Forum

Forum-Breadcrumbs - Du bist hier:ForumPolitik: News WeltweitRußland

Rußland

Zitat

Putin verliert mit Ungarn letzten Verbündeten in Europa

Putin verliert mit Ungarn letzten Verbündeten in Europa

Ungarn schwenkt um und will für Nato-Beitritt Schwedens stimmen. Damit würde sich die Regierung Orbáns nach langer Zeit erstmals gegen Russland stellen.

Stockholm/Budapest - Seit langem steht der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán an der Seite des russischen Staatschefs Wladimir Putin. Selbst nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine blieb er sein treuer Verbündeter. So wehrte sich die Regierung Orbáns gegen EU-Sanktionen, mit denen Russland für seinen Angriffskrieg belegt werden sollte. Auch für Putins Freund, den russischen Oligarchen Alischer Usmanow setzte sich Orbán ein.

Militärische Unterstützung der Nato für Kiew versuchte Budapest ebenso zu verhindern, wie den Beitritt von Schweden und Finnland zu dem transatlantischen Militärbündnis. Am Dienstag (7. März) gab es ein Umschwenken der ungarischen Regierung. Nach Angaben des US-amerikanischen Nachrichtenmagazins Newsweek erklärte der stellvertretende Sprecher des ungarischen Parlaments, Csaba Hende, dass Ungarn voraussichtlich für den Beitritt Schwedens zur Nato stimmen werde. Dies könnte beim Nato-Gipfel am 11. Juli im litauischen Vilnius passieren.

Ungarn unterstützt „eindeutig“ einen schwedischen Nato-Beitritt

„Wir haben deutlich gemacht, dass die ungarische Regierung, der ungarische Präsident, der Premierminister und die meisten ungarischen Parlamentarier eindeutig die schwedische Nato-Mitgliedschaft unterstützen“, sagte Hende der schwedischen Nachrichtenagentur TT am Rande eines Treffens mit Mitgliedern der schwedischen Regierung in Stockholm. Der Parlamentssprecher ist Mitglied der Fidesz-Partei von Premier Viktor Orbán. Bis zuletzt war die national-konservative Regierungspartei uneins über einen Beitritt Schwedens zur Nato gewesen und hatte die Entscheidung monatelang hinausgezögert.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg reagierte positiv auf die Aussagen der ungarischen Delegation in Schweden. „Sie senden eine positive Botschaft und empfehlen die Ratifizierung. Natürlich haben wir noch einen weiten Weg vor uns, aber wir machen Fortschritte“, sagte Stoltenberg der Nachrichtenagentur Associated Press.

Putin verliert mit Ungarn letzten Verbündeten in Europa

Putin verliert mit Ungarn letzten Verbündeten in Europa© Bereitgestellt von Merkur

Foto © dpa

Ungarns Premier Orbán blockierte Nato-Hilfen für die Ukraine nicht

Für Russlands Präsidenten Putins wäre die Aufnahme Schwedens in das Militärbündnis wohl ein schwerer Schlag. Putin hatte seinen Einmarsch in der Ukraine im Februar 2022 unter anderem damit begründet, dass er eine Erweiterung der Nato verhindern wollte. Den Kurs Putins hatte auch Orbán lange mitgetragen und den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj einige Wochen nach dem Einmarsch russischer Truppen als „Gegner“ bezeichnet.

Doch die öffentlichen Äußerungen Orbáns stimmten des Öfteren nicht mit seinem faktischen Handeln überein. Das sagt der US-amerikanische Politikwissenschaftler William Reno. „Orbán droht damit, die EU- und Nato-Hilfe für die Ukraine zu blockieren, lässt seine Veto-Drohungen aber meist in letzter Minute fallen“, sagte er nach Angaben von Newsweek.

