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Hohe Brexit-Zölle belasten Warenhandel mit EU

 

Ein Schnäppchen glaubte Ellie Huddleston bei der Suche nach Kleidungsstücken im Internet gemacht zu haben. Blusen für 80 Pfund, einen Mantel für 200 Pfund - doch der Brexit hat der Londonerin einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Denn die neuen Sachen hatte die 26-Jährige in der EU bestellt. Deshalb sollte sie insgesamt 140 Pfund (157 Euro) zusätzlich für Zoll, Mehrwertsteuer und andere Gebühren zahlen. Zu viel, entschied Huddleston und lehnte die Lieferung ab, wie die BBC berichtete.

Wie der jungen Frau geht es derzeit einigen Shoppern - und auch Unternehmen. Denn seitdem Großbritannien nicht mehr dem EU-Binnenmarkt angehört, werden zusätzliche Zölle fällig und viel Bürokratie. Das haben bereits schottische Fischer bemerkt, deren Lieferungen tagelang im Stau standen, tonnenweise verrotteten Fische und Meeresfrüchte. Nun erreichen die Brexit-Folgen auch den Einzelhandel.

So liefern einige EU-Unternehmen bereits nicht mehr nach Großbritannien, auch in die Gegenrichtung haben manche Paketdienstleister und Modeketten ihre Lieferungen teilweise eingestellt. Wie die BBC berichtete, nehmen viele britische Textilhändler Retouren aus der EU nicht mehr an. Mehrere Unternehmen hätten Lager in Belgien, Irland und Deutschland eingerichtet, wo die Retouren zunächst gesammelt würden.

«Für Einzelhändler ist es billiger, die Kosten abzuschreiben, als sich zu kümmern», sagte der Chef des Branchenverbandes UK Fashion & Textile Association, Adam Mansell, dem Sender. Es sei günstiger für die Unternehmen, die Ware entweder aufzugeben «oder potenziell zu verbrennen», als sie zurückzunehmen. Dem Bericht zufolge werden fast ein Drittel aller online von EU-Kunden in Großbritannien gekauften Waren zurückgeschickt. Beim Rückversand ins Vereinigte Königreich müssen dann die britischen Unternehmen Zollformulare ausfüllen und Einfuhrzölle begleichen.

«Das ist Teil des Kleingedruckten des Deals», sagte Mansell. Kunden etwa in Deutschland, die Waren aus Großbritannien kaufen, gelten als Importeure. «Dann klopft der Lieferdienst an ihre Tür und übergibt ihnen eine Zollabrechnung, die sie bezahlen müssen, um ihre Waren zu erhalten.» Zahlreiche EU-Kunden hätten deshalb Lieferungen aus Großbritannien abgelehnt, berichtete die BBC am Freitag.

«Was den Import aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland betrifft, so kann der Empfang von Sendungen, die Waren aus Großbritannien enthalten, für Empfängerkunden hierzulande teurer werden, wenn Freigrenzen überschritten werden und zum Beispiel Einfuhrumsatzsteuer oder Verbrauchsteuern anfallen», teilte die Deutsche Post DHL auf Anfrage mit. Die Lieferdienste müssen von den Kunden die Gebühren bei der Zustellung erheben - im Fall von Großbritannien gilt das für Sendungen mit einem Warenwert von mehr als 22 Euro. Zahlen, wie viele Sendungen abgelehnt werden, lagen weder DHL noch dem Wettbewerber DPD vor.

Für den britischen Einzelhandel ist es der nächste herbe Rückschlag. Denn wegen der Corona-Pandemie gingen 2020 die Verkäufe trotz eines starken Online-Anstiegs im Vergleich zum Vorjahr um 1,9 Prozent zurück und damit so stark wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen vor rund 25 Jahren. Neben Kaufhäusern und Tankstellen waren vor allem Bekleidungsgeschäfte stark betroffen - mit einem Minus von rund einem Viertel (25,1 Prozent), wie das Statistikamt am Freitag mitteilte. «Da die Geschäfte auf absehbare Zeit immer noch geschlossen sind und die Geschäfte Umsatzverluste in Milliardenhöhe kosten, kämpfen viele Einzelhändler ums Überleben», sagte die Chefin des Handelsverbands British Retail Consortium, Helen Dickinson.

Die britische Regierung sieht bisher keinen Grund zur Besorgnis. Der BBC teilte sie mit: «Wir haben Unternehmen, die bisher nicht mit Zollanmeldungen zu tun hatten, ermutigt, Spezialisten mit Einfuhr- und Ausfuhrerklärungen zu betrauen.» Dafür seien 80 Millionen Pfund an Hilfen bereitgestellt worden. Premierminister Boris Johnson hatte zuletzt von «Kinderkrankheiten» im Handel infolge des Brexits gesprochen.

Regierungsvertreter betonten, der Handel laufe problemlos. Täglich würden zwar bis zu 200 Lastwagen am Ärmelkanal abgewiesen, teils wegen fehlerhafter Unterlagen, teils weil die Fahrer keinen negativen Corona-Test vorweisen können, der für die Einreise nach Frankreich vorgeschrieben ist. Aber das seien deutlich weniger als befürchtet, sagte kürzlich die Top-Beamtin Emma Churchill einem Parlamentsausschuss.

Doch nicht nur die britischen Händler haben Probleme im Handel mit Europa. Umgekehrt haben auch die deutschen Modehersteller und Händler Schwierigkeiten mit der Belieferung von Kunden in Großbritannien. Der westfälische Modehersteller Gerry Weber etwa hat seinen Online-Shop in England vorübergehend geschlossen und den Versand nach UK eingestellt, bis eine Lösung für die Brexit-Probleme gefunden sei. Einige andere Anbieter hätten Zwischenlager in England eingerichtet, berichtete der für den E-Commerce verantwortliche Gerry Weber-Manager Aljoscha Kollmeyer. Doch rechtfertige der Umsatz von Gerry Weber in UK einen solchen Aufwand nicht.

Der Versandhändler Otto berichtete, er habe in Vorbereitung auf den Brexit und die vorhersehbaren Schwierigkeiten bereits wichtige Warengruppen in UK bevorratet. Doch liefere das Unternehmen auch weiterhin direkt Ware aus Deutschland auf die Insel und profitiere dabei von dem Know-How des zur Otto-Gruppe gehörenden Versenders Hermes. Durch die Verzollung der Ware entstünden dem Unternehmen aber auf jeden Fall höhere Kosten.

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Großbritannien hat die EU endgültig verlassen. Nun sind die ersten negativen Folgen für die Wirtschaft sichtbar. Die Coronapandemie tut ihr übriges.

