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Wasserstoff

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Energiekonzern: RWE plant Ammoniak-Terminal in Brunsbüttel

Ammoniak aus Wasserstoff wird nicht nur für Dünger eingesetzt, sondern könnte künftig auch Schiffe antreiben. RWE investiert darum in ein neues Terminal für den Import.

Der Energiekonzern RWE will im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel ein Importterminal für Ammoniak errichten. „RWE rechnet mit Investitionen im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich“, teilte das Unternehmen am Freitag in Essen mit. Über das Terminal sollen den Angaben zufolge ab 2026 jährlich rund 300.000 Tonnen grüner Ammoniak in Deutschland ankommen und an Kunden weiterverteilt werden. „Im nächsten Schritt ist geplant, an dem Terminal einen Cracker in großindustriellem Maßstab zu errichten, um grünen Wasserstoff auch vor Ort zu produzieren.“ Parallel dazu soll die Ammoniak-Menge auf zwei Millionen Tonnen pro Jahr ausgebaut werden.

Erst vor wenigen Tagen hatten sich der Bund, der niederländische Gasnetzbetreiber Gasunie und RWE darauf verständigt, in Brunsbüttel das erste deutsche Terminal für flüssiges Ergas (LNG) zu errichten. Das Ammoniakterminal von RWE soll in unmittelbarer Nähe dazu entstehen.

Ammoniak ist ein stechend riechendes und giftiges Gas. Seine großtechnische Erzeugung mit Stickstoff (N2) aus der Luft und Wasserstoff (H2) ist bereits ausgereift, da es ein wichtiger Ausgangsstoff für die Produktion von Düngemitteln ist. Neben Wasserstoff gilt klimaneutral erzeugtes Ammoniak auch als Kandidat für CO2-freie Antriebe, zum Beispiel in der Schifffahrt. Gegenüber Wasserstoff hat Ammoniak laut RWE deutliche Vorteile, denn es lasse sich einfacher, effizienter und kostengünstiger speichern und transportieren.

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Wasserstoff: 3 neue Großprojekte

Eine Börsenerkenntnis der letzten Jahre ist, dass plötzlich auftretende Ereignisse neue und zukunftsweisende Technologien deutlich antreiben. So stiegen Elektroauto-Aktien wie Tesla (WKN: A1CX3T) und BYD (WKN: A0M4W9) ab März 2020 plötzlich sehr stark und aufgrund der Kriegsfolgen könnten nun erneuerbare Energien und grüner Wasserstoff von einem noch schnelleren Ausbau profitieren.

Auch international setzt sich der Aufbau der Wasserstoff-Produktion fort. Beratungsunternehmen schätzen das jährliche Umsatzpotenzial der Branche bis 2050 auf bis zu 2,5 Billionen US-Dollar. Zuletzt wurden drei neue Projekte bekannt.

1. Green Hydrogen International plant 60-GW-Wasserstoff-Betrieb

Green Hydrogen International (GHI) möchte in Texas (USA) das bisher weltgrößte Wasserstoff-Produktions- und Speicherzentrum bauen. Das Projekt namens Hydrogen City soll über Wind- und Sonnenenergie später bis zu 60 GW Leistung erbringen. Daraus ergäbe sich eine jährliche Produktion von 2,5 Mio. Tonnen grünen Wasserstoff.

Er wird im Salzstock Piedras Pintas in Duval County mit einer Kapazität von bis zu 6 TWh gespeichert, um eine gleichmäßige Versorgung zu gewährleisten. Über Leitungen gelangt er nach Corpus Christi und Brownsville, wo er beispielsweise in Flugtreibstoff und grünen Ammoniak umgewandelt wird. Die Produkte sind auch für den Export vorgesehen. Das bestehende Leitungsnetz beliefert zudem direkt die texanischen Verbraucher mit Wasserstoff.

Bis 2026 ist zunächst der Aufbau einer zwei GW-Produktion und die Inbetriebnahme von zwei Speicherkavernen geplant. „Wir sehen Hydrogen City als eines der größten Wasserstoff-Produktionszentren der Welt, das viele verschiedene Kunden mit 100 % sauberem Kraftstoff versorgt“, so der GHI-Gründer und -CEO Brian Maxwell.

2. Ägypten baut Wasserstoff-Ammoniak-Anlage

Ägyptens General Authority for Suez Canal Economic Zone (SCZONE), der Sovereign Fund of Egypt, die Egyptian Electricity Transmission Company und die New and Renewable Energy Authority prüfen gemeinsam den Bau einer Wasserstoff-Ammoniakanlage. Sie soll in der SCZONE im Industriegebiet Ain Sokhna gebaut, mit erneuerbaren Energien betrieben und jährlich eine Mio. Tonnen Wasserstoff produzieren.

„Die SCZONE begrüßt die Gelegenheit, mit den angesehenen öffentlichen und privaten Einrichtungen zusammenzuarbeiten, die ihre Kräfte für die Entwicklung dieses Megaprojekts bündeln, und wir freuen uns, die Realisierung in den kommenden Monaten als ersten Schritt zur Einführung der grünen Ammoniak-Technologie und zur Schaffung eines Industriezentrums für grüne Kraftstoffe in der SCZONE zu begleiten“, so der SCZONE-Vorsitzende Yehia Zaki.

3. Petronas und ENEOS kooperieren

Die beiden Unternehmen unterzeichneten eine Vereinbarung zur Durchführung einer Machbarkeitsstudie für ein Wasserstoffproduktions- und -umwandlungsprojekt in Kerteh, Terengganu (Malaysia). Der Wasserstoff wird in Methylcyclohexan gewandelt und nach Japan an ENEOS-Raffinerien exportiert und anschließend an die japanische Industrie geliefert.

