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Wasserstoff

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50 Millionen Euro  

Altmaier will grünen Wasserstoff in der Ostsee produzieren lassen

Grüner Wasserstoff gilt vielen als wichtiger Teil der Energiewende. Peter Altmaier, Energie- und Wirtschaftsminister, setzt auch darauf. Er will 50 Millionen Euro in ein Projekt in der Nord- und Ostsee stecken.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) bringt die Herstellung von grünem Wasserstoff auf See voran. Das geht aus einem Verordnungsentwurf aus dem Haus von Peter Altmaier (CDU) hervor, der t-online vorliegt.

Demnach sollen Flächen in der Nord- und Ostsee ausgewiesen werden, um Forschungsprojekte für Offshore-Wasserstoff voranzubringen. Unternehmen können sich auf das Nutzungsrecht für die Flächen bewerben, im nächsten Schritt dann auf eine Förderung, wie es in dem Entwurf weiter heißt. Diese soll insgesamt 50 Millionen Euro umfassen.

Zurzeit befindet sich die Verordnung in der Anhörung von Ländern und Verbänden. Bereits im September soll sie allerdings schon in Kraft treten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Eine erste Ausschreibungsrunde soll nächstes Jahr starten. Das Ganze soll "technologieoffen" laufen: Jede Firma mit einer Idee, egal wie diese konkret aussieht, kann sich demnach auf die Förderung bewerben.

So könnte die Wasserstoffproduktion funktionieren

Praktisch könnte es so aussehen, dass Windenergieanlagen auf See installiert werden. Dann könnte es eine Plattform geben, auf der ein sogenannten Elektrolyseur installiert ist, der den Windstrom mittels Elektrolyse in Wasserstoff umwandelt. Das Verfahren der Offshore-Wasserstoffproduktion ist noch sehr neu, das jetzige Vorhaben gilt als weltweit einmalig.

Die technischen Details sind dabei eher etwas für Chemie-Interessierte: Wasserstoff entsteht durch die Elektrolyse von Wasser, das in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Dafür braucht es jedoch elektrischen Strom – der aus der Windkraftanlage entstammen soll und daher auch als "grüner Wasserstoff" bezeichnet wird. Im Gegensatz zu einigen anderen Verfahren zur Wasserstoffproduktion funktioniert die Erzeugung hier klimaneutral.

Die Nutzung von Wasserstoff ist vielfältig. So kann er beispielsweise Brennstoffzellen betreiben, etwa für Lastwagen. Aus Wasserstoff können zudem gasförmige und flüssige Kraft- und Brennstoffe gemacht werden. Man spricht dabei oft von "Power-to-X": Aus Strom, Power, entsteht etwas anderes, X. Und er speichert Energie, was wichtig ist, wenn der Strom komplett aus Erneuerbaren kommen soll

 

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Der X5 kommt mit Wasserstoff-Antrieb und 374 PS - BMW iX5 Hydrogen

 

BMW zeigt auf der IAA in München die aktuellste Version des iX5 Hydrogen. Das FCV-Auto mit Wasserstoffantrieb kommt im Kleid des X5, leistet 374 PS und steht Ende 2022 einem ausgewählten Kundenkreis zur Verfügung.

Auf der im Wortsinn letzten Frankfurter IAA im Herbst 2019 hatte BMW den I-Hydrogen Next erstmals als Konzeptfahrzeug gezeigt. Das mit Wasserstoff betriebene Fahrzeug soll nun tatsächlich als BMW iX5 Hydrogen Ende 2022 auf den Markt kommen – in der Karosserie des aktuellen X5.

Allerdings geht BMW im Gegensatz zu Systempartner Toyota, wo mit dem Mirai bereits ein FCV (Fuel Cell Vehicle, Brennstoffzellenfahrzeug) in zweiter Generation am Start ist, zurückhaltender an das Thema heran. Deshalb wird der BMW iX5 Hydrogen auch ausdrücklich nicht als Serienfahrzeug bezeichnet, sondern soll in einer Kleinserie an ausgewählte Kunden ausgeliefert sowie für Demonstrations- und Erprobungszwecke genutzt werden.

