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Bauwirtschaft

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Bauen: Preise für Neubauwohnungen so stark angezogen wie seit 51 Jahren nicht mehr

 

Der Neubau von Wohnungen in Deutschland hat sich im August so stark verteuert wie seit 1970 nicht mehr. Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude lagen um 12,6 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. Ein stärkerer Anstieg wurde den Angaben zufolge zuletzt im November 1970 mit 13,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gemessen.

Aktuell treibt unter anderem die große Nachfrage nach Baumaterialien wie Holz, Stahl und Dämmstoffen auf den Weltmärkten die Preise nach oben. Überdurchschnittlich stark verteuerten sich im August Zimmer- und Holzbauarbeiten. Die Preise stiegen wegen der erhöhten Nachfrage nach Bauholz im In- und Ausland um 46,5 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

Rücknahme der Mehrwehrsteuersenkung schlägt voll durch

Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung inzwischen voll durch. Um den Konsum in der Corona-Krise anzukurbeln, hatte der Bund die Mehrwertsteuer befristet vom 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 gesenkt.

Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Mehrwertsteuersätze, Waren und Dienstleistungen werden also tendenziell teuer. Ohne den Mehrwertsteuereffekt wären die Baupreise den Angaben zufolge rein rechnerisch um 9,7 Prozent gestiegen.

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Volle Auftragsbücher bei den Fertighausherstellern

 

Der Wunsch nach einem Eigenheim beschert der Fertighausbranche weiterhin gute Geschäfte.

Die 49 im Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) zusammengeschlossenen Unternehmen erwarten im laufenden Jahr ein Plus beim Umsatz von 2,9 Prozent auf insgesamt 3,49 Milliarden Euro, wie BDF-Präsident Hans Volker Noller im Vorfeld einer Veranstaltung in Künzelsau (Hohenlohekreis) mitteilte. Der Auftragsbestand sei durch Abschluss zahlreicher Neuverträge branchenweit auf durchschnittlich gut 16 Monate angewachsen.

Von Januar bis Juli 2021 wurden bundesweit 67.507 Ein- und Zweifamilienhäuser genehmigt, davon 15.330 in Fertigbauweise, wie der Verband unter Berufung auf das Statistische Bundesamt weiter mitteilte. Der Marktanteil betrage somit 22,7 Prozent. Vor fünf Jahren hatte er noch knapp 18 Prozent betragen. In manchen Bundesländern - vor allem in Baden-Württemberg (39,6 Prozent) und Hessen (36,8 Prozent) - liege der Marktanteil weit über dem Bundesschnitt.

Anders als Massivhäuser werden Fertighäuser meist in speziellen Hallen vorgefertigt und dann auf den Grundstücken wie ein Bausatz zusammengesetzt. Verbandspräsident Noller forderte ein eigenes Ministerium für Bauen und Infrastruktur in der künftigen Bundesregierung. Bauen sei eine politische Aufgabe derartigen Ausmaßes und derartiger Bedeutung, wie sie nur in einem eigenen Ministerium angemessen vertreten und bewältigt werden könne. Bislang ist das Thema Bauen beim Bundesinnenministerium angesiedelt.

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Land lockt: Nur 75 Prozent der Kreditsumme zurückzahlen

Das Land Mecklenburg-Vorpommern lockt Immobilieneigentümer mit einem Zuschuss-Kredit. Wer Miet- und Genossenschaftswohnungen oder auch selbst genutztes Wohneigentum modernisiere, müsse von der Kreditsumme nur 75 Prozent zurückzahlen, teilte das für Bau mit zuständige Innenministerium in Schwerin am Mittwoch mit. Das sehe die überarbeitete Modernisierungsrichtlinie vor, die seit 16. November in Kraft sei. Mit dem Programm soll moderner, bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden, wie es hieß.

