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Bauwirtschaft

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Höhere Zinsen, teures Material - Viele Bauherren geben auf

Kurzfristig abgesagte Grundsteinlegungen für Bauprojekte, geplante Mietwohnungen, die sich plötzlich nicht mehr rechnen oder Hausbauer, die wegen rapider Kostensteigerungen aufgeben müssen: Die neuen Zeiten am Immobilienmarkt machen sich in der deutschen Baubranche bemerkbar. Höhere Zinsen für Kredite, gestoppte Fördergelder des Bundes und teures Material belasten Bauherren schwer. Zwar sehen Experten etwas Besserung, doch das dürfte dauern.

Handwerker arbeiten am Neubau eines Mehrfamilienhauses in Landsberg am Lech.

Handwerker arbeiten am Neubau eines Mehrfamilienhauses in Landsberg am Lech.© Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Egal ob Stahl, Beton oder Dämmmaterialien: Die Preise am Bau sind in den vergangenen Monaten hoch geschnellt - auch wegen des Ukraine-Krieges, der Lieferketten durcheinanderwirbelt. Auch die teure Energie spielt eine Rolle: Dachziegeln etwa werden bei großer Hitze gebrannt. Bauleistungen verteuerten sich laut jüngsten Zahlen von Mai laut Statistischem Bundesamt um 17,6 Prozent, das war der höchste Anstieg seit mehr als 50 Jahren.

Bei Bauherren, sei es professionelle Projektentwickler oder private Hausbauer, kann daher die Kalkulation zwischen Grundstückskauf und Baubeginn schnell überholt sein - trotz Puffer. «Große Investoren haben tiefe Taschen und können Kostensteigerungen eher abfangen», sagte Pekka Sagner, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). «Bei privaten Bauherren sieht es anders aus.»

Das Münchner Ifo-Institut beobachtet schon seit Frühjahr eine Stornierungswelle. «Noch sind die Auftragsbücher prall gefüllt. Aber die explodierenden Baukosten, höheren Zinsen und schlechteren Fördermöglichkeiten stellen mehr und mehr Projekte in Frage», so die Forscher. Mehr als jedes zehnte Unternehmen im Wohnungsbau (11,5 Prozent) sei im Juli von Stornierungen betroffen gewesen.

«Besonders im Wohnungsbau sehen wir Stornierungen»

«Die Größenordnung ist vergleichbar mit dem Corona-Schock im Frühjahr 2020», sagte Ifo-Forscher Felix Leiss. «War damals am häufigsten der gewerbliche Bau betroffen, sehen wir heute besonders im Wohnungsbau Stornierungen». Das treffe Einfamilien- und Mehrfamilienhäuser.

Private Bauherren müssten neben hohen Baukosten und steigenden Zinsen noch die steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten stemmen, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbandes, Tim-Oliver Müller. «Da entscheiden sich derzeit doch einige gegen den Hausbau.» Aber auch bei Großinvestoren würden etliche Wohnungsbauprojekte auf den Prüfstand gestellt.

Beim Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) hält man die Ifo-Schätzungen für realistisch. «Wenn Bauprojekte noch nicht begonnen sind, dann werden sie derzeit verschoben», sagte eine Sprecherin. «Bei begonnenen Vorhaben heißt es oft Augen zu und durch.» Von einem Bauprojekt zurückzutreten, sei nicht immer reibungslos möglich und könne je nach Vertrag etwa Ausfallpauschalen nach sich ziehen. «Aber Sie können ja niemanden zwingen zu bauen.»

Bei den hohen Materialpreisen sieht der ZDB vorerst keine Entspannung - denn ausgefallene Stahl-Lieferungen aus der Ukraine kommen nun oft aus Brasilien oder Asien, was höhere Preise bedeutet. Und auch die Lockdown-Politik in China verschärfe Lieferengpässe. Der Verband warnt daher vor einer Baukrise im kommenden Jahr. Auch IW-Experte Sagner erwartet eine «Vollbremsung». Jüngste Zahlen deuten darauf hin: Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser brach im ersten Halbjahr um 17 Prozent ein. Und auch im Wohnungsbau fallen die Auftragseingänge deutlich, beobachtet das Statistische Bundesamt.