BMW iX5 Hydrogen zunächst als Kleinserie

Der Grund für die Zurückhaltung liegt laut BMW am noch mangelnden Umfeld (Tankstellen-Infrastruktur und Verfügbarkeit von "grün" erzeugtem Wasserstoff). "Aus unserer Sicht muss Wasserstoff als Energieträger zunächst in hinreichenden Mengen, mit grünem Strom und zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden. Wasserstoff wird dann vor allem in Anwendungen eingesetzt werden, die nicht direkt elektrifizierbar sind, also etwa im Schwerlastverkehr auf der Langstrecke", benennt Klaus Fröhlich, Entwicklungsvorstand der BMW AG, die Bedenken der Bayern.

Dennoch verfolgt BMW langfristig eine klare Wasserstoff-Strategie. Das passt zur bereits angekündigten Marschrichtung, auch in Zukunft mehrere Antriebs-Alternativen zu entwickeln und sich nicht rein auf den batterie-elektrischen Antrieb zu fokussieren. "Wir sind überzeugt, dass künftig verschiedene alternative Antriebsformen nebeneinander existieren werden, da es keine alleinige Lösung gibt, die sämtliche Mobilitätsanforderungen der Kunden weltweit abdeckt. Der Wasserstoff-Brennstoffzellen-Antrieb kann langfristig eine vierte Säule in unserem Antriebsportfolio werden", so Fröhlich.

Beim iX5 Hydrogen baut BMW auf der Brennstoffzellen-Technik von Toyota auf, seit 2013 arbeiten die beiden Konzerne bei der Entwicklung von FCV-Fahrzeugen zusammen. Unter der X5-Motorhaube befindet sich der Brennstoffzellen-Stack, in dem aus Wasserstoff und Sauerstoff aus der Umgebungsluft elektrischer Strom erzeugt wird. Das Brennstoffzellensystem kann bis zu 125 kW leisten. Beim Brennstoffzellen-Stack handelt es sich laut BMW um eine Eigenentwicklung.

Im Video: die Technik des BMW iX5 Hydrogen

Gespeist wird die Brennstoffzelle aus zwei Hochdruck-Tanks mit einem Fassungsvermögen von sechs Kilogramm Wasserstoff, der bei 700 bar Druck untergebracht ist. Der Tankvorgang soll dabei rund vier Minuten betragen, ein entscheidender Vorteil gegenüber BEV-Modellen. Der in der Brennstoffzelle erzeugte Strom wird ähnlich wie bei einem Benzin-Hybrid-Fahrzeug in einer kompakten Pufferbatterie zwischengespeichert, diese wird gleichzeitig mit Strom aus der Brems-Rekuperation "aufgetankt".

Durch die Pufferbatterie kann kurzfristig mehr Strom für die Antriebsmaschine geliefert werden, als die Brennstoffzelle zur Verfügung stellt. So lässt sich zum Beispiel für einen Überholvorgang eine Systemleistung von 374 PS erzeugen. Als Antrieb dient die neueste (fünfte) Generation der BMW-E-Antriebe, die auch im BMW iX3 zum Einsatz kommt.

Optisch kennzeichnen den Wasserstoff-X5 individuelle Designmerkmale innen und außen. So sind der innere Bereich der Einfassung für die Niere, die Einlagen in den 22 Zoll großen Aerodynamik-Rädern und die Aufsätze im äußeren Bereich der Heckschürze in Blau gehalten. Die Einstiegsleisten und die Zierblende der Armaturentafel tragen den Schriftzug "Hydrogen Fuel Cell". Darüber hinaus weisen sowohl die Ziergitter der Kühlluftöffnungen an der Front des BMW iX5 Hydrogen als auch die Heckschürze und ihr Diffusorelement eine eigenständige Gestaltung auf.