Eine endgültige Investitionsentscheidung fällt 2023. Die Anlage soll bis 2027 eine Kapazität von jährlich bis zu 50.000 Tonnen grünen Wasserstoff erreichen. Neben diesem untersuchen Petronas und ENEOS bereits die Machbarkeit weiterer Projekte.

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Alle setzen auf Elektro, Bosch geht in die Wasserstoff-Offensive

Brüllende Motoren sind das Mindeste, was man erwarten durfte: Schließlich fertigen die 4500 Mitarbeiter auf dem 130.000 Quadratmeter großen Werksgelände der Robert Bosch GmbH in Homburg vor allem Einspritzsysteme für Dieselmotoren und hydraulische Steuerungen für Landmaschinen.

Doch Besucher der saarländischen Bosch-Werke können Ohropax getrost Zuhause lassen: Abgesehen vom sommerlichen Vogelgezwitscher ist es still um die Fabriken, völlig lautlos gleiten einige große Limousinen durch die Werksstraßen.

Es handelt sich um eine kleine Flotte Toyota Mirai zum Stückpreis von 63.900 Euro in der Basisversion. Auf den Straßen eher selten zu sehen, sind die Autos auf dem Hof von Bosch ein Statement. Wie ein leises, trotziges Aufbegehren gegen den globalen Trend zur Elektromobilität sagt hier der weltgrößte Automobilzulieferer: Vergesst nicht die Vorteile von Wasserstoff und Brennstoffzelle.

Denn früher oder später steuern alle Bosch-Toyotas zwei weiße Container am Rande des Werksgeländes an und machen ihre Tanks mit Wasserstoff voll. Zwanzig Tonnen dieses flüchtigen Gases produziert Bosch selbst, in einer containergroßen Elektrolyse-Anlage gleich nebenan, die ihren Strom aus dem firmeneigenen Solarpark bezieht. „Der Kraftstoff ist heute schon billiger als Diesel“, freut sich Stefan Aßmann, Business Chief Digital Officer des Unternehmensbereichs Industrial Technology.

Bosch ist Automobilzulieferer, aber nicht nur: Auch beim Heizungsbauer Bosch Thermotechnik hat man das Potenzial des klimaneutralen Spaltprodukts von Wasser erkannt. Und deshalb will Bosch jetzt Wasserstoff-Erzeugung und Verwertung als Querschnittsthema massiv ausbauen. In Homburg ist ein ganzer „Wasserstoff-Kreislauf“ geplant, der von der Herstellung mittels Elektrolyse über die Nutzung in Heizungen und Motoren bis hin zur Rückverstromung in stationären Brennstoffzellen reicht.

„Wasserstoff wird zu einem Schlüsselelement für die Versorgungssicherheit“, sagt Bosch-Geschäftsführer und Fertigungschef Rolf Najork. „Wir bringen deshalb jetzt wasserstoffbasierte Technologien aus den Laboren in die industrielle Realität – auf die Straßen und in die Fabriken.“


Auf der Hannover Messe, die am 30. Mai zum ersten mal wieder als Präsenzveranstaltung die Massen lockt, will Bosch zeigen, wie weit man damit schon gekommen ist und was man noch alles plant. Ziel ist nichts Geringeres als die „Sektorkopplung“, also die Verbindung von Verkehr, Industrie, Strom- und Wärmeerzeugung über den Energieträger Wasserstoff.

Bosch-Komponenten sollen weltweit verbaut werden

Der Kreislauf beginnt mit der Elektrolyse, der Aufspaltung von Wasser mittels Elektrizität. Erstmals will Bosch jetzt auch Komponenten für Elektrolyse-Anlagen herstellen und mit Leistungselektronik zu „smarten Modulen“ kombinieren, um die Wasserstoffproduktion je nach Einsatzbereich flexibel an die Nachfrage anpassen zu können.

Geht es um den Einsatz von Wasserstoff ist das Kernelement eine von Bosch Rexroth und dem Partner Maximator Hydrogen ersonnene Lösung zur Kompression des Gases für Tankstellen, Speicher und Pipeline, die in Homburg erprobt wird. Bis zum Ende des Jahrzehnts will man diese Technik in weltweit 4000 Wasserstofftankstellen zum Einsatz bringen. Jede dritte Wasserstofftankstelle der Welt soll dann über Bosch-Komponenten verfügen.

Auf dem sich international sprunghaft entwickelnden Markt für Wasserstoff und seine Technologien dürfte insbesondere für Interesse sorgen, dass die Bosch-Tüftler eine besondere Schwierigkeit im Umgang mit dem Gas gemeistert haben wollen: das Problem mit den Dichtungen.

Denn Wasserstoff, das kleinste Molekül mit der Summenformel H2, ist schwer zu bändigen und in reiner Form kaum über lange Strecken zu transportieren: Es diffundiert überall hindurch und entfleucht leicht ungenutzt in die Atmosphöre. „Eine Achillesferse dieser Technologie“, sagt Manager Aßmann, gegen die man allerdings ein Heilmittel gefunden habe: Dank eines Bosch-Patents müssten Wasserstoff-Tankstellen in Zukunft nicht mehr einmal im Monat die Dichtungen der Rohrleitungen wechseln, sondern nur noch einmal jährlich.

Ein automatischer Dichtungstausch macht es möglich. „Die neuen containerbasierten Verdichter haben das Potenzial, die Gesamtkosten für Betreiber um die Hälfte zu senken“, feiert sich das Unternehmen. Bosch und Maximator leisteten so „einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Nutzung von grünem Wasserstoff in Pkws, Nutzfahrzeugen, Bussen und Zügen.“

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BMW arbeitet an Serienproduktion von Wasserstoffautos

BMW prüft die Serienproduktion von Wasserstoffautos. Das sagte der Vorstandsvorsitzende Oliver Zipse dem «Handelsblatt» (Freitag). Ab 2025 soll zudem eine «neue Klasse» von Elektroautos mit besseren und billigeren Batterien auf den Markt kommen. «Zum Start planen wir eine kompakte Limousine im 3er-Segment und ein entsprechendes sportliches SUV.»

