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News zu den Linken

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"Kleines Konjunkturprogramm"  

Politiker fordert 500 Euro Impfprämie für alle

Wie schaffen wir mehr Impfungen? Ein Finanzpolitiker der Linken hat nun eine Idee: Jeder, der sich vollständig impfen lässt, soll 500 Euro bekommen – auch rückwirkend. Er sieht darin auch ein Konjunkturprogramm. 

Gerade erst in den Bundestag eingezogen, möchte ein Finanzpolitiker der Linksfraktion, der Abgeordnete Christian Görke, mit einem viele Milliarden Euro schweren Programm die Impfquote deutlich erhöhen. Seine Idee: 500 Euro Prämie soll der Staat an jeden Geimpften zahlen – 300 Euro für den ersten vollständigen Impfschutz, 200 Euro für die Auffrischung, den sogenannten "Booster". Und all das auch nachträglich, also tatsächlich für jeden, der sich impfen ließ oder der sich noch impfen lässt.

"Die Mittel sind da"

Das Gesamtvolumen der Maßnahme beziffert Görke, der fünf Jahre Finanzminister in Brandenburg war, auf 37,5 Milliarden Euro – davon 22,5 Milliarden Euro für den ersten Impfschutz und weitere 15 Milliarden für den Zweitimpfschutz. Ein Großteil falle davon ins laufende Haushaltsjahr. Das könne der Bundeshaushalt verkraften. "Ich war lange Finanzminister und kann mit Geld umgehen", sagte Görke t-online. "Die Mittel sind da." Denn insgesamt habe der bewilligte Nachtragshaushalt des Bundes 240 Milliarden Euro betragen – allerdings sei längst nicht so viel Geld ausgegeben worden. Hinzu kämen höhere Steuereinnahmen als erwartet.

"Wir sehen, dass sich die Pandemie in der vierten Welle zuspitzt – alle reden über 2G oder 3G, dabei ist allen klar: Der einzige Ausweg ist das Impfen", sagte Görke. Ziel des Vorstoßes sei deswegen eine Erhöhung der Impfquote in Deutschland auf 85 bis 90 Prozent, wie es das Robert Koch-Institut (RKI) anstrebt. "Die Prämie wäre ein Impuls, der Menschen hilft, aber auch der Wirtschaft." In seiner Position sieht er sich durch Experten gestärkt.

"Kleines Konjunkturprogramm"

Das Münchner Wirtschaftsforschungsinstitut Ifo hatte den volkswirtschaftlichen Wert jeder Impfdosis auf rund 1.500 Euro beziffert, da durch Impfungen beispielsweise Lockdowns verhindert werden könnten, die hohe wirtschaftliche Schäden verursachen. Bereits im Sommer hatte sich die Verhaltensökonomin Nora Szech vom Karlsruher Institute of Technology (KIT) für eine 500-Euro-Prämie ausgesprochen, um die Zielquote zu erreichen.

Auch über den Nutzen einer hohen Impfquote hinaus erwartet Görke positive Effekte. "Die Impfprämie stärkt Geldbeutel und Wirtschaft", sagte der Finanzpolitiker t-online. Es handele sich um "eine Art kleines Konjunkturprogramm", das zunächst bildungsferne Schichten mit niedrigem Einkommen erreiche, in denen die Impfquote besonders niedrig sei. Das Geld komme in der Folge durch ansteigenden Konsum aber wiederum der Wirtschaft zugute, gerade im Hinblick auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft.

Noch am Mittwoch will Görke den Plan in der Fraktionssitzung der Linken im Bundestag vorstellen. Von dort habe er bereits positive Signale erhalten. "Es wäre ein Beitrag zum Zusammenhalt in dieser Gesellschaft", sagte Görke. "500 Euro sind angemessen, sie sind verfügbar und sie sind nötig."

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Booster-Aussage: Wagenknecht legt sich erneut mit Lauterbach auf Twitter an

 

Wieder Ärger um die Linken-Politikerin bei Twitter: Sahra Wagenknecht hat den künftigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für seine Aussagen zu Booster-Impfungen attackiert. Die Linken-Politikerin teilte bei Twitter ein Video, das Ausschnitte vom SPD-Gesundheitspolitiker mit unterschiedlichen Aussagen zur Auffrischungsimpfung für alle zeigt.