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Wasserstoff-Angriff auf Tesla kommt voran - Hopium Machina Prototyp fährt schon

 

Ein französisches Startup möchte mit dem wasserstoffbetriebenen Hopium Machina das Tesla Model S direkt angreifen und so an Tesla vorbeiziehen. Ein erster Prototyp ist auf der Teststrecke unterwegs, die ersten 1.000 Bestellungen sollen auch schon vorliegen.

Hopium hat seinen ersten Machina-Prototyp fertig. Der französischer Hersteller nennt das Modell Alpha 0 und hat es im Juni 2021 ersten Tests auf der Rennstrecke unterzogen. Die dabei erreichte Höchstgeschwindigkeit betrug 200 km/h. Das spätere Serienfahrzeug soll bis zu 230 km/h schnell sein. Außerdem zeigt Hopium erstmals die Lichtsignatur des Autos und das Hersteller-Logo, dass an Wellen erinnern soll. Gleichzeitig öffnete Hopium im Juni die Bestellbücher für die ersten 1.000 Bestellungen – eine Reservierung ist mit einer Vorabzahlung in Höhe von 410 Euro verbunden. Jetzt im Oktober melden die Franzosen Vollzug. Alle 1.000 Autos sind angeblich reserviert. Ein für die Serienproduktion reifes Modell soll bereits im ersten Quartal 2022 fertig sein. Erste Auslieferungen kündigt Hopium für 2025 und damit ein Jahr früher als bisher bekanntgegeben an. Die Preise sollen bei 120.000 Euro beginnen.

An Selbstbewusstsein mangelt es dem französischen Startup Hydrogen Motive Company (HMC) mit seiner Autosparte Hopium nicht: "Tesla von oben angreifen" heißt die Devise. Der französische Rennfahrer Olivier Lombard, dessen Familie das Pariser Varieté Moulin Rouge betreibt, gründete HMC – nach eigenen Angaben interessiert er sich schon seit einigen Jahren für wasserstoffbetriebene Rennwagen. So war er beispielsweise an der Entwicklung des mit einer Brennstoffzelle ausgerüsteten LMPH2G beteiligt, der 2019 bei den 24 Stunden von Le Mans eine Demorunde fuhr.

Serienproduktion für 2025 geplant

Ab 2024 möchte Lombard mit einem Wasserstoff-Rennwagen bei den 24 Stunden von Le Mans starten – aber schon 2021 soll seine Brennstoffzellen-Limousine Hopium Machina das Prototyp-Stadium erreicht haben. Technische Daten gibt HMC bisher kaum bekannt – die Franzosen versprechen immerhin eine Reichweite von über 1.000 Kilometer mit nur einer Wasserstoff-Tankfüllung. Ein Tankvorgang soll nur etwa drei Minuten dauern. Die Leistung des Antriebs wird mit über 500 PS angegeben. Die weiteren Ziele wirken ambitioniert: 2025 soll die Großserienproduktion des Machina laufen, bis 2030 soll der Umsatz bereits eine Milliarde Euro betragen.

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Grüner Wasserstoff: "Wasserstoff muss künftig so verfügbar sein wie Leitungswasser"

Ohne Wasserstoff wird es mit der Energiewende nichts, sagte die erste RWE-Vorständin für Wasserstoff, Sopna Sury. Aber wo soll die ganze grüne Energie dafür herkommen?

Politiker und Unternehmen setzen große Hoffnung in grünen Wasserstoff, wenn es um die Frage geht, wie Deutschland klimaneutral werden kann. Doch Wassermoleküle mit Ökostrom in ihre Bestandteile zu zerlegen ist teuer, die Produktion steht ganz am Anfang. Die Energiewende könne aber nur gelingen, wenn Wasserstoff in großen Mengen verfügbar sei, sagt Sopna Sury, die beim Energiekonzern RWE die Wasserstoffstrategie verantwortet. Die Managerin warnt, dass Deutschland ohne große Infrastrukturvorhaben abgehängt werden könnte.