Weitere Preiserhöhungen erwartet

Der Materialmangel am Bau bleibt laut Ifo vorerst groß. So meldeten in der Umfrage im Juli fast die Hälfte der Firmen im Wohnungsbau Lieferprobleme. Zwar lasse der Schwung etwas nach, doch die Kosten fielen nur langsam und von einem «massiv hohen Niveau». Viele Befragte erwarteten weiter Preiserhöhungen in den kommenden Monaten.

Bei Investoren sei die Stimmung angespannt, berichtet auch Susanne Gentz, Expertin für Wohnimmobilien beim Großmakler Jones Lang LaSalle (JLL). «Projektentwickler warten ab und Käufer befürchten, in einem fallenden Markt zu teuer zu kaufen.» Derzeit seien Kalkulationen für Projektentwickler «wahnsinnig schwer». Der notwendige hohe Preis im Neubaubereich werde häufig auf Käuferseite nicht mehr akzeptiert.

Gentz sieht aber zumindest etwas Beruhigung am Markt. So sei der Anstieg der Materialpreise und Zinsen etwas abgeflacht. Auch wenn sich der Markt nach der Sommerpause wieder beleben dürfte: Gentz glaubt, dass sich der Gegenwind am Häusermarkt auswirken wird. «Wir werden deutlich sinkende Fertigstellungszahlen sehen.» Zugleich werde der Immobilienkauf wegen der gestiegenen Bauzinsen für viele Menschen zu teuer, während die Zuwanderung nach Deutschland wieder anziehe. «Der Druck auf dem Wohnungsmarkt bleibt hoch.»

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Fast 10 Prozent weniger Baugenehmigungen

Im Rohbau: Vor allem Einfamilienhäuser haben zuletzt weniger Menschen bauen wollen.

Im Rohbau: Vor allem Einfamilienhäuser haben zuletzt weniger Menschen bauen wollen.© dpa

Die Zahl der Baugenehmigungen für neue Wohnungen in Deutschland ist im August deutlich zurück gegangen. Sie sank um 9,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat auf 28.180 Wohnungen, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte.

Das ist nicht nur der vierte Rückgang in Folge, sondern zugleich der kräftigste seit November 2021. Von Januar bis August gaben die Behörden damit grünes Licht für den Bau von insgesamt 244.605 Wohnungen, was einem Rückgang von 3,0 Prozent oder 7624 entspricht.

Die Entwicklung ist ein abermaliger Rückschlag im Bemühen der Bundesregierung, pro Jahr 400.000 Wohnungen zu bauen. Zuvor hatte das Ifo-Institut von einer sich aufbauenden Stornierungswelle in der Branche berichtet: Im September waren demnach 16,7 Prozent der befragten Unternehmen von Projektabsagen betroffen, nach 11,6 Prozent im Vormonat.

Und was wir aus dem Regierungsziel?

„Aufgrund der explodierenden Material- und Energiepreise sowie der steigenden Finanzierungszinsen ist die Planungssicherheit dahin“, sagte dazu Ifo-Forscher Felix Leiss. „Die Baukosten steigen immer weiter. Für einige Bauherren ist das alles nicht mehr darstellbar, sie stellen Projekte zurück oder ziehen ganz die Reißleine.“

Besonders stark sank in den ersten acht Monaten die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser, die um 15,8 Prozent auf 55.260 abnahm. „Hier ist allerdings der Basiseffekt infolge des Auslaufens des Baukindergeldes im Vorjahr zu berücksichtigen“, so die Statistiker. Bei den Zweifamilienhäusern gab es einen Rückgang von 2,8 Prozent auf 21.176 Wohnungen. Bei den Mehrfamilienhäusern stieg die Zahl genehmigter Wohnungen dagegen um 5,2 Prozent auf 130.746 Wohnungen.

Die Bundesregierung will trotz aller Probleme am Bau durch Lieferschwierigkeiten, hohe Energiepreise und steigende Zinsen ihr Ziel von 400.000 neuen Wohnungen jährlich nicht aufgeben. „Wir halten an dem Ziel fest, das muss ausdrücklich gesagt werden“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz vorige Woche während der Vorstellung eines Maßnahmenpakets des sogenannten Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. „Wir brauchen mehr bezahlbaren Wohnraum“, sagte der SPD-Politiker.