«Will ich zum Beispiel die Bäder in meinem Mietshaus modernisieren und bekomme dafür 52.000 Euro, muss ich davon nur 39.000 Euro zurückzahlen», rechnete Minister Christian Pegel (SPD) vor. Bis Jahresende stehen den Angaben zufolge für das Darlehensprogramm knapp vier Millionen Euro zur Verfügung, im kommenden Jahr gut 18 Millionen Euro. Maximal gebe es 800 Euro Kredit pro Quadratmeter.

Vor der Neufassung der Modernisierungsrichtlinie mussten nach Worten einer Ministeriumssprecherin 100 Prozent der Kreditsumme zurückgezahlt werden. Der Zinssatz sei von 0,7 Prozent auf 0 Prozent gesenkt worden. Zudem entfielen jetzt Bearbeitungsentgelte und Verwaltungskostenbeiträge, die bislang zusammen zwei Prozent der Fördersumme betragen hätten.

Der neue Modernisierungskredit ist Pegel zufolge an Auflagen geknüpft: So muss das Gebäude in einem der 98 zentralen Orte des Landes stehen. Außerdem sind an die Kreditgewährung Belegungs- und Mietpreisbindungen geknüpft. Bei selbst genutzten Immobilien müssen Eigentümer nachweisen, dass sie bestimmte Einkommensgrenzen einhalten. Diese reichten bis weit in die mittleren Einkommensgruppen hinein.

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Stärkster Anstieg der Baupreise seit rund 51 Jahren

Der Neubau von Wohnungen in Deutschland hat sich im November des vergangenen Jahres so stark verteuert wie seit 1970 nicht mehr.

Die Preise für den Neubau konventionell gefertigter Wohngebäude legten im Vergleich zum Vorjahresmonat um 14,4 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Ein stärkerer Anstieg wurde den Angaben zufolge zuletzt im August 1970 mit 17,0 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat gemessen.

Die große Nachfrage nach Baumaterialien wie Holz, Stahl und Dämmstoffen auf den Weltmärkten heizt seit geraumer Zeit die Preise an. Überdurchschnittlich stark verteuerten sich im November Zimmer- und Holzbauarbeiten, deren Preise aufgrund der erhöhten Nachfrage nach Bauholz im In- und Ausland um 38,9 Prozent stiegen.

Hinzu kam die Rücknahme der befristeten Mehrwertsteuersenkung. Seit Januar 2021 gelten wieder die regulären Sätze, Waren und Dienstleistungen wurden im Jahresvergleich also tendenziell teurer. Ohne den Mehrwertsteuereffekt wären die Baupreise im November 2021 nach Angaben der Statistiker rechnerisch um 11,6 Prozent gestiegen.

Eine baldige Entspannung an der Preisfront ist nach Einschätzung von Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer nicht zu erwarten. «Privatkunden warten länger auf Handwerker und zahlen deutlich mehr», sagte Wollseifer jüngst. «Bauen wird zukünftig teurer werden, nicht nur weil die Löhne steigen, sondern weil die Preise für Materialien steigen. Denn es zeichnet sich schon jetzt ab, dass die Preise - selbst bei einer Entspannung bei den Materialengpässen - nicht wieder vollständig auf das Vorkrisenniveau sinken werden.»

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Insolvenzen im Baugewerbe: Warum es trotz Boom in der Baubranche eine Pleitewelle gibt

Die Auftragsbücher sind voll. Doch der Rohstoffmangel und Corona machen es dem Baugewerbe schwer. Die Zahl der Insolvenzen stieg zuletzt auf ein Hoch, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Ein Grund zur Sorge?

Deutschland baut so viel, wie nie zuvor. Wegen der hohen Nachfrage und voller Auftragsbücher rechnen der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes in diesem Jahr mit einem Anstieg des Gesamtumsatzes von nominal 5,5 Prozent auf 151 Milliarden Euro. Preisbereinigt ist das ein Plus von 1,5 Prozent.

Doch neben der Auftragslage stieg zuletzt auch die Zahl der Insolvenzen im Baugewerbe. Im November 2021, der zuletzt veröffentlichten Zahl des Bundesamtes für Statistik, stiegen die Insolvenzen im Baugewerbe um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, was den stärksten Anstieg in den letzten 20 Jahren darstellt. Die meisten Insolvenzen gab es im Oktober 2021 im Baugewerbe mit 193 Fällen. Im Oktober 2020 waren es 170 Insolvenzen.