ZEIT ONLINE: Frau Sury, Sie sind seit knapp einem Jahr die erste Vorständin für Wasserstoff bei RWE und in Deutschland sogar die Einzige, die diesen Titel trägt. Der Kohlekonzern RWE setzt also sehr öffentlichkeitswirksam auf das Thema …

Sopna Sury: Ach, Sie sagen Kohlekonzern, aber das trifft es schon längst nicht mehr. Ich bin in diese Rolle gekommen, weil wir an Wasserstoff glauben – das ist kein Marketing-Gag. Im RWE-Konzern treiben 250 Menschen die Thematik voran. Wasserstoff ist kein Thema, das nebenher mitläuft, mit dem man experimentiert. Es ist ein ernsthaftes Geschäftsfeld.

ZEIT ONLINE: Es gibt aber einen enormen politischen und ökonomischen Druck auch durch die Finanzmärkte. Wie freiwillig ist das Engagement?

Sury: Es gibt Investoren, die sagen: Wir wollen unser Geld nur in Unternehmen stecken, die für die Energiewende und die Transformation stehen. Das hat nichts mit politischem Druck zu tun, sondern spiegelt den Wandel der Gesellschaft wider. Das Interesse an Klimaschutz hat sich in den vergangenen Jahren enorm erhöht. Investitionen der RWE in Onshore- und Offshore-Windparks haben jetzt Rückenwind. Mittlerweile sind die erneuerbaren Energien unser größter Wachstumsmotor. Von jedem Euro, den wir investieren, wollen wir 90 Cent in Onshore- und Offshore-Windanlagen, in Solar, in Batterien und perspektivisch in Wasserstoff investieren. Wenn Sie Ökostrom produzieren, ist der nächste Schritt, ihn einzusetzen, um grünen Wasserstoff zu produzieren, das ist die treibende Logik. Bei Wasserstoff verfolgen wir ein klares geschäftliches Kalkül.

ZEIT ONLINE: Dieser grüne Wasserstoff wird von einigen als "Champagner der Energiewende" bezeichnet. Ist er dann nicht viel zu kostbar und teuer, um großflächig zum Einsatz zu kommen?

Sury: Wir stehen bei der Produktion ganz am Anfang. Die Hersteller von Elektrolyseanlagen, in denen Wassermoleküle mit Ökostrom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten werden, fangen ganz klein an – entsprechend teuer ist es. Aber Wasserstoff muss künftig so verfügbar sein wie Leitungswasser. Anders wird es mit der Energiewende in Deutschland und in Europa nichts. Ende 2022 gehen die letzten Kernkraftwerke vom Netz und wir steigen auch noch in den kommenden Jahren aus der Kohle aus. Wir verlieren also einen elementaren Bestandteil der Energie- und Versorgungssicherheit. Wenn Ökostrom diese Lücke schließen soll, brauchen wir einen verlässlichen Speicher für ihn. Und das ist Wasserstoff.

ZEIT ONLINE: Aber wo soll die ganze grüne Energie dafür herkommen? Um ausreichend grünen Wasserstoff für ein Stahlwerk herzustellen, bräuchte man mehrere Tausend Windräder der größten Klasse.

Sury: Der Ausbau der erneuerbaren Energien muss an Fahrt gewinnen. Die Genehmigungsverfahren für Windanlagen müssen schneller werden – da ist auch der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung deutlich. Windparks müssen schneller ans Netz gehen können. Und es geht um die Frage, wo Windräder und Solaranlagen stehen dürfen.

ZEIT ONLINE: RWE hätte doch eigentlich ausreichend Platz auf den renaturierten Flächen, wo man früher Kohle abgebaggert hat.

Sury: Es wäre schön, wenn wir da überall Ökostromanlagen bauen könnten, aber leider gehören uns viele dieser Flächen nicht mehr, viele davon sind schon an die Landwirtschaft zurückgegangen. Dennoch sehen wir auch im Rheinischen Revier Potenziale und gerade dort ist es wichtig, Flächen für die erneuerbaren Energien zu entwickeln, um den Strukturwandel zu begleiten. Es gibt bereits eine Reihe von Projekten, die wir in Kooperation mit Anliegerkommunen erfolgreich realisiert haben. Daran wollen wir anknüpfen und unsere Aktivitäten ausweiten.