Während sich viele bei Twitter über die Ernennung von Lauterbach zum Gesundheitsminister freuten, schrieb Wagenknecht sarkastisch: „Unser neuer Gesundheitsminister wird uns mit seinen klaren Ansagen zweifellos bestens durch die Corona-Pandemie bringen“ – eine Attacke gegen den Dauergast in TV-Talkshows.

Der Tweet von Wagenknecht erhielt tausende Likes und wurde hundertfach verbreitet. Allerdings gab es in den Kommentaren auch viel Kritik an Wagenknechts Post. So schrieb eine Nutzerin etwa, dass es Teil der Wissenschaft sei, seine eigenen Positionen zu überprüfen und wenn nötig auch zu korrigieren.

Sahra Wagenknecht: Linken-Politikerin fällt mehrfach mit Corona-Tweets auf

Den Angriff und das Video ließ der künftige Bundesgesundheitsminister Lauterbach auf Twitter bislang unkommentiert. Er könnte aber auch Besseres zu tun gehabt haben: Am Dienstagmorgen unterzeichneten die Ampel-Parteien den gemeinsamen Koalitionsvertrag. Karl Lauterbach teilte am Dienstagmorgen ein Selfie mit der grünen Doppel-Spitze Annalena Baerbock und Robert Habeck.

Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht ist während der Corona-Pandemie immer wieder mit ihren Tweets aufgefallen und hat häufig auch Kritik auf sich gezogen.

Auch mit Karl Lauterbach geriet sie zuvor in dem sozialen Netzwerk aneinander: Wagenknecht hatte eine Aussage des Virologen Alexander Kekulé dargestellt und von „vorsichtigen Ungeimpften“ gesprochen, was Lauterbach konterte. „Der »vorsichtige Ungeimpfte« existiert nicht“, so Lauterbach, „Wer sich nicht impfen lässt, ist grundsätzlich nicht vorsichtig. Er riskiert das Leben anderer Menschen“, machte der SPD-Gesundheitspolitiker deutlich.

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Thüringen: Bildungsminister Helmut Holter bittet um Entlassung seiner Staatssekretärin Julia Heesen

»10 Gründe für einen stabilen Schulbetrieb« kosten Thüringens Staatssekretärin Heesen den Job. Sie hatte dazu auf dem Kanal des Bildungsministeriums getwittert – und laut Minister zu sehr polarisiert.

Thüringens Bildungsstaatssekretärin Julia Heesen verliert nach einer Tweet-Serie vom Wochenende ihren Job. Bildungsminister Helmut Holter (Linke) teilte am Mittwoch mit, er habe entschieden, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zu bitten, die Staatssekretärin zu entlassen.

Holter warf Heesen in dem Statement vor, sie habe nicht mit der von ihm erwarteten »erforderlichen inhaltlichen Klarheit« und »notwendigen Zurückhaltung« kommuniziert, sondern im aktuellen Infektionsgeschehen »zur weiteren Polarisierung beigetragen«.

Was klingen könnte wie eine Kritik an einer Coronaleugnerin, hat damit nicht das Geringste zu tun. Heesen hatte im Namen des Ministeriums zehn Gründe aufgeführt, warum »wir die Schulen mit hoher Priorität offenhalten und die Ferien nicht verschieben«. Hintergrund ist eine nicht nur in Thüringen geführte Debatte darüber, ob die Schulen angesichts der hohen Coronafallzahlen früher in die Weihnachtsferien gehen sollten oder gar weitere Maßnahmen erforderlich sind.

Als Gründe führte sie in den Tweets etwa auf, dass Kinder Schule in Präsenz bräuchten, Schulschließungen nur einen geringen Effekt hätten und die Erwachsenen in die Verantwortung genommen werden müssten.

Die Tweet-Serie hatte auf Twitter für Unmut gesorgt, besonders in die Kritik gerieten allerdings einzelne Antworten Heesens auf die Anmerkungen der Nutzer. So hatte sie auf dem Ministeriumsaccount geschrieben, ob Kinder Long Covid entwickeln, sei nicht geklärt. Das Ministerium hatte den Tweet am nächsten Tag gelöscht, sich dafür entschuldigt und klargestellt, dass der Tweet nicht korrekte Aussagen enthalten habe.