Jahrelang beherrschte die Brexit-Debatte das tägliche Nachrichtengeschehen in Großbritannien. Nun ist es vollzogen. England ist nicht mehr Teil der europäischen Union. Offiziell ist das Land bereits am 31. Januar 2020 ausgetreten. Doch es gab eine Übergangsphase, die Ende 2020 auslief. Politik, Unternehmen und die Bevölkerungen sollten sich auf den Austritt vorbereiten. Doch es kam anders. Kurz vor knapp konnten sich Vertreter der EU und der britische Premier Boris Johnson auf einen Deal einigen.

Für viele Unternehmen kam es zu spät. Seit Mitte Dezember 2020 herrscht Chaos an den Grenzen, zu sehen an den langen Lkw-Staus in Dover, die zu einer Art Sinnbild der Brexit-Politik geworden sind.

Parallel dazu leidet die Wirtschaft stark unter der Coronapandemie – die Brexit-Folgen im Überblick.

Brexit-Folgen für Großbritannien, Deutschland und die EU

Folgen des Brexits für den Lieferverkehr

Die deutsche Industrie sieht trotz des Brexit-Handelsabkommens aktuell erhebliche Störungen im Warentransport von und nach Großbritannien. „Wir rechnen damit, dass die Engpässe mindestens bis zur Jahreshälfte andauern“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang, der Deutschen Presse-Agentur.

„Das stellt die pan-europäischen Lieferketten in dramatischer Weise vor eine Zerreißprobe. Die Vorbereitungen der Regierung in London und in vielen britischen Unternehmen waren nicht ausreichend, um die zusätzliche Bürokratie und unnötige Grenzformalitäten abzufedern.“

Obwohl sich die Unternehmen im vergangenen Jahr trotz Corona gut auf die neuen Handelsbarrieren vorbereitet hätten, träfen die Störungen viele Betriebe mit aller Härte, sagte Lang. „Dabei ist der Handel momentan zunächst geschrumpft. Sobald das Handelsvolumen zunimmt, steht uns ein massiver Stresstest bevor.“

Folgen des Brexit für kleine Unternehmen

Der Ausstieg des Landes aus der EU bedeutet für britische Firmen einen radikalen Bruch. Sie müssen sich neu aufstellen – oder das Geschäft über den Ärmelkanal ganz aufgeben. Die vielen kleinen Einbußen summieren sich zu einem volkswirtschaftlichen Schaden, der das Land laut der Bank of England langfristig vier Prozentpunkte Wachstum kosten wird.

Ein Viertel der sechs Millionen kleinen Unternehmen im Königreich exportieren in die EU. Viele haben ihren Onlineverkauf vorerst eingestellt, weil sie die zusätzlichen Kosten, die durch die Zollgebühren entstehen, weder selbst übernehmen noch auf ihre Kunden abwälzen wollen.

Darunter sind Lebensmittelanbieter die Cheshire Cheese Company aus Macclesfield. Allein die Gesundheitszertifikate sind regelmäßig teurer als der Wert des verkauften Käses. Die Firma überlegt nun, ein Vertriebszentrum in der EU zu errichten, um die Binnenmarkthürden zu umgehen. Was genau nun gilt, das hat die EU in einem PDF zusammengefasst.

Folgen des Brexit für die Finanzbranche

Wie schon Mitte 2020 haben viele Unternehmer Großbritannien den Rücken gekehrt und ihre Standorte in ein anderes EU-Land verlagert. Der Finanzplatz Frankfurt wird wichtiger. London kämpft gegen den Exodus.

Britische Geldhäuser müssen mehr Mitarbeiter in ihre Ableger in der EU schicken. Einige der Institute, die nach dem Brexit Geschäfte in der Ländergemeinschaft betreiben wollen, hätten immer noch nicht genügend Beschäftigte vor Ort, sagte EZB-Chefbankenwächter Andrea Enria am Donnerstag in Frankfurt.

„Ein Kernthema, worauf wir achten, ist dass wir hier genügend strategische und Risiko-Management-Kapazitäten haben“, sagte Enria. Aus manchen Geldhäusern war zuletzt zu hören, dass der Umzug von Mitarbeitern in die EU wegen Reisebeschränkungen aufgrund der Pandemie schwer zu bewerkstelligen sei.

Mit dem endgültigen EU-Austritt des Landes nach dem Auslaufen der Übergangszeit endete für britische Banken die Möglichkeit, mit Hilfe des sogenannten EU-Passes von der Londoner City aus Geschäfte in der Ländergemeinschaft zu betreiben. Finanzdienstleistungen sind vom neuen Handelsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich nicht abgedeckt.

Folgen des Brexit für die Verbraucher

Für britische Verbraucher wird das Leben teurer. Bei den Lebensmittelpreisen ist laut Experten bereits eine Inflation zu beobachten. Auch Onlineshopper sind überrascht, wenn der Paketbote an der Haustür bei Bestellungen aus der EU neuerdings satte Nachzahlungen verlangt. So wird nun die Einfuhrumsatzsteuer von 20 Prozent fällig. Hinzu kommen Zölle, falls die Artikel zum überwiegenden Teil in Drittländern wie China, Bangladesch oder Vietnam gefertigt wurden.

Vermeintliche Schnäppchen aus der EU werden somit schnell zum teuren Fehlkauf. Viele lassen die Päckchen dann zurückgehen. „Einzelpaket-Versendungen an private Adressaten in Großbritannien bereiten weiterhin Probleme“, bestätigt ein Sprecher des Paketlieferdienstes DPD.

Noch verdeckt die Corona-Pandemie das ganze Ausmaß der Brexit-Folgen. Da Gastronomie, Einzelhandel und Tourismus wegen des Lockdowns geschlossen sind und auch viele Fabriken unter Kapazität arbeiten, ist die wirtschaftliche Aktivität in Großbritannien deutlich geringer als gewöhnlich. Das Frachtvolumen über den Ärmelkanal liegt laut der Logistikplattform Transporeon immer noch rund 40 Prozent unter dem Normalniveau. Die geringere Nachfrage nimmt etwas Druck aus den Lieferketten.

„Corona dämpft die Brexit-Auswirkungen“, sagt Shane Brennan von der Cold Chain Federation, dem britischen Verband der Kühllogistik. „Wenn es keinen Lockdown gäbe, hätten wir echte Lieferengpässe.“ So aber seien die Lastwagenstaus ausgeblieben und die Supermarktregale normal gefüllt. Importe seien ohnehin einfacher, weil die britische Regierung an der Grenze in den ersten sechs Monaten noch nicht kontrolliert.

Auswirkungen des Brexits auf die EU

Der Austritt des drittgrößten Mitgliedslandes ist ein enormer Verlust für die EU. Besonders wichtig ist, dass diesem Beispiel nicht noch andere Mitgliedsstaaten folgen. Eines der wichtigsten Argumente der Brexit-Befürworter ist das Geld. Das Vereinte Königreich zahle jede Woche die enorme Summe von 350 Millionen Pfund Sterling an die Europäische Union, hieß es.

