Forum

Energie

Seite 1 von 6Nächste
Zitat

Energiepolitik: Deutschland braucht viel mehr Strom

 

Deutschland braucht viel mehr Strom

Im Jahr 2030 werde der Bedarf um etwa zehn Prozent höher sein als bisher gedacht, prognostiziert Bundeswirtschaftsminister Altmaier. Das liege an den verschärften Klimazielen - und auch daran, dass immer mehr Elektroautos unterwegs sind.

Deutschland wird im Jahr 2030 vermutlich etwa zehn Prozent mehr Strom verbrauchen als bisher angenommen - damit rechnet Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Grund seien die verschärften Klimaziele. Eine neue Studie im Auftrag des Ministeriums gehe nach ersten Einschätzungen jetzt von einem Jahresverbrauch von 645 bis 665 Terawattstunden aus, sagte der CDU-Politiker. Die vorherige Studie des Prognos-Instituts von Anfang 2020 war noch von etwa 590 Terawattstunden ausgegangen, die offizielle Regierungsprognose lag bei 580 Terawattstunden.

Sollte sich die Prognose bewahrheiten, so wäre der Strombedarf in neun Jahren sogar um knapp 20 Prozent höher als heute. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland etwa 560 Terawattstunden verbraucht.

Da der Strom in den nächsten Jahren großteils aus erneuerbaren Energien erzeugt werden soll, bedeutet die neue Prognose auch einen beschleunigten Ausbau von Wind- und Solarenergie. Zahlen nannte Altmaier hierzu nicht. Dies wird Aufgabe der neuen Regierung ab Herbst sein. Der Wirtschaftsminister wünscht sich nach eigenem Bekunden aber klare Vorgaben an die Bundesländer, auf welcher Fläche Windräder errichtet werden müssten.

Altmaier sagte, der höhere Stromverbrauch werde auch durch den beschleunigten Ausbau der Elektro-Mobilität ausgelöst. Bis zum Jahr 2030 würden jetzt 14 Millionen Elektroautos auf den Straßen erwartet, statt wie zuletzt maximal zehn Millionen. Zudem würden mehr Wärmepumpen in Gebäuden installiert, die ebenfalls mehr Strom verbrauchen. Daneben gehe man derzeit davon aus, dass man für 19 statt für 14 Terawattstunden Wasserstoff bis 2030 erzeugen werde. Eine Terawattstunde entspricht einer Milliarde Kilowattstunden.

 

Zitat

Teslas erster Stromtarif ist in Deutschland gestartet und schreckt die Stromkonzerne auf: „Wir nehmen Tesla sehr ernst"

 

Neben Elektroautos verkauft Tesla auch noch Stromspeicher und Solardächer — nun will der Autobauer auch den Stromsektor erobern. Mit einem ersten Tarif für Ökostrom greift Tesla auf dem deutschen Energiemarkt an. Derzeit ist das Angebot noch auf den Süden Deutschlands begrenzt, doch in Branchenkreisen geht man davon aus, dass spätestens Anfang 2022 mit einem bundesweiten Angebot zu rechnen ist, wie das „Handelsblatt“ berichtet.

Aktuell kann das Angebot nur von Kunden gebucht werden, die eine Solaranlage von Tesla und Teslas Powerwall — einen Batteriespeicher für zu Hause — haben. Obwohl das Angebot noch nicht auf der Homepage des Unternehmens beworben wird und erste Nutzerberichte eher durchwachsen ausfallen, sind deutsche Energieversorger besorgt. „Wir nehmen Tesla sehr ernst und beobachten genau, was die vorhaben“, so ein großer deutscher Stromkonzern.

Weitaus mehr Sorgen als der Einstieg in den Strommarkt bereitet jedoch der „Autobidder“ von Tesla. Dabei handelt es sich um eine Plattform, die die dezentral in Privathäusern installierten Batteriespeicher mit den Batterien der Elektroautos vernetzt, um darin überschüssigen grünen Strom zu speichern — also gewissermaßen ein virtuelles Kraftwerk. Projekte wie dieses verfolgt aktuell die gesamte Energiebranche, denn „Autobidder“ wie das von Tesla könnten helfen, das Grundproblem der Energiewende zu mildern: den wachsenden Bedarf an Batteriespeichern.