In einem anderen Tweet wurde aufgelistet, warum Fernunterricht Kinder und Jugendliche belaste, und als ein Grund angeführt, »weil sie zu Hause Gewalt ausgesetzt sind«. Unter anderem die Schüler Union kritisierte, dadurch würden Eltern »beleidigt« und »bevormundet«.

Die Pressestelle des Bildungsministeriums schickte auch diesem Tweet der Staatssekretärin am Folgetag noch mal einen Tweet hinterher, um den Schaden einzugrenzen.

Die Opposition im Landtag warf der Landesregierung hingegen Versagen in der Corona-Schulpolitik vor, die Entlassung Heesens sei am Ende »nicht mehr als ein Bauernopfer«, teilte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Christian Tischner, mit.

Die Pressestelle des Bildungsministeriums wies das auf SPIEGEL-Nachfrage zurück. Heesen habe als Coronakrisenmanagerin gut gearbeitet. Es gehe darum, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Minister und Staatssekretärin nicht mehr vollumfänglich gewährleistet sei.

In der Corona-Schulpolitik korrigierte das Ministerium am Mittwochnachmittag indes eine Entscheidung von voriger Woche – und teilte diesen Entschluss ebenfalls via Twitter mit: Wegen der angespannten Infektionslage können die Eltern – wie auch schon in Baden-Württemberg und Niedersachsen – nun selbst entscheiden, ob ihre Kinder die letzten drei Tage vor den Weihnachtsferien noch zur Schule gehen sollen.

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Thüringen: Bildungsminister Helmut Holter bittet um Entlassung seiner Staatssekretärin Julia Heesen

»10 Gründe für einen stabilen Schulbetrieb« kosten Thüringens Staatssekretärin Heesen den Job. Sie hatte dazu auf dem Kanal des Bildungsministeriums getwittert – und laut Minister zu sehr polarisiert.

Thüringens Bildungsstaatssekretärin Julia Heesen verliert nach einer Tweet-Serie vom Wochenende ihren Job. Bildungsminister Helmut Holter (Linke) teilte am Mittwoch mit, er habe entschieden, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zu bitten, die Staatssekretärin zu entlassen.

Holter warf Heesen in dem Statement vor, sie habe nicht mit der von ihm erwarteten »erforderlichen inhaltlichen Klarheit« und »notwendigen Zurückhaltung« kommuniziert, sondern im aktuellen Infektionsgeschehen »zur weiteren Polarisierung beigetragen«.

Was klingen könnte wie eine Kritik an einer Coronaleugnerin, hat damit nicht das Geringste zu tun. Heesen hatte im Namen des Ministeriums zehn Gründe aufgeführt, warum »wir die Schulen mit hoher Priorität offenhalten und die Ferien nicht verschieben«. Hintergrund ist eine nicht nur in Thüringen geführte Debatte darüber, ob die Schulen angesichts der hohen Coronafallzahlen früher in die Weihnachtsferien gehen sollten oder gar weitere Maßnahmen erforderlich sind.

Als Gründe führte sie in den Tweets etwa auf, dass Kinder Schule in Präsenz bräuchten, Schulschließungen nur einen geringen Effekt hätten und die Erwachsenen in die Verantwortung genommen werden müssten.

Die Tweet-Serie hatte auf Twitter für Unmut gesorgt, besonders in die Kritik gerieten allerdings einzelne Antworten Heesens auf die Anmerkungen der Nutzer. So hatte sie auf dem Ministeriumsaccount geschrieben, ob Kinder Long Covid entwickeln, sei nicht geklärt. Das Ministerium hatte den Tweet am nächsten Tag gelöscht, sich dafür entschuldigt und klargestellt, dass der Tweet nicht korrekte Aussagen enthalten habe.

In einem anderen Tweet wurde aufgelistet, warum Fernunterricht Kinder und Jugendliche belaste, und als ein Grund angeführt, »weil sie zu Hause Gewalt ausgesetzt sind«. Unter anderem die Schüler Union kritisierte, dadurch würden Eltern »beleidigt« und »bevormundet«.

Die Pressestelle des Bildungsministeriums schickte auch diesem Tweet der Staatssekretärin am Folgetag noch mal einen Tweet hinterher, um den Schaden einzugrenzen.

Die Opposition im Landtag warf der Landesregierung hingegen Versagen in der Corona-Schulpolitik vor, die Entlassung Heesens sei am Ende »nicht mehr als ein Bauernopfer«, teilte der bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Christian Tischner, mit.