Wieso gibt es ausgerechnet jetzt eine Pleitewelle im Baugewerbe? Sind die Insolvenzen Anlass zur Sorge? Und was sollten Bauherren jetzt beachten?

Höhere Preise belasten viele kleinere Firmen

Der wohl wichtigste Grund für die zunehmenden Unternehmensinsolvenzen in der Branche sind die Lieferengpässe. Sie belasteten viele Unternehmen direkt: Obwohl sie sich vor Aufträgen kaum retten konnten, mussten zahlreiche Firmen Kurzarbeit anmelden, weil es an den nötigen Materialien mangelte und sie ihre Mitarbeiter somit nicht beschäftigen konnten.

Mittelbar führten die Lieferengpässe zu einem sprunghaften Anstieg der Preise. Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz und Stahl stiegen im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949. Bauholz verteuerte sich beispielsweise um 61,4 Prozent, Konstruktionsvollholz sogar um 77,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt, die Einkaufspreise von Betonstahl stiegen um mehr als 50 Prozent.

"Da einige der Bauunternehmen die Verträge mit ihren Kunden zuvor zu wesentlich niedrigeren Preisen abgeschlossen hatten, brachen die Gewinne ein", sagt Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland der UniCredit Bank in Frankfurt am Main. Die traditionell niedrigen Eigenkapitalquoten im Baugewerbe verstärkten den Druck für viele Bauunternehmen. Im Branchendurchschnitt liegt die Eigenkapitalquote bei weniger als 20 Prozent, deutlich unter dem Durchschnitt anderer Branchen von 30 Prozent. "Das gilt insbesondere für kleinere Unternehmen des Baunebengewerbes, die in den Boomjahren verstärkt gegründet wurden", sagt Rees.

Besserung ist nicht in Sicht

Wie geht es nun weiter? Vor dem Ukrainekrieg gingen die Engpässe etwas zurück – blieben aber auf hohem Niveau: Laut Umfrage des ifo-Instituts meldeten im Dezember 31 Prozent der Unternehmen im Hochbau Lieferschwierigkeiten, im Januar waren es noch 25 Prozent. Im Tiefbau mussten 20 Prozent der Befragten mit deutlichen Engpässe arbeiten. Fraglich bleibt, ob die Situation sich mit dem Krieg nun wieder drastisch verschärft.

Beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe hält man die Entwicklung der Materialkosten auch unabhängig davon weiter für besorgniserregend. "Die Preisentwicklung ist ein sehr ernstes Thema", sagt Andreas Geyer, Leiter der Abteilung Wirtschaft des Verbandes. Die Einkaufspreise für Bauunternehmen steigen derzeit rasant. Im Januar 2021 meldete das Statistische Bundesamt noch einen Preisanstieg von 1,9 Prozent für Bauleistungen, im Juni 2021 waren es schon 6,1 Prozent und im November 2021 11,8 Prozent. "Wenn sich die Preise so weiterentwickeln, haben die Bauunternehmen zunehmend den Druck, die Preise weiterzugeben", sagt Geyer.

Baufirmen fordern nachträglich Kosten ein

Bereits jetzt würden einige Bauunternehmen versuchen nachträglich Geld einzufordern, beobachtet Florian Becker, Geschäftsführer des Vereins Bauherren-Schutzbund. "Auch wenn das die Verträge nicht hergeben, versuchen das eine ganze Reihe an Firmen." Im Schnitt würden die Nachzahlungsforderungen zwischen 3000 und 6000 Euro liegen.

Für Bauherren ist eine Insolvenz eines Bauunternehmens häufig eine Katastrophe. Becker empfiehlt daher, eine Wirtschaftsauskunft über das beschäftigte Unternehmen einzuholen. Zudem sollten sie finanziell nicht in Vorleistung gehen, sondern erst zahlen, wenn die Leistung erbracht wird. "Der Rohbau wird bezahlt, wenn der Rohbau fertig ist."