ZEIT ONLINE: Sie haben ein klassisches Henne-Ei-Problem: Sie wollen Wasserstoff im großen Stil produzieren und verkaufen, haben aber noch keine Abnehmer. Auf der anderen Seite stehen die Stahlkonzerne, die ihre Produktionsprozesse auf Wasserstoff umstellen müssen, aber gar nicht wissen, wann Sie liefern können. Wie wollen Sie das lösen?

Sury: Es stimmt: Sie können nicht einfach anfangen zu produzieren, sich umdrehen und sagen: Huch, wer nimmt mir jetzt meinen Wasserstoff ab? Wir schauen uns deswegen die ganze Wertschöpfungskette an. Wir selbst produzieren den Ökostrom und stellen Wasserstoff her. Die Gasnetzbetreiber nehmen wir an Bord, damit sie uns helfen, den Wasserstoff zum Abnehmer zu liefern. Parallel laufen die kommerziellen Verhandlungen mit den Stahlerzeugern. Auch die wollen unbedingt ihre Klimaziele schaffen und das funktioniert nur mit Wasserstoff in ausreichender Menge.

ZEIT ONLINE: Wie stark übersteigt die Nachfrage Ihr bisheriges Angebot? Das ist noch winzig.

Sury: Es geht nicht darum, in Deutschland den gesamten Wasserstoff herzustellen, den die deutsche Industrie braucht. Schon heute sind wir abhängig von Importen von Gas und Öl aus Russland oder Saudi-Arabien. Auch Wasserstoff werden wir zukünftig zu 70 bis 80 Prozent importieren.

ZEIT ONLINE: Aber so tauschen wir nur eine fossile Abhängigkeit gegen eine grüne Abhängigkeit aus.

Sury: Was die fossilen Energieträger angeht, haben wir nur äußerst begrenzte Vorkommen, wir sind eben nicht Saudi-Arabien oder Russland. Bei den erneuerbaren Energien werden wir unsere maximale Flächenverfügbarkeit und Potenziale ausnutzen, das ist wichtig. Aber auch das wird nicht reichen, um den Bedarf zu decken.

ZEIT ONLINE: Aus welchen Ländern werden wir den Wasserstoff dann importieren?

Sury: Wir sollten vor allem Europa in den Blick nehmen. Neben Spanien und Portugal wegen viel Sonne und Wind ist auch Norwegen dank der Wasserkraft denkbar. Großbritannien und insbesondere Schottland haben große Offshore-Windvorhaben, und die liegen direkt vor unserer Haustür. Aber auch Märkte in Australien, Lateinamerika oder dem Nahen Osten sind sehr wettbewerbsfähig.

ZEIT ONLINE: Aber es ist doch eine irre Energieverschwendung, grünen Wasserstoff in Australien herzustellen und mit Schiffen nach Europa zu transportieren.

Sury: Es kommt darauf an, wie verfügbar Wasserstoff sein wird. Aber ja, der Wasserstoff aus Australien dürfte größtenteils in Asien bleiben, Japan wird einer der größten Konsumenten sein.

ZEIT ONLINE: Kann Deutschland im weltweiten Wettrennen um Wasserstoff überhaupt mithalten?

Sury: In Europa werden die Länder einen Vorteil haben, in denen die Wasserstofftanker anlanden können, also Spanien, Polen und die Niederlande. Deutschland gehört bislang leider nicht dazu, dabei braucht es hier eigentlich einen Wasserstoffhafen. Die Niederlande sind uns hier bei Infrastrukturvorhaben weit voraus. Sie planen zurzeit sogar eine große, staatlich finanzierte Wasserstoffautobahn, die den Wasserstoff vom Hafen Rotterdam bis nach Deutschland transportieren kann, weil auch hier viele Abnehmer sitzen.