Die Pressestelle des Bildungsministeriums wies das auf SPIEGEL-Nachfrage zurück. Heesen habe als Coronakrisenmanagerin gut gearbeitet. Es gehe darum, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Minister und Staatssekretärin nicht mehr vollumfänglich gewährleistet sei.

In der Corona-Schulpolitik korrigierte das Ministerium am Mittwochnachmittag indes eine Entscheidung von voriger Woche – und teilte diesen Entschluss ebenfalls via Twitter mit: Wegen der angespannten Infektionslage können die Eltern – wie auch schon in Baden-Württemberg und Niedersachsen – nun selbst entscheiden, ob ihre Kinder die letzten drei Tage vor den Weihnachtsferien noch zur Schule gehen sollen.

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Dietmar Bartsch: "Zu sagen, jetzt lassen wir mal den Preis wirken, ist eine Sauerei"

Der Fraktionschef der Linkspartei sieht durch die Inflation den sozialen Frieden bedroht, die Ampel reagiere unzureichend. Nord Stream 2 will er dennoch nicht öffnen.

Der Chef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, hält die bisherigen Entlastungspakete der Bundesregierung für unzureichend.

Der Chef der Linken im Bundestag, Dietmar Bartsch, hält die bisherigen Entlastungspakete der Bundesregierung für unzureichend.© Janine Schmitz/​Photothek/​Getty Images

Ein Café in einer angenehmen Wohngegend, mitten in Berlin. Es ist viel los um die Mittagszeit. Es gäbe sicher ruhigere Orte, um mit Dietmar Bartsch (64), dem Chef der Linken im Bundestag, über Inflation, Armut und Proteste zu sprechen. Aber Bartsch ist noch nicht wieder so mobil: Bei einem Radunfall hat er sich sechs Rippen gebrochen, die nur langsam heilen. 

ZEIT ONLINE: Herr Bartsch, die Linke ruft zu Protesten auf und spricht von einem heißen Herbst. Wollen Sie die Unzufriedenheit absichtlich anfachen, um neue Sympathien für Ihre angeschlagene Partei zu gewinnen?

Dietmar Bartsch: Uns geht es um eine sichtbare Kritik an den Entscheidungen der Bundesregierung und um die dramatische Entwicklung im Land und in Europa: Die historisch hohe Inflationsrate, die explodierenden Nahrungsmittel- und Energiepreise sind für viele Menschen eine existenzielle Bedrohung. Da werden wir als Linke gemeinsam mit vielen anderen Flagge zeigen.

 ZEIT ONLINE: Wie groß ist diese Unzufriedenheit wirklich? Bei der Demonstration vor der FDP-Zentrale in der vergangenen Woche, zu der linke Gruppen aufgerufen hatten, waren gerade mal 150 Leute.

»Man bedient damit zudem ein Narrativ, das insbesondere im Kreml aufgebaut wird, nämlich, dass man einfach nur den Hahn öffnen muss und dann strömt das Gas.«

Dietmar Bartsch

Bartsch: Dass viele Menschen unzufrieden mit der Politik der Bundesregierung sind, zeigen alle Umfragen. Ich möchte nicht, dass diese Unzufriedenheit in antidemokratische Bewegungen fließt, sondern ich möchte einen demokratisch wirkungsvollen Protest, der auf sozialen Ausgleich zielt.

ZEIT ONLINE: Der Begriff "heißer Herbst", mit dem Sie jetzt mobilisieren, wird auch von Verschwörungstheoretikern und Rechtsextremen benutzt. Stört Sie das nicht?

Bartsch: Es gibt niemanden in der Linkspartei, der mit denen gemeinsam protestieren will. Als es in den 2000er-Jahren die Hartz-IV-Proteste gab, war die damals vergleichsweise bedeutende NPD verbal weit vorne mit dabei. Das war für uns aber doch kein Hindernis, unseren eigenständigen Protest zu artikulieren und uns klar abzugrenzen.

ZEIT ONLINE: Aber wie können Sie verhindern dass sich Rechtsextreme Ihren Protesten anschließen und diese sogar wie zuletzt in Neuruppin bei einem Auftritt von Bundeskanzler Olaf Scholz dominieren?

