Produktion von Biofuel

Die USA sind nach Menge führend bei der Produktion von Bio-Kraftstoffen. Deutschland liegt im Ranking der Länder mit der höchsten Produktion auf dem fünften Rang, hinter Brasilien, Indonesien und China. Basis für die Grafik sind Daten des Mineralölkonzerns BP. Die Bundesrepublik ist damit zugleich europaweit der größte Produzent von aus Biomasse gewonnenem Treibstoff.

Unter den acht umsatzstärksten Biokraftstoff-Unternehmen der Welt befinden sich zwei europäische Unternehmen. Das zeigt diese Statista-Infografik auf Basis von Daten der Statista Company DB. Auf Platz eins liegt demzufolge die Andritz AG mit Sitz in Österreich. Das Unternehmen ist unter anderem im Bereich der Energieerzeugung durch Biomassekraftwerke und der Biomasse-Pelletierung tätig.

Biokraftstoffe sind flüssige (zum Beispiel Ethanol und Biodiesel) oder gasförmige (Biogas) Kraftstoffe, die aus Biomasse hergestellt werden. Sie sind für den Betrieb von Verbrennungsmotoren in Fahrzeugen bestimmt. Raps gehört zu den Pflanzen, die u.a. für die Produktion von Biodiesel verwendet werden. Weltweit wurden im Jahr 2020 etwa 41 Millionen Tonnen dieses Kraftstoffes hergestellt.

Um die Umweltverträglichkeit von Biokraftstoffen zu gewährleisten, hat die Bundesregierung die Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erlassen. Danach gelten Biokraftstoffe künftig nur dann als nachhaltig hergestellt, wenn sie - unter Einbeziehung der gesamten Herstellungs- und Lieferkette - im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen mindestens 50 Prozent an Treibhausgasen einsparen.

Die Grafik zeigt die Länder mit der größten Produktion von Biokraftstoffen 2021.

Laender mit der groessten Produktion von Biokraftstoffen 2021
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Oberbefehlshaber der US-Atomstreitkräfte warnt vor kommendem grösserem Konflikt: «Diese Ukraine-Krise ist nur das Vorspiel»

Der Krieg in der Ukraine sei bloss das «Aufwärmen», warnt der Oberkommandierende der US-Atomstreitkräfte. Der grosse Krieg komme. China und Russland würden die USA mit nuklearer Aufrüstung abhängen – und liessen sich auch nicht länger mittels Atomwaffen abschrecken.

«Diese Ukraine-Krise ist nur das Vorspiel»

«Diese Ukraine-Krise ist nur das Vorspiel»© Bereitgestellt von Blick

Admiral Charles A. Richard (62), Oberbefehlshaber von Stratcom, der US-Kommandostelle für Atomstreitkräfte, nennt den Krieg in der Ukraine bloss den «Warm-up», das «Warmlaufen» oder das «Vorspiel» für den grossen Krieg, der komme. Richard warnt, dass China und Russland die USA im Nuklearbereich überflügeln. Dass die nukleare Abschreckung Amerikas nicht länger wirke.

«Diese Ukraine-Krise, in der wir uns gerade befinden, ist nur das Warmlaufen», sagte Richard am Donnerstag in einer Rede vor der Naval Submarine League in Virginia, wie das US-Verteidigungsministerium auf seiner Webseite meldet. «Die grosse Krise kommt noch», so Richard. «Und es wird nicht mehr lange dauern, bis wir auf eine Art und Weise getestet werden, wie wir es schon lange nicht mehr erlebt haben.»

Der Krieg in der Ukraine sei bloss der Auftakt zu grösseren militärischen Herausforderungen für die USA. Dabei verliere Amerika seinen Vorsprung bei den nuklearen Fähigkeiten. «Wenn ich unser Abschreckungsniveau gegenüber China beurteile, dann sinkt das Schiff langsam», sagte Richard. «Es sinkt langsam, aber es sinkt, da sie im Grunde genommen schneller als wir Fähigkeiten ins Feld bringen.» Laut Richard würden die USA bloss noch bei der Kriegsführung unter Wasser mit U-Booten dominieren.

Pentagon: «Wir müssen mehr tun»

Der Stratcom-Befehlshaber fordert, dass sich die USA von der Vorgehensweise in den 1950er-Jahren inspirieren lassen, als Amerika zur Weltmacht aufstieg. «Wir müssen die Art und Weise, wie wir die Verteidigung dieser Nation angehen, schnell und grundlegend ändern. Früher wussten wir, wie man schnell handelt, und das haben wir verlernt.» Ansonsten, so warnt der Admiral, «wird China uns einfach überflügeln, und Russland wird in absehbarer Zeit auch nicht verschwinden».

Das Pentagon ist sich der von Richard vorgetragenen Warnungen offenbar bewusst. Die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh (34) sagte am Freitag in einem Pressebriefing: «Wir sind sehr zuversichtlich in Bezug auf unsere Fähigkeiten, wenn es um China geht.» Admiral Richard habe seine Verteidigungsstrategie dargelegt, wonach «China unsere grösste Herausforderung bleibt. Wir wissen», räumte Singh jedoch ein, «dass wir in Bezug auf unsere eigene Bereitschaft und unsere eigenen Übungen mehr tun müssen, um mit China konkurrieren zu können.»

Moskau und Peking zeigen «wenig Interesse» an nuklearer Abrüstung

Dabei zeichnet das Pentagon auch in seiner am 27. Oktober veröffentlichten Nationalen Verteidigungsstrategie ein düsteres Bild zum nuklearen Gleichgewicht zwischen den USA, Russland und China. «Unsere wichtigsten Konkurrenten», heisst es darin, «bauen ihre nuklearen Fähigkeiten weiter aus und diversifizieren sie, um neuartige und destabilisierende Systeme sowie nichtnukleare Fähigkeiten zu entwickeln, die für strategische Angriffe genutzt werden könnten.»

China, so das 80-seitige Papier, «stellt die grösste und systemischste Herausforderung dar», während «Russland eine akute Bedrohung» sei. Sowohl Peking als auch Moskau hätten «wenig Interesse gezeigt, ihre Abhängigkeit von Atomwaffen zu verringern. Im Gegensatz dazu konzentrieren sich die Vereinigten Staaten auf den rechtzeitigen Ersatz von alten, im Einsatz befindlichen Systemen, die sich rasch dem Ende ihrer Nutzungsdauer nähern.»