Zumal eine weitere Kostenfalle droht: "Neben den Preissteigerungen haben wir derzeit einen akuten Fachkräftemangel. Dadurch kommt es vielfach zu Bauzeitverzögerungen", sagt Becker. Ein Verzug von sechs bis zwölf Monaten sei bereits Normalität. Wenn die vereinbarte Bauzeit hinfällig wird, fällt für Bauherren ein gewaltiger Schadensersatzanspruch an. Doch dazu kommt es nicht, wenn das Unternehmen vorher Insolvenz anmeldet. Bauherren würden dann nur zwischen vier und sechs Prozent ihrer Kosten erstattet bekommen. Und anschließend folge oft ein weiteres Problem: Baufirmen steigen ungern in unfertige Bauprojekte ein.

Zahl aller Unternehmensinsolvenzen geht zurück

Sind die steigenden Zahlen der Insolvenzen am Bau nun Grund zur Sorge? Beim Zentralverband Deutsches Baugewerbe verneint man. "Wir sind am Bau in keiner Krise", sagt Andreas Geyer. Grund des Anstiegs sei unter anderem die zeitweilige Aussetzung der Insolvenzanzeigepflicht durch Corona. Die Branche habe dramatischere Zeiten erlebt. Anfang der 2000er-Jahre mussten teils 5000 Bauunternehmen jährlich Insolvenz anmelden. 2020 und 2021 gingen jeweils rund 1000 Bauunternehmen insolvent. Vollständige Entwarnung gibt aber auch der Verband nicht: "Wir nehmen die aktuellen Zahlen aber ernst und haben sie weiterhin im Blick."

Zumal sich außerhalb des Baugewerbes die Insolvenzlage derzeit entspannt: Obwohl die Sonderregelungen zur Insolvenz während Corona seit Mai 2021 schrittweise abgeschafft wurden, ging die Zahl der gesamten Unternehmensinsolvenzen zurück. Die Lage sei besser, als zu Beginn der Pandemie befürchtet, sagt UniCredit-Chefsvolkswirt Rees. "Der Tsunami von Unternehmensinsolvenzen, der von einigen Menschen nach dem Ausbruch von COVID-19 vorausgesagt worden war, ist nicht eingetreten."

Im November 2021 stellten laut dem Statistischen Bundesamt insgesamt 1094 Firmen einen Insolvenzantrag in Deutschland. Das waren zwar 4,6 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, im Vergleich zu vorpandemischen Zeiten ist dieser Wert aber noch gering. Er lag 22,6 Prozent unter den gemeldeten Insolvenzen im November 2019.

Im Baugewerbe dürften die Zahlen noch eine Weile hoch bleiben, prognostiziert Rees. Allein wegen der noch bis vor wenigen Monaten andauernden Engpässe und der damit verbundenen Probleme bei den Unternehmen. Da die Zahl der von den Amtsgerichten bearbeiteten Insolvenzen ein klassischer Spätindikator ist, könne es noch einige Zeit dauern, bis die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Baugewerbe zurückgehe.

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Hohe Energiekosten: Dachziegel verteuern sich um 30 bis 40 Prozent

Die Nachfrage nach Dachziegel ist anhaltend hoch – und ihre Herstellung ausgesprochen energieintensiv. Beides zusammen führt nun zu drastischen Preissteigerungen.

Eine anhaltend hohe Nachfrage, ein begrenztes Angebot und erheblich gestiegene Energiekosten treiben die Preise für Dachziegel massiv nach oben.

Laut dem Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) in Köln hat es schon zu Jahresbeginn eine deutliche Verteuerung gegeben. Bis Mai seien weitere Preisaufschläge zu erwarten, sodass Tondachziegel dann 30 bis 40 Prozent teurer als Ende 2021 sein könnten.