BMW Logo.

© Christophe Gateau/dpa/ArchivbildBMW Logo.

BMW arbeitet demnach auch an der Entwicklung von Wasserstoffantrieben für diese neue Fahrzeuggeneration. «Ich kann mir gut vorstellen, dass wir in der neuen Klasse perspektivisch auch die Brennstoffzelle im Serieneinsatz sehen werden», sagte Zipse. «Wasserstoff als Energieträger wird in vielen Weltregionen eine wichtige Rolle spielen.»

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Sicheres, leichtes und günstiges Wasserstoff-Auto

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Kehrtwende: Warum Autohersteller doch auf Wasserstoff setzen sollten

Kritik hin oder her: Wasserstoff wird ein wichtiger Energieträger auch in der Autoindustrie.

Kritik hin oder her: Wasserstoff wird ein wichtiger Energieträger auch in der Autoindustrie.© dpa
Kritik hin oder her: Wasserstoff wird ein wichtiger Energieträger auch in der Autoindustrie.

Die Autoindustrie hat sich entschieden: Der E-Mobilität gehört die Zukunft. Oder vielleicht doch nicht? Der designierte VW-Chef Oliver Blume ist ein starker Befürworter sogenannter E-Fuels, also synthetischer Kraftstoffe. Auch im Vorstand des bayerischen Autobauers BMW gibt es einige Personen, die den Verbrennungsmotor noch nicht abschreiben wollen. Für sie wird die Luft allerdings allmählich dünn. Denn die Argumente, die gegen E-Fuels sprechen, sind vielfältig und schwerwiegend.

Um nur drei davon zu nennen: Synthetischer Kraftstoff ist teuer. Er lässt sich auch nur mit Mühe umweltfreundlich herstellen. Zudem sind E-Fuels sehr ineffizient. Ihre Energiebilanz liegt bislang noch weit unter der eh schon schlechten Klimabilanz fossiler Brennstoffe wie Öl oder Erdgas.

Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass synthetische Kraftstoffe in der Zukunft trotzdem eine Daseinsberichtigung haben. Für Flugzeuge oder LKWs etwa gibt es bisher nur wenige Alternativen. E-Fuels könnten eine wichtige Lücke nachhaltig schließen. Den meisten Autoherstellern ist inzwischen auch bewusst, dass E-Fuels eine interessante, aber aussichtslose Technologie für die Massenmobilität sind. Allerdings gibt es da noch die Basis, auf der E-Fuels hergestellt werden: Wasserstoff.

Umdenken bei BMW

Eigentlich hatte die deutsche Autoindustrie dem Brennstoffzellenantrieb schon vor längerer Zeit eine Absage erteilt. Der geschasste VW-Chef Herbert Diess rechnete vor, dass ein mit Wasserstoff betriebenes Fahrzeug dreimal mehr Strom benötigen würde als ein E-Auto. Denn statt den Strom einfach direkt von der Quelle in das Auto zu laden, muss der Wasserstoff erst aufwendig hergestellt werden, was natürlich zusätzlichen Strom verbraucht. Erschwerend hinzu kommt, dass die Effizienz einer Brennstoffzelle nur wenig höher liegt als bei einem Verbrennungsmotor.

Dennoch gibt es in der Branche ein Umdenken. BMW überlegt nun, in Zukunft womöglich doch auf Wasserstoff zu setzen. Einerseits über einen Hybrid-Antrieb mit einer großen Speicherbatterie, die auch per Kabel aufgeladen werden kann, andererseits als Stand-Alone-Antrieb. Von ganz allein kommt die Kehrtwende bei den Bayern aber nicht. Offenbar reicht die schmale E-Auto-Palette der Münchner nicht aus, um den Flottenverbrauch im Rahmen der zukünftigen EU-Grenzwerte einzuhalten.

Allein ist BMW mit seinen Überlegungen nicht. Toyota und Hyundai sind zwei Hersteller, die weltweit in Hinblick auf die Brennstoffzelle die Führung übernommen haben. Das plötzliche Interesse einiger Hersteller an Wasserstoff rührt auch aus der Angst, womöglich eine Zukunftstechnologie zu verpassen. Es wäre auch nicht das erste Mal, dass dies der deutschen Autoindustrie passieren würde.

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Ganz grundsätzlich sind Brennstoffzellen, neben einem Einsatz in LKWs, auch für andere Einsatzbereiche interessant. Dazu gehören Zeppeline, aber auch Flugzeuge. Eingesetzt werden Brennstoffzellen zudem in Wohnhäusern. Das Berliner Startup Home Power Solutions hat sich darauf spezialisiert, Eigenheime mittels Solaranlagen, die man an eine Brennstoffzelle koppelt, autark vom Stromnetz zu machen.

Auch in der Industrie werden Brennstoffzellen in Zukunft benötigt. Die EU plant einen „grünen Korridor“ für Europa. Heißt: Wasserstoff soll in Algerien und Marokko hergestellt und über Gasleitungen auf den Kontinent bis nach Norwegen transportiert werden. So soll vor allem die Industrie ihren Energiebedarf mittels Wasserstoff decken können. Das wiederum erfordert leistungsfähige Brennstoffzellen.

Was heißt das für die Branche und die Politik? Wasserstoff sollte auf der Agenda der Bundesregierung ganz oben stehen. Gleichzeitig sollten Hersteller die Technologie nicht vollständig abschreiben. Auch wenn es in naher Zukunft keine Massenmobilität mit Wasserstoff geben wird, ist die Weiterentwicklung der Technologie immens wichtig. Darauf zu verzichten würde für Unternehmen bedeuten, sich wie einst die Solarbranche, wieder in die Abhängigkeit anderer Länder zu begeben. Das darf nicht passieren.