ZEIT ONLINE: Wenn klar ist, dass Deutschland eh den Großteil des Wasserstoffs importieren muss: Warum startet RWE dann überhaupt mit einer heimischen Produktion?

Sury: Die Importe landen nicht Mitte der Zwanzigerjahre bei uns, die dafür nötige Transportinfrastruktur aufzubauen, braucht Investitionen und Zeit. Die Industrie muss aber heute entscheiden, ob sie sich von fossilen Brennstoffen verabschieden möchte und Milliarden in die Umstellung investiert. Deswegen ist es wichtig, dass wir in Deutschland Mengen herstellen, die relevant sind für ein Stahlunternehmen. Ohne Wasserstoff werden Unternehmen ihre Produktion ins Ausland verlagern und nicht mehr in Deutschland und Europa investieren – mit allen Konsequenzen für hiesige Arbeitsplätze. Das können wir uns nicht leisten, weder gesellschaftlich noch mit Blick auf den Wohlstand.

ZEIT ONLINE: Für die Unternehmen und am Ende auch für die Verbraucher wird es zweifelsohne teuer. Wie teuer wäre grüner RWE-Wasserstoff im Vergleich zu grauem Wasserstoff, den man aus fossilen Energieträgern gewinnt?

Sury: Grauer Wasserstoff kostet pro Kilogramm etwa 1,20 Euro. Grüner Wasserstoff wäre etwa viermal so teuer. Aber der Preisunterschied ist nicht die entscheidende Frage. Wir fragen auch nicht, ob wir Kohle- und Nukleartechnologie weiterlaufen lassen. Das Ziel ist Klimaneutralität. Grüner Wasserstoff wird wettbewerbsfähig werden. Dafür braucht es übergangsweise politische Unterstützung und eine Anschubfinanzierung. Und um die Wasserstoffwirtschaft überhaupt erst mal zum Laufen zu bringen, ist Pragmatismus vor allem bei den Grünstromkriterien nötig, die von der EU definiert werden und festlegen, welcher Strom für die Wasserstoffproduktion genutzt werden kann. Der Strom für die Elektrolyse kann nicht nur aus neuen Erneuerbaren-Anlagen kommen – sonst dauert der Aufbau viel zu lange und Europa und Deutschland verlieren im internationalen Wettbewerb. Nicht mehr geförderte Bestandsanlagen können helfen, Zeit zu überbrücken. Ohne sie verzögern sich Projekte um Jahre. Es liegt in der Hand der Europäischen Kommission, positive Rahmenbedingungen zu setzen. Sonst besteht die Gefahr, eine Wasserstoffwirtschaft zu ersticken, bevor sie überhaupt anfangen kann.

ZEIT ONLINE: Könnte es bald auf der Stromrechnung einen Wasserstoffcent geben, mit dem jeder Stromkunde diesen Aufbau mitfinanziert?

Sury: Wie die Finanzierung auf die heutigen Konsumenten umgelegt werden soll, ist eine politische Entscheidung. Heute bezahlen Verbraucherinnen und Verbraucher auch Transportgebühren für Erdgas, die der Netzbetreiber umlegt. Wenn mehr und mehr Gaspipelines Wasserstoff transportieren, werden die Erdgasnetze immer stärker umgewidmet, aber auch dann zahlen die Verbraucher.

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Magnetische Kühlung revolutioniert Wasserstoff-Verflüssigung für eine grüne Zukunft

Wasserstoff ist auf dem Weg, eine Schlüsselrolle in einer CO2-neutralen Gesellschaft einzunehmen. Aber wusstest Du, dass bei der Verflüssigung ein Drittel des Energieinhalts von Wasserstoff verloren geht? Das soll sich nun dank der magnetischen Kühlung ändern.

im Vergleichstest

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TL;DR:

  1. Weltweiter Wasserstoff-Bedarf wird bis 2050 auf 550 Millionen Tonnen steigen.
  2. Magnetokalorische Materialien sollen Energieverbrauch und Kosten bei der Wasserstoff-Verflüssigung senken.
  3. HyLICAL-Projekt zielt auf eine Produktion von mehr als 5 Tonnen Flüssigwasserstoff pro Tag ab.
  4. Erwartete Energieeinsparung von bis zu 50 % bei der Verflüssigung.
  5. Mögliche Anwendung zur Unterstützung erneuerbarer Energiequellen.