Großbritannien war tatsächlich der zweitgrößte Nettozahler in der EU. Doch die tatsächliche wöchentliche Summe, die an die Europäische Union überwiesen wird, beläuft sich aber auf rund 160 Millionen Pfund Sterling – was rund sechs Prozent des EU-Budgets ausmacht.

Deutschland ist in absoluten Zahlen der größte „Nettozahler“ in der Europäischen Union. In den letzten Jahren zahlte Deutschland jeweils etwa 10 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr mehr in den EU-Haushalt ein, als direkt an Begünstigte in Deutschland zurückflossen. Der gemeinsame Wiederaufbau nach der Corona-Pandemie wird den deutschen Nettobeitrag noch erhöhen. Allerdings zahlen pro Kopf gerechnet die Schweden, Dänen, Luxemburger, Österreicher und Niederländer ähnlich viel ein – oder sogar mehr.

Auswirkung auf die Freizügigkeit zwischen den Ländern

Die Zukunft der in Großbritannien lebenden EU-Bürger ist vorerst geklärt. Wer dauerhaft in Großbritannien leben will, kann sich für das EU Settlement Scheme anmelden. Es gilt für EU-Bürger, Nicht-EU-Bürger und Schweizer sowie ihre Angehörigen.

EU-Bürger, die für einen längeren Zeitraum in Großbritannien eingesetzt sind, müssen eine Aufenthaltsgenehmigung anmelden.

Diese heißt „Pre-settled Status“ für die ersten fünf Jahre, alle weiteren Zeiten fallen in den „Settled Status“. Allerdings gibt es Ausnahmen für Arbeitnehmer, die sich bis zum Ende der Übergangsphase schon fünf Jahre im Vereinigten Königreich aufgehalten haben: Sie sollen direkt eine Daueraufenthaltsgenehmigung erhalten.

Wer nur als Tourist oder Geschäftsreisender nach Großbritannien fährt und die deutsche Staatsangehörigkeit hat, braucht bis zu 6 Monaten kein Visum.

Wer als Brite in Deutschland lebt, muss folgende Regeln beachten:

Seit dem 1. Januar 2021 haben Personen, die bis Ende 2020 zum Aufenthalt oder zum Arbeiten in Deutschland (oder einem anderen EU-Staat) berechtigt waren und von diesem Recht Gebrauch gemacht hatten, im Wesentlichen dieselben Rechte wie vor dem Austritt. Die Rechte werden also „eingefroren“. Diese Rechte bestehen „kraft Gesetzes“. Menschen mit britischer Staatsangehörigkeit in Deutschland brauchen also nichts zu tun, um sie geltend zu machen.

Um nachweisen zu können, dass Sie Rechte nach dem Austrittsabkommen haben, benötigen Sie jedoch zwingend ein Dokument, das Sie bei der Ausländerbehörde erhalten. Mehr Informationen dazu finden Sie auf den Seiten des BMI.

Bis zum 30. Juni 2021 müssen Britinnen und Briten, die am 31. Dezember 2020 in Deutschland wohnen und weiterhin in Deutschland wohnen bleiben, ihren Aufenthalt bei der für ihren Wohnort zuständigen Ausländerbehörde anzeigen, um dann das neue Aufenthaltsdokument erhalten zu können.

Der vereinfachte Zugang für „unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern“ kann auch über die EU Blue Card erfolgen. Viele Briten wollen sich diesen Weg ersparen: Bereits 15.000 Briten haben deshalb die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Folgen des Brexits für die deutsche Automobilbranche

Das Abkommen zwischen EU und Großbritannien hat in Deutschland vor allem die Marktteilnehmer der Automobilindustrie gefreut. Dabei geht es besonders um die Exporte.

Denn das Vereinigte Königreich war 2019 der weltweit größte Exportmarkt für die deutschen Automobilhersteller. Die deutsche Automobilindustrie unterhält in Großbritannien mehr als 100 Produktionsstätten, von denen die meisten Zulieferunternehmen gehören.

Die britischen Zulieferer sind wiederum stark vom EU-Markt abhängig. „Jetzt kommt es darauf an, die praktischen Hürden schnellstmöglich zu beseitigen. Lange Staus am Ärmelkanal sind nicht im Interesse der Menschen auf beiden Seiten der neuen Grenze“,

 

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Boris Johnson hat sich politisch durch eine erfolgreiche Impfkampagne gerettet. In der deutschen Politik aber geht im Wahljahr die große Angst vor dem Impffrust um.

Das war kein Impfgipfel gestern mit der Kanzlerin und den Ministerpräsidenten. Das war ein Angstgipfel. Da ging es nicht um Virenabwehr, sondern um Schuldabwehr. Schon im März wird in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt. Im Juni in Sachsen-Anhalt. Im September in Berlin. Und im Bund. Die in der Verfassung nicht vorgesehene Notregierung der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der Länder, die seit Pandemiebeginn faktisch das Land führt, ist durch das europäische Impfdesaster in Not geraten.

Bis vor wenigen Wochen hatten die Regierenden eine ganz gute Pandemie gehabt. Den ersten Lockdown machten die Deutschen überwiegend willig mit; die von ganz links bis ganz rechts reichende Querfront der "Querdenker" schreckte mit ihren Aktivitäten einschließlich eines versuchten Sturms auf den Reichstag die Mehrheit der Bevölkerung eher ab. Der AfD kamen die Aufregerthemen abhanden.

Dann kam der Sommer der Lockerungen, und als das Land stotternd in den Winter des Missvergnügens startete, hieß es aus Berlin und Brüssel, dank gemeinsamer Überbestellung würden wir bald alle geimpft. Impfzentren und Hotlines wurden eingerichtet. Die Bewohnerinnen von Altersheimen freuten sich auf ein Wiedersehen mit den Enkelkindern. Kneipenbesitzer dachten an die Wiedereröffnung. Sommerurlaube wurden gebucht.

Verfehlte Impfkampagne kann Macht kosten


Holpriger Impfstart: Söder mit Seitenhieb an die EU (dpa)

Und dann das jähe Erwachen. Während in Israel jede zweite Bewohnerin nach weniger als drei Monaten schon geimpft ist, so dass man spätestens Ende April die landesweite Herdenimmunität erreicht haben dürfte, verspricht die Notregierung nach dem Impfgipfel erst zum Ende des Sommers einen Impftermin für jede, die sich impfen lassen will. Nicht zufällig wäre das der 21. September: fünf Tage vor der Bundestagswahl. Doch bis dahin dürfte die Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung gekippt sein.

Angela Merkel weiß, dass Donald Trump die Wahl wegen Corona verlor. Hätten die Amerikaner nur einige Wochen später gewählt, also nachdem die von Trump vorbereitete und forcierte Impfkampagne angelaufen war, würden wir heute wohl keine Leitartikel über die Wiedergeburt der Demokratie in Amerika lesen. Auch Boris Johnson war wegen seines miserablen Krisenmanagements noch Ende des Jahres kurz davor, von der eigenen Partei gestürzt zu werden. Die Impfkampagne hat ihn gerettet. Umgekehrt aber kann das Versagen der deutschen Impfkampagne den heute regierenden Parteien die Macht kosten.