Bartsch: Es wird keinerlei gemeinsame Aufrufe geben, das war auch in Neuruppin nicht der Fall. Es wird auch keine Redner von rechts auf unseren Demos geben. Und wenn dort Leute aus dem rechten Milieu hinkommen, muss klar sein: Rechte Symbole, Plakate und Ähnliches haben dort nichts zu suchen, sie haben dort nichts zu suchen. Das muss und wird vor Ort durchgesetzt werden.

ZEIT ONLINE: Auch inhaltlich gibt es durchaus Gemeinsamkeiten. Die AfD fordert, die Sanktionen gegen Russland einzustellen und Nord Stream 2 zu öffnen. Auch ihre Co-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali schließt das nicht aus, andere in der Linken wie Klaus Ernst und Sahra Wagenknecht fordern es offen. Wie sehen Sie das?

Bartsch: Wir haben seit einem halben Jahr diesen furchtbaren Krieg in der Ukraine, wo es jeden Tag neue Horrormeldungen gibt, jetzt etwa die Gefährdung des größten Kernkraftwerks in Europa. Da kann niemand einfach sagen, jetzt machen wir mal Nord Stream 2 auf. Das wäre politisch unverantwortbar. Man bedient damit zudem ein Narrativ, das insbesondere im Kreml aufgebaut wird, nämlich, dass man einfach nur den Hahn öffnen muss und dann strömt das Gas. Das ist aber Quatsch. Es ist Krieg. Der russische Präsident Wladimir Putin würde doch jetzt das Gas nicht einfach durch Nord Stream 2 fließen lassen, da würde hammerhart verhandelt. Deshalb ist das eine Debatte zur Unzeit.

ZEIT ONLINE: Ist die Linke also wieder mal uneins?

Bartsch: Das ist eine Diskussion, die wir nicht nur in der Linken führen, sondern in der Gesellschaft, auch in allen Parteien. Zu fordern, Nord Stream 2 zu öffnen, ist nicht die Position der Partei Die Linke. Das ist eine Minderheitenposition, die ich nicht teile, die aber gleichwohl legitim ist. Deshalb rate ich zu etwas mehr Gelassenheit. Wir müssen den Fokus auf die eigentliche Auseinandersetzung legen: Nämlich, dass wir in unserem Land und im Bundestag die soziale Opposition sind, das ist unsere demokratische Verantwortung. Die Menschen müssen ihre Rechnungen bezahlen können.

Bartsch: Nein, Amira Mohamed Ali ist nicht für die Öffnung von Nord Stream 2. Es geht doch nicht zuvorderst um die Ziffer von Leitungen, sondern um Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit. Beides muss die Bundesregierung sicherstellen und schafft es derzeit nicht. Das kritisiert Amira gut und energisch, wie ich.

ZEIT ONLINE: Frau Mohamed Ali hat mit Blick auf eine Öffnung von Nord Stream 2 gesagt: Bevor es zu Gasausfällen käme, "muss man darüber nachdenken. Es darf kein Tabu sein, man muss dann darüber reden". Das ist doch ein Widerspruch zu dem, was Sie sagen?

ZEIT ONLINE: Nein, das ist kein Widerspruch, sondern Amira hat eine Frage der Zukunft beschrieben. Sie hat gesagt, dass man darüber reden muss, nicht etwa, dass sie dafür wäre, schon gar nicht aktuell.

ZEIT ONLINE: Streit gab es in der Linken zuletzt auch darüber, dass ein Abgeordneter der Linken zu Montagsdemonstrationen aufgerufen hat. Schließlich wurde dieser Begriff, der ursprünglich von der Bürgerrechtsbewegung der DDR geprägt wurde, zuletzt von Pegida und Co instrumentalisiert.

Bartsch: Montag ist nicht Pegida-Tag. Die Montagsdemonstrationen der 2000er-Jahre gegen die Hartz-IV-Reformen gehören zur Gründungs-DNA unserer Partei. Eine der größten Montagsdemonstrationen damals fand mit Oskar Lafontaine in Leipzig statt. 20.000 waren dort damals. Ohnehin ist die Verbindung von Montag und Pegida eine sächsische Besonderheit. Bei mir zu Hause in Mecklenburg-Vorpommern würde niemand bei Montagsdemonstrationen an Pegida denken. Man kann am Montag und auch an jedem anderen Tag demonstrieren. Man darf sich das weder von den Rechten noch von Interessenten aus der Mitte nehmen lassen.