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Baukosten, Zinsen, Energie: Diese Grafiken zeigen, warum viele Familien gerade ihren Traum vom eigenen Haus begraben müssen

 

Baukosten, Zinsen, Energie: Diese Grafiken zeigen, warum viele Familien gerade ihren Traum vom eigenen Haus begraben müssen

Baukosten, Zinsen, Energie: Diese Grafiken zeigen, warum viele Familien gerade ihren Traum vom eigenen Haus begraben müssen© Getty Images

Der Bau-Boom in Deutschland ist jäh zu Ende gegangen, und damit ist für viele Menschen der Traum eigenen Haus geplatzt. Besonders junge Familien müssen ihr Bauvorhaben aufgeben oder mindestens aufschieben. Sie können es sich schlicht nicht mehr leisten.

Die Zahl der Baugenehmigungen für Einfamilienhäuser ging im ersten Halbjahr um 17 Prozent zurück. Baufirmen bekamen im Spätsommer 16 Prozent weniger neue Aufträge als vor einem Jahr. Mehr noch: 17 Prozent der Baufirmen meldeten sogar Stornierungen bereits erteilter Aufträge.

"Die Größenordnung ist vergleichbar mit dem Corona-Schock im Frühjahr 2020", sagt ifo-Forscher Felix Leiss. «War damals aber am häufigsten der gewerbliche Bau betroffen, sehen wir heute besonders im Wohnungsbau Stornierungen». Bis vor kurzem bekamen Gemeinden auf jedes neue Baugrundstück Dutzende Bewerber. Nun berichten sie, dass Familien Grundstücke zurückgeben.

"Der Traum vom Eigenheim ist vor allem für viele Bürger der Mittelschicht kaum noch erreichbar", stellt der Bauherren-Schutzbund (BSB) fest.

Was ist da passiert?

Mehr als ein Jahrzehnt waren die Rahmenbedingungen für Hausbauer nahezu ideal: niedrige Zinsen erlaubten die Finanzierung selbst bei wenig Eigenkapital. Ein stabiles wirtschaftliches Umfeld sorgte für planbare Einkommen. Dies erleichterte Banken die Kreditvergabe. Bei der Entscheidung zur Hausenergie ging es eher um klimafreundliche Technik als um Kosten oder gar Versorgungssicherheit.

Die Zeiten sind vorbei. Selten haben sich wirtschaftliche Bedingungen so schnell und heftig verändert wie aktuell - besonders gilt das für den Wohnungsbau.

Warum für so viele Bauwillige die Kalkulation ihrer Bauvorhaben nicht mehr aufgeht, machen diese Grafiken deutlich:

Baukosten

Die Baukosten in Deutschland sind viele Jahre lang kontinuierlich gestiegen. Wer bauen wollte, konnte die Kosten verlässlich planen. Seit Anfang 2021 aber galoppieren die Baupreise, die das Statistische Bundesamt in einem Index zusammenfasst. Dieser Baupreisindex geht steil.

Zunächst verteuerten Lieferengpässe infolge der Corona-Pandemie Baumaterial wie Holz und Stahl. Auch Energie wurde schon 2021 teurer. Mit dem Beginn des Ukraine-Krieges nahm das Tempo der Preissteigerungen noch zu. Der Mangel an Arbeitskräften in Deutschland tut ein Übriges. Mit vollen Auftragsbüchern konnten Baufirmen höhere Preise auch durchsetzen.

Im Ergebnis sind die Baupreise für Wohnungen in nur zwei Jahren um rund 30 Prozent gestiegen. Allein seit Mai steig der Index um mehr 20 Prozent. Der schnellste Preisanstieg seit 50 Jahren warf für viele Haushalte die Kalkulation über den Haufen. Ein Ende der Preissteigerungen ist nicht in Sicht.

"Große Investoren haben tiefe Taschen und können Kostensteigerungen eher abfangen», sagte Pekka Sagner, Immobilienexperte am Institut der deutschen Wirtschaft. «Bei privaten Bauherren sieht es anders aus."