China strebt an, bis Ende 2030 über mindestens 1000 atomare Sprengköpfe zu verfügen. Die Arsenale der USA und Russlands werden durch den Start-Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen auf je 1550 Sprengköpfe begrenzt. Beide Seiten verfügen jedoch über Trägerkapazitäten für den Einsatz von weit mehr Atomwaffen.

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Midterms: Bidens Demokraten bremsen die Republikaner – Trumps Kandidaten schwächeln

Noch ist vieles offen im Rennen um den US-Kongress. Doch fest steht, dass die Demokraten besser abschneiden als vorhergesagt. Drei Erkenntnisse aus einer bemerkenswerten Wahlnacht.

US-Präsident Joe Biden spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania. Foto: dpadata-portal-copyright=

US-Präsident Joe Biden spricht bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania. Foto: dpadata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt

Die ersten Wahllokale waren gerade geschlossen, da startete Joe Biden seinen Telefonmarathon. Der US-Präsident rief einen Wahlgewinner nach dem anderen an: Virginia, Colorado, Massachusetts im ersten Schwung. Rhode Island, Illinois, Pennsylvania im zweiten und so weiter, quer durch die Landkarte der USA.

Biden hatte viele Kandidatinnen und Kandidaten zu beglückwünschen, denn seine Partei konnte bei den wichtigen Kongresswahlen entscheidende Wahlkreise und Bundesstaaten verteidigen. Normalerweise wird die Partei des amtierenden Präsidenten bei den Halbzeitwahlen – den Midterms – abgestraft.

Doch nun sieht es so aus, als könnten die Demokraten den Schaden in Grenzen halten – und zum Unmut der Republikaner viele Achtungserfolge einfahren.

„Das ist definitiv keine republikanische Welle, so viel steht fest“, sagte der republikanische Senator Lindsey Graham dem Sender NBC. Noch sind viele Rennen nicht ausgezählt, die Kontrolle über das Repräsentantenhaus und den Senat ist offen – und es kann einige Zeit dauern, bis ein vollständiges Bild entsteht.

Doch schon jetzt ist klar, dass die Wahl nicht so verläuft, wie es die Republikaner erwartet haben. „Die Wahlnacht zeigt für die Republikaner viel engere Ergebnisse als erwartet“, sagte der politische Stratege Matt Dole dem Handelsblatt. „Die Partei hatte von einem massiven Erfolg geträumt. Jetzt kann sie froh sein, wenn sie eine Kammer im Kongress erobert.“

Was bedeuten die ersten Ergebnisse? Drei Erkenntnisse der Wahlnacht:

1. Inflation drückt auf die Stimmung – schadet den Demokraten aber nur in Maßen

Die Midterms sind die wichtigsten Abstimmungen zwischen zwei Präsidentschaftswahlen. Tausende wichtige Positionen in den Bundesstaaten werden besetzt sowie Mandate im Senat und Repräsentantenhaus, den beiden Kammern des US-Kongresses.

Bislang kontrollieren die Demokraten das Repräsentantenhaus mit einem kleinen Vorsprung. Der Senat ist genau fifty-fifty geteilt, dank der Extrastimme von Vizepräsidentin Kamala Harris können die Demokraten dort Gesetze beschließen. Vermutlich werden die Demokraten zumindest das Repräsentantenhaus verlieren, doch die Verluste dürften sich nach den ersten Ergebnissen in Grenzen halten.

Eigentlich hatte der Wahlabend in den USA mit einem „Wow-Effekt“ für die Republikaner begonnen: Sie zementierten den Status des 22 Millionen Einwohner zählenden Floridas als tiefrote Hochburg.

Doch gleichzeitig färbte sich die politische Landkarte blauer und blauer. Im strategisch wichtigen Bundesstaat Pennsylvania holte der Demokrat John Fetterman den Senatssitz. Er setzte sich knapp gegen den von Donald Trump unterstützten Fernseharzt Mehmet Oz durch – was angesichts eines emotionalen Wahlkampfs spektakulär ist.

Fettermann hatte im Wahlkampf einen Schlaganfall erlitten, seine Sprache ist seitdem eingeschränkt. Biden und die Demokraten hatten massive Mühen und Millionen in das Rennen gepumpt – und das zahlte sich aus.

Mit Pennsylvania haben die Demokraten jetzt deutlich bessere Chancen, ihre knappe Mehrheit im Senat zu halten – oder sogar auszubauen. Joe Biden wäre dann der erste demokratische Präsident seit John F. Kennedy, der bei Zwischenwahlen Sitze im Senat dazugewinnt.

Vorentschieden ist die Senatswahl aber noch nicht. In Georgia zum Beispiel, das zentral für die Mehrheit der Kongresskammer ist, könnte es im Dezember in die Stichwahl gehen. „Die Demokraten haben eine echte Chance, den Senat zu halten und ihre Verluste im Repräsentantenhaus zu begrenzen“, twitterte der frühere Präsidentschaftskandidat Joe Walsh. „Im Vergleich zu seinen Vorgängern scheint Biden eine verdammt erfolgreiche erste Halbzeit für einen amtierenden Präsidenten zu haben.“

Angesichts von Bidens schlechten Zustimmungswerten und Rekordinflation waren sich Demoskopen überwiegend sicher, dass die Demokraten deutliche Verluste hinzunehmen hätten. Laut dem Sender NBC spielten jedoch Themen wie das Recht auf Abtreibung fast eine ebenso große Rolle wie die US-Wirtschaft.

Und die schlechte Performance vieler Trump-Kandidaten deutet darauf hin, dass allzu radikale Bewerber zwar in Vorwahlen erfolgreich sind – aber die Hürde, tatsächlich ins Amt gewählt zu werden, für sie zu hoch ist.