Deshalb wurden zum Impfgipfel nicht nur Vertreter der EU-Kommission einbestellt, womit die Machtverhältnisse in Europa schon mal klargestellt wurden. Auch die Pharmaindustrie – Vertreter der Firmen BioNTech, Pfizer, AstraZeneca, Curevac, IDT Biologie, Johnson & Johnson, Sanofi und Schott – musste zum Rapport. Während sich die für das Debakel unmittelbar verantwortliche EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in Protektionismus und Euro-Nationalismus flüchtete, einschließlich des irrwitzigen Versuchs, die EU-Außengrenze auf der irischen Insel für Impfstoffexporte zu schließen, forderten in seltener Eintracht die beiden Möchtegernkanzlerkandidaten Markus Söder und Robert Habeck eine Art Impfnotstandsregime.

Die noch vor wenigen Wochen über den grünen Klee gelobten Pharmakonzerne, die in Rekordzeit Impfstoffe entwickelt hatten, avancierten auf diesem Impfgipfel plötzlich zu geldgierigen Kapitalisten, die man zwingen müsse, ihre Patente offenzulegen, damit andere Firmen im staatlichen Auftrag den begehrten Stoff produzieren können. Wie Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei Anne Will sagte: "Sollte es Fälle geben, wo ein Unternehmen aus Egoismus sagen würde, wir haben solche Anlagen, helfen aber nicht mit, dass das Nachbarunternehmen dort seinen Impfstoff produzieren kann – dann müssen wir natürlich auch über strengere Maßnahmen nachdenken."

Kurzfristig zeigte die Drohung sogar Wirkung. Vor dem Gipfel meldeten verschiedene Firmen an, mehr Impfstoff als zugesagt zu liefern. Welche Signale sie aber langfristig an die Unternehmen der Branche senden, scheint den Politikern gleichgültig zu sein. In Zukunft dürften sich Firmen zweimal überlegen, ob sie sich an der geschäftlich riskanten Entwicklung neuer Medikamente beteiligen wollen, wenn dann unter Verweis auf einen Notstand die Patentinhaberinnen faktisch enteignet, Wissenschaftlerinnen um die Früchte ihrer Arbeit gebracht werden, wenn auch Aktionären die Möglichkeit genommen wird, aus Investitionen Gewinne zu ziehen. Grüne, Christsoziale und Christdemokraten wollen dem Wahlvolk aber signalisieren: Wir kümmern uns. Im Herbst wollen sie gemeinsam die Bundesregierung stellen, und da geht es vor allem darum, wer dabei Koch und wer Kellner sein soll. Wer am lautesten auf den Tisch haut, gewinnt. Die Prinzipien freier Marktwirtschaft sind gegenüber dieser existenziellen Frage zweitrangig.

Dabei gab Altmaier zu, es sei nicht einmal klar, welche Unternehmen gegebenenfalls die zusätzliche Produktion bereits entwickelter Impfstoffe übernehmen könnten. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci hatte sich zuvor mit der Meldung blamiert, eine Berliner Firma könne bald damit beginnen, was vom betreffenden Unternehmen umgehend dementiert wurde. Man denkt: Es kann doch nicht so schwer sein, bei den 358 Pharmaunternehmen, die es in Deutschland gibt, mal kurz durchzurufen und zu fragen, was sie sich gegebenenfalls zutrauen. Anscheinend fehlen dafür die Kräfte. Oder man will die Antwort lieber nicht wissen. Wenn Kalaycis Chef Michael Müller, Regierender Bürgermeister von Berlin und zugleich Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, vor dem Impfgipfel einen "nationalen Impfplan" forderte, so klang das arg nach Pfeifen im Walde. Wie reimte Bertolt Brecht: Ja, mach nur einen Plan / Sei nur ein großes Licht / Dann mach noch einen zweiten Plan / Gehen tun sie beide nicht.

Und in der Tat kam auch nichts heraus. Nach dem Gipfel bat Merkel um Geduld, schwörte Gesundheitsminister Jens Spahn die Bevölkerung auf "harte Wochen der Knappheit" beim Impfstoff ein. Erst im zweiten und dritten Quartal dürfte, wenn alle Zusagen der Pharmaindustrie eingehalten werden, genügend Impfstoff da sein. Doch dann – daran hat anscheinend noch niemand gedacht – dürften die Impfzentren überfüllt, die Hotlines überlastet sein. Denn die von den Ländern aufgebauten Kapazitäten waren angelegt auf eine gleichmäßige Durchimpfung der Bevölkerung beginnend im ersten Quartal. Dabei zeigten sich trotz geringer Auslastung schon bedenkliche Schwächen, vor allem bei der Benachrichtigung der Betroffenen. Nun dürfte sich alles im zweiten und dritten Quartal ballen. Das nächste Debakel ist abzusehen.

Revolutionen sind oft das Ergebnis steigender Erwartungen, die dann enttäuscht werden. Der Impfgipfel hat es vielleicht geschafft, die Erwartungen für die nächsten Wochen zu dämpfen und die Frage der politischen Verantwortlichkeit zu verunklaren. Der Preis für diese Atempause sind steigende Erwartungen für den Sommer. Werden sie enttäuscht, dürfte Deutschland Krawalle wie letzten Sommer in Stuttgart oder kürzlich in den Niederlanden erleben. Wie sangen die Rolling Stones vor ewigen Zeiten: Summer’s here and the time is right for fighting in the streets, boy!

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Weitere Milliarden für Familien und Unternehmen

 

Sie leiden besonders unter dem Corona-Lockdown: Familien mit Kindern, die Gastronomie und der Kulturbereich. Für sie wurde ein neues gewaltiges Hilfspaket geschnürt.

Erstmals seit längerer Zeit haben sich die Spitzen von CDU, CSU und Sozialdemokraten wieder persönlich im Kanzleramt in Berlin getroffen. Trotz ursprünglicher Differenzen verliefen die Gespräche harmonischer als gedacht. Man zog an einem Strang. Der Koalitionsausschuss beschloss, um Härten für Familien angesichts des Corona-Lockdowns weiter abzufedern, wie schon im vergangenen Jahr einen Kinderbonus zu gewähren. Der Zuschlag auf das Kindergeld soll einmalig 150 Euro betragen, wie nach den viereinhalbstündigen Beratungen mitgeteilt wurde. Dieser Bonus soll mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag verrechnet, aber nicht auf die Grundsicherung angerechnet werden.