Ein Tesla-Kombi-Angebot scheint möglich

Die deutschlandweite Einführung des Stromtarifs soll in Zusammenarbeit mit dem britischen Unternehmen Octopus Energy geschehen. Noch testet Tesla den deutschen Strommarkt. Doch an Beispielen aus Australien und England wird deutlich, welche Ambitionen der Autobauer verfolgt: ein Kombi-Angebot von Kauf- und Leasingverträgen für Elektroautos mit Powerwall, Solaranlagen und Stromverträgen — und das zu aggressiven Preisen. Hier kann das Unternehmen nicht nur seine Macht beim Vertrieb von Elektroautos ausspielen, sondern auch den Klang des Markennamens.

Noch machen Teslas Powerwalls in Deutschland gerade einmal drei Prozent des Marktes aus. Das geht aber vielmehr auf den Chipmangel zurück, der die Expansion hemmt, statt auf eine geringe Nachfrage. Die Halbleiter werden sowohl für die Produktion von Powerwalls als auch für Autos gebraucht und derzeit hat die Autoproduktion Priorität, erklärte Tesla-Chef Elon Musk. Sobald es genügend Chips gibt, ist mit einer massiven Powerwall-Produktion zu rechnen.

 

Zitat

Diesel-Preis auf Rekordhoch: Mittelstand warnt vor drastischen Folgen für Wirtschaft und Verbraucher

 

Noch nie war Diesel in Deutschland teurer. Der Mittelstand beklagt die »Preisexplosion«: Sie stelle eine massive Belastung der Wirtschaft dar – und gefährde Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand.

Der Dieselpreis an deutschen Tankstellen ist am Sonntag auf ein Allzeithoch gestiegen: Autofahrerinnen und Autofahrer mussten nach Angaben des ADAC im bundesweiten Durchschnitt 1,555 Euro pro Liter zahlen – und damit mehr als je zuvor. Auch Benzin nähert sich dem Höchststand.

Nun fordert der Mittelstand umgehende Entlastung für Wirtschaft und Verbraucher. »Aus Sicht des Mittelstands sollte die Mineralölsteuer temporär gesenkt und die Pendlerpauschale spürbar erhöht werden«, sagte der Chefvolkswirt des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Hans-Jürgen Völz, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

»Die Preisexplosion bei Treibstoffen stellt eine massive Belastung der Wirtschaft dar, die Arbeitsplätze, Wachstum und Wohlstand gefährdet«, sagte Völz. »So droht die Coronakrise zum Jahresende nahtlos von einer veritablen Wirtschaftskrise abgelöst zu werden, während sich um uns herum andere Staaten Europas wirtschaftlich erholen.«

Völz sorgt sich auch davor, dass Gewerkschaften höhere Tarifabschlüsse durchsetzen könnten. »Schon jetzt ist erkennbar, dass zeitverzögert an die Verbraucher weitergegebene Mehrkosten für Transport, Heizen und Material zu höheren Lohnforderungen führen werden«, sagte er. »Die Lohn-Preis-Spirale jedenfalls ist schon in Gang gesetzt.« Währungshüter sprechen in diesem Zusammenhang von einem »Zweitrundeneffekt«: Wenn steigende Inflation zu höheren Tarifabschlüssen und damit Lohnkosten führt, kann dies wiederum die Teuerung anheizen.

Für die Entwicklung der Kraftstoffpreise sind der Rohölpreis und der Wechselkurs von Dollar und Euro ausschlaggebend. Der Rohölpreis ist derzeit zwar niedriger als 2012, der Dollar ist jedoch deutlich stärker als vor neun Jahren. Das verteuert Ölimporte nach Europa.

Eine Rolle spielt außerdem die zu Jahresbeginn eingeführte CO₂-Abgabe, die sich nach ADAC-Angaben in diesem Jahr beim Tanken mit rund sieben bis acht Cent pro Liter auswirkt. Beim Diesel sorgt zusätzlich die im Herbst steigende Nachfrage nach Heizöl für eine Verteuerung an den Zapfsäulen.

Zitat

DIHK: Hohe Energiepreise belasten Unternehmen zunehmend

 

Lieferengpässe, hohe Energie- und Rohstoffpreise, Mangel an Fachkräften: Das macht vielen Unternehmen in Deutschland zunehmend zu schaffen.

Zwar sei die wirtschaftliche Lage nach dem Einbruch in der Corona-Krise wieder besser, die Aussichten aber seien enttäuschend, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Martin Wansleben, am Donnerstag in Berlin.

Firmen kämen zunehmend in die Klemme zwischen garantierten Preisen für Kunden und gestiegenen Rohstoffpreisen. Firmen, die eigentlich wieder Vollgas geben wollten, kämen in eine unvorhergesehene Lage. Er habe ein wenig Angst davor, dass die Stimmung besser werde als tatsächliche Lage, sagte Wansleben. Er machte klar, das müsse bei den Koalitionsverhandlungen von SPD, Grübnen und FDP eine Rolle spielen.