2. Donald Trump hat sich womöglich überschätzt

Zumindest ist Donald Trumps Unterstützung, so eine Lehre der Midterms, kein Garant für einen Sieg. Trump hatte aus seinem Anwesen in Mar-a-Lago fast 300 Kandidatinnen und Kandidaten unterstützt. Seine Kundgebungen waren brechend voll, Trump ist nach wie vor der größte Spendensammler der Republikaner.

Doch seit seiner verlorenen Präsidentschaftswahl 2020 kamen in der Partei immer wieder Zweifel auf: Ist er mehrheitsfähig? Lässt sich der Fanatismus seiner Fans in Stimmen umwandeln?

„Die Republikaner müssen ihren zukünftigen Weg eingehend prüfen – dazu gehört auch die Führungsfrage“, sagt der politische Stratege Dolan. Laut NBC sinkt der Anteil der republikanischen Anhänger, die sich mit Trump identifizieren. Und wie die „Huffington Post“ berichtete, würde der republikanische Hedgefonds-Milliardär Ken Griffin nicht noch einmal für einen Präsidentschaftskandidaten Trump spenden.

Immer wieder deutete Trump zuletzt an, dass er 2024 noch einmal für das Weiße Haus kandidieren wolle. Am 15. November nun will er „eine große Ankündigung“ in seinem Golfklub in Florida machen, wie er am Montag mitteilte. Damit stimmten die Amerikaner am Dienstag implizit auch über Trump ab.

Strategen aus beiden Parteien waren sich in der Nacht zu Mittwoch einig, dass es für Trump schlechter lief, als dieser es sich gewünscht hätte: In New Hampshire zum Beispiel gewann die demokratische Senatorin Maggie Hassan gegen den von Trump unterstützten Herausforderer Don Bolduc. Und auch Blake Masters, ein vom deutschen Investor Peter Thiel geförderter Trumpist, wird im Senatsrennen in Arizona wohl abgehängt.

„Die große Erkenntnis des Abends: Die von Trump unterstützten Kandidaten tun sich schwer in Rennen, die eigentlich einfach zu gewinnen gewesen wären“, sagte Dan Eberhart, CEO des Öl-Dienstleisters Canary aus Denver, der seit Jahren für die republikanische Partei spendet.

Bidens frühere Regierungssprecherin, Jen Psaki, räumte ein, dass die Demokraten zwar ein Problem in Florida hätten, wo die Republikaner mit überwältigenden Mehrheiten gewonnen haben. „Doch die Republikaner haben ein Trump-Problem, und das ist viel schwieriger zu lösen“, betonte sie.Mehr zum ThemaAlle Entwicklungen und Ergebnisse der Midterms lesen Sie im Newsblog

Erfolge für die Demokraten, doch Repräsentantenhaus geht wohl verloren – So läuft die US-Wahlnacht

Donald Trumps Geist lebt – und wird nach den Zwischenwahlen allgegenwärtig seinPlanmäßig lief es für Trump unter anderem in Ohio, wo sich Trumps Kandidat J.D. Vance sich gegen den demokratischen Senator Tim Ryan durchsetzen konnte. Vance war vor einigen Jahren auch in Deutschland bekannt geworden, mit seinem Bestseller „Hillbilly Elegy“.

Auch ins Repräsentantenhaus ziehen viele Abgeordnete ein, die Trump treu zur Seite stehen und unter anderem den Sturm aufs Kapitol vom 6. Januar 2021 als „Demo“ herunterspielen. Rechte Kandidatinnen und Kandidaten wie Marjorie Taylor Greene oder Matt Gaetz, echte „Maga-Republikaner“, verteidigten ihre Sitze locker.

In Colorado wiederum hat es Trumps Kandidatin Lauren Boebert überraschend schwer, ihren Sitz im Repräsentantenhaus erneut zu gewinnen – alles in allem legt Trumps Kandidatenpalette eine gemischte Performance hin.

Zumal ein parteiinterner Rivale von Donald Trump, der republikanische Gouverneur Ron DeSantis, in Florida einen regelrechten Triumph feiern konnte. Er gewann seine Wiederwahl mit zweistelligem Vorsprung. DeSantis gilt als aussichtsreicher Bewerber für die Präsidentschaftswahlen 2024 – und als konservative Firewall. Florida sei der Bundesstaat, „wo Wokismus sterben wird“, rief er bei seiner Siegerrede.

3. Die USA bleiben unberechenbar

Verkompliziert werden die Midterms dadurch, dass die Auszählungen Tage oder gar Wochen dauern könnten. Sollte es im Bundesstaat Georgia tatsächlich in die Stichwahl gehen, kennt man die genaue Verteilung im Senat erst am 6. Dezember.

Das Repräsentantenhaus, das gilt weiterhin als wahrscheinlich, könnte an die Republikaner gehen. „Es ist klar, wir werden das Repräsentantenhaus zurückerobern“, rief der Republikaner Kevin McCarthy in der Wahlnacht. McCarthy will Nancy Pelosi beerben, die momentan die demokratische Mehrheit in der Kammer anführt.

Doch die Republikaner hatten auf eine bequeme zweistellige Mehrheit gesetzt. Das ist nun alles andere als sicher, womöglich werden es nur wenige Sitze Vorsprung.

Die Republikaner könnten zur großen Unberechenbaren in der Kammer werden, sollte sich ihre Fraktionen aus radikalen „Maga-Republikanern“ und moderateren Abgeordneten gegenseitig blockieren, mit wenig Spielraum für Abweichler.

So oder so wird es für Joe Biden ungemütlich, wenn die Opposition eine oder beide Kongresskammern dominiert. Die Republikaner drohen mit einem Impeachment-Verfahren wegen des chaotischen Afghanistanabzugs oder der Flüchtlingskrise an der Grenze zu Mexiko. Außerdem können sie Biden mit Ermittlungen gegen dessen Regierung und Familie vor sich hertreiben. Die Zwischenwahlen könnten auch bei der Außenpolitik ihre Spuren hinterlassen: Die Republikaner haben im Wahlkampf mit einem Stopp der Ukrainehilfen gedroht.

Unabhängig vom Wahlausgang ist die Stimmung in den USA angespannt, die republikanische Partei drohte noch in der Wahlnacht mit Klagen gegen das Ergebnis. „Blutbad!!!!“ twitterte Donald Trumps Sohn Don Jr.