Einen einmaligen Corona-Zuschuss von 150 Euro sollen nun auch erwachsene Grundsicherungsempfänger bekommen. Für plötzlich in Not geratene Selbstständige und Beschäftigte mit kleinen Einkommen wird der erleichterte Zugang in die Grundsicherung bis Ende 2021 verlängert.

Die große Koalition greift zudem Unternehmen mit coronabedingten Verlusten stärker unter die Arme. Der geltende steuerliche Verlustrückgang werde für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal zehn Millionen Euro beziehungsweise auf 20 Millionen Euro bei Zusammenveranlagung angehoben. Laut Koalition soll dies die "in der Krise notwendige Liquidität" schaffen. Der Verlustrücktrag ermöglicht es Unternehmen, bei der Steuererklärung Verluste aus den Jahren 2020 und 2021 mit Gewinnen aus dem Jahr 2019 zu verrechnen. Sie müssten dann weniger Steuern zahlen.

Helfen wollen CDU/CSU und SPD auch wieder der besonders hart vom Lockdown betroffenen Gastronomie. So soll für Speisen in Restaurants und Cafés, die nur Außer-Haus-Lieferungen anbieten dürfen, bis Ende 2022 weiter ein verringerter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten. Ursprünglich war die Regelung bis Ende Juni befristet gewesen.

Unterstützung erhalten zudem die Kulturschaffenden. Nach dem Beschluss der Koalition wird ein Anschlussprogramm für das Rettungs- und Zukunftsprogramm "Neustart Kultur" mit einer Ausstattung von einer weiteren Milliarde Euro aufgelegt.

Die beiden SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans bezifferten das Hilfspaket insgesamt auf mindestens siebeneinhalb Milliarden Euro. Sie zeigten sich mit den Ergebnissen sehr zufrieden. "Die Koalition ist bis zum Ende handlungsfähig", sagte CDU/CSU-Fraktionschef Ralph Brinkhaus nach den Beratungen. Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

 

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Chipkrise lähmt Autoindustrie: VW, Daimler & Co. müssen Produktion drosseln

 

 

Die aktuelle Halbleiterkrise offenbart die Verwundbarkeit der deutschen Automobilindustrie. Da wichtige Chip-Zulieferer aus Asien nun vorrangig ihre Kunden aus der Smartphone-Branche bedienen, bleiben die Produktionsbänder in einigen Betrieben stehen.

Die Pandemie deckt ein Problem der deutschen Automobilindustrie auf, welches schon lange vor der Krise bestand. Die Autobauer hängen nämlich am Tropf asiatischer Zulieferer, die nun die Nachfrage nicht mehr bedienen können. Der aktuelle Lieferengpass bei wichtigen Halbleitern, die vor allem bei E-Automobilen unersetzlich sind, führt sogar soweit, dass Produzenten wie VW, Audi und Daimler nun komplette Schichten streichen müssen.

Halbleiter sind fast wichtiger als der Antrieb

"Chips sind fast wichtiger geworden als der Antrieb selbst. […] Das Auto ist so vernetzt, es funktioniert eigentlich nur noch mit entsprechender Steuerungselektronik", so die Einschätzung von Stefan Bratzel, Direktor des Center of Automotive Management der Fachhochschule Bergisch-Gladbach, gegenüber dem ZDF. "Wenn für den Bau des Autos die Chips fehlen, ist das ein 'no go'. Dann können Fahrzeuge überhaupt nicht gebaut werden", so der Experte weiter.

Die Hauptaufgabe von Halbleitern ist zwar relativ simpel, dennoch unerlässlich. So besteht ihre Funktion hauptsächlich darin, in individuellen Intervallen Strom zu leiten oder auch zu isolieren. Entsprechend werden in speziellen Oberklassenmodellen heutzutage schon bis zu 5.000 Halbleiterchips verbaut, die im Grunde das gesamte Fahrzeug steuern.

Solche Halbleiter werden heutzutage jedoch nicht nur in Automobilen benötigt, sondern kommen in so gut wie jedem elektronischen Gerät zum Einsatz. Egal ob Smartphone, Laptop, Netzgerät, Energiesparlampe oder Kühlschrank - ohne die entsprechenden Halbleiter würde in der heutigen Welt nichts mehr funktionieren.

Automobilverband schlägt Alarm

Aufgrund des akuten Halbleitermangels innerhalb der deutschen Autoindustrie schlägt nun auch der Branchenverband VDA Alarm und richtet sich direkt an die Bundesregierung. "Global wird intensiv daran gearbeitet, die Versorgung mit Halbleitern - insbesondere auf der Ebene der Chiphersteller - sicherzustellen. […] Der VDA ist hierzu auch mit der Bundesregierung in Kontakt", so in einer Mitteilung des Verbands der Automobilindustrie.

Der Weckruf des Verbands kommt für viele Produzenten jedoch schon zu spät. So musste Daimler aufgrund des Chipmangels seine Fertigung in Bremen und Rastatt drosseln. Darüber hinaus wurden auch bei Audi in Neckarsulm und Ingolstadt sowie bei Volkswagen in Emden und Wolfsburg Schichten ausgesetzt.

Volkswagen hat ein "gravierendes Problem"

"Wir haben ein gravierendes Problem - aber das hat nicht nur die Autoindustrie allein", so Bernd Osterloh, VW-Betriebsratschef, in Bezug auf die Chipkrise im Manager Magazin. Aufgrund des extremen Halbleitermangels musste der Konzern im Dezember allein in China 50.000 Autos weniger produzieren. Die Chipkrise lastet dabei nicht nur auf den Autobauern, sondern natürlich auch auf den Zulieferbetrieben wie HELLA und Continental. "Von dieser Verknappung sind auch die weltweiten […] Elektronik-Lieferanten betroffen", heißt es in der Mitteilung des VDA weiter.

Nach der Einschätzung des VW-China-Chefs Stephan Wöllstein dürfte dieser Chip-Engpass auch in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres anhalten. Dementsprechend rechnet Wöllstein damit, dass sich die Lage erst im zweiten Quartal 2021 entspannen könnte.

Die zentralen Ursachen der Knappheit

"Aufgrund unterschiedlicher Einflüsse ist die weltweite Nachfrage nach bestimmten Halbleiterbauteilen derzeit höher als das Angebot", so die Einschätzung des VDA. Tatsächlich sind die Ursachen für die Chip-Knappheit jedoch etwas vielfältiger und komplexer.

So spielt auch der verschärfte Konkurrenzdruck innerhalb der Branche eine zentrale Rolle. Die Autobauer stehen mit ihrer Nachfrage nach Mikrochips nun im direkten Wettbewerb mit verschiedenen Smartphone- und PC-Herstellern, die ebenfalls auf eine fristgerechte Lieferung der begehrten Chips drängen.