Zinsen

Wer dennoch bauen will, muss also deutlich mehr Geld ausgeben - und dafür meist auch mehr Kredit aufnehmen. Doch auch die Finanzierung ist mit der Zinswende deutlich teurer geworden. Allein in diesem Jahr haben sich die Hypothekenzinsen vervielfacht.

Richtig ist auch: Hausbauer waren durch die lange Niedrigzinsphase verwöhnt. Selbst jetzt sind Hypothekenkredite zwar teurer als in den vergangenen zehn Jahren, aber immer noch günstiger als im langjährigen Durchschnitt. Doch wie bei den Baukosten ist bei den Zinsen der Anstieg rasant und steil. Das zerschießt manche Kalkulation in kurzer Zeit. Dazu kommt die Aussicht, dass die Zinsen weiter steigen.

Energiekosten

Wer bauen will, muss nicht nur die Baukosten und die Finanzierung bedenken, sondern auch die Kosten für den Betrieb des Hauses - besonders für Heizung, Warmwasser und Strom. Wenn die übrigen Kosten schon stark gestiegen sind, hat sich die Hausenergie noch dramatischer verteuert. Auch das bildet das Statistische Bundesamt in einem Index ab.

Hinzu kommt der Faktor Unsicherheit: Wie geht es weiter mit den Energie-Preisen? Welche Energie ist überhaupt langfristig sicher verfügbar? Welche Förderungen wird es geben.

Was das Bauen noch teurer macht

Neben den Kosten für Bau, Finanzierung und Energie belasten weitere Faktoren die Kalkulation.

  • Die Preise für Bauland sind über die vergangenen Jahre stark gestiegen.
  • Banken prüfen die Kreditvergabe jetzt strenger. Das gilt sowohl für die Bewertung der Immobilie als auch für die Prüfung des finanziellen Spielraums der Bauwilligen. Wegen der Inflationserwartung setzen Banken höhere Kosten für den Lebensunterhalt an. "Wir spüren sowohl bei der Beurteilung der persönlichen Situation als auch der Immobilienbewertungen strengere Auflagen", sagte Thomas Peeters, Chef der Kreditvermittler-Holding Bilthouse der Deutschen Presse-Agentur.
  • Die Bundesregierung hat Förderprogramme gestrichen, auslaufen lassen und mit einigem Hin und Her für Unsicherheit gesorgt.
  • Auch die Nebenkosten steigen stark. Sie machen laut Landesbausparkassen 15 bis 20 Prozent der Baukosten aus. Einige Kosten treibt der Staat über Auflagen beim Bau, Steuern und Gebühren.

Nach Einschätzung von Politik und Bauwirtschaft müssen in Deutschland jährlich 350 000 bis 400 000 Wohnungen fertig werden, um die Nachfrage nach Immobilien zu stillen, den Wohnungsmangel zu lindern und Mietsteigerungen zu bremsen. Fertig wurden im vergangenen Jahr 293.000.

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„Anstieg der Baupreise von sechs Prozent“: Bauministerium rechnet mit weiteren Kostensprüngen

Die Preise für Baumaterialien verteuern sich stark, bereits jetzt wirkt sich das spürbar auf den Wohnungsbau aus. Die Branche nennt die Entwicklungen „besorgniserregend“.

ARCHIV - 04.05.2021, Thüringen, Eisenach: Die Städtische Wohnungsgesellschaft Eisenach mbH baut am Rande des Stadtzentrums im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, gefördert vom Freistaat Thüringen, 38 barrierefreie Wohnungen. Ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden fordert angesichts der Wohnungskrise ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. (zu dpa «Bündnis fordert 50 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau») Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 04.05.2021, Thüringen, Eisenach: Die Städtische Wohnungsgesellschaft Eisenach mbH baut am Rande des Stadtzentrums im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus, gefördert vom Freistaat Thüringen, 38 barrierefreie Wohnungen. Ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft sowie Sozial- und Branchenverbänden fordert angesichts der Wohnungskrise ein Sondervermögen in Höhe von 50 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau. (zu dpa «Bündnis fordert 50 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau») Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa +++ dpa-Bildfunk +++© Foto: dpa-Zentralbild/dpa/Martin Schutt

Das Bundesbauministerium geht auch in diesem und im nächsten Jahr von steigenden Baukosten aus. „Für das laufende Jahr 2023 wird ein Anstieg der Baupreise im Wohnungsbau von sechs Prozent erwartet, für 2024 von 2,5 Prozent“, sagte ein Ministeriumssprecher den Zeitungen der Mediengruppe Bayern vom Donnerstag.