Was potenzielle Aggressionen anheizte, waren vereinzelte Pannen in Wahllokalen: Im bevölkerungsreichen Wahlkreis Maricopa County in Arizona war am Dienstag jede vierte Stimmzettelmaschine von Störungen betroffen. Ausgerechnet dieser Wahlkreis stand schon 2020 im Zentrum von Mühen der Republikaner, die Präsidentschaftswahlen für ungültig zu erklären.

In rechtskonservativen Kreisen gehen Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug viral. „Jetzt geht das schon wieder los?“, wütete Trump auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social. „Die Leute werden das nicht dulden!!!“

Unabhängige Wahlbeobachter der OECD halten sich in den USA auf. Eine Lektion der Midterms ist, dass das Misstrauen in den demokratischen Prozess inzwischen tief verankert ist.

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Warum Computerchips über die Macht zwischen Amerika und China entscheiden

Hightech-Waffen hängen stark von der Rechenleistung ab.

Hightech-Waffen hängen stark von der Rechenleistung ab.© iStockphoto

Von autonomen Drohnen-Schwärmen bis hin zu unsichtbaren Kämpfen im Cyberspace und über das elektromagnetische Spektrum hinweg wird die Zukunft der Kriegsführung von der Rechenleistung bestimmt werden. Halbleiter, jene winzigen Siliziumchips, die in Rechenzentren, Geschirrspülern, Autos und Kaffeemaschinen zum Einsatz kommen, waren und sind längst nicht nur für Enderbrauchergeräte von Bedeutung.

Da sich die Vereinigten Staaten darauf vorbereiten, die dramatische Verschlech­terung ihrer militärischen Position in Asien rückgängig zu machen, werden die Verteidigungssysteme mehr denn je auf Chips angewiesen sein, um Führungsfunktionen, Kommunikation, Erfassungsfunktionen und Informationsverarbeitung bereitzustellen. Ob die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten ihren Vorsprung in der Entwicklung und Herstellung von Chips halten können, wird für das militärische Gleichgewicht rund um den Globus entscheidend sein.

Im zurückliegenden halben Jahrzehnt haben die Vereinigten Staaten den Transfer von fortschrittlichen Chips und Chipherstellungswerkzeugen nach China be­schränkt. Unter dem früheren Präsidenten Donald Trump sahen viele Kommentatoren diesen Schritt fälschlicherweise als Teil seines Handelskrieges. Doch die gegenwärtige Administration Biden hat hier nicht gegengesteuert, sondern den chinesischen Zugang zu modernster Chiptechnologie sogar weiter eingeschränkt: Im Oktober kündigte das Weiße Haus die bisher umfassendsten Restriktionen für Halbleiter gegenüber der Volksrepublik an. Diese neuen Kontrollen verbieten den Transfer fortschritt­licher Grafikprozessoren (GPU-Chips), die etwa für Anwendungen der Künst­lichen Intelligenz in Rechenzentren verwendet werden, nach China, sie unter­sagen Amerikanern die Zusammenarbeit mit führenden chinesischen Halbleiterunternehmen oder Supercomputer-Betreibern, und sie verbieten den Transfer oder die Wartung von in Amerika gefertigten fortschrittlichen Chipherstellungswerkzeugen nach China.

Das Ziel dieser Maßnahmen ist klar: Sie sollen weitere Fortschritte in der chinesischen Chipindustrie stoppen. Das Treffen zwischen dem chinesischen Staats- und Parteichef Xi Jinping und dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden auf Bali mag einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen entgegengewirkt haben, es wird an der grundlegenden Dynamik aber nichts ändern: China ist entschlossen, die militärische Vorherrschaft Amerikas zu be­enden, während Washington nicht bereit ist, Peking die Landkarte neu zeichnen zu lassen.

Eine neue Ära der Kriegsführung

Diese Dynamik ist auch der wichtigste Grund für die verschärften amerika­nischen Beschränkungen für den Transfer von Chiptechnologie nach China. Die zentrale Herausforderung für die Verei­nigten Staaten und ihre Verbündeten in Asien besteht darin, dass das militärische Kräfteverhältnis zumal in potentiellen Krisenherden wie der Straße von Taiwan nicht mehr eindeutig zu ihren Gunsten ausschlägt. Jedenfalls sind die Zeiten längst vorbei, in denen die Vereinigten Staaten rund um die Welt einen konkurrenzlosen Zugang zu den Meeren und zum Luftraum hatten, der durch Präzisionsraketen und Rundumsicht-Sensoren gewährleistet worden war. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat China enorme Mittel in Hochtechnologiewaffen investiert und die Doktrin der Mao-Ära aufgegeben, einen Lowtech-Volkskrieg zu führen. Stattdessen hat sich Peking der Idee verschrieben, dass die Kämpfe der Zu­kunft auf fortschrittlicher Sensorik, Kommunikation und Computern basieren werden. China entwickelt gegenwärtig jene technologische Infrastruktur, die fortschrittliche Streitkräfte benötigen.

China verfügt dabei schon über eine Reihe von Waffen, die systematisch die Vorteile der Vereinigten Staaten untergraben. Seine präzisen Antischiffsraketen machen es für amerikanische Überwasserschiffe gefährlich, in der Nähe von Taiwan oder im Südchinesischen Meer zu operieren, und halten die Seemacht Wa­hingtons in Schach. Neue Luftabwehr­systeme stellen Amerikas Fähigkeit in­frage, den Luftraum in einem Konflikt zu beherrschen. Landgestützte Langstreckenraketen bedrohen amerikanische Mi­litärstützpunkte von Japan bis Guam. Chinas Antisatellitenwaffen wiederum könnten Kommunikationssatelliten zerstören und GPS-Netze lahmlegen. Chinas Cyberwar-Fähigkeiten wurden noch nicht im Krieg getestet, aber die Chinesen würden sicherlich versuchen, ganze amerikanische Militärsysteme außer Ge­fecht zu setzen. Im elektromagnetischen Spektrum könnte China versuchen, die amerikanische Kommunikations- und Überwachungssysteme derart zu stören, dass das Militär weder Feinde erkennen noch mit Verbündeten kommunizieren kann.