Darüber hinaus haben auch die asiatischen Halbleiterproduzenten, ähnlich wie die deutschen Autobauer, ihre Produktion aufgrund der Pandemie zurückgefahren. Der rasante Wiederanstieg der Automobilproduktion in Europa dürfte in diesem Zusammenhang auch die asiatischen Zulieferer überrascht haben. So trifft die unerwartet frühe Nachfrage der Autobranche nun unmittelbar mit dem anhaltend hohen Bedarf aus dem Sektor der Medizintechnik und der Unterhaltungselektronik zusammen.

Chinesische Siliziumproduktion läuft suboptimal

Obendrein hat auch die Siliziumproduktion im wichtigsten Erzeugerland China längst nicht ihr Vorkrisenniveau erreicht. Demgemäß benötigen die asiatischen Produzenten nun "ein paar Monate, um […] die Nachfrage wieder decken zu können. Schneller geht es leider nicht - das sollten die Autohersteller verstehen und künftig stärker berücksichtigen", erklärt Wolfgang Weber, Geschäftsführer des Branchenverbands ZVEI, gegenüber dem Manager Magazin.

Unterdessen warnte die Deutsche Rohstoffagentur schon im Jahr 2019 vor den "hohen potenziellen Beschaffungsrisiken" von Silizium. Zwar gibt es in China reichlich Siliziumvorkommen, jedoch wurden im Reich der Mitte, aufgrund einer zu geringen Stromproduktion aus Wasserkraft, die auf eine längere Trockenperiode zurückzuführen war, bis zu 20 große Silizium-Schmelzanlagen außer Betrieb gesetzt.

Laut einem Bericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe leidet die chinesische Siliziumproduktion gegenwärtig sogar unter eine regelrechten Unterauslastung. Die Bundesanstalt geht davon aus, dass von der eigentlich jährlich nutzbaren Kapazität von 5 Millionen Tonnen im Land zuletzt nur rund 2,2 Millionen Tonnen genutzt wurden.

 

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Deutschlands Exporte brechen 2020 um 9,3 Prozent ein

 

 

Der deutsche Außenhandel ist im Corona-Jahr 2020 so stark eingebrochen wie seit der Finanzkrise nicht mehr. Wie das Statistische Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, gingen die Exporte um 9,3 Prozent und die Importe um 7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. In der  Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2009 waren die Exporte um 18,4 Prozent und die Importe um 17,5 Prozent zurückgegangen.

Im Jahr 2020 wurden von Deutschland nach Angaben des Bundesamtes Waren im Wert von knapp 1,205 Billionen Euro exportiert und Waren im Wert von rund 1,026 Billionen Euro importiert. Im Dezember stiegen die Exporte gegenüber dem Vormonat November 2020 kalender- und saisonbereinigt um 0,1 Prozent, die Importe sanken um 0,1 Prozent.

Den vorläufigen Ergebnissen zufolge lagen die Exporte damit noch 4,6 Prozent und die Importe 0,1 Prozent unter dem Niveau vom Februar - dem Monat vor dem Beginn der Corona-bedingten Einschränkungen in Deutschland.

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Das Märchen vom fehlenden Geld für Straßenbau und Bildung

 

Die Geschichte von den fehlenden Milliarden hat das Zeug, zum Wahlkampfhit zu werden. Zumindest erzählen sie Politiker von SPD, Grünen und Linkspartei schon jetzt sehr gerne. Der Staat muss mehr investieren, heißt es da, in neue Straßen, Gebäude, eine digitale Verwaltung und natürlich schnelles Internet. Viel, viel Geld sei dafür notwendig, gemeint sind zig Milliarden, und dafür soll sich der Bund auch in den Jahren nach der Corona-Krise kräftig verschulden.

Mehr Schulden seien „allemal besser als marode Infrastruktur oder schlechte Bildung“, sagte vor wenigen Tagen der SPD-Vorsitzende Norbert Walter-Borjans. Er habe immer gesagt, dass die Schuldenbremse einen Fehler – einen Webfehler – habe: Sie mache Investitionen in die Zukunft, die ja etwas bringen für die nächste Generation, im Zweifel unmöglich.

Überraschen können die Rufe nach zusätzlichen Milliarden nicht. Politiker wollen immer mehr Geld, schließlich treten sie an, um etwas zu verändern, eigene Ideen umzusetzen. Ohne Geld geht das nicht. Das Versprechen, das Geld für eine bessere Infrastruktur auszugeben, von der auch künftige Generationen profitieren, klingt da schon fast edel.

Vier von fünf Euro wurden verkonsumiert

Mit der Realität haben solche Versprechen bislang allerdings wenig zu tun. Schaut man auf die Vorkrisenzeit, als dank sprudelnder Steuereinnahmen mehr als genug Geld vorhanden war, zeigt sich dies deutlich: Vier von fünf Euro, die in den Jahren vor der Krise zusätzlich ausgegeben wurden, flossen nicht etwa in neue Straßen oder das schnelle Internet, sie gingen für kurzfristige Wohltaten drauf, beispielsweise für die Mütterrente und die Rente mit 63.

„Konsumtive Ausgaben“ heißt das in der Sprache der Haushälter. Für „investive Ausgaben“ blieb nur einer von fünf Euro übrig. Das zeigt eine WELT-Auswertung der Haushaltsabschlüsse des Bundes für die Jahre 2014 bis 2019.

Damals brummte die Konjunktur, die Steuern sprudelten. Die Einnahmen des Bundes erhöhten sich Jahr für Jahr, zusätzliche Schulden waren nicht notwendig, sogar Rücklagen konnten gebildet werden. Es war die Zeit der schwarzen Null. 2014 nahm der Bund 295 Milliarden Euro ein, in der Folge standen der Politik von Jahr zu Jahr mehr Mittel zur Verfügung, 2019 waren es 357 Milliarden Euro. Die Zusatzeinnahmen in den Jahren 2015 bis 2019 addieren sich auf insgesamt 187 Milliarden Euro.

Ein Teil dieser 187 Milliarden Euro, nämlich rund 50 Milliarden Euro, floss ab 2015 in eine Rücklage für schlechte Zeiten, wurde also tatsächlich gespart. Das Geld ist auch jetzt noch da. Doch der Großteil des Einnahmenzuwachses im betrachteten Fünfjahreszeitraums wurde direkt verkonsumiert: 111 Milliarden Euro zusätzlich in fünf Jahren. Die Investitionen erhöhten sich im gleichen Zeitraum gerade einmal um 23 Milliarden Euro.

Anstrengungsloses Sparen: 45 Milliarden Euro

Genau genommen hatte die Regierung sogar einen noch größeren finanziellen Spielraum in den goldenen Vorkrisenjahren, schließlich erhöhten sich nicht nur die Einnahmen, gleichzeitig sanken viele Ausgaben, ohne dass die Politik dafür irgendwo kürzen musste. Genannt seien hier die stetig gesunkenen Zinsausgaben für den Schuldendienst des Bundes.