Die Herstellung von Dachziegeln ist den Angaben zufolge ausgesprochen energieintensiv, weil dazu sehr hohe Temperaturen von 1000 Grad oder mehr nötig seien. Hinzu komme ein Bestellannahme-Stopp bei manchen Herstellern, berichtete der ZVDH, der dazu führe, dass der Handel aktuell keine Tondachziegel bei den betreffenden Lieferanten ordern könne.

Laut dem Bundesverband der Deutschen Ziegelindustrie in Berlin ist bereits seit dem vierten Quartal 2021 eine stark zunehmende Nachfrage nach Tondachziegeln zu beobachten. Der Grund dafür sei in erster Linie die gute Baukonjunktur.

Wegen der großen Nachfrage müssten bei einigen Unternehmen vorübergehend lange Lieferzeiten in Kauf genommen werden, sagte Verbands-Hauptgeschäftsführer Matthias Frederichs der dpa. Teilweise könnten keine neuen Aufträge mehr angenommen werden.

Angesichts der hohen Energiekosten und zunehmender Lieferengpässe sei es für die Ziegelindustrie unvermeidlich, Kostensteigerungen weiterzugeben, so Frederichs. Zuspitzen könnte sich die Situation, falls es keine russischen Erdgaslieferungen nach Deutschland mehr geben sollte.

Bei einer erheblichen Verschlechterung der Versorgungslage ist vorgesehen, dass die Bundesregierung die dritte und höchste Stufe des Notfallplans Gas ausruft; bislang gilt Stufe 1.

In der dritten Stufe regelt die Bundesnetzagentur die Gasverteilung. So soll sichergestellt werden, dass etwa private Haushalte, Krankenhäuser oder bestimmte Gaskraftwerke weiter versorgt werden. Ziegelhersteller würden dann aber womöglich weniger oder gar kein Erdgas mehr bekommen.

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Industrie in der Klemme: Glas nicht ohne (russisches) Gas

Die Glasindustrie kann nicht ohne großen Energieaufwand. Gebraucht wird sogenannte Prozesswärme und die wird vor allem durch das Verbrennen von Erdgas erzeugt. Temperaturen mit bis zu 1650 Grad Celsius sind für den Schmelzvorgang nötig.

Die Glasindustrie fürchtet verhängnisvolle Auswirkungen für den Fall, dass Deutschland deutlich weniger oder gar kein Erdgas mehr aus Russland beziehen sollte.

Christian Fröba, technischer Geschäftsführer des Unternehmens Heinz Glas aus dem oberfränkischen Kleintettau, sagt: „Wenn wir den Gashahn einfach zudrehen, würde uns das Glas festwerden, einfrieren. Und somit wäre die Anlage komplett verloren, was einen Schaden pro Anlage von mehreren Millionen Euro bedeutet."

Kemfert: Hilfe für Unternehmen an Auflagen beim Energiesparen koppeln

Claudia Kemfert, Professorin für Energiewirtschaft und Energiepolitik in Lüneburg, fordert: Hilfe für betroffene Unternehmen sollte an Auflagen beim Energiesparen gekoppelt werden.

„Zum Teil kommt das von Unternehmen, die Teil des Problems sind und nicht der Lösung, die diese Verträge selber geschlossen haben und jetzt offensichtlich befürchten, dass es da starke Einbußen gibt“, so Kemfert.

Das Unternehmen Heinz Glas aus Oberfranken sieht den Staat gefordert und will Unterstützung für energieintensive Industriezweige - auch mittel- und langfristig für die Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen.

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Steigende Rohstoffpreise: „Der große Kostenschub kommt erst noch“ – Bauindustrie fürchtet massive Einbrüche

Setzen Materialengpässe und Preisauftriebe dem Bauboom ein jähes Ende? Die Prognosen fallen jedenfalls düster aus. Besonders Bauzulieferer stehen unter Druck.