Nach der neuen DIHK-Konjunkturumfrage unter rund 28 000 Firmen liegt der Anteil der Unternehmen, die Energie- und Rohstoffpreise als Risiko angeben, in der Industrie, im Handel und im Bau auf einem Allzeithoch. Beim Fachkräftemangel liege der Anteil in allen Wirtschaftszweigen nur knapp unterhalb des Höchtstands.

Gründe, weshalb «die Hütte brennt»

Die «Hütte» brenne bei vielen Firmen aus unterschiedlichen Gründen, sagte Wansleben. Mit Blick auf weltweite Lieferengpässe verglich er die derzeitige Lage mit dem «Staueffekt» auf der Autobahn: Wenn ein Auto vorne bremse, müsse der zehnte Wagen dahinter stehen bleiben. Das sei exakt dass, was gerade bei internationalen Lieferketten passiere. Angebot und Nachfrage kämen nicht zueinander. Dies könne sich bis ins Frühjahr hinziehen. Firmen kämen an die Grenze der Überforderung, was sie finanzieren und managen könnten.

Zwar schätzten die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage deutlich besser ein als noch im Frühsommer, und die finanzielle Lage habe sich erholt. Allerdings seien die Erwartungen an die kommenden zwölf Monate niedriger, als es für einen nachhaltigen Aufholprozess notwendig wäre.

Korrigierte Wachstumserwartungen

Wie zuvor führende Wirtschaftsforschungsinstitute sowie die Bundesregierung senkte auch der DIHK seine Wachstumserwartungen, und zwar auf 2,3 Prozent statt bisher 3,0 Prozent. Die Regierung erwartet nach dem coronabedingten Einbruch 2020 für dieses Jahr ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts um 2,6 Prozent. Für das kommende Jahr erwartet der DIHK ein Wachstum von 3,6 Prozent - davon entfielen aber 1,6 Prozentpunkte auf statistische Effekte.

«Wir schwenken in einen flachen Wachstumspfad ein», warnte Wansleben. «Das reicht nicht aus, um die vielfältigen und vielschichtigen Herausforderungen zur Überwindung der Krise und des Strukturwandels zu meistern.»

Der Fachkräftemangel macht laut Umfrage vor allem Branchen wie dem Bau oder dem Gastgewerbe zu schaffen. Wansleben sagte, am Ende führe kein Weg an einer aktiven Zuwanderung aus dem außereuropäischen Ausland vorbei. Er verwies auf eine Zahl der Bundesagentur für Arbeit von 400 000 Fachkräften pro Jahr, die zuwandern müssten.

Zitat

BP profitiert von Ölpreisen

 

Der britische Ölkonzern BP hat im abgelaufenen Quartal von hohen Ölpreisen profitiert und will einen weiteren Milliardenbetrag in einen Aktienrückkauf stecken.

Allerdings rissen Gasverträge infolge des rasant steigenden Gaspreises die Bilanz wegen eines Bewertungseffektes tief in die roten Zahlen.

Bereinigt um Sondereffekte wie Bewertungsveränderungen von Ölbeständen verdiente BP in den Monaten Juli bis September 3,32 Milliarden US-Dollar (2,9 Mrd Euro), wie das Unternehmen am Dienstag in London mitteilte. Vor einem Jahr betrug der bereinigte Gewinn wegen niedrigerer Ölpreise nur 86 Millionen Dollar.

Zitat

Verbraucherzentrale rät beim Heizölkauf zum Abwarten

 

Experten rechnen damit, dass die derzeit hohen Heizölpreise mittelfristig nachgeben. Der Inhaber des Portals Heizoel24, Oliver Klapschus, sagte, die aktuell höchsten Preise habe es Mitte und Ende Oktober gegeben.

So registrierte das Vermittlungsportal für den 18. Oktober einen Durchschnittspreis in Deutschland für 100 Liter Heizöl von 90,36 Euro. Mittlerweile liege er bei gut 88 Euro. «Es geht so langsam wieder runter.»

Als Hauptgrund sieht Klapschus die schrittweise Erhöhung der Fördermenge durch die Erdölexportstaaten. Auch die US-amerikanische Förderung erhole sich weiter. «Das führt dazu, dass wir 2022 ein deutlich verbessertes Angebot sehen werden.» Beim Preis «sollte das Schlimmste durch sein. Wie weit es nach unten geht, muss man abwarten.»