Allein die Zinsersparnis addiert sich für die Jahre 2015 bis 2019 auf 45 Milliarden Euro. Das bedeutet: Rein rechnerisch wurde, wenn man so will, diese anstrengungslose Ersparnis, die dem Bund wegen der Niedrigzinsen an den Kapitalmärkten einfach so zufiel, gerade einmal zur Hälfte zusätzlich für Investitionen ausgegeben.

Die Gründe für die Investitionsverweigerung der vergangenen Jahre sieht Friedrich Heinemann, Finanzwissenschaftler am Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, nicht bei den Politikern allein. „Auch viele Wähler machen sich oft nicht ehrlich gegenüber sich selbst“, sagt der Experte für öffentliche Finanzen.

Viele nähmen lieber den kostenfreien Kita-Platz oder die mit Steuermitteln subventionierte Rente, bevor das Geld in moderner Infrastruktur verbaut wird. „Von dem einen profitieren sie sofort, von dem anderen vielleicht in zehn Jahren“, sagt Heinemann. Da gehe es jedem einzelnen Wähler nicht anders als den Politikern auch.

Was sind überhaupt Zukunftsinvestitionen?

Auch Fürsprecher einer höheren Neuverschuldung sehen dieses Problem. Ihr Vorschlag ist deshalb, eine über den Spielraum der Schuldenbremse hinausgehende Neuverschuldung nur dann zu erlauben, wenn das Geld tatsächlich für Investitionen ausgegeben wird. In dem Zusammenhang ist gerne von der Goldenen Regel die Rede.

Doch dafür müsste zunächst definiert werden, was überhaupt als Investition in die Zukunft des Landes angesehen werden kann. Fallen nur Ausgaben für Beton und Glasfaser darunter oder auch Ausgaben für Bildung? Und lassen sich nicht genauso höhere Sozialausgaben als Zukunftsinvestitionen rechtfertigen, weil dadurch der gesellschaftliche Zusammenhalt gefördert wird?

„Man muss eine Regel finden, durch die der Investitionsbegriff sehr eng gefasst wird“, sagt Jens Südekum, Professor für internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf. Wobei es Unschärfen immer geben werde. Das dürfe die Politik aber nicht davon abhalten, jetzt ein langfristiges Investitionsprogramm aufzusetzen, so sein Appell. Es gehe vor allem um Stetigkeit, damit die Bauwirtschaft, aber auch die Verwaltung planen und ihre Kapazitäten entsprechend erweitern könnten.

Der Politik wirft Südekum vor, die finanziell üppigen Jahre vor der Krise nicht dafür genutzt zu haben, die notwendigen Stellen in Bauämtern und Planungsstäben vor Ort wiederaufzubauen. „In den Kommunen müssen die Milliarden aus den vielen Förderprogrammen abgerufen werden, doch leider wurden die Strukturen dafür in den 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre durch gewaltige Sparprogramme zerstört“, sagt Südekum.

Hauptbremse ist die „schwerfällige Bürokratie“

Ähnlich sieht dies der oberste Wirtschaftsweise Lars Feld: „Im Bundeshaushalt fehlt es keineswegs an Geld für Zukunftsinvestitionen. Das Problem sind Planung und Umsetzung“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats in einem WELT-Interview. So sei die in der Corona-Krise nochmals kräftig aufgestockte Summe für Infrastrukturinvestitionen bislang noch nicht mal zu einem Viertel abgeflossen.

Das liege vor allem am Widerstand in der Bevölkerung gegen die entsprechenden Vorhaben, gerade auch von Grünen-Wählern, erinnert Feld an den Widerstand gegen neue Straßen, Schienen und Stromtrassen. Die Grünen fordern auf der anderen Seite zusätzliche öffentliche Investitionen in Höhe von einer halben Billion Euro für zehn Jahre. „Das 500-Milliarden-Programm der Grünen, das sind Luftblasen. Im Kern geht es nur darum, die Schuldenbremse abzuschaffen“, sagt er.

Dazu passen die Ergebnisse einer ZEW-Umfrage unter 350 Finanzexperten aus Banken, Versicherungen und großen Industrieunternehmen. Sie wurden Ende 2019, also kurz vor der Corona-Krise, danach befragt, welche Gründe sie für die Investitionsschwäche der öffentlichen Hand in Deutschland sehen. 85 Prozent führten dies auf die „schwerfällige Bürokratie und zu lange Genehmigungsverfahren“ zurück. 55 Prozent nannten „Kapazitätsengpässe in der Bauwirtschaft“, 48 Prozent den „Widerstand von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern gegen Investitionsvorhaben“. Es folgten die „hohen nicht investiven Staatsausgaben“, also vor allem Sozialleistungen, mit 44 Prozent. Die Regeln der Schuldenbremse sahen nur 33 Prozent als Grund für die geringen Investitionen

 

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China bleibt auch 2020 Deutschlands wichtigster Handelspartner

 

Auch im Corona-Jahr 2020 ist China der wichtigste Handelspartner Deutschlands gewesen - zum bereits fünften Mal in Folge. Wie das Statistische Bundesamt am Montag in Wiesbaden mitteilte, wuchs der Umsatz im Außenhandel mit der Volksrepublik trotz der Pandemie um 3,0 Prozent. Insgesamt wurden nach vorläufigen Ergebnissen Waren im Wert von 212,1 Milliarden Euro zwischen beiden Staaten gehandelt.

Das Bundesamt hob hervor, dass die Bedeutung Chinas vor allem für die Einfuhren nach Deutschland stetig wachse: Im Jahr 1980 hatte China demnach noch auf Rang 35 der wichtigsten Importstaaten gelegen, 1990 schon auf Rang 14. Seit 2015 ist die Volksrepublik China der Staat, aus dem die meisten Importe nach Deutschland kommen. 2020 wurden Waren im Wert von 116,3 Milliarden Euro aus China eingeführt. Damit stiegen die Importe um 5,6 Prozent gegenüber 2019.

Auf den Rängen zwei und drei der wichtigsten Handelspartner folgten 2020 hinter China die Niederlande mit einem Außenhandelsumsatz von 172,8 Milliarden Euro (minus 8,7 Prozent) und die USA mit 171,6 Milliarden Euro (minus 9,7 Prozent).

Auch bei den wichtigsten Importstaaten lagen die Niederlande auf Platz zwei (88,5 Milliarden Euro) vor den USA (67,8 Milliarden Euro). Hier führte die Corona-Krise allerdings zu Rückgängen: Die Importe aus den Niederlanden sanken gegenüber 2019 um 9,6 Prozent und die Importe aus den Vereinigten Staaten um 5,0 Prozent.

Die USA sind indes nach wie vor wichtigster Abnehmer deutscher Exporte, obwohl die Ausfuhren dorthin gegenüber 2019 um 12,5 Prozent auf 103,8 Milliarden Euro zurückgingen. Auf den Rängen dahinter folgen mit 95,9 Milliarden Euro (minus 0,1 Prozent) China und mit 91,1 Milliarden Euro (minus 14,6 Prozent) Frankreich.