„Der Druck auf die Baupreise lässt aktuell jedoch nach. Gründe hierfür sind einerseits eine rückläufige Kapazitätsauslastung der Bauwirtschaft und andererseits eine Entspannung bei den Lieferkettenproblemen“, hieß es weiter.

Der Sprecher des Bauministeriums deutete zugleich einen Abbau von staatlichen Vorgaben an. „Normen und Standards müssen regelmäßig auf ihre Kostenfolgen überprüft sowie bauordnungsrechtliche Vorgaben weiter harmonisiert und mit Blick auf Kostenbegrenzung weiterentwickelt werden“, sagte er den Zeitungen.

Zudem brauche es „eine Diskussion, welches bauliche Anforderungsniveau in privatrechtlichen Vereinbarungen als angemessen zu sehen“ sei, erklärte der Sprecher weiter.

Das Statistische Bundesamt hatte am Mittwoch für 2022 erhebliche Preissteigerungen für nahezu alle Baumaterialien gemeldet. Beispielsweise war demnach Stabstahl im Jahresdurchschnitt 40,4 Prozent teurer als 2021; Flachglas für Fenster, Glastüren und -wände verteuerten sich um 49,3 Prozent. Bereits 2021 hatten die Preise stark angezogen.

Auch die Preise für Baumaterialien auf Erdölbasis wie Bitumen stiegen stark. Die hohen Energiepreise wirkten sich laut Statistikamt auch auf die Preise für im Bau verwendete chemische Produkte wie Kunststoffe, Farben oder Lacke aus. Holz und Holzprodukte wurden ebenfalls deutlich teurer.

„Diese Entwicklungen sind besorgniserregend“

„Insgesamt verteuerten sich die Preise für den Neubau von Wohngebäuden im Jahresdurchschnitt 2022 um 16,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, erklärten die Statistiker. „Das ist die höchste gemessene Veränderung gegenüber einem Vorjahr seit Beginn der Erhebung im Jahr 1958.“

„Den Unternehmen bleibt nichts anderes übrig, als die immensen Preissprünge weiterzugeben“, erklärte Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. „Diese Entwicklungen sind besorgniserregend.“ Die Bau-, Sanierungs- und Nachhaltigkeitsziele der Bundesregierung gerieten immer mehr in Gefahr.

Die Preissteigerungen wirken sich bereits spürbar auf den Wohnungsbau aus. Laut Statistischem Bundesamt sank die Zahl der Baugenehmigungen um 5,7 Prozent. Sie ist ein wichtiger Frühindikator für die Entwicklung der Bauaktivität.

Der größte Immobilienkonzern Deutschlands, Vonovia, hatte am Dienstag angekündigt, 2023 keine Neubau-Projekte zu starten. „Die Inflation und die Zinsen sind enorm gestiegen und davor können wir nicht die Augen verschließen“, sagte Vonovia-Vorstand Daniel Riedl der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“.

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Bauindustrie: „Wohnungsbau-Unternehmen springen reihenweise die Kunden ab“

 Foto: dpadata-portal-copyright=

Foto: dpadata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Wirtschaftswoche

Jedes zweite Wohnungsbau-Unternehmen klagt über Auftragsmangel. Für einige Unternehmen wird das schwache Neugeschäft gefährlich.