Reaktion Putins auf einen Nato-Beitritt von Schweden ungewiss

Unklar bleibt derweil, wie Russlands Präsident Putin auf einen Beitritt Schwedens, und möglicherweise auch Finnlands, in die Nato reagieren würde. John Spencer, ein ehemaliger Major der US-Streitkräfte sagte in einem Interview mit Newsweek, er glaube Putins Aussagen über eine Nato-Erweiterung nicht. Spencer sagte: „Ich halte das für ein falsches Narrativ.“ Wenn die Erweiterung wirklich ein Grund für die Invasion in der Ukraine gewesen sei, dann hätte Putin mit dem Beitritt Finnlands und Schwedens zur Allianz „grob verloren“, so Spencer. Er erinnerte daran, dass Finnland eine lange Grenze mit Russland habe, mit insgesamt mehr als 1300 Kilometern.

Die Reise der ungarischen Abordnung, die sich mit der Nato-Erweiterung beschäftigt, geht derweil weiter. Der ungarische Parlamentssprecher Csaba Hende sagte, dass seine Delegation aus Budapest voraussichtlich auch bald nach Helsinki reisen werde, um über den Beitritt Finnlands in die Nato zu sprechen. Eine Abstimmung über eine Erweiterung der Nato soll es im ungarischen Parlament laut Hende voraussichtlich Ende März geben.

Genauso wie Ungarn blockiert bisher die Türkei die Aufnahme Schwedens in die Nato. Ankara wirft Stockholm vor, kurdischen Aktivisten in Schweden einen Zufluchtsort zu bieten. Am 9. März will die Türkei in Brüssel wieder Gespräche mit Schweden und Finnland zum Beitritt in die Nato führen.

Zitat

Ukraine-Krieg: Dramatische russische Verluste – Moskau und St. Petersburg weitgehend verschont

Russland erleidet laut dem britischen Verteidigungsministerium in seinem Krieg gegen die Ukraine hohe Verluste. Dabei sollen die Städte Moskau und St. Petersburg im Verhältnis zu ihrer Bevölkerungsgröße jedoch relativ unversehrt geblieben sein.

Ukraine-Krieg: Dramatische russische Verluste – Moskau und St. Petersburg weitgehend verschont

Ukraine-Krieg: Dramatische russische Verluste – Moskau und St. Petersburg weitgehend verschont© Bereitgestellt von Z-LiVE NEWS

Wie die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform unter Berufung auf das britische Verteidigungsministerium berichtet, seien die Todesfälle in vielen Regionen im Osten Russlands bezogen auf ihre Größe 30 Mal höher als in Moskau. In einigen Gebieten sind ethnische Minderheiten am stärksten betroffen; in Astrachan stammen etwa 75% der Opfer aus den Minderheiten der Kasachen und Tataren“, heißt es im Ukrinform-Bericht.

Laut dem Verteidigungsministerium in London ist die russische Regierung weiterhin bestrebt, besser gestellte und einflussreichere Mitglieder der Gesellschaft zu schützen, während sie versucht, ihren anhaltenden Mangel an Kampfpersonal zu beheben.

Laut einem Bericht der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform hat die ukrainische Armee in den vergangenen 24 Stunden 1090 russische Invasoren getötet. Die Agentur beruft sich dabei auf die Angaben des ukrainischen, Generalstabs. Seit Beginn der Invasion am 24. Februar 2022 sind laut Ukrinform 159.090 russische Soldaten getötet worden.

Russische Angriffe am Samstag

Die Verteidigungskräfte der Ukraine wehrten gestern 92 Angriffe der Russen in fünf Richtungen ab. Wie Ukrinform berichtet, wurde am Samstag die Stadt Saporischschja zwölf Mal aus der Luft und fünf Mal mit Raketen angegriffen. Dabei wurde ein ziviles Infrastrukturobjekt von Raketen getroffen und zerstört. Unter der Zivilbevölkerung gab es Angaben zufolge keine Opfer oder Verletzten. Der Gegner setzte außerdem 56 Mal Mehrfachraketenwerfer ein. In der Stadt Cherson wurde ebenfalls ein Infrastrukturobjekt getroffen, wobei zwei Menschen ums Leben kamen und drei weitere verletzt wurden, wie der Generalstab berichtet.