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Dieselmotor für Wasserstoff umgerüstet, 26 Prozent effizienter

Dieselmotor für Wasserstoff umgerüstet, 26 Prozent effizienter

Dieselmotor für Wasserstoff umgerüstet, 26 Prozent effizienter© UNSW

Forscher*innen der University New South Wales in Sydney haben einen Dieselmotor so umgerüstet, dass er mit 90 Prozent Wasserstoff laufen kann. Der Motor spart so nicht nur CO2 ein, sondern ist auch effizienter.

Das Team rund um Professor Shawn Kook verbrachte 18 Monate mit der Entwicklung des Motors. Laut den Forscher*innen können bestehende Dieselmotoren, etwa von Lkw, in der Landwirtschaft oder im Bergbau, rückwirkend auf ihr neues System umgerüstet werden.

86 Prozent an CO2 wird eingespart

Die Studie, die im International Journal of Hydrogen Energy veröffentlicht wurde, gibt eine CO2-Einsparung von 86 Prozent an. Voraussetzung ist natürlich, dass es sich beim verwendeten Wasserstoff um grünen Wasserstoff handelt, der mit erneuerbaren Energien durch den Prozess der Elektrolyse erzeugt wurde.

“Diese neue Technologie reduziert die CO2-Emissionen bestehender Dieselmotoren erheblich und könnte daher eine große Rolle dabei spielen, unseren CO2-Fußabdruck viel kleiner zu machen”, sagt Kook in einer Aussendung. Die Möglichkeit, bereits bestehende Dieselmotoren umzurüsten, sei außerdem viel schneller, als auf die Entwicklung von neuartigen Brennstoffzellen zu warten.

Kleine Menge an Diesel nötig

Die Lösung der UNSW-Forscher*innen benötigt dabei immer noch kleine Mengen an Diesel, die zusammen mit dem Wasserstoff direkt in die Zylinder des Motors gespritzt werden. Dabei ist das Timing ausschlaggebend. “Wenn man einfach Wasserstoff in den Motor einspritzt und alles miteinander vermischen lässt, entstehen viele Stickoxide. Diese sind eine der Hauptursachen für Luftverschmutzung und sauren Regen”, erklärt Kook.

Der Prototyp des Diesel-Wasserstoff-Motors

Der Prototyp des Diesel-Wasserstoff-Motors© UNSW

Durch eine unabhängige Steuerung von Diesel- und Wasserstoffeinspritzung können diese Emissionen allerdings vermieden werden. Außerdem benötigt der Motor keinen hochreinen Wasserstoff, dessen Herstellung sehr teuer ist.

Effizienz wird gesteigert

Als positiver Nebeneffekt wird die Effizienz der Motoren um 26 Prozent gesteigert. Auch das hängt mit den exakt abgestimmten Zeitpunkten der Einspritzung zusammen, die eine möglichst vollständige Verbrennung ermöglichen.

“Bei Anwendungen, bei denen Wasserstoff gespeichert und bewegt werden muss - etwa bei Lkw-Motoren - müssten wir zusätzlich einen Wasserstofftank in unser System integrieren”, sagt Kook. Das sei im Moment eine ziemliche Herausforderung.

Marktreife in 2 Jahren wird angestrebt

An Standorten, wo Wasserstoff bereits über Leitungen verfügbar ist, könne man vorhandene Dieselaggregate aber relativ einfach umrüsten. Für solche Anwendungen, wie sie etwa im Bergbau oft vorkommen, soll der neue Motor in den kommenden 12 bis 24 Monaten auch kommerziell verfügbar sein.

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Opels Wasserstoff-Chefentwickler Dr. Lars Peter Thiesen: «Es ist falsch, nur auf eine Technologie zu setzen»

Während alle von E-Autos reden, bringt der Megakonzern Stellantis den ersten Wasserstoff-Transporter Opel Vivaro-e Hydrogen auf den Markt. Wir sprachen mit Projektleiter Lars Peter Thiesen über die grossen Hürden für die Technik und deren enorme Chancen für die Zukunft.

«Es ist falsch, nur auf eine Technologie zu setzen»

«Es ist falsch, nur auf eine Technologie zu setzen»© Bereitgestellt von Blick

Herr Dr. Thiesen, seit Jahren heisst es regelmässig: Die Wasserstoffmobilität für die breite Masse steht kurz vor dem Durchbruch. Auch Opel forscht seit Jahrzehnten – nun kommt das erste Auto auf den Markt. Warum erst jetzt? Lars Peter Thiesen: Es gab zwei wesentliche Herausforderungen auf diesem Weg. Zum einen mussten wir etliche technische Hürden bewältigen. Ein Beispiel dafür ist der Kaltstart: In der Brennstoffzelle entsteht aus der Zusammenführung von Wasserstoff und Sauerstoff die elektrische Energie für den Elektromotor – als Abfallprodukt bleibt Wasser im System zurück. Bei Minusgraden kann dieses Wasser gefrieren und die Brennstoffzelle beschädigen. Wir mussten ein hoch integriertes System samt Abschaltstrategie entwickeln, die das System ausbläst und auch kleinste Mengen Wasser entfernt, wenn das Auto abgestellt wird. Hätten Sie mich 1999 gefragt, als wir die Entwicklung dazu gerade begonnen hatten, wie lange es dauert, bis wir das Problem lösen, hätte ich gesagt: zwei bis drei Jahre. Wir haben dann zehn Jahre gebraucht.

Warum so lange? An den Membranen der Brennstoffzelle, wo die Reaktion stattfindet, fliesst getrennt voneinander Wasserstoff und Sauerstoff durch winzigste Kanäle. Zuerst hatten wir sie mäanderförmig gestaltet, wodurch in den Umkehrpunkten das Wasser hängen blieb. Um das zu verhindern, mussten wir das sogenannte Flow Field perfekt gestalten – das ist die wahre Kunst, vergleichbar mit der Gestaltung von Brennräumen in einem Verbrennungsmotor.

