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Immobilien

Die Baubranche rechnet ab

Ein Arbeiter verlegt Stahlmatten. Im vergangenen Jahr haben 20,7 Prozent der Unternehmen von stornierten Bauprojekten berichtet.© dpa

Die Immobilienweisen ziehen verheerende Bilanz: Bis 2027 fehlen 830 000 Wohnungen. Die Industrie fordert Kostensenkungen.

Es sind Aussagen, die Klara Geywitz nicht gefallen können. „Bauen ist praktisch unmöglich geworden.“ „Wer heute baut, geht bankrott“. Und: „Es ist der Staat, der fette Beute macht.“ Und Andreas Mattner hat noch ein paar mehr solcher Sätze auf Lager. Kein Zweifel: Beim Chef des Immobilienwirtschaftsverbandes ZIA hat sich etwas aufgestaut, dass am Dienstagmorgen einfach mal raus muss. Die Bundesbauministerin von der SPD sitzt tapfer lächelnd daneben, während der Immobilienlobbyist seinem Frust Luft macht.

Anlass ist das sogenannte „Frühjahrgutachten der Immobilienweisen“, das der ZIA in Auftrag gegeben hat und das der Branche eine miserable Lage attestiert. So ist laut Gutachten ein dramatischer Einbruch bei den Wohnungsfertigstellungen absehbar.

Grunderwerbssteuer senken?

Der Grund dafür ist laut Mattner, dass sich Bauen angesichts der aktuellen Material-, Arbeits-, Bürokratie- und Finanzierungskosten einfach nicht mehr rechnet. Mit einer Durchschnittsmiete von 21 Euro je Quadratmeter müsste ein Projektentwickler aktuell kalkulieren, wenn er keinen Verlust riskieren wolle, sagt der Experte. „Das kann aber niemand mehr bezahlen.“

Die Folge ist aus Mattners Sicht, dass sich die ohnehin schon angespannte Lage am Wohnungsmarkt weiter zuspitzen werde. 720 000 Wohnungen werden deutschlandweit bis 2025 fehlen, zwei Jahre später sollen es schon 830 000 sein. Wohnungen seien ein immer begehrteres Gut, das gleichzeitig niemand mehr anbieten könne, klagt Mattner, und verweist auf Rekordstände bei den Stornierungen von Bauvorhaben. Die Lage sei „grotesk“.

Mitverantwortlich für die Misere ist aus Sicht der Immobilienwirtschaft der Staat. 37 Prozent betrage die Staatsquote beim Wohnungsbaut hat Mattner ausrechnen lassen und meint damit den Anteil staatliche verursachter Kosten. Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer zählt er dazu, aber auch technische Qualitätsstandards, kommunale Vorgaben und energetische Anforderungen.

China senkt Leitzins

Wegen der schwachen Konjunktur und anhaltender Probleme am Immobilienmarkt hat China an der geldpolitischen Stellschraube gedreht. Wie die chinesische Zentralbank am Dienstag mitteilte, senkte sie den fünfjährigen Leitzins (LPR) von 4,25 Prozent auf 3,90 Prozent. Die Senkung fällt mit 25 Basispunkten stärker aus als viele Analysten im Vorfeld erwartet hatten.

Die Zinssenkung ist vor allem für langfristige Kredite wie Hypotheken wichtig. Die Entscheidung dürfte dazu führen, dass der Kauf von Immobilien erschwinglicher wird, da die Kreditkosten sinken. China leidet unter einer schweren Immobilienkrise, die sich auf die gesamte Wirtschaft auswirkt. dpa

Bei der Staatsquote sei Deutschland im europäischen Vergleich spitze. Das könne so nicht bleiben, findet der Immobilien-Mann und fordert eine Absenkung um mindestens 15 Prozent, um die Bauwirtschaft anzukurbeln. Anfangen sollten aus Sicht der Immobilienwirtschaft die Bundesländer, in dem sie die zum Teil auf 6,5 Prozent erhöhte Grunderwerbsteuer mindestens halbieren oder noch besser ganz aussetzen.

Bauministerin Geywitz widerspricht da im Grundsatz nicht. Zwar weist sie natürlich die Darstellung zurück, dass der Staat „Beute“ mache, lässt aber keinen Zweifel daran, dass auch sie die von den Ländern erhobene Steuer für zu hochhält. Bauinvestoren könnten heute nicht auch noch Kitas und Straßen finanzieren, sagt die Sozialdemokratin. „Die Länder haben die Grunderwerbsteuer immer mehr in die Höhe gesetzt. Nun müssten sie prüfen, welchen Beitrag sie durch Senkung der Grunderwerbssteuer leisten können.“

Auch die Finanzminister der Länder hätten am Ende ein Interesse an einem funktionierenden Neubau, sagt Geywitz. Denn 6,5 Prozent Grunderwerbsteuer von Null sei ja schließlich Null. Für die Baubranche seien es „alles andere als leichte Jahre“ gewesen, gibt Geywitz zu. Es gebe allerdings Entwicklungen, die hoffnungsvoll stimmten. So seien die Zinsen wieder etwas gesunken, die Preise vieler Baumaterialien hätten sich normalisiert, und bei der Auftragslage im Bau sei eine leichte Erholung zu verzeichnen. Auch vom ZIA bekommt die Ministerin ein Lob. Das Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau im Niedrigpreissegment, für das der Bund 2024 eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen will, sei ein richtiger Schritt.

Allerdings drängt der Verband auf mehr: Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf zwei Prozent senke, brächte bei einer Fördersumme von drei Milliarden Euro 100 000 zusätzliche Wohnungen. Bei neun Milliarden Euro wären es schon 300 000 neue Wohnungen. Das wäre „die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt“, sagte Mattner. Ein solches Programm kann und will Geywitz allerdings nicht versprechen. Der Staat, sagt die Ministerin, könne schließlich nicht alles regeln.

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