Es könne zu „einem maximalen Infarkt auf Material- und auf Preisseite“ kommen, sagt Branchenexperte Theopold. Foto: dpadata-portal-copyright=

„Gebaut wird immer“, besagt ein Sprichwort im Baugewerbe. In den vergangenen beiden Jahren schien sich das mehr denn je bewahrheitet zu haben. Während die Coronapandemie in weiten Teilen der Weltwirtschaft massive Einbrüche verursachte, erwies sich die Bauindustrie nach einem kurzen Tief schnell als eine wesentliche Stütze der Konjunkturerholung.

Nun aber könnte sich das Blatt wieder wenden – und diesmal womöglich längerfristig: Die weltweiten Materialengpässe verschärfen sich, die Preise für Rohstoffe steigen nahezu wöchentlich, Baukosten werden unkalkulierbar, Aufträge brechen weg. Und die Aufbruchstimmung der vergangenen Monate weicht in der Baubranche zunehmend düsteren Perspektiven und Unklarheit. Droht eine nachhaltige Abkühlung des zuletzt schier unstoppbar scheinenden Branchenbooms?

Steigende Preise und fehlende Baustoffe: Baubranche fürchtet massiven Einbruch

Zumindest für den Moment deutet vieles auf eine solche Entwicklung hin. Es zeichne sich ein „anhaltendes und deutliches Abwärtsgefälle hinsichtlich der Baukonjunktur“ ab, „über alle Kontinente und über alle Bausegmente hinweg“, sagt Sebastian Theopold vom Branchenberater Munich Strategy. Derzeit gebe es im Baugewerbe „eine Spanne der Unsicherheit, wie wir sie zuvor noch nie hatten“.

Theopold hat ein Tool entwickelt, das 100 börsennotierte Baugesellschaften aus Europa, Asien und Amerika abbildet und deren Entwicklung in Echtzeit verfolgbar macht – einen Börsenindex also, ähnlich dem Dax. Weil die Börse früher reagiere als die tatsächliche Konjunktur und die Auftragsbücher der Unternehmen, ließe sich damit „früh und präzise erkennen, in welche Richtung die Reise geht“, sagt er. Und diese Richtung ist im Moment eindeutig: Seit Wochen zeigt die Kurve nach unten – in der Bauausführung, genauso wie im Bauhandel und in der Industrie.

Dabei zeichnete sich noch im Dezember ein Rekordwachstum in Theopolds Bauindex ab. Corona habe der weltweiten Baubranche „nicht nachhaltig geschadet“, hieß es im Herbst auch vom Wirtschaftsprüfer Deloitte. Demnach stieg die Bautätigkeit der 100 größten börsengelisteten Baufirmen selbst 2020, im Jahr des Pandemieausbruchs, um 3,7 Prozent. Und auch die deutsche Baubranche gab sich optimistisch: Im November 2021 erreichten die Erwartungen zur Geschäftsentwicklung laut Ifo-Umfragen beinahe wieder das Niveau vor der Coronakrise – obwohl schon damals der zunehmende Materialmangel als klares Problem deutlich wurde.

Die Stimmung in der Baubranche ist gekippt

Inzwischen aber zeigen die Befragungen der Münchener Wirtschaftsforscher ein ganz anderes Bild. Mit dem russischen Einmarsch in der Ukraine sei „die Stimmung in der Branche gekippt“, sagt dazu Ifo-Forscher Felix Leiß. „Wir sehen zwar, dass es aktuell immer noch sehr gut läuft: Die Auftragsbücher sind voll und die meisten Unternehmen zufrieden, wenn auch etwas weniger als zuletzt.“ Gleichzeitig seien die Erwartungen aber massiv abgestürzt.

Die Materialengpässe am Bau haben sich den Umfragen zufolge nochmals deutlich verschärft. Im Hoch- und Tiefbau zeigten sich im April 54,2 Prozent der Betriebe von Lieferengpässen betroffen – Höchststand seit Beginn der Zeitenreihe. Auch die Geschäftserwartungen haben sich massiv verdunkelt und notierten bei minus 49,8 Punkten – ebenfalls der tiefste Stand seit Beginn der Aufzeichnung. Verwunderlich ist das nicht: Stolze 64 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einem anhaltenden Preisanstieg.