Die höchsten Exportüberschüsse - die international immer wieder für Kritik sorgen - wies Deutschland im Jahr 2020 mit den USA (36,1 Milliarden Euro), Frankreich (34,4 Milliarden Euro) und Großbritannien (32,2 Milliarden Euro) aus. Für China wurde hingegen ein Importüberschuss im Außenhandel verzeichnet: Insgesamt überstieg der Wert der aus China importierten Waren den Wert der dorthin exportierten Waren um 20,4 Milliarden Euro.

Im Fall China spielen wohl die Menschenrechtsverletzungen keine so große Rolle als bei Russland!

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Deutschland überholt die USA bei Stromer-Neuzulassungen

 

Nicht zuletzt wegen Prämien von bis zu 9000 Euro haben die Deutschen vergangenes Jahr ihre Liebe zu Elektroautos und Plug-in-Hybriden entdeckt.

Durch den Boom hat Deutschland nun die USA als zweitgrößten Markt für Stromer abgelöst, wie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) am Dienstag mitteilte. Auch die deutschen Autokonzerne konnten ihre Position der weltweiten Übersichtsstudie zufolge deutlich verbessern.

Der größte Markt für Elektroautos und Plug-in-Hybride bleibt China mit 1,25 Millionen Neuzulassungen im Jahr 2020. Das ist mehr als ein Drittel der weltweit 3,18 Millionen. Allerdings sinkt der Anteil. Während der chinesische Markt nur noch um 3 Prozent zulegte, ging es weltweit um 38 Prozent nach oben. Treiber war dabei vor allem Europa, angeführt von Deutschland, das ein Plus von 264 Prozent auf knapp 395.000 Fahrzeuge meldete - das laut ZSW weltweit stärkste Wachstum. Nimmt man Europa zusammen, liegt es nach einem Wachstum um 134 Prozent auf 1,37 Millionen Fahrzeuge sogar vor China.

Auf Länderebene bezogen folgen hinter China und Deutschland die USA als drittgrößter Markt mit 322.000 neuzugelassenen Elektroautos und Plug-in-Hybriden im vergangenen Jahr - dahinter Frankreich mit 195.000, das Vereinigte Königreich mit 175.000 und Norwegen mit 108.000. Die Plätze sieben bis zehn gehen an Schweden mit 94.000, die Niederlande mit 88.000, Italien (60.000) und Kanada (53.000).

«Der E-Fahrzeugmarkt entwickelt sich in vielen Ländern sehr vielversprechend, insbesondere in der Europäischen Union», sagt Frithjof Staiß, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des ZSW. Er führt das allerdings auf höhere Fördersätze und andere Maßnahmen wie die abgesenkte Mehrwertsteuer in Deutschland zurück. Diese Förderimpulse müssten in ein marktgetriebenes Wachstum gewandelt werden.

Zum Jahresende gab es weltweit 10,9 Millionen Elektroautos und Plug-in-Hybride auf den Straßen. Fast die Hälfte des Bestands zählt das ZSW dabei mit 5 Millionen in China, in den USA sind es 1,77 Millionen. Deutschland kommt auf rund 569.000 und ist damit noch weit von seinem Ziel von 7 bis 10 Millionen im Jahr 2030 entfernt. «Hierfür müssen in Deutschland im Schnitt jedes Jahr rund eine Million E-Fahrzeuge neu zugelassen werden», sagt Staiß. Und er geht davon aus, dass für die neuen EU-Klimaschutzziele sogar noch mehr Stromer notwendig wären. «Der Erfolg des vergangenen Jahres ist somit erst der Anfang.»

Die Deutsche Autoindustrie schlug sich 2020 gut, wie Daten aus den 19 größten Märkten für Elektroautos und Plug-in-Hybride zeigen. Auf Herstellerebene liegt Tesla dabei mit knapp 500.000 Neuzulassungen zwar weiter vorne, doch der VW-Konzern holt mit 422.000 reinen Elektroautos und Plug-in-Hybriden kräftig auf und springt von Rang sechs auf den zweiten Platz. Die BMW-Gruppe verteidigt mit 193.000 Rang vier, Daimler verbessert sich mit 163.000 auf den sechsten Platz. Die Ränge drei und fünf nehmen die chinesischen Autobauer SAIC und BYD ein.

«Die erfolgreiche Aufholjagd der deutschen Hersteller bei den neu zugelassenen Elektroautos zeigt, dass sie auf dem richtigen Weg sind», sagt ZSW-Vorstandsmitglied Markus Hölzle. «Trotzdem bedarf es noch stärkerer Anstrengungen der heimischen Automobilindustrie, um langfristig mit der Weltspitze mithalten zu können.»

Nicht in die Auswertung flossen Hybride ein, die nicht am Stromnetz aufgeladen werden können, sowie Brennstoffzellenautos. Letztere spielen nach wie nur eine kleine Rolle: Laut ZSW wurden weltweit 9000 zugelassen, der Bestand stieg auf 28.000.

 

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Lohnlücke zwischen Frauen und Männern sinkt minimal auf 18 Prozent

Berlin (Reuters) - Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern hat sich im vergangenen Jahr leicht verringert.

Frauen verdienten im Durchschnitt aber mit 18 Prozent immer noch deutlich weniger als Männer, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Der sogenannte Gender Pay Gap lag im Jahr davor bei 19 Prozent. Frauen verdienten 2020 mit durchschnittlich 18,62 Euro brutto in der Stunde 4,16 Euro weniger als Männer (22,78 Euro). "Nach wie vor fällt der unbereinigte Gender Pay Gap im Jahr 2020 in Ostdeutschland mit sechs Prozent viel geringer aus als in Westdeutschland (20 Prozent)."

Rund 71 Prozent des Verdienstunterschieds sind den Angaben zufolge strukturbedingt – also unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, in denen schlechter bezahlt wird und sie seltener Führungspositionen erreichen. Auch arbeiten sie häufiger als Männer in Teilzeit und in Minijobs und verdienen deshalb im Durchschnitt pro Stunde weniger. Laut Arbeitskräfteerhebung war 2019 in Deutschland fast jede zweite erwerbstätige Frau (47 Prozent) zwischen 20 bis 64 Jahren in Teilzeit tätig. Unter den Männern betrug dieser Anteil nur neun Prozent. Der überwiegende Teil der teilzeitarbeitenden Frauen gab demnach als Hauptgrund die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen (31 Prozent) oder andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen (17 Prozent) an.

Die verbleibenden 29 Prozent des Verdienstunterschieds entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap. Demnach verdienten Arbeitnehmerinnen im Schnitt auch bei vergleichbarer Tätigkeit und ähnlicher Qualifikation 2018 pro Stunde sechs Prozent weniger als Männer.