Laut dem Energieexperten der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding, lag der Preis vor einem Jahr Anfang November bei 40 Cent pro Liter. Mittlerweile sei er mehr als doppelt so hoch. «Wer mit seinem Heizöltank über den Winter kommt, sollte jetzt nicht auffüllen», sagte er. Sieverding zufolge handelt es sich bei den aktuellen Preisen um ein Neunjahres-Hoch. Anfang November 2012 hätten die Heizöl-Preise mit rund 95 Cent je Liter noch höher gelegen.

Derzeit halten sich nach Angaben von Heizoel24 viele Heizöl-Kunden zurück. «Im Moment sehen wir das typische November-Loch: Dass wieder gewartet wird auf bessere Preise», sagte Klapschus in Berlin. Ganz viele Tanks seien nur halb gefüllt. Vor einem Jahr - im November 2020 - sei das wegen der damals niedrigen Preise anders gewesen.

Die CO2-Abgabe hatte ab Anfang 2021 den Heizölpreis um knapp 8 Cent je Liter verteuert. Ab 2022 kommen durch die Erhöhung der CO2-Abgabe von 25 Euro auf 30 Euro pro Tonne weitere knapp 1,6 Cent je Liter hinzu. Für einen Musterhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2000 Litern bedeutet dies nach Angaben des Vermittlungsportals Check24 eine Belastung von rund 32 Euro jährlich.

In Deutschland wird nach Angaben des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft rund ein Viertel aller Wohnungen mit Heizöl beheizt. Das sind etwa 10,7 Millionen Wohnungen, die laut Klapschus von rund fünf Millionen Ölheizungen befeuert werden.

Zitat

Deutscher Energieriese warnt: keine Reserven mehr

Das deutsche Stromnetz ist an der Leistungsgrenze. Diese Warnung kommt nicht von irgendjemandem, sondern vom neuen E.ON-Chef Leonhard Birnbaum. Der Vorstandsvorsitzende warnt gegenüber dem Handelsblatt ausdrücklich vor Engpässen im Stromnetz und vor Cyberattacken. Es gebe im Netz praktisch keine Reserven mehr. Es habe den Zuwachs von erneuerbaren Energien in den vergangenen zehn Jahren noch verkraften können. Aber jetzt sei man an der Leistungsgrenze. Aus diesem Grund hatte Birnbaum vor wenigen Tagen ein Rekordinvestitionsprogramm angekündigt. Allein in das Stromnetz will der Konzern bis 2026 rund 22 Milliarden Euro investieren. Gleichzeitig warnt einer der größten Rohstoffhändler der Welt, Trafigura, dass Europa sogenannte rollende Stromausfälle riskiere, falls es in diesem Winter eine längere Kälteperiode gebe. Man habe in Europa noch immer zu wenig Erdgas, obwohl die Zuflüsse aus Russland verstärkt werden. Und man habe im Moment nicht genug Benzin. Als rollende Stromausfälle werden absichtliche Stromausfälle bezeichnet, mit denen die Belastung eines Stromerzeugungssystems und -netzes verringert werden soll. Sie können aber auch durch Probleme bei der Stromerzeugung, Kraftstoffmangel und veraltete Systeme verursacht werden.

Zitat

Energiepreise: Strom, Gas, Öl: Industrie fürchtet wegen Ukrainekrise den nächsten Preisschock

Die Eskalation in der Ukraine treibt die Energiepreise schon wieder nach oben. Industriekunden fürchten höhere Kosten und eine Unterbrechungen der Gasversorgung.

Russlands Drohkulisse steht: Der Gaspreis für Europa könnte sich verdoppeln, warnte Dmitri Medwedew, Ex-Präsident und Putin-Vertrauter, nachdem Deutschland die Inbetriebnahme der Gaspipeline Nord Stream 2 gestoppt hatte. Und die Drohung könnte die deutsche Wirtschaft ins Mark treffen. Schließlich hatten sich die Energiepreise nach der Rekordjagd im vergangenen Jahr gerade etwas entspannt – bevor die Notierungen nach der Eskalation in der Ukraine wieder nach oben schossen.

Der Gaspreis kletterte seither im Spothandel um zwanzig Prozent auf 87 Euro je Megawattstunde (MWh). Der Strompreis stieg am Terminmarkt um sieben Prozent auf knapp 150 Euro je MWh. „Die Entwicklung in der Ukraine macht den Unternehmen große Sorgen – auch mit Blick auf die Energiepreise“, berichtet Wolfgang Hahn, der Großkunden beim Einkauf berät. Viele versuchten derzeit, sich noch passable Konditionen zu sichern.