„Russland und die Ukraine sind wichtige Lieferanten von Baustahl, hier herrscht nun Knappheit“, erläutert Ifo-Forscher Leiß die Hintergründe der Preisrally. Zudem sei die Herstellung vieler Baumaterialien enorm energieintensiv. Die stark ansteigenden Energiepreise bedrohten deshalb auch die heimische Produktion und sorgten dafür, dass sich Baumaterial weiter verteuere. „Bei laufenden Projekten stellt sich nun die Frage, inwieweit Kostensteigerungen weitergegeben werden können“, sagt Leiß weiter. Neue Projekte seien kaum kalkulierbar.

„Der Druck auf die Gewinn-und-Verlust-Rechnung der Industrieunternehmen, aber auch der ausführenden Bauunternehmen steigt“, ergänzt Sebastian Theopold. Es sei „nur eine Frage der Zeit, bis diese immense Preisrally zu Projektstopps oder Auftragseinbrüchen führt“.

Den Ifo-Umfragen zufolge zeigt sich dieser Effekt schon jetzt: 8,3 Prozent der Betriebe berichteten im April von stornierten Aufträgen – so viele wie zuletzt im Juni 2020, zur Hochphase der Pandemie. Besonders der Wohnungsbau (10,2 Prozent) und der Straßenbau (13,1 Prozent) sind demnach von Stornierungen betroffen. Andere Bereiche des Baugewerbes befürchten auf absehbare Zeit Ähnliches.

Auch Bauzulieferer und Materialhersteller betroffen

Das gilt auch und insbesondere für Zulieferer und Materialhersteller. Martin Brettenthaler etwa, CEO des auch in Deutschland tätigen Schweizer Holzwerkstoffherstellers Swisskrono, gibt zwar an, zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Stornierungen verbucht zu haben. Er ergänzt aber auch: „Unsere Baustoffe werden relativ zeitnah bestellt. Die sich jetzt für 2023 abzeichnende Abnahme der Bautätigkeit spüren wir daher jetzt noch nicht.“

Überall in der Branche höre man derzeit davon, „dass Projekte, die in der Planung sind, auf unbestimmte Zeit verschoben werden.“ Viele Bauträger und Baufirmen müssen Projekte so lange aufschieben, bis „die Welt wieder kalkulierbar und damit auch finanzierbar“ sei. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis dieser Effekt auch bei Swisskrono und anderen Bauzulieferern ankommt.

Sorgen bereitet Swisskrono-Chef Brettenthaler in diesem Zusammenhang auch ein anderer Punkt: Die massiv gestiegenen Energiepreise seien in der Industrie derzeit noch nicht einmal vollends eingepreist. „In der Industrie – und damit auch in der Baustoffindustrie – sind viele der Preissteigerungen bei Rohstoffen und Energie noch nicht voll angekommen, weil längerfristige Verträge die Industrie hier bisher noch geschützt haben.“ Das Ende der Preisrally dürfe also noch lange nicht erreicht sein, sagt Brettenthaler. Im Gegenteil: „Der große Kostenschub, der sich dann auf die Preise für Baumaterial auswirken wird, steht erst noch bevor.“

Folgen der Preissteigerungen für Baubranche

Das befürchtet auch Branchenexperte Theopold. Es könne zu „einem maximalen Infarkt auf Material- und auf Preisseite“ kommen, in dessen Folge sich gewerbliche wie private Käufer zurückzögen. Allerdings gebe es auch ein Hoffnungsszenario, sagt Theopold weiter: „Vielleicht führt die Abkühlung der überhitzten Baubranche auch dazu, dass wir eine gewisse Gesundung sehen, eine Normalisierung.“ Fest stehe zumindest: „Die fetten Jahren, in denen die Bauindustrie überdurchschnittlich hohe Margen erzielt hat, sind jetzt infrage gestellt. Nun wird sich in der Branche die Spreu vom Weizen trennen.“