Hinter all diesen Fähigkeiten verbirgt sich eine neue Ära der Kriegsführung, die durch fortschrittlichere, teilweise autonome militärische Systeme gekennzeichnet ist. Chinesische Verteidigungsbeamte argumentieren, dass die Kriegsführung nicht nur „informatisiert“, sondern auch „intelligentisiert“ wird – ein eleganter Mi­­litärjargon, der die Anwendung Künstlicher Intelligenz auf Waffensysteme meint. In der Tat ist die Rechenleistung seit einem halben Jahrhundert ein zen­traler Bestandteil der Kriegsführung, auch weil die Menge an Einsen und Nullen, die zur Unterstützung militärischer Systeme genutzt werden kann, millionenfach größer ist als in früheren Jahrzehnten. Neu ist heute, dass die Vereinigten Staaten, die in den späten Fünfzigerjahren Halbleiter für den Einsatz in Raketenleitsystemen aus der Zeit des Kalten Krieges erfanden, nun einen ernst zu nehmenden Herausforderer haben.

Welche Daten sind ein Vorteil

China übertrifft das amerikanische Mi­litär schon jetzt in vielen quantitativen Aspekten, beispielsweise in der Anzahl der Schiffe in seiner Marine oder der landgestützten Raketen in seinem Arsenal. Nun will China seine quantitativen Vorteile mit qualitativen Verbesserungen in den Rechen- und Erkennungsfähigkeiten verbinden und mit den Vereinigten Staaten sozusagen nicht nur Schiff für Schiff, sondern auch Byte für Byte konkurrieren. Das Schicksal der chinesischen Halbleiterindustrie ist deshalb nicht in erster Linie eine ökonomisch-kommerzielle Frage – das Land, das die besseren Chips herstellen kann, wird vielmehr zukünftig auch einen ernsthaften militärischen Vorteil haben.

Welche Faktoren werden diesen Wettlauf im Computerbereich bestimmen? Im Jahr 2021 veröffentlichte eine Gruppe amerikanischer Technologie- und Au­ßen­politikfachleute unter der Leitung des ehemaligen Google-Vorstandsvorsitzenden Eric Schmidt einen Bericht, in dem sie vorhersagte, dass China die Vereinigten Staaten als weltweite KI-Supermacht ablösen könnte. Die chinesische Führung scheint das ähnlich zu sehen. Wie die Militärexpertin Elsa Kania anmerkt, spricht die Volksbefreiungsarmee seit mindestens einem Jahrzehnt von „KI-Waffen“ und bezieht sich dabei auf Systeme, die „KI einsetzen, um feindliche Ziele automatisch zu verfolgen, zu unterscheiden und zu zerstören“. Xi Jinping selbst hat die Führung der Volksbefrei­ungsarmee aufgefordert, die Entwicklung der militärischen Intelligenz“ als Verteidigungspriorität zu beschleunigen.

Doch natürlich ist nicht ausgemacht, dass China den Wettlauf um die Entwicklung und den Einsatz von Systemen mit Künstlicher Intelligenz gewinnen wird, auch weil es in darin nicht um eine einzelne Technologie geht, sondern um komplexe Systeme. Dabei sei auch daran erinnert, dass das Wettrüsten während des Kalten Krieges nicht von dem Land gewonnen wurde, dem zuerst gelang, einen Satelliten ins All zu bringen. Dennoch sind Chinas Fähigkeiten in der Künstlichen Intelligenz inzwischen unbestreitbar beeindruckend. Wie Ben Buchanan von der Georgetown University einmal formulierte ist ein „Dreiklang“ aus Daten, Algorithmen und Rechenleistung erforderlich, um KI nutzbar zu machen. Abgesehen von der Rechenleistung sind die Fähigkeiten Chinas möglicherweise schon mit denen der Vereinigten Staaten vergleichbar.

Wenn es um den Zugang zu den Daten geht, die in KI-Algorithmen eingespeist werden können, haben im Grunde weder China noch die Vereinigten Staaten einen klaren Vorteil. Diejenigen, die hier Pe­king im Vorteil sehen, argumentieren meist damit, dass der Überwachungsstaat und die riesige Bevölkerung des Landes es ermöglichen, mehr Daten zu sammeln. Doch die Fähigkeit, Daten über Chinas Bevölkerung zu sammeln, ist im militä­rischen Bereich wahrscheinlich gar nicht sonderlich hilfreich – keine Datenmenge über die Online-Einkaufsgewohnheiten oder die Gesichtsstruktur aller 1,3 Milliarden Bürger Chinas jedenfalls wird ein Computerprogramm darauf trainieren, die Geräusche eines U-Boots zu erkennen, das in der Straße von Taiwan lauert. China hat keine inhärenten Vorteile beim Sammeln von Daten, die für militärische Systeme relevant sind.

China will Forscher behalten

Ob eine Seite einen Vorteil hat, wenn es um die Entwicklung cleverer Algorithmen geht, ist derweil schwieriger zu sagen. Gemessen an der Zahl der KI-Fachleute scheint China über Fähigkeiten zu verfügen, die mit denen der Ameri­kaner vergleichbar sind. Forscher von MacroPolo, einer auf China fokussierten Denkfabrik, fanden heraus, dass 29 Prozent der weltweit führenden Forscher auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz aus China stammen, im Gegensatz zu 20 Prozent aus den Vereinigten Staaten und 18 Prozent aus Europa. Ein großer Teil dieser Fachleute arbeitet allerdings in Amerika, wo diesen Angaben zufolge 59 Prozent der führenden KI-Forscher beschäftigt sind. Die Kombination aus neuen Visa- und Reisebeschränkungen sowie Chinas Bemühungen, mehr Forscher im eigenen Land zu halten, könnte jedoch Amerikas historisches Geschick, den geopolitischen Rivalen ihre klügsten Köpfe abzuwerben, zunichte machen.