Immer mehr Kunden treibt sogar die Sorge um, die Gasversorgung könnte unterbrochen werden. „Das wäre eine Katastrophe“, meint Ulrich Bettermann, der mit seinem Installationstechnikunternehmen vorgesorgt hat. Für die Verzinkerei im sauerländischen Menden hat sich OBO Bettermann verflüssigtes Gas (LNG) aus Katar gesichert.

Die Energiekosten dürften in einer Kettenreaktion noch weitere Preise treiben – wie die von Düngemitteln, Aluminium oder auch Papier. „Wir rechnen trotz des extrem hohen Niveaus mit weiteren Kostensteigerungen. Und die werden zu höheren Produktpreisen im Regal führen“, kündigt Martin Krengel, Chef des Hygienepapierherstellers Wepa, an.

Für das laufende Jahr kalkuliert das Unternehmen aus dem nordrhein-westfälischen Arnsberg bei der Energierechnung mit ungeplanten Mehrkosten von satten 90 Millionen Euro. „Wir rechnen damit, dass es insbesondere aufgrund der politischen Turbulenzen zu weiteren Kostensteigerungen kommen kann – trotz des heute schon extrem hohen Niveaus“, sagt Wepa-Chef Krengel mit Blick auf die Ukrainekrise.

Wirtschaftsforscher fürchten schon einen neuen Schub für die Inflation. „Die hohen Energiepreise werden die Teuerung noch länger treiben“, sagt die Wirtschaftsweise Veronika Grimm.

Gas: Sorge um den nächsten Winter

„Der Markt reagiert nervös auf jede Nachricht aus Russland und der Ukraine“, beschreibt Energieberater Wolfgang Hahn die Befindlichkeiten. Wer sich derzeit am Terminmarkt für Gas zur Lieferung im Jahr 2023 eindecken will, muss knapp 58 Euro je Megawattstunde (MWh) bezahlen.

Nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin die von prorussischen Militärs kontrollierten ukrainischen Provinzen Donezk und Luhansk als souveräne Staaten anerkannt hatte, war der Preis direkt um fünf Euro nach oben geklettert. Er ist damit deutlich vom Stand Ende 2021 entfernt, als der Jahreskontrakt sogar für 90 Euro gehandelt wurde. Vor einem Jahr kostete die MWh aber nicht einmal 20 Euro.

Aktuell verliert die Drohkulisse eines Lieferstopps von russischem Gas zwar ihren Schrecken, weil die Heizperiode bald zu Ende geht und der Winter bisher eher mild war. „Die Gasspeicher sind jetzt auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr“, sagt Fabian Huneke vom Analysehaus Energy Brainpool. Aber es gebe „ganz klare Anzeichen“, dass sich der Markt auf ein langfristig hohes Preisniveau einstelle.

Bislang seien Experten davon ausgegangen, dass sich die Gaspreise 2023 wieder auf einem halbwegs normalen Niveau einpendeln. „Diese Krise droht sich aber zu intensivieren, und das würde auch das Absenken der Preise nach hinten verschieben“, sagt der Experte.

Der Blick der Großkunden richtet sich dabei schon auf den kommenden Winter, also die nächste Heizperiode: Gelingt es, die Gasspeicher über den Sommer wieder aufzufüllen? Bleiben die Importe aus Russland stabil – oder werden die Lieferungen über die Ukraine oder Nord Stream 1 gedrosselt?

Eon-Chef Leonhard Birnbaum warnt schon für den Fall eines kompletten Ausfalls russischer Gaslieferungen: „Einige Betriebe müssten Stand heute von der Versorgung abgeschaltet werden.“ Zwar wären die akuten Auswirkungen nicht so drastisch, sagte Birnbaum der Wochenzeitung „Die Zeit“ mit Verweis auf das Ende der Heizperiode: „Aber im nächsten Winter könnte die Energiewirtschaft wahrscheinlich eine Reihe von Industriekunden nicht mehr ohne Weiteres versorgen.“

Wie vorzugehen ist, wenn nicht genügend Gas im Markt sein sollte, hat die Branche im Leitfaden „Krisenvorsorge Gas“ festgelegt. In einer „übergeordneten nationalen Gasmangellage“ greifen stufenweise Abschaltungen. Zuerst würde es Unternehmen treffen, in deren Verträge solche Maßnahmen schon vertraglich vorgesehen sind. Diese Kunden lassen sich diese Unterbrechung der Lieferung aber auch entschädigen. Reicht das nicht, sind Gaskraftwerke an der Reihe, die nicht zwingend nötig sind für die Stabilität des Stromnetzes. Danach könnte es aber auch systemrelevante Kraftwerke treffen – und schließlich sogar „geschützte Letztverbraucher“ – also private Haushalte.