Für Uzin Utz ist die Zeit fetter Margen jedenfalls bereits vorbei – zumindest vorübergehend. Der in Ulm ansässige Hersteller von Fußbodentechnik ist seit 25 Jahren an der Frankfurter Börse notiert. Im ersten Quartal 2022 sank sein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) um fast ein Drittel von zwölf auf 8,5 Millionen Euro – trotz einer Umsatzsteigerung von 11,2 Prozent. „Aufgrund der aktuellen Preissteigerungsdynamik ist es nahezu unmöglich, Erhöhungen zeitnah an den Markt weiterzugeben“, sagt Vertriebsvorstand Philipp Utz. In der Folge habe man aufgrund von laufenden Verträgen „über die letzten drei Monate die gesamten Preissteigerungen bei Rohstoffen, Energie und Logistik komplett absorbieren müssen.“

Eine Geschäftsprognose für den weiteren Verlauf des Jahres hat Uzin Utz nun ausgespart – „aufgrund der erheblichen wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten“, wie es heißt. Man sei zum aktuellen Zeitpunkt schlichtweg nicht in der Lage, eine konkrete Prognose abzugeben, sagt Philipp Utz – dafür seien die Unwägbarkeiten zu zahlreich. So etwas, sagt er, sei in der Unternehmensgeschichte zuvor noch nie vorgekommen.

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Weniger Baugenehmigungen - Rückgang bei Einfamilienhäusern

Die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland ist in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres gesunken. Vor allem bei Einfamilienhäusern gab es einen deutlichen Rückgang.

Insgesamt bewilligten die Behörden im ersten Quartal den Neu- und Umbau von 92.507 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Das waren 3,6 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Allein im März wurde ein Minus von 8,9 Prozent verzeichnet.

In neu zu errichtenden Wohngebäuden wurden von Januar bis März 2022 insgesamt 80.603 Wohnungen genehmigt. Das waren 3,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Dabei ging die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser deutlich um 26,2 Prozent auf 20.778 zurück. Bei Zweifamilienhäusern sank die Zahl bewilligter Wohnungen um 3,3 Prozent auf 8426. Bei Mehrfamilienhäusern stieg sie dagegen um 12,5 Prozent auf 49.688.

Die Zahl der Baugenehmigungen ist mit Blick auf die Wohnungsnot in vielen Städten ein wichtiger Indikator. Allerdings werden häufig genehmigte Wohnungen zunächst nicht gebaut, weil Handwerker und Baufirmen wegen großer Nachfrage keine Kapazitäten haben.

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Abschwung am Bau: Immobilienverband fordert Gegensteuern

Angesichts steigender Baukosten und der Lieferengpässe fordert die Immobilienwirtschaft von der Politik ein Gegensteuern beim Wohnungsbau. Es deute sich ein Abwärtstrend an, auf den sie schnell reagieren müsse, sagte Gerald Lipka, Geschäftsführer des Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland, am Mittwoch. «Wir brauchen faire Rahmenbedingungen und keine weiteren Regulierungen, die den Druck auf die Immobilienwirtschaft weiter erhöhen.»

Die Folgen des Ukraine-Krieges wie Materialengpässe stellten Bauträger und Projektentwickler vor große Schwierigkeiten. Zudem machten die hohe Inflation und steigende Zinsen die Lage unberechenbar. Viele Firmen seien verunsichert und zögerten, in neue Projekte zu investieren, sagte Lipka in Frankfurt. Klimaschutz müsse bezahlbar sein, forderte er. «Daher sollte die Regierung ihre Vorgaben an den Wohnungsbau hinsichtlich der Realisierbarkeit in der aktuellen wirtschaftlichen Lage überprüfen.» Zudem wiesen Kommunen weiter zu wenige Flächen für den Wohnungsbau aus.

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat bereits seine Prognose gesenkt und für 2022 ein Umsatzminus in Aussicht gestellt. Man erwarte für die preisbereinigten Umsätze im Bauhauptgewerbe eine Entwicklung zwischen Null und minus zwei Prozent, hieß es.

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