Im Hinblick auf die verfügbare Re­chenleistung haben die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten jedoch immer noch einen beträchtlichen Vorsprung, auch wenn dieser in der jüngeren Vergangenheit erheblich geschrumpft ist. China ist immer noch in erschreckendem Maße von ausländischer Halbleitertechnologie abhängig, auch wenn das Land tatsächlich ordentlich aufgeholt hat. China gibt für den Import von Chips genauso viel Geld aus wie für den Import von Öl. Zwar verfügt die Volksrepublik über einige Fä­higkeiten im wichtigen Bereich des Chipdesigns, sie ist darin aber letztlich auf Software angewiesen, die von einem Oligopol dreier amerikanischer Unternehmen hergestellt wird. Die chinesischen Chipfertigungsanlagen sind – wie diejenigen in der übrigen Welt auch – auf amerikanische, japanische und niederländische Maschinen angewiesen, um zu funktionieren. Insgesamt lässt sich nach wie vor sagen: Auf vielen Stufen der Halbleiterlieferkette gibt es keine chinesischen Unternehmen, die auch nur an­nähernd an der Spitze stehen.

Für viele chinesische Militärsysteme war es jedoch bislang nicht schwierig, in den Vereinigten Staaten entwickelte und in Taiwan hergestellte Chips zu er­werben. Forscher haben umfangreiche Be­weise dafür gefunden, dass etwa in Amerika entwickelte und in taiwanesischen Fabriken gefertigte KI-Chips vom chi­nesischen Militär verwendet werden. Die im Ausland umstrittene Politik der chi­nesischen Führung der sogenannten zivil-militärischen Fusion schien bisher zu funktionieren: Mit dem Begriff ist der Versuch beschrieben, fortschrittliche zivile Technologie auf militärische Systeme zu übertragen und in diesen anzuwenden.

„Wir müssen einen so großen Vorsprung wie möglich halten“

Die jüngsten Halbleiterbeschränkungen der Biden-Administration sollen diese Dynamik ändern. Im Vorfeld der An­kündigung hielt der nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan eine viel beachtete Rede, in der er die Gründe da­für erläuterte. In der Vergangenheit hatte die amerikanische Regierung seinen Worten zufolge den Ansatz verfolgt, in der Chipherstellungstechnologie „nur ein paar Generationen voraus sein zu müssen“. Dieser sei nun verworfen und durch eine neue Strategie ersetzt worden, die Sullivan wie folgt zusammenfasste: „Wir müssen einen so großen Vorsprung wie möglich halten.“ Der Grundgedanke da­hinter sei, die „Fähigkeiten des Gegners auf dem Schlachtfeld zu beeinträch­tigen“.

Die Wirksamkeit dieser Strategie wird indes nun davon abhängen, wie andere Länder darauf reagieren. Die Vereinigten Staaten haben de facto ein Monopol auf fortschrittliche Chipdesignsoftware und auf die Herstellung bestimmter Chipwerkzeugmaschinen, zum Beispiel solcher, die in der Lage sind, ultrapräzise dünne Materialschichten aufzutragen, die in der Chipfertigung benötigt werden. Durch die nun auf den Weg gebrachten neuen Kontrollen hat Washington diese Engpässe zu einer Waffe gemacht, die den Transfer dieser Techniken nach China unterbinden soll.

Doch nicht alle Präzisionswerkzeuge, die zur Herstellung von Chips nötig sind, stammen aus der Produktion ameri­kanischer Unternehmen. Das niederländische Unternehmen ASML und das ja­panische Unternehmen Tokyo Electronic sind ebenfalls wichtige Lieferanten von Chipherstellungsausrüstung. Deutsche Un­ternehmen wie Zeiss und Trumpf wiederum liefern unersetzliche Bauteile für die Chipherstellungswerkzeuge von ASML. Diese Unternehmen und Länder stehen nun vor der Entscheidung, ob sie die amerikanischen Beschränkungen un­terstützen oder alternativ die Werkzeuge bereitstellen, die Chinas Hochtechnologieambitionen erfordern.

Ihre Entscheidung wird das künftige militärische Gleichgewicht in Asien letztlich mitbestimmen. Der russische An­griff auf die Ukraine in diesem Jahr unterstreicht, wie gefährdet der Frieden auf der Welt ist – und wie wichtig der tech­nologische Vorsprung des Westens nach wie vor ist. Die Lenksysteme der Raketen, die von der schwerfälligen Kreml-Armee des 20. Jahrhunderts eingesetzt werden, sind auf den Zugang zu aus dem Westen geschmuggelten Chips ange­wiesen, weshalb Russland Schwie­rig­keiten hat, große Mengen von Raketen selbst herzustellen, die in der Lage sind, die ukrainischen Streitkräfte prä­zise zu treffen. In der Zwischenzeit ha­ben die hochpräzisen HIMARS-Raketen, die der Ukraine zur Verfügung gestellt wurden, ihrerseits dazu beigetragen, den Kriegsverlauf zugunsten Kiews zu wenden.

Im Vergleich zu Wladimir Putin vor dem aktuellen Angriff Russlands auf die Ukraine hat die chinesische Führung ihre Bereitschaft, Taiwan mit „nicht friedlichen Mitteln“ zu erobern, noch deutlicher zum Ausdruck gebracht. In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten hat sie systematisch viele der dafür erforderlichen Fähigkeiten entwickelt und da­bei Amerikas militärischen Vorsprung dramatisch untergraben.

Die Vereinigten Staaten werden nicht mehr Schiffe oder Drohnen bauen als Peking, sodass ihre Verteidigungsanstrengungen in Asien we­sentlich davon abhängen, über Militärsysteme zu verfügen, die intelligenter sind als das, was China produzieren und dem entgegensetzen kann. Ob Europa und Japan die Bemühungen der Vereinigten Staaten, Chinas Zugang zu mo­dernster Chiptechnologie zu begrenzen, unterstützen oder untergraben, wird mit darüber entscheiden, ob der Vorsprung des Westens in der Militärtechnologie bestehen bleibt.