Wie Unternehmer Ulrich Bettermann hoffen viele Unternehmen auf zusätzliche Importe von verflüssigtem Erdgas (LNG), damit die Abhängigkeit von Russland verringert wird. Die EU-Mitgliedstaaten arbeiten auch mit Hochdruck daran, zusätzliches LNG zu besorgen. Laut dem Marktforschungsunternehmen Icis bezog Europa im Januar noch knapp die Hälfte seiner Gasimporte via Pipeline, aber auch schon zu 32 Prozent in Form von LNG.

Allerdings muss dafür noch mehr bezahlt werden als für russisches Pipeline-Gas. Im Vergleich zu Erdgas aus Sibirien ist LNG allein von den Produktions- und Transportkosten mehr als doppelt so teuer. „Es gibt unterschiedliche Markteinschätzungen, wie viel Russland-Gas durch LNG ersetzt werden könnte“, sagt Experte Huneke: „Klar ist dann aber auch, dass es Erdgaspreise von unter zehn Euro die MWh wie 2020 mit LNG auf jeden Fall nicht mehr gibt.“

Strom: Firmen gehen auf Nummer sicher

Viele Energieverbraucher aus der Wirtschaft stehen derzeit vor einer schwierigen Frage: Sollen sie noch warten, ob sich die Energiepreise wieder einigermaßen auf dem alten Niveau einpendeln – oder mit Blick auf die Ukrainekrise sich lieber die aktuellen Preise sichern? Die sind schließlich weit von den alten Notierungen entfernt, aber auch deutlich unter den Rekordwerten aus dem vergangenen Jahr.

Der Kontrakt für Stromlieferungen im folgenden Jahr liegt mit aktuell knapp 150 Euro zwar fast dreimal so hoch wie noch zum Jahresbeginn 2021, aber auch deutlich unter den 324,60 Euro, die am 22. Dezember bezahlt werden mussten.

Genau dieses Kalkül treibt aktuell einen Mittelständler aus Nordrhein-Westfalen um, der anonym bleiben will. Der Maschinenbauer, der knapp zwei Milliarden Euro umsetzt, hatte sich im vergangenen Jahr verzockt und vergeblich auf eine Trendwende am Strommarkt gehofft. Statt bislang 50 Euro wären in neuen Verträgen mehr als 200 Euro je MWh fällig.

Jetzt agiert der Mittelständler kurzfristig, schloss in der vergangenen Woche nur einen Vertrag für das zweite Quartal ab – in der Hoffnung auf sinkende Preise. Aber das war vor der Eskalation in der Ukraine: Jetzt überlegt das Unternehmen, sich doch längerfristig einzudecken.

„Eine Panik gibt es im Großhandel noch nicht – aber mit einem deutlichen Anstieg der Energiepreise rechnet jeder“, sagt Berater Hahn: „Dabei gab es die Hoffnung auf eine Entspannung an der Preisfront.“ Er rät den Unternehmen noch immer, beim Einkauf von Strom und Gas strukturiert vorzugehen, also in Tranchen einzukaufen. Sie sollten sich aber derzeit lieber stärker absichern als zu wenig.

„Die Unternehmen sollten lieber auf Nummer sicher gehen“, sagt Hahn. Und die Firmen reagieren nach seiner Erfahrung auch schon: „Viele, die eigentlich noch abwarten wollten, sichern sich jetzt Tranchen.“

Öl: Ukrainekrise und hohe Nachfrage

An den Ölmärkten bleibt die Lage angespannt: Nachdem der Preis für europäisches Brentöl am Mittwochmorgen kurz nachgab, stieg er bis zum Nachmittag wieder auf rund 98,30 Dollar pro Barrel (rund 159 Liter) und lag damit 1,8 Prozent höher als am Dienstag. Die Gefahr einer Ölpreiskrise sei nicht gebannt, sagte Carsten Fritsch, Rohstoffexperte der Commerzbank: „Die Unsicherheit bleibt hoch.“

Fritsch sieht die Gefahr, dass Russland als Reaktion auf die Sanktionen Lieferungen von Öl- und Gas reduziert. Russland ist aktuell nach den USA und Saudi-Arabien der drittgrößte Ölproduzent. An den Rohstoffterminmärkten zahlen Händler nach wie vor ungewöhnlich hohe Aufschläge für Öl zur sofortigen Lieferung. Das gilt als Zeichen, dass der Markt unterversorgt ist.