Und die zweite Herausforderung? Wasserstoff ist nicht nur ein Treibstoff, sondern ein Energieträger für ein ganzes Ökosystem. Wir, die Autohersteller, mussten uns mit der Energieindustrie, den Tankstellenbetreibern und auch der Politik sektorenübergreifend auf Standards einigen. Zuerst mussten wir uns überlegen, wie wir das Brennstoffzellenauto überhaupt betreiben wollen. Als wir uns auf reinen Wasserstoff geeinigt hatten, kam sofort die nächste Frage auf: Wollen wir den Wasserstoff als Druckgas oder flüssig an Bord speichern? Nach der Wahl von Druckwasserstoff mussten wir das Druckniveau festlegen und eine Betankungsprozedur für 700 bar entwickeln. Zusammen mit Daimler haben wir das in die internationalen Gremien gebracht und so einen weltweiten Standard festgelegt. Das war ein grosser Erfolg, aber auch ein sehr langer Weg. All diese Entscheidungen hatten schliesslich riesige Implikationen auf Infrastruktur und Tankstellen.

Wie ist man überhaupt auf die Idee gekommen, Wasserstoff als Treibstoff zu verwenden?

Das Interessante ist, dass sich der Treiber über die Jahre immer wieder geändert hat. Als General Motors Ende der 1960er-Jahre das erste Brennstoffzellenauto vorstellte, war das Projekt von purer Technologie-Begeisterung getrieben. Das war kurz vor der Mondlandung und der sogenannte Electrovan sah innen drin tatsächlich aus wie eine Rakete (lacht). Danach hat die technikaffine japanische Industrie die Forschung und Entwicklung vorangetrieben. In den 1990er-Jahren kam allmählich Druck aus verschiedenen Ländern, insbesondere aus Kalifornien, lokale Emissionen zu reduzieren. Zur Jahrtausendwende sah man zudem das Ende des billigen Öls kommen – Ressourcenverfügbarkeit war fortan ein wichtiges Thema. Heute bestimmt der Klimawandel die Entwicklung, und die CO₂-Reduktion steht im Vordergrund.

Warum hat man sich bei Opel für den Transporter Vivaro als erstes Wasserstofffahrzeug entschieden und nicht für einen normalen PW?Wenn man sich die «Total Costs of Ownership» anschaut, also die Gesamtkosten des Betriebs, ist der Bereich der Flottenkunden der erste, für den diese Technik relevant wird. Es entstehen immer mehr innerstädtische Null-Emissionen-Zonen, in welche Gewerbekunden vielleicht schon bald gar nicht mehr mit Verbrennern hineinfahren dürfen – oder nur unter strengen Restriktionen. Der Gewerbebereich wird derjenige sein, der diese Not am frühesten spüren wird. Ausserdem haben wir mit dem batterieelektrischen Vivaro-e schon seit geraumer Zeit ein Massenprodukt auf dem Markt, auf dessen Architektur wir aufbauen konnten. Im Prinzip mussten wir lediglich die Brennstoffzelle im Motorraum unterbringen, die grosse Traktionsbatterie im Unterboden herausnehmen und stattdessen die Wasserstofftanks integrieren.

Wie Sie gerade erwähnten, besitzt Opel mit dem Vivaro-e schon ein Null-Emissionen-Fahrzeug in diesem Bereich. Warum braucht es dann noch eines in Form des Vivaro-e Hydrogen?

Nicht alle unsere Kunden können ihr Betriebsmodell mit dem batterieelektrischen Vivaro fahren. Wenn wir also den kompletten Kundenstamm mit Null-Emissions-Technologie erreichen wollen, brauchen wir neben der Batterie-Technik komplementär auch die Brennstoffzelle. Ein gutes Beispiel ist unser erster Kunde für den Wasserstoff-Vivaro in Deutschland, die Firma Miele: Deren Service-Techniker haben je einen eigenen Dienstwagen, den sie abends mit nach Hause nehmen. Viele von ihnen parken aber auf der Strasse und haben keine Möglichkeit, das Auto zu Hause zu laden. Mit dem Vivaro-e Hydrogen können sie am nächsten Morgen wie gewohnt zu einer Wasserstoff-Tankstelle fahren und den Wagen in weniger als fünf Minuten betanken. Die Nutzbarkeit und auch die Reichweite sind also wesentlich näher an einem Benziner oder Diesel bei gleichzeitig null Emissionen. Aus meiner Sicht ist es falsch, nur auf eine Technologie zu setzen. Schon in der Landwirtschaft hat sich gezeigt, dass Monokulturen nicht zukunftsfähig sind. Wir setzen also auf verschiedene Technologien, um den unterschiedlichen Anforderungsprofilen unserer Kunden gerecht zu werden.

Wie wollen Sie das sogenannte Huhn-Ei-Problem lösen? Also die Problematik, dass es ohne genügend Tankstellen nicht genug Kunden geben kann, welche die Autos kaufen – und umgekehrt. Um eine Grundversorgung sicherzustellen, wurde 2015 das Unternehmen H2 Mobility gegründet, welches alle Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland betreibt – heute sind es etwa 100. Natürlich müssen es noch mehr werden. Vorerst ist der Ausbau besonders in grossen Ballungsräumen sinnvoll, da unsere Kunden mit ihren Fahrzeugen hauptsächlich dort unterwegs sind. Genauso wie wir uns für neue Tankstellen interessieren, möchte H2 Mobility wissen, wo neue Kunden dazukommen: Letztlich muss natürlich auch das betriebswirtschaftliche Modell des Tankstellenbetreibers funktionieren. Hier dürfte auch der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur für Schwerlast-LKW helfen, womit die Abnahmemengen deutlich steigen, ähnlich wie es beim Projekt von H2 Energy in der Schweiz schon der Fall ist.