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USA cleverer: Deutschland bekommt die Quittung
US-Präsident Biden prescht mit üppigen Subventionen voran.
US-Präsident Biden prescht mit üppigen Subventionen voran. (Quelle: imago images)

wo wir sind, ist vorn. Und wenn wir hinten sind, ist hinten vorn. Ungefähr so muss es sich für unsere europäischen Nachbarn angehört haben, als sie nach Lösungen für die Explosion der Energiepreise gesucht haben und Olaf Scholz mit seinem Doppelwumms um die Ecke geprescht kam. Herr Wichtig knallte die Geldbündel auf den Tisch, half mit großer Geste seinem Volk und den eigenen Firmenbossen aus der Gaspreispatsche und hatte für die armen Schlucker von nebenan auch noch etwas übrig. Nämlich einen Kommentar: Macht mal Platz, ihr Loser!

Zugegeben, wer dem Bundeskanzler schon einmal länger als 15 Sekunden gelauscht hat, der weiß, dass er sich dermaßen markant noch nie geäußert hat. In der Sache ändert das aber nichts: Deutschland hat mit seinen üppigen Hilfspaketen für die heimische Industrie seine Nachbarn an die Wand gespielt. Trotz des Protestgeheuls aus Rom, Paris und anderen europäischen Hauptstädten erhalten deutsche Unternehmen großzügigere Unterstützung als in anderen Ländern des gemeinsamen Marktes, der sich eigentlich durch gleiche Bedingungen und Chancen auszeichnen sollte. Das "level playing field" – Ökonomen-Jargon für fairen Wettbewerb – ist durch den Doppelwumms ganz schön in Schieflage geraten. Bisher hat es die deutsche Politik an Empathie für die weniger betuchten Mitgliedsstaaten fehlen lassen. Doch dem Einfühlungsvermögen wird nun auf die Sprünge geholfen – indem Deutschland jetzt dieselbe unangenehme Erfahrung macht: Ein Big Spender spielt den bundesrepublikanischen Zwerg an die Wand. Und diesmal sitzt Berlin im selben Boot wie seine lieben, ebenso verzwergten Nachbarn.

Die USA packen nämlich die ganz große Wundertüte aus und subventionieren die Errichtung von Fabriken, dass es nur so kracht. In Europa ist man alarmiert. Wirtschaftsminister Habeck empört sich gemeinsam mit seinen EU-Kollegen über das transatlantische Konkurrenzgehabe und sorgt sich jetzt deutlich betroffener um das "level playing field" als noch bei der Verkündigung des Berliner Milliardenfeuerwerks. Die Aufregung ist berechtigt. Die Truppe um Präsident Joe Biden hat eine Wirtschaftsförderungsmaschinerie zusammengeschraubt, die unternehmerische Investitionen aus dem Ausland wie ein Staubsauger in die USA zieht: Lieber CEO, Sie möchten möglicherweise zu uns? Wir hätten da einen richtig fetten Zuschuss für Sie. Unterschrift bitte unten rechts. Welcome to America!

Kein Wunder also, dass Unternehmen nach Westen driften. Kräftigen Rückenwind bekommt der Trend durch die Energiepreise. Während in Europa angesiedelte Firmen erst in die leere Pipeline und dann in die Röhre schauen, sitzen Unternehmen, die in den USA produzieren, beim weltgrößten Erdölförderer direkt an der Quelle. Das Preisgefälle lockt die Firmen westwärts, und die US-Subventionen ziehen noch kräftiger mit.

Der doppelte Anreiz zur Auswanderung wirkt: Der Exodus aus Europa läuft bereits anTesla hat die geplante Herstellung von Akkus in Brandenburg erst mal auf Eis gelegt und schaut mit verklärtem Blick auf Standorte in der amerikanischen Heimat. Einem Unternehmen aus Schweden sind für seine geplante Batteriefabrik die USA auf einmal näher als die Wiese in Norddeutschland, auf der das Werk eigentlich stehen sollte. Allerorten ist ein geschäftiges Rascheln zu hören, während Unternehmen ihre Koffer packen. Nur an den Kabinettstischen in Europa hört man ein hektisch flatterndes Geräusch. Das ist der Puls.

Ja und? So ist das nun mal im Kapitalismus, könnte man sagen. Geschäft ist Geschäft – auf Wiedersehen, au revoir, hasta la vista, jedenfalls bis die Konditionen wieder stimmen. Und überhaupt: Subventionieren wir Europäer nicht auch alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist?

Mag sein. Aber die Großzügigkeit von Mister Biden ist mit ein paar klitzekleinen Auflagen garniert. So erhält zum Beispiel demnächst jeder amerikanische Käufer eines Elektroautos einen Bonus von erfrischenden 7.500 Dollar – vorausgesetzt, das E-Auto wurde in den USA montiert. Ansonsten nicht. In den Heimatländern von VW und Renault kommt das gar nicht gut an.

Und noch etwas fuchst die Vertreter aus der EU: Washington schüttet den Geldsegen mit besonderem Eifer über grünen Technologien aus. Das klingt zwar erst mal gut, denn bekanntermaßen ist es für die klimaneutrale Neuausrichtung der Industriestaaten nicht nur in Europa höchste Zeit. Der Haken: Die USA vergrößern damit ihren Vorsprung in der wichtigsten Zukunftsbranche. Ganz vorne bei klimaneutraler Technik hätten die Europäer, und ganz besonders die Ampelleute in Berlin, sich eigentlich gerne selbst gesehen. Nun schwimmen ihnen die Felle davon, und das kann die ganze Wirtschaft den Bach runterziehen.

Jetzt wird verhandelt, solange es noch geht. Die Zeit ist knapp, denn das amerikanische Förderungsprogramm ist vom Kongress bereits beschlossen und tritt zum Jahreswechsel in Kraft. Die Chancen auf eine Einigung stehen nicht gut. Denn im Land der unbegrenzten Möglichkeiten kloppen sich Demokraten und Republikaner darum, wer am lautesten "kauft amerikanisch!" brüllt und deshalb als größter Patriot ganz oben aufs Treppchen kommt. Mit Fairness im internationalen Handel lässt sich in den USA kein Blumentopf und schon gar keine Wahl gewinnen.