Die Ukrainekrise ist dabei nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die wirtschaftliche Erholung nach der Coronakrise dürfte die Ölnachfrage auf ein neues Rekordniveau heben, wie beispielsweise die Analysten der UBS erwarten.

Kettenreaktion auf anderen Märkten

Die Verwerfungen an den Energiemärkten strahlen aber auch auf andere Märkte aus. Wenn die Ukrainekrise die Strom-, Gas- und Ölpreise nach oben treibt, spüren das vor allem Unternehmen, die bei der Produktion einen hohen Energieverbrauch haben. Dazu zählen etwa Stahlhersteller, Aluminiumproduzenten, Papier- oder Zementindustrie.

Der Markt für Düngemittel beispielsweise reagierte direkt auf die Ausweitung des Ukrainekonflikts und die absehbare Verteuerung von Gas. Dort zogen die Spotmarktpreise am Mittwoch bereits an. Bei der Herstellung der Vorprodukte wie Ammoniak wird Gas als Rohstoff und zugleich als Energielieferant gebraucht.

Zahlreiche Hersteller hatten bereits im Herbst wegen der hohen Gaspreise die Produktion gedrosselt, weil sich diese nicht mehr rechnete. Die Folge: Landwirte hatten wiederum nicht genügend Dünger für die aktuelle Bewirtschaftung ihrer Felder und mussten die teuer einkaufen. Der Preis für Dünger ist aktuell mehr als dreimal so hoch wie noch 2019.

Mehr zum Ukraine-Konflikt

Die Ruhe an den Börsen ist trügerisch – Diese Gefahren drohen den MärktenInflationsängste in den USA: „Wir werden darunter leiden, Putin zu hassen“„Die Situation besorgt uns zutiefst“ – So trifft die Ukraine-Krise den Gaskonzern Uniper

Dazu trägt bei: Russland hat die Ausfuhr von Produkten für Stickstoffdünger im vergangenen Jahr deutlich beschränkt, um die Versorgung der eigenen Landwirtschaft zu sichern. Das Land ist der größte Exporteur von Ammoniumnitrat weltweit. Die Sorge vor anhaltend teuren und nur eingeschränkt verfügbaren Düngemitteln treibt wiederum die Preise für Getreide an den Weltmärkten. Auch das war am Mittwoch bereits zu beobachten.

Inflation: Wirtschaftsforscher uneins

Die Energiekosten waren schon in den vergangenen Monaten ein Hauptreiber der Inflation. Und die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine haben weitere Preissteigerungen ausgelöst. Unter Wirtschaftswissenschaftlern ist aber umstritten, ob das langfristig so weitergeht. „Sollte der Konflikt nicht weiter eskalieren, gäbe es kaum Einfluss auf die Inflation“, sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Ein Krieg hingegen würde große Unsicherheit schaffen und sei ein klarer Preistreiber.

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hält hingegen schon die aktuelle Zuspitzung für einen Inflationsfaktor. „Nicht zuletzt durch den sich zuspitzenden Konflikt dürfte es für längere Zeit zu höheren Energiepreisen kommen“, sagte sie. Aufgrund langfristiger Verträge werde es zwar einige Zeit dauern, bis die gestiegenen Großhandelspreise an die Unternehmen und die Verbraucher weitergegeben werden und deren Kosten erhöhen.

Dabei bestand die Hoffnung auf eine Normalisierung zur Jahresmitte. Globale Materialengpässe hatten die Inflation in den vergangenen Monaten getrieben, im Januar lag die Rate in Deutschland bei 4,9 Prozent. In den vergangenen Wochen haben sich die Anzeichen vermehrt, dass die Lieferengpässe zurückgehen und die Inflationsrate sich wieder normalisieren könnte. Diese Hoffnung schwindet durch die Ukrainekrise laut Grimm nun.

Zitat

Söder will Atomkraftwerke bis zu fünf Jahre länger laufen lassen

Berlin. Aufgrund der aktuellen Notsituation sei die Atomenergie „der richtige Ansatz“, um billigen und klimafreundlichen Strom zu produzieren, teilte Bayerns Ministerpräsident mit.