Ausbleibende Aufträge, viele Stornierung, rekordtiefe Stimmung: Die Lage im deutschen Wohnungsbau wird immer trüber. Im November klagten 49,1 Prozent der Unternehmen über einen Auftragsmangel, nach 48,7 Prozent im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Montag zu seiner Umfrage mitteilte. Damit stieg der Anteil bereits den achten Monat in Folge. Auftragsstornierungen setzten mehr als jedem fünften Unternehmen zu: Der Anteil lag im November bei 21,5 Prozent und damit fast so hoch wie im Vormonat (22,2 Prozent). „Den Wohnungsbauunternehmen springen reihenweise die Kunden ab“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Die hohen Baukosten und das aktuelle Zinsniveau lassen viele Bauherren verzweifeln.“ Viele Projekte rechneten sich unter diesen Bedingungen schlicht nicht mehr und müssten zurückgestellt oder gestrichen werden.

Für einige Unternehmen wird das schwache Neugeschäft gefährlich. 11,1 Prozent der befragten Betriebe meldeten Finanzierungsschwierigkeiten. Im Oktober lag der Anteil noch bei 9,9 Prozent. Dabei notierte das Geschäftsklima mit außerordentlich schwachen minus 54,6 Punkten auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Erhebung 1991. „Die Stimmung unter den befragten Betrieben bleibt eisig“, kommentierte Wohlrabe die Entwicklung. „Besserung ist im Moment nicht in Sicht.“

Die aktuellen Meldungen zur Haushaltskrise der Bundesregierung dürften den Angaben zufolge noch keinen wesentlichen Einfluss auf die Befragungsergebnisse gehabt haben: Der Großteil der Antworten ging bereits in der ersten Novemberhälfte ein. Damit sei zudem auch noch nicht abzulesen, wie sich die Insolvenz der Signa-Holding auf die Stimmung auswirke.

Die Baubranche rechnet deshalb erstmals seit vielen Jahren mit dem Verlust von Arbeitsplätzen. „Für 2024 erwarten wir einen deutlichen Rückgang um rund 30.000 Beschäftigte mit weiterem Abwärtspotential“, sagte der Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), Wolfgang Schubert-Raab. Im vergangenen Jahrzehnt habe man 220.000 neue Jobs am Bau geschaffen. Im zu Ende gehenden Jahr dürfte die Zahl der Beschäftigten um fast 7000 auf 920.000 sinken.

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Baubranche sauer: Geywitz stoppt Förderung für klimafreundlichen Neubau

Überraschend beendet die Bundesregierung ein Förderprogramm für klimafreundliche Neubauten: Das Geld ist alle. Baubranche und CDU kritisieren die Maßnahme scharf. Im Februar, wenn der Haushalt 2024 beschlossen ist, soll das KFN-Programm wieder starten.

Sobald der Haushalt 2024 in Kraft tritt, soll es mit der Förderung weitergehen.

Sobald der Haushalt 2024 in Kraft tritt, soll es mit der Förderung weitergehen.© picture alliance / SvenSimon

Das Bundesbauministerium hat die Förderung von klimafreundlichen Neubauten gestoppt. Ab dem 14. Dezember könnten "aufgrund der ausgeschöpften Mittel keine neuen Anträge für das KFN-Programm bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gestellt werden", teilte das Ministerium mit.

Das Kürzel KFN steht für das Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau, das die Bundesregierung im Frühjahr gestartet hatte. "Von März bis Dezember dieses Jahres haben wir mit dem KFN-Programm rund 46.000 Wohnungen gefördert und Investitionen von rund 17 Milliarden Euro angestoßen", sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz der Mitteilung zufolge. Der Fördertopf sei schon nach drei Monaten leer gewesen, "sodass wir ihn auf knapp zwei Milliarden Euro erhöhen mussten".

Auch dieses Geld ist nun weg. Laut "Handelsblatt" gab es zuletzt eine unerwartet hohe Nachfrage. Noch im November habe Geywitz der Zeitung gesagt, die Neubauförderung in diesem Jahr sei gesichert.

Das KFN-Programm richtete sich sowohl an Privatpersonen als auch an Unternehmen und Investoren. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe kritisierte, die Nachricht komme "völlig überraschend", wie Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa sagte. "Nichts schadet einer Investitionsbranche wie der Bauwirtschaft mehr als unklare oder sich laufend ändernde Rahmenbedingungen. Wir haben das Förderchaos 2022 erlebt und die Folgen spüren wir heute noch."