Die Lösung: Magnetokalorische Materialien

Das Horizont Europa-Projekt HyLICAL, das mit rund fünf Millionen Euro gefördert wird, hat sich zum Ziel gesetzt, die Effizienz der Wasserstoff-Verflüssigung durch den Einsatz von magnetokalorischen Materialien zu verbessern. Diese Materialien ändern ihre Temperatur, wenn sie in ein Magnetfeld gebracht werden. Wissenschaftler aus neun europäischen Ländern wollen so den Energieverbrauch sowie die Investitions- und Betriebskosten bei der Wasserstoff-Verflüssigung entscheidend senken.

Magnetokalorik: Revolutionäre Technologie

Magnetokalorische Materialien sind das Herzstück dieser neuen Verflüssigungstechnologie. Verglichen mit dem herkömmlichen Kühlprozess würde ein Magnet die Rolle des Kompressors übernehmen und das magnetokalorische Material die des Kühlmittels. Dies ermöglicht die Erreichung der tiefen Temperaturen, die für die Wasserstoff-Verflüssigung erforderlich sind.

Mit der Hilfe von magnetokalorischen Materialien könnte die Verflüssigung von Wasserstoff eine größere Rolle im Verkehr spielen – bis hin zum Energieträger in der Schwerlastmobilität. Die im HyLICAL-Projekt geplante Verflüssigung von Wasserstoff soll die technologische Machbarkeit zur Handhabung großer Mengen Wasserstoff erkunden.

Das große Ziel: Markteinführung der magnetischen Kühlung

Die Firma MAGNOTHERM, die aus der TU Darmstadt ausgegründet wurde, hat bereits ein kommerzielles Produkt auf Basis der magnetischen Kühlung entwickelt: einen Getränkekühler für industrielle Anwendungen. Das Start-up will diese Technologie weiter vorantreiben, um Effizienz und Nachhaltigkeit zu steigern, ohne auf Kompressoren oder umweltschädliche Kühlgase angewiesen zu sein. Dies könnte die grüne Transformation beschleunigen.

Ein ambitioniertes Ziel: 5 Tonnen Flüssigwasserstoff pro Tag

Die Forschenden planen, einen Prototyp zu entwickeln, der die magnetische Kühlung in die industrielle Wasserstoff-Verflüssigung integriert. Sie bauen dabei auf langjährige Expertise im Bereich der Magnetspulenentwicklung und Kryotechnik. Das Team erwartet eine Energieeinsparung von bis zu 50 % bei der Verflüssigung im Vergleich zur herkömmlichen Technologie. Das Ziel: eine Produktion von mehr als 5 Tonnen Flüssigwasserstoff pro Tag.

Dezentrale Verflüssigungsanlagen zur Unterstützung erneuerbarer Energien

Die magnetokalorische Verflüssigungstechnologie ermöglicht auch den Betrieb kleiner und dezentraler Anlagen. Dies macht die Technologie interessant für den Ausbau erneuerbarer Energiequellen. Energie, die oft dezentral gewonnen wird, könnte vorteilhaft über den Umweg Flüssigwasserstoff zwischengespeichert werden.

Das HyLICAL-Projekt wird von der Clean Hydrogen Partnership und ihren Mitgliedern unterstützt und ist finanziert von der Europäischen Union. Die Forschungsergebnisse könnten den Weg für eine effizientere und umweltfreundlichere Wasserstoff-Verflüssigung ebnen – ein entscheidender Schritt in Richtung einer grünen Zukunft.