Zur Sicherheit der Energieversorgung trotz des Kriegs in der Ukraine fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder eine mehrjährige Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. „Natürlich wäre eine Verlängerung rein technisch möglich. Es ist die Frage, ob man es politisch will“, sagte der CSU-Vorsitzende am Montag im „Morgenmagazin“ des ZDF. „Aber ich glaube, so für drei bis fünf Jahre wäre das einfach in dieser Notsituation ein guter Übergang, um billigen Strom zu produzieren, der gleichzeitig auch keine Klimabelastung bringt.“ Dies wäre jetzt der „richtige Ansatz“.

Wirtschaftsstaatssekretär Michael Kellner sagte in der Sendung, die Regierung prüfe „alle Optionen“ zur Vorsorge für den nächsten Winter. „Ich sehe allerdings nicht, wie Atomkraftwerke für den nächsten Winter helfen können, weil auch diese brauchen Brennstoffe, auch diese bekommt man nicht so einfach.“ Die Regierung sehe hier „wenig Erfolgsaussichten“. Man werde aber Steinkohle-Kraftwerke für alle Eventualitäten in Reserve halten. Der Grünen-Politiker wies zugleich darauf hin, dass Deutschland möglichst bis 2030 aus der Kohle aussteigen wolle. Deshalb sollte man „den Ausbau erneuerbarer Energien massiv beschleunigen und früher aus der Kohle rauskommen“.

Zur finanziellen Entlastung der Bürger bei den explodierenden Benzinpreisen verlangte der Ministerpräsident eine „absolute Energiepreisbremse“ so schnell wie möglich. „Deswegen sollte die Mehrwertsteuer so weit reduziert werden, wie es geht, und vielleicht sogar mit Zustimmung der Europäischen Union auf null reduziert werden.“ Dadurch ließen sich beim Benzinpreis bis zu 20 Prozent sparen. „Wir müssen jetzt alles überlegen. Alte Gewissheiten und alte Regeln müssen neu justiert werden.“

Söder erneuerte die Unionsforderung an die Bundesregierung, angesichts der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge einen Sicherheitsrat unter Beteiligung der Bundesländer einzurichten. Das sollte noch in dieser Woche geschehen. „Es ist wichtig, dass das Ganze in Deutschland koordiniert abläuft“, sagte Söder. Man brauche eine „nationale Strategie“ und eine Koordinierung unter den Ländern sowie mit dem Bund. Nötig sei auch eine finanzielle Unterstützung des Bundes für die Kommunen.

Zitat

Atomkonzerne: Hohe Hürden für Laufzeitverlängerung

Die wegen des Ukraine-Kriegs befürchteten Engpässe beim Gas- und Kohleimport lassen sich nach Einschätzung der deutschen Atomkonzerne kaum schnell durch längere Laufzeiten der Kernkraftwerke ausgleichen.

Eine Sprecherin von PreussenElektra, eine Eon-Tochterfirma, wies darauf hin, dass die Lieferung neuer Brennstäbe lange dauern würde. «Nach einer ersten Abschätzung gehen wir davon aus, dass frische Brennelemente in gut 1,5 Jahren zur Verfügung stehen könnten», sagte sie der «Rheinischen Post». Zudem müssten sich die Konzerne dann wohl neue Uran-Lieferanten suchen. «In den letzten Betriebsjahren unserer Kraftwerke haben wir das für die Brennelemente benötigte Uran aus Kasachstan und Russland sowie in geringen Mengen aus Kanada bezogen.»

Vor einem Treffen der Energieminister von Bund und Ländern an diesem Dienstag sagte die RWE-Sprecherin dem Blatt: «Am Ende ist es an der Politik, über eine mögliche Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke zu entscheiden. Die genehmigungsrechtlichen und technischen Hürden für eine Verlängerung wären allerdings sehr hoch.»


Der beschleunigte Atomausstieg wurde 2011 gesetzlich beschlossen. Als letzte Meiler abgeschaltet werden nach dem Atomgesetz spätestens am 31. Dezember die Kraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2.
Russland liefert mehr als 50 Prozent des in Deutschland verbrauchten Erdgases, und auch der Anteil der russischen Steinkohle in der Stromerzeugung in Deutschland liegt bei etwa 50 Prozent. In einzelnen Kraftwerken in Deutschland werden aktuell bis zu 75 Prozent russische Steinkohle verfeuert.

Energieminister Robert Habeck (Grüne) hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine erklärt, längere Laufzeiten von Kohle- oder Atomkraftwerken seien ungeeignet, um Versorgungsengpässe durch eine etwaige Kürzung russischer Lieferungen auszugleichen. Zur Sicherheit der Energieversorgung hatte aber Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eine mehrjährige Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken gefordert.

Seite 1 von 6Nächste