"Schlag ins Gesicht der Bauherren"

Scharfe Kritik kam auch von der CDU. Mit dem Förderstopp werde "endgültig das letzte Fünkchen an Vertrauen in diese Regierung zerstört", sagte der baupolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jan-Marco Luczak. "Das ist ein Schlag ins Gesicht der Unternehmen und privaten Bauherren."

Luczak warf der Ampel vor, sie habe nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichtes ausdrücklich hervorgehoben, dass das KFN-Programm von der Haushaltssperre ausgenommen sei. Dadurch sei die Erwartung geschürt worden, dass die Programmmittel ausreichen würden.

Das Baugewerbe setzt darauf, dass das KFN-Programm im nächsten Jahr weitergeführt wird: "Sobald der Bundeshaushalt 2024 wieder in Kraft tritt, soll es wieder möglich sein und das erwarten wir auch", sagte Pakleppa. Geywitz hatte dies bereits angekündigt: "Neue Anträge können gestellt werden, sobald der Bundeshaushalt 2024 in Kraft tritt", so die Ministerin. Nach aktuellen Planungen soll der Haushalt für das kommende Jahr im Januar im Bundestag und vermutlich am 2. Februar im Bundesrat beschlossen werden.

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Ifo-Institut: Stimmung im Wohnungsbau sinkt auf niedrigstes Niveau aller Zeiten

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Wohnungsbau data-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt

Wohnungsbauunternehmen sind für das Jahr 2024 sehr pessimistisch. Das Wohnungsbauziel der Bundesregierung dürfte laut einer Prognose bei weitem nicht erreicht werden.

Die Stimmung in den Chefetagen der Wohnungsbauunternehmen ist vor dem Jahreswechsel ungeachtet der zuletzt gesunkenen Zinsen auf ein Rekordtief gefallen. Das Barometer für das Geschäftsklima sank im Dezember auf minus 56,8 Punkte, nach minus 54,4 im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage mitteilte. Das ist der niedrigste Stand seit Beginn der Erhebung 1991. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage greift demnach immer weiter um sich. Außerdem befürchten die Wohnungsbauunternehmen für das erste Halbjahr 2024 weitere Geschäftseinbußen.

„Obwohl die Zinsen für Baufinanzierungen zuletzt wieder gesunken sind, ist noch keine Entspannung in Sicht“, sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Die außergewöhnlich schwachen Erwartungen zeigen, dass die Firmen aktuell keine Hoffnung haben. Die Perspektiven für 2024 sind düster.“

Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu ähnlichen Aussichten für den Wohnungsbau im Jahr 2024: Demnach werden die Ausgaben für Bauleistungen in diesem Jahr erstmals seit dem Finanzkrisenjahr 2009 sinken. Prognostiziert wird ein Minus von 3,5 Prozent auf rund 546 Milliarden Euro, heißt es in der Untersuchung, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorliegt. Der Wohnungsbau dürfte dabei sogar um 5,4 Prozent schrumpfen. Etwas abgefedert wird der Abwärtstrend durch den Tiefbau, zu dem der staatlich dominierte Straßenbau zählt: Er soll um 1,8 Prozent wachsen.

Im vergangenen Jahr war das Bauvolumen insgesamt um 6,1 Prozent gewachsen, überzeichnet allerdings durch starke Preisanstiege. Inflationsbereinigt gab es dagegen mit 1,1 Prozent den dritten realen Rückgang in Folge, der 2024 mit minus 1,5 Prozent noch etwas größer ausfallen soll. „Der Einbruch in der Bauwirtschaft zieht sich länger hin als erwartet“, sagte Studienautorin Laura Pagenhardt.

„Erst im kommenden Jahr wird wohl bei weiter sinkenden Baupreisen wieder ein kleines Plus erwirtschaftet.“ Dann erwartet das DIW eine Zunahme um 0,5 Prozent. Aber auch dann dürfte der Wohnungsneubau noch hinterherhinken. „Der Wohnungsbau hat drei schwierige Jahre hinter sich und es wird noch ein weiteres schweres folgen“, prophezeite Studienautor Martin Gornig.

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