ZEIT ONLINE: Die Bundesregierung hat in diesem Jahr bereits 30 Milliarden für Entlastungen ausgegeben, jetzt soll die Mehrwertsteuer auf Gas gesenkt werden, ein weiteres Entlastungspaket ist in der Mache. Ist es da nicht ein bisschen billig, der Ampel vorzuwerfen, sie sei unsozial?

Bartsch: Die Regierung hat allein über die Mehrwertsteuer wegen der Inflation im ersten halben Jahr aber auch 30 Milliarden Euro mehr eingenommen. Wenn man das sieht, handelt es sich bei den bisher beschlossenen Paketen real nur um Päckchen. Darin gab es Richtiges, wie etwa das Energiegeld von 300 Euro, das im September ausgezahlt werden soll. Aber dass Rentnerinnen und Studenten davon ausgeschlossen bleiben sollen, ist ein dramatischer Fehler. Insgesamt stehen die Belastungen und Entlastungen in einem krassen Missverhältnis. Das bedroht den sozialen Frieden.

ZEIT ONLINE: Sie selbst haben jetzt ein Wintergeld vorgeschlagen: 1500 Euro für jeden und dann noch mal 600 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied. Warum will die Linke Gutverdienern 1500 Euro schenken?

»Natürlich will ich erfolgreiche Unternehmen«

Dietmar Bartsch

Bartsch: In der konkreten Ausgestaltung müsste das natürlich an Einkommensgrenzen gebunden werden. Es geht um Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen, sodass sie über den Winter kommen. Spitzenverdiener kommen selbstverständlich ohne klar.

ZEIT ONLINE: Wie würden Sie denn Ihr Wintergeld finanzieren? Einfach durch weitere Schulden?

Bartsch: In Deutschland besitzen die zwei reichsten Familien derzeit so viel Vermögen wie die Hälfte der gesamten Bevölkerung. Wahnsinn! Bei denen, die Profiteure der Krise sind, muss etwas abgeholt werden. Wenn Christian Lindner sagt, das ist alles hart erarbeitet, sage ich: Ja, aber nicht nur von den Chefs, sondern vor allem von den Mitarbeitern. Niemand redet derzeit über Enteignungen. Wobei ich mir zum Beispiel im Energiesektor manches vorstellen könnte, was man anders machen sollte. Aber das steht nicht an, dafür ist die Linke nicht stark genug. Aber eine Übergewinnsteuer für die Profiteure der Krise wäre wichtig, ist machbar und hätte eine tiefe Symbolkraft.

ZEIT ONLINE: Mit einer Übergewinnsteuer würden Sie nicht nur Krisenprofiteure treffen, sondern auch Unternehmen, die einfach erfolgreich gewachsen sind. Schließlich würden grundsätzlich alle höher besteuert, die deutlich mehr Gewinn gemacht haben als im Vorjahr. Ist das fair?

Bartsch: Natürlich will ich erfolgreiche Unternehmen. Ich will aber auch, dass die Gesellschaft etwas davon hat. Das ist die Aufgabe des Steuerrechts. Warum gibt es eine Übergewinnsteuer im Mutterland des Liberalismus, in Großbritannien? Warum gibt es sie in Griechenland und Italien? Nehmen sie mal BioNTech. Das sind brillante Unternehmer, brillante Wissenschaftler, überhaupt keine Frage.

ZEIT ONLINE: Und die wollen sie nun bestrafen?

Bartsch: Ich habe nicht einmal etwas dagegen, dass die blitzschnell Milliardäre geworden sind. Aber ist es denn schlimm, dann für das Gemeinwohl einen bescheidenen Anteil zurückzugeben? Es muss auch nicht die Übergewinnsteuer sein. Die Linke hat vor der Bundestagswahl eine einmalige Vermögensabgabe gefordert. Wir haben die mit dem Deutschen Institut für Wirtschaft (DIW) durchrechnen lassen, und die haben gesagt: Ja, das ist machbar, das würde Milliardenbeträge in die öffentlichen Haushalte bringen und kein Unternehmen kaputt machen.

"Einfach zu sagen, jetzt lassen wir mal den Preis wirken, ist eine Sauerei"

ZEIT ONLINE: Erst Corona, jetzt der Krieg: Findet man da nicht alle drei, vier Jahre einen Grund für eine einmalige Vermögensabgabe?