Somit wäre aber nur die Tankstellenfrage geklärt. Wie wollen Sie aber ganz konkret die Nachfrage nach Wasserstofffahrzeugen erhöhen? Ganz wichtig ist jetzt, die Fahrzeuge auf die Strasse zu bringen, um Sichtbarkeit und Akzeptanz in der Öffentlichkeit herzustellen. Wenn ich Vorträge halte, glauben immer noch viele Leute, dass wir weiterhin in einer Demo-Phase sind. Dann muss ich jeweils entgegnen: Nein, sind wir nicht! Wir machen Ernst und haben jetzt ein massenfähiges Produkt auf dem Markt. Um die Markteintrittsbarrieren zu überwinden, brauchen wir aber weiterhin öffentliche Förderung, weil die Kosten für die Technologie noch deutlich höher sind als beispielsweise bei einem Diesel. Das darf natürlich kein Dauerzustand sein. Doch je mehr Fahrzeuge wir herstellen und auf den Markt bringen können, desto schneller können wir auch die Produktionskosten reduzieren – das geht einzig und allein über Stückzahlen.

Brennstoffzellen-Fahrzeuge sind für das Klima nur sinnvoll, wenn der Wasserstoff aus grünem Strom produziert wird. Diesen Winter müssen wir aufgrund des Ukraine-Kriegs aber sowieso schon Strom sparen. Woher soll derjenige für die Produktion von grünem Wasserstoff kommen?Zunächst einmal ist es so, dass heute die Mengen grünen Stroms auch ohne die aktuelle Krise noch viel zu gering sind, um damit genügend grünen Wasserstoff produzieren zu können. Wir müssen deshalb den Blick auf das grosse Bild richten: Wenn wir als Gesellschaft, ja als Menschheit, komplett auf erneuerbare Energien umschwenken wollen, müssen diese auch gespeichert werden können – und Wasserstoff wird ein Kernelement für die Speicherung sein. Dort, wo die fluktuierend auftretenden Erneuerbaren kostengünstig und in grossen Mengen produziert werden können, kann man sie oft gar nicht gebrauchen. Man muss die grüne Energie also transportieren können. Am kostengünstigsten geht das über Pipelines, wozu Wasserstoff ideal geeignet ist. Wasserstoff muss sowohl räumlich und zeitlich als auch wirtschaftlich als Bindeglied zwischen den Sektoren verstanden werden. Genau das macht ihn so faszinierend.

Der Klimawandel schreitet voran, die Menschheit bräuchte möglichst bald umsetzbare Lösungen – auch beim Wasserstoff. Was sind zurzeit die grössten Hürden dafür, dass es schneller vorangeht?Für die Herstellung von grünem Wasserstoff brauchen Sie Elektrolyseure –Anlagen, in denen Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Die Technologie ist schon lange bekannt, aber nun geht es darum, diese Anlagen im Gigawatt-Bereich aufzubauen. Diese müssen aber erst entwickelt werden – man kann dort nicht auf Anlagen von der Stange zurückgreifen. Und bis diese grossindustrialisierte Produktion grünen Wasserstoffs möglich ist, wird es noch einige Zeit brauchen. Ich sehe vonseiten der Industrie aber aktuell ein grosses Momentum. Wichtig ist, dass wir branchenübergreifend weiter eng zusammenarbeiten und alle Sektoren gemeinsam an einem Strang ziehen.

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Triebwerkhersteller: „Wasserstoff kann keine Universallösung sein“

Will sich nicht auf Wasserstoff festlegen: Safran-Chef Olivier Andriès

Will sich nicht auf Wasserstoff festlegen: Safran-Chef Olivier Andriès© Getty

Wie wird der Flugverkehr klimafreundlich? Die Antwort darauf fällt in der Industrie nach wie vor unterschiedlich aus. Während der europäische Flugzeugbauer Airbus bis Mitte der 2030er-Jahre ein Modell mit Wasserstoffantrieb auf den Markt bringen will, in dessen Entwicklung er schon jetzt jährlich einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, will sich der amerikanische Konkurrent Boeing nicht festlegen.

Der französische Triebwerkhersteller und MTU-Konkurrent Safran könnte kräftig dafür werben, von Airbus Anfang des Jahres zusammen mit General Elec­tric (GE) ausgewählt worden zu sein, sich an dem Demonstratorprogramm für den geplanten Wasserstoffjet zu beteiligen. Tut er aber nicht. „Der Wasserstoffflugzeug-Demonstrator von Airbus, bei dem wir Partner sind, ist ein Forschungsprojekt“, sagt Olivier Andriès im Gespräch mit der F.A.Z. Für den Safran-Konzern mit seinen rund 77 000 Mitarbeitern, dem er seit Anfang 2021 vorsteht, sei das Projekt, wie er sagt, vor allem „eine Gelegenheit, zu lernen“.

Andriès sieht zwei Herausforderungen in der Wasserstofftechnik. Die erste: Flüssiger Wasserstoff benötigt viermal so viel Volumen wie Kerosin. „Das funktioniert also nicht für Langstreckenflugzeuge“, lautet daher sein Fazit. Die zweite: Probleme mit der Infrastruktur. Damit Wasserstoff die globale Lösung in der Luftfahrt wird, müssten alle Flughäfen der Welt mit der Infrastruktur ausgestattet sein, um Flugzeuge mit flüssigem Wasserstoff bei weniger als 253 Grad zu betanken. „Das sind Investitionen in Höhe von Hunderten von Milliarden. Das wird Jahrzehnte dauern. Das kann keine Universallösung sein, sondern nur eine Lösung in einigen Marktsegmenten, wie dem von Regionalflugzeugen“, resümiert Andriès.