Auf unserer Seite des Atlantiks hingegen sind die Optionen, um gegen die Benachteiligung vorzugehen, nicht so doll. Zwar denkt man über eine Beschwerde bei der Welthandelsorganisation nach – aber bis die Erfolg hätte, zögen Jahre ins Land. Dann sind die fortgelockten Unternehmen längst über alle Berge. Wie wäre es also alternativ mit einer Retourkutsche: Vergeltung durch Strafen und Zölle? Bloß nicht. Denn damit riskiert man einen Handelskrieg mit den USA, während transatlantische Einigkeit gegenüber China und Russland doch jetzt bitter nötig ist. Natürlich könnten Scholz, Macron und ihre Kollegen im Wettkampf um das größte Geschenk an die Industrie auch einfach mitbieten: Subventionswettbewerb nennt sich das dann. Der ist aber so teuer und so hässlich, wie er klingt.

Die Amerikaner jedenfalls geben sich unschuldig. "Wir greifen doch nur unseren armen, gebeutelten Bürgern unter die Arme", flötet es aus Washington, weshalb die entsprechende Gesetzgebung als "Inflation Reduction Act", also als Inflationsreduzierungsgesetz firmiert. Und hey, es ist sogar klimafreundlich! Wieso Wettbewerbsverzerrung? Sorry, your problem, wir helfen eben nur bei uns daheim.

In Paris, Rom und Brüssel hat man diesen Spruch kürzlich schon mal irgendwo gehört: aus Deutschland. In Berlin hingegen könnte man ihn für ein unerwartetes Echo halten. Die Herren Scholz, Habeck und Lindner jedenfalls sollten den amerikanischen Egotrip für einen Moment der Einkehr nutzen: zurückschauen, zur Ruhe kommen, sinnieren über Weisheit, Fairness und den Doppelwumms. Und der geflüsterten Botschaft lauschen, die über den Atlantik herüberweht: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.

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Handelskrieg: US-Regierung lässt EU-Vertreter auflaufen

Handelskrieg: US-Regierung lässt EU-Vertreter auflaufen

Handelskrieg: US-Regierung lässt EU-Vertreter auflaufen© Bereitgestellt von Berliner Zeitung

Die Gespräche zwischen der US-Regierung und Vertretern der Europäischen Union (EU) über den umstrittenen Inflation Reduction Act (IRA) können als gescheitert bezeichnet werden. Die Aussagen der EU-Vertreter nach dem dritten Treffen des Transatlantischen Handels- und Technologierats (TTC), sie gingen „leicht optimistischer“ aus den Gesprächen als sie vorher gewesen seien, waren höfliche Floskeln, um nicht einräumen zu müssen: Die US-Regierung denkt nicht daran, an ihrem 369 Milliarden US-Dollar schweren Investitionsprogramm etwas zu ändern. Außenminister Antony Blinken sagte nach dem Treffen bei einer Veranstaltung des Wall Street Journal laut Transkript des US-Außenministeriums, man sei zuversichtlich, ein Forum zu finden, das die Bedenken der Europäer adressieren werde. Es sei um Steuervergünstigungen bei Elektroautos und Rohstoffthemen gegangen, und er, Blinken, haben den EU-Vertretern klarmachen können, dass der IRA eine wichtige Maßnahme gegen den Klimawandel und eine große Chance für die gesamte Weltwirtschaft sei. Die EU-Kommissare Margrethe Vestager und Valdis Dombrovskis waren allerdings angereist, um den Amerikanern klarzumachen, dass die aus ihrer Sicht protektionistische Maßnahme für die EU schädlich sei.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, der auch Vorsitzender der Transatlantic Business Initiative (TBI) ist, äußerte sich laut Mitteilung des BDI desillusioniert: „Das dritte Treffen des transatlantischen Handels- und Technologierats war aus Sicht der deutschen Wirtschaft wenig erfolgreich. Es gab kleinere Fortschritte, in zu vielen Bereichen fehlen aber konkrete Ergebnisse.“ Bekenntnisse zu nachhaltigem Handel und zu gemeinsamen Standards sowie Fortschritte zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen seien zwar erste Schritte. Das Bekenntnis zur Arbeit an gemeinsamen Standards in der Elektromobilität sei ebenfalls ein positives Signal: „Diese sollten aber nicht nur die Ladeinfrastruktur umfassen, sondern auch weitere Bereiche wie CO₂-neutrale Kraftstoffe“, sagte Russwurm. Das Frühwarnsystem für Engpässe in der Halbleiterlieferkette müsse in enger Abstimmung mit der Industrie etabliert werden. Russwurm: „Die Gespräche zum Inflation Reduction Act verliefen aus Sicht der deutschen Industrie enttäuschend. Ziel muss weiterhin sein, dass die US-Behörden die Umsetzungsrichtlinien so großzügig wie möglich ausgestalten, um europäische Unternehmen nicht zu benachteiligen. Bestehende Differenzen muss die Taskforce noch vor Jahresende ausräumen.“ Der Präsident weiter: „Anstatt einen für beide Seiten schädlichen Subventionswettlauf zu starten, sollten US-Regierung und EU-Kommission alle Anstrengungen unternehmen, Protektionismus, Investitions- und Handelsbarrieren unter Partnern abzubauen.“ Neue Hemmnisse müssten vermieden werden. Darüber hinaus bewiesen „die Differenzen um das Gesetz die Notwendigkeit, dass sich die EU industriepolitisch besser aufstellen muss, um selbst attraktiver für Investitionen zu werden“, so Russwurm.

Der französische EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton war in Erwartung der Aussichtslosigkeit gar nicht erst nach Washington gereist. Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire fordert, EU-weite Subventionsprogramme aufzulegen und diese über gemeinsame Schulden zu finanzieren. Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach sich in einer Rede für „neue und zusätzliche“ EU-Mittel aus. Die niederländische Finanzministerin Sigrid Kaag lehnte dagegen eine neue gemeinsame Verschuldung ab und verwies auf die bestehenden Instrumente für Fördergelder. Auch Bundesfinanzminister Christian Lindner steht neuen gemeinsamen Schulden skeptisch gegenüber und glaubt, dass existierende Förderprogramme schneller wirken würden.

Die EU steht unter Zeitdruck, weil die US-Programme bereits am 1. Januar 2023 starten. Viele Unternehmen erwägen laut Politico einen Umzug von Europa in die USA, weil sie dort wesentlich profitabler produzieren könnten.

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