Bartsch: Ja, manche haben Angst: Wenn die Linke in Regierungsverantwortung ist, gibt es jeden Monat eine einmalige Vermögensabgabe. Das ist Blödsinn. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es diese genau einmal. Auch in den Wahlprogrammen von SPD und Grünen standen übrigens höhere Belastungen für Vermögende. Doch für die Ampel scheint es außerhalb der Vorstellung zu sein, Menschen, denen es sehr, sehr gut geht, stärker zu belasten. Das finde ich falsch. Dann will Christian Lindner noch um jeden Preis die Schuldenbremse einhalten. Das ist eine der größten Lügen, die ich aktuell höre. Spätestens in der Haushaltsdurchführung des nächsten Jahres wird das niemals gelingen, da würde ich so ziemlich alles für wetten.

ZEIT ONLINE: Die Bundesregierung hat nun eine Gaspreisumlage beschlossen, damit Energieversorger nicht zusammenbrechen und im Winter überhaupt noch geheizt werden kann. War das nicht unumgänglich?

Bartsch: Eine Umlage, die Unternehmen, die nicht in Existenznot sind, Geld in die Kassen spült, ist ein Skandal, den die Ampel korrigieren sollte. Die ist nicht unumgänglich, sondern unmöglich. Überhaupt ist die Debatte über die Gaspreisumlage eine der größten Volksverarschungen, die ich kenne. Jetzt reden alle über die Umlage, die macht aber nur einen Teil des massiv gestiegenen Preises aus. Die haben sich verdreifacht, vervierfacht! Dass nun die Mehrwertsteuer gesenkt wird, ist richtig, das reicht aber lange nicht aus. Besser wäre ein kostengünstiges Grundkontingent für die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie ein Gaspreisdeckel, der käme nicht nur den privaten Verbrauchern, sondern auch notleidenden Betrieben zugute.

ZEIT ONLINE: Wenn man – wie die Linke fordert – steigende Energiekosten weitgehend ausgleicht, entsteht allerdings auch kein Anreiz zu sparen und von den fossilen Brennstoffen wegzukommen. Wie passt das zu Ihren ambitionierten klimapolitischen Vorstellungen?

Bartsch: Als ob die Menschen alle Verschwender wären. Wo sollen denn Familien oder Minirentner noch einsparen? Zumal ein Gaspreisdeckel für den durchschnittlichen Verbrauch und nicht den beheizten Pool gelten soll. Wer den hat, muss und kann mehr zahlen. Aber einfach zu sagen, jetzt lassen wir mal den Preis wirken, ist eine Sauerei.

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Parteiaustritte: Wie die Linke nun zerbröselt

Die jüngste Rede von Sahra Wagenknecht im Bundestag hat viele Mitglieder empört, die Austritte häufen sich. Wichtige Leute in der Partei halten eine Spaltung nur noch für eine Frage der Zeit.

Sahra Wagenknecht am 8. September im Bundestag.

Sahra Wagenknecht am 8. September im Bundestag.© Jean MW/IMAGO/Future Image

Wie die Linke nun zerbröselt

Als Ulrich Schneider im Jahr 2016 der Linken beitrat, verkündete er, die Partei stehe "ohne jeden Zweifel" für eine Politik des gerechten Ausgleichs. Als Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes handelte er sich dafür den Vorwurf ein, er habe die gebotene Neutralität verletzt. Zumindest das dürfte sich nun erübrigt haben. Der Soziallobbyist Schneider lobbyiert nämlich jetzt allenfalls noch für jene Linke, die zunehmend am eigenen Laden verzweifeln. Am Montagabend verkündete er seinen Parteiaustritt.

Dass die Linksfraktion am vergangenen Donnerstag im Bundestag Sahra Wagenknecht ans Podium gelassen habe, und was diese dann "vom Stapel ließ", sei zu viel gewesen, schrieb Schneider auf Twitter. Garniert mit der Bemerkung: "Man hätte es wissen müssen."