„Nachhaltiger Treibstoff kostet viermal so viel“

Für den Safran-Chef steht daher fest: „Um wirklich kohlenstoffneutral im Jahr 2050 zu sein, braucht es nachhaltige Kraftstoffe.“ Das seien zunächst die sogenannten Biokraftstoffe und später synthetische Kraftstoffe – „an die wir sehr glauben“, betont Andriès. Er sieht sich im Einklang mit der Vision der Internationalen Energieagentur. Für den limitierenden Faktor der Kerosin-Alternativen hält er dabei nicht die Technik, sondern den Preis. „Heute kostet nachhaltiger Kraftstoff viermal so viel wie herkömmlicher Kraftstoff“, sagt er. Weil es nicht genug Angebot gebe, gebe es auch nicht genug Nachfrage und umgekehrt.

Andriès sieht neben Anreizen nur eine Möglichkeit, wie dieser Teufelskreis durchbrochen werden kann: durch eine staatliche Verpflichtung. Etwa dergestalt, wie in den USA Fluggesellschaften auch in der EU bis zum Jahr 2030 die Verwendung von mindestens 10 Prozent nachhaltiger Kraftstoffe vorzuschreiben. Dass das nicht schon längst der Fall ist, ärgert den Safran-Chef sichtlich. „Was ich feststelle, ist, dass die Amerikaner seit dem Regierungsantritt von Herrn Biden im Weißen Haus in den USA mit Vollgas über nachhaltige Kraftstoffe losgelegt haben“, sagt er. Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen 5 Prozent Beimischungspflicht hält er für unzureichend. Dass das Europäische Parlament auf 6 Prozent drängt, mache die Sache kaum besser. „Das ist unglaublich zaghaft“, findet Andriès.

Safran, im vergangenen Jahr das französische Unternehmen mit den meisten Patenten, stellt aber auch durch neue Triebwerktechnik einen verbesserten Klimaschutz in Aussicht. Wenn die Flugzeughersteller bis 2035 ein neues Mittelstreckenflugzeug mit mindestens 30 Prozent weniger CO2-Verbrauch auf den Markt bringen wollen, sollen zwei Drittel der Ersparnis durch einen neuen Flugzeugmotor von Safran und General Electric aus den Vereinigten Staaten zustande kommen, sagt Andriès. Schon seit Jahrzehnten machen die beiden Triebwerkhersteller in ihrem Gemeinschaftsunternehmen CFM International gemeinsame Sache.

Vier Milliarden für die Forschung

30 Prozent weniger CO2-Ausstoß bis 2035, das wäre wohlbemerkt ein doppelt hohes Reduktionstempo wie bislang. „Früher waren es 15 Prozent weniger CO2 alle 20 bis 25 Jahre“, sagt der Safran-Chef. Er glaubt jedoch, das schaffen zu können. „Bahnbrechend“ nennt er das neue technologische Programm mit GE zur Entwicklung des neuen Flugzeugmotors. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes ventilatorähnliches „Open Fan“-Triebwerk, das nicht stromlinienförmig ist, kein Gehäuse um das Gebläse herum hat und dadurch den Durchmesser des Gebläses verdoppeln kann. Die Dekarbonisierung nennt Andriès die „strategische Herausforderung Nummer eins“ von Safran. Man werde zwischen heute und 2025 rund 4 Milliarden in Forschung und Technologie investieren, das sind 800 Millionen im Jahr, während es vorher ungefähr 500 Millionen im Jahr waren – und 75 Prozent dieser Anstrengungen entfielen auf die Dekarbonisierung.

Von Russland und China ist Safran nach eigener Aussage nicht abhängig – auch nicht in Hinblick auf das im Flugzeugbau wichtige Metall Titan, aus dem ein Airbus-Langstreckenjet A350 allein zu 14 Prozent besteht. „Zu Beginn des Jahres 2022 kamen 50 Prozent unseres Titans aus Russland, dasselbe gilt für Airbus“, sagt Andriès. Ab Januar habe man erst die Entscheidung getroffen, die Lagerbestände zu erhöhen und sich so Zeit zu verschaffen und sich dann von den Lieferungen aus Russland zu „desensibilisieren“. Erfolgreich habe man mit amerikanischen Titan-Lieferanten verhandelt und im vergangenen Sommer eine Vereinbarung unterzeichnet, berichtet Andriès.

Resilienz hat ihren Preis

„Wir erhalten weiterhin Titan aus Russland, weil es nicht in den Geltungsbereich der Sanktionen fällt, aber wenn das von einem Tag auf den anderen aufhören sollte, weil der Geltungsbereich der Sanktionen ausgeweitet wird oder weil Herr Putin beschließt, die Titanlieferungen zu stoppen, wird unsere Produktion nicht beeinträchtigt“, erklärt der Safran-Chef. Was andere Rohstoffe und Komponenten angeht: Beim Bezug von Nickel und Aluminium gebe es viele andere Quellen, und schon mit dem Start der aktuellen Triebwerkgeneration Anfang der 2010er-Jahre habe man entschieden, systematisch für jedes Teil des Motors eine doppelte Quelle zu haben, um eine Abhängigkeit zu vermeiden. „Das ist der Preis, den man für die Resilienz zahlen muss“, sagt Andriès.

Einen Rückzug aus China plant der Safran-Chef nicht. Das Land mache 20 Prozent des Weltmarktes für die Luftfahrt aus und sei ein wichtiger Markt, auf dem man präsent sein möchte. Safran entwickelt insbesondere Wartungs- und Reparaturaktivitäten in China – aber als „lokale Aktivität, um den lokalen Markt zu bedienen“, sagt Andriès. Man sei schon immer „wachsam“ gewesen und werde es noch mehr sein, was den Technologietransfer angeht. Dafür habe man „rote Linien“ gezogen. „Ein Produkt nach China zu liefern ist eine Sache. Wir wissen sehr wohl, dass China seine eigene Industrie im Bereich der Flugzeuge, der Motoren und der Ausrüstung entwickeln möchte“, sagt er und betont: „Selbst wenn wir bereit sind, zusammenzuarbeiten, sind wir nicht bereit, sensible Technologie zu transferieren, die den Kern unserer Differenzierung ausmacht.“

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Energieversorgung: Heizen mit Wasserstoff: Heizungsbauer startet Pilotprojekt in Einfamilienhäusern

Die Firma BDR Thermea hat in den Häusern die Gaskessel durch Wasserstoffkessel ersetzt. Ob sich die Technologie durchsetzt, ist aber fraglich.

Ein Remeha-Mitarbeiter rüstet die Heizung auf die neue Technologie um. Foto: dpadata-portal-copyright=

Ein Remeha-Mitarbeiter rüstet die Heizung auf die neue Technologie um. Foto: dpadata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt

Wie lassen sich Wohnhäuser klimaschonend heizen? Mitten in der Energiekrise sucht die Gasversorgungsbranche dazu neue Antworten. Am Donnerstag hat das Unternehmen BDR Thermea ein bislang wohl einzigartiges Projekt gestartet: Es versorgt künftig in der niederländischen Stadt Lochem zwölf denkmalgeschützte Einfamilienhäuser über ein bestehendes Erdgasnetz mit Wasserstoff. Der kommt in Wasserstoffkesseln zum Einsatz und heizt so die Häuser.

BDR Thermea ist ein Hersteller von Heizungs- und Klimatechnik mit Sitz in den Niederlanden. In Deutschland ist der Konzern unter der Marke Remeha aktiv. Für das Wasserstoffprojekt arbeitet BDR mit dem Gasnetzbetreiber Alliander zusammen.

Heizen mit Wasserstoff ist ein Thema, das Heizungshersteller und Netzbetreiber zunehmend beschäftigt. Noch ist Gas in Europa einer der vorherrschenden Energieträger. In Deutschland kommt es in mehr als der Hälfte der Haushalte zum Einsatz.

Aufwand für Wasserstoff-Umstieg laut BDR „überschaubar“

Doch der Russlandkonflikt macht Gas knapp und teuer. Zudem verstärkt der Klimawandel die Suche nach saubereren Alternativen. Unternehmen, die bislang einen Großteil ihrer Umsätze mit Gasheizungen oder Leitungen gemacht haben, geraten unter Zugzwang.

Es scheint eine naheliegende Lösung zu sein, vorhandene Leitungen und Heizkessel künftig mit klimafreundlichem Wasserstoff statt mit fossilem Gas zu füllen. Der Chef von BDR Thermea, Bertrand Schmitt, sagt: „Die bestehenden Leitungen und Gasthermen können mit überschaubarem Aufwand für den Wasserstofftransport umgerüstet werden.“

Eine Wasserstoffheizung koste 10 bis 15 Prozent mehr als eine Gasheizung. Handwerker können laut Schmitt problemlos auf den Umgang mit Wasserstoff umgeschult werden.

Besonders für denkmalgeschützte Häuser wie die in dem Pilotprojekt kann der Umstieg auf Wasserstoff laut BDR Thermea vorteilhaft sein. Denn sie können nicht so einfach saniert und gedämmt werden wie andere Gebäude und verbrauchen so womöglich zu viel Energie, als dass die Gasheizung durch eine klimafreundliche Wärmepumpe ersetzt werden könnte.

Schmitt hat indes bereits größere Pläne: „Auf Dauer wollen wir alle unsere Gasthermen wasserstofffähig machen“, sagt er. BDR Thermea sei für Umrüstungen im großen Stil bereit. „Die Heizungsbranche verfügt über die notwendigen Technologien, wir könnten binnen zwei bis drei Jahren in Serie gehen“, sagt Schmitt.

Expertin für Energieeffizienz: „Es wird in naher Zukunft in Deutschland nicht genügend Wasserstoff geben“

Noch aber ist das lediglich Theorie. Denn aktuell gibt es nicht genügend Nachfrage nach Wasserstofflösungen zum Heizen. Weder bei Energieversorgern noch in der Politik steht das Thema oben auf der Agenda.

Aus Sicht von Ramona Mittag hat das auch einen Grund. Die Fachreferentin für Versorgungstechnik und Energieeffizienz bei der Verbraucherzentrale NRW sagt: „Wir müssen uns langsam ehrlich machen: Es wird in naher Zukunft in Deutschland nicht genügend Wasserstoff geben, als dass wir ihn in Gebäuden buchstäblich verheizen könnten.“

Für den Spezialfall denkmalgeschützter Häuser gebe es bereits Lösungsansätze: „Der Denkmalschutz ist zum Ziele des Klimaschutzes in NRW gelockert worden, sodass es beispielsweise möglich ist, Photovoltaik-Anlagen auch auf denkmalgeschützten Gebäuden zu installieren“, sagt sie.

Für den übrigen Häuserbestand in Deutschland gelte allerdings: „Wir müssen sanieren, sanieren, sanieren – sodass wir immer weniger heizen müssen.“

In gut gedämmten Häusern ist erheblich weniger Energie zum Heizen nötig als in schlecht gedämmten. Das zeigte vor einiger Zeit auch eine Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München. Demnach können bei einem Verbraucher-Gaspreis von 25 Cent pro Kilowattstunde in einem ungedämmten Einfamilienhaus Heizkosten von 12.000 Euro pro Jahr anfallen. In einem sehr gut gedämmten Haus wären es nur 1400 Euro.

Als wichtige künftige Alternative zur Gasheizung betrachtet Mittag die Wärmepumpe. Sie verweist auf eine geplante Regelung der Bundesregierung, laut der voraussichtlich ab 2024 jede neue Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Wärmepumpen machen das möglich, wenn der Strom, der darin zum Einsatz kommt, aus Wind- oder Solarerzeugung stammt.

Verweise von Heizungsbauern und Gasnetzbetreibern auf ein künftiges Heizen mit Wasserstoff im großen Stil sind für Mittag deshalb auch Anzeichen eines „Überlebenskampfs von Branchen“.

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