Dass die ehemalige Fraktionsvorsitzende Wagenknecht seit geraumer Zeit in der Linken eine Art innerparteiliche Oppositionsbewegung anführt, das weiß nun wirklich fast jeder. Dass sie in Fragen der Wirtschaftssanktionen gegen Russland im Speziellen und des Umgangs mit Wladimir Putin im Allgemeinen eine Position vertritt, die der Beschlusslage ihrer Partei diametral widerspricht, dürften auch die meisten mitbekommen haben. Warum in der Haushaltswoche des Bundestags die einzige Rednerin der Linken zur Wirtschafts- und Energiepolitik dann ausgerechnet Sahra Wagenknecht hieß? Das ist ein Rätsel, welches die Partei vermutlich noch länger beschäftigen wird. Zumindest hat es die akuten Zerbröselungserscheinungen ausgelöst.

Viele Reaktionen aus der Partei zu Schneiders Austritt haben nun einen ähnlichen Tenor: sehr schade, aber verständlich. Die Bundestagsabgeordnete Caren Lay teilte in diesem Zusammenhang mit: "Die Entscheidung, Wagenknecht reden zu lassen, war die fatalste von vielen falschen Entscheidungen, es macht mich fertig."

"Wie ein feudaler Hofschranzen-Staat"

Der ehemalige Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler ist der Meinung, die Linksfraktion habe sich verhalten "wie ein arroganter feudaler Hofschranzen-Staat". Der langjährige nordrhein-westfälische Landesvorsitzende Knud Vöcking begründete seinen Parteiaustritt unmittelbar nach dem Wagenknecht-Auftritt mit den Worten: "Meine Geduld ist zu Ende." Auch der frühere Bundestagsabgeordnete Fabio de Masi trat am Dienstag aus der Partei aus, allerdings ohne das explizit auf die Causa Wagenknecht zu beziehen. Seine Entscheidung sei kein Teil einer Flügelauseinandersetzung, schrieb de Masi.

In ihrer gewissermaßen jetzt schon legendären Rede hatte Wagenknecht die Ampel-Koalition als "die dümmste Regierung in Europa" bezeichnet und dann gesagt: "Das größte Problem ist Ihre grandiose Idee, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen." Gemeint war zweifellos ein von deutschen Zäunen gebrochener Wirtschaftskrieg gegen Russland.

Zumindest Teile der anwesenden Linken-Abgeordneten, die bis dahin artig geklatscht hatten, stellten ab dieser Stelle den Applaus demonstrativ ein. Katharina Dröge, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, sprach in ihrem Zwischenruf aus, was offenbar auch unter Linken viele dachten: "Putin freut sich über Ihre Rede, Frau Wagenknecht!"

Der Umgang mit Wagenknecht beschäftigt die Linke seit Jahren auf fast schon pathologische Weise. Für viele Genossinnen und Genossen scheint nun aber endgültig die Schmerzgrenze erreicht zu sein. Wobei sich die parteiinterne Kritik nicht nur gegen die Rednerin selbst richtet, sondern zunehmend auch gegen die Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch. Die hatten Wagenknecht schließlich ans Mikrofon gelassen.

Einen offenen Brief, in dem der Rücktritt von Bartsch und Mohamed Ali gefordert wird, hat unter anderem die Bundestagsabgeordnete Martina Renner unterzeichnet. Und Ulrich Schneider soll seinen Parteiaustritt in einer internen SMS auch explizit mit dem Verhalten des Fraktionsvorsitzenden verbunden haben.

"Kein Redeverbot für Wagenknecht"

Dietmar Bartsch sagte auf SZ-Anfrage: "Unsere Aufgabe ist es, uns mit der Politik der Ampel auseinanderzusetzen. Es ist in der Fraktion bisher kein Redeverbot für Sahra Wagenknecht beschlossen worden."

Es kursieren nun aber allerlei Gerüchte zu der Frage, wie es Wagenknecht an so prominenter Stelle auf die Redeliste geschafft hat, obwohl sie weder für die Haushaltspolitik noch für Energiethemen zuständig ist. Eine dieser Theorien besagt, nur so sei eine Wagenknecht-Rede auf der jüngsten Montagsdemo in Leipzig zu verhindern gewesen, die vermutlich noch mehr Schaden angerichtet hätte.

Maßgebliche Linke halten inzwischen eine Spaltung der Partei für unvermeidlich. Die Frage sei nur noch, wann Wagenknecht austreten werde und mit wie vielen. Falls es mehr als drei Abgeordnete wären, würde die Linke ihren Fraktionsstatus im Bundestag verlieren. Auch das wäre übrigens ein Druckmittel, um es auf nahezu jede Redeliste zu schaffen.

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