Zitat

Moldawien zerschlägt mutmaßlich pro-moskauische Destabilisierungsgruppe inmitten von Protesten

Die moldawische Polizei gab am Sonntag bekannt, dass mindestens 25 Personen befragt und mindestens sieben von ihnen festgenommen wurden, weil sie einer mutmaßlichen Gruppe von "Destabilisatoren" angehören, die von der russischen Regierung bezahlt werden und das Ziel haben, bei den von dem pro-russischen Oligarchen Ilhan Shor organisierten Demonstrationen gegen die Regierung des Landes zu Gewalt aufzurufen.

Archivo - Bandera de Moldavia - SADAK SOUICI / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO

Archivo - Bandera de Moldavia - SADAK SOUICI / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO© Bereitgestellt von News 360

Diese Proteste erlebten am Sonntag eine neue Episode, als sich erneut Hunderte von Menschen in der Hauptstadt Chisinau versammelten, während die Sicherheitskräfte mindestens vier Bombenwarnungen bestätigten, die derzeit untersucht werden und die sie als Teil der oben erwähnten Destabilisierungsakte betrachten.

Eine dieser Warnungen wurde um die Mittagszeit am internationalen Flughafen von Chisinau ausgesprochen, wie das moldauische Portal Publika berichtet.

Das Flughafenpersonal und die Reisenden wurden aus dem Gebäude evakuiert, und die Passagierabfertigung wurde vorübergehend ausgesetzt, während die Spezialdienste des Innenministeriums den Tatort untersuchten.

Die Grenzpolizei bestätigte den Eingang einer Bombenwarnung um 12.50 Uhr, woraufhin die Sicherheitskräfte mobilisiert wurden. Alle vier Bombendrohungen vom Sonntag erwiesen sich schließlich als falsch und wurden von derselben Person unter dem Pseudonym Marin Sandu verfasst.

Nach Angaben des Direktors der Generalpolizeiinspektion, Viorel Cernautean, beabsichtigte die Gruppe, sich im ganzen Land auszubreiten, indem sie zehn weitere Zellen auf Kosten von Shors Partei, der Sozialpolitischen Republikanischen Gleichheitsbewegung, gründete.

Jeder der Verhafteten soll für die Durchführung dieser Mission eine Zahlung von fast 10.000 Euro erhalten haben, sagte Cernautean auf einer Pressekonferenz, über die das moldauische Nachrichtenportal Jurnal berichtete. Bei der Organisation dieser Gruppen sollen die Rädelsführer Kontakt zu einem russischen Staatsbürger aufgenommen haben, der mit einem falschen Pass in die Republik Moldau eingereist war.

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen vom Sonntag, die von dem inzwischen flüchtigen Shor organisiert wurden, bestätigte die moldauische Polizei die Verhaftung von mindestens 54 Teilnehmern, darunter 21 Minderjährige, weil sie während der Proteste "verbotene Gegenstände" mit sich führten. Unter den Festgenommenen befindet sich auch einer der Organisatoren der Kundgebung, Valeriu Klimenko.

Zitat

Moldawien zerschlägt mutmaßlich pro-moskauische Destabilisierungsgruppe inmitten von Protesten

Die moldawische Polizei gab am Sonntag bekannt, dass mindestens 25 Personen befragt und mindestens sieben von ihnen festgenommen wurden, weil sie einer mutmaßlichen Gruppe von "Destabilisatoren" angehören, die von der russischen Regierung bezahlt werden und das Ziel haben, bei den von dem pro-russischen Oligarchen Ilhan Shor organisierten Demonstrationen gegen die Regierung des Landes zu Gewalt aufzurufen.

Archivo - Bandera de Moldavia - SADAK SOUICI / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO

Archivo - Bandera de Moldavia - SADAK SOUICI / ZUMA PRESS / CONTACTOPHOTO© Bereitgestellt von News 360

Diese Proteste erlebten am Sonntag eine neue Episode, als sich erneut Hunderte von Menschen in der Hauptstadt Chisinau versammelten, während die Sicherheitskräfte mindestens vier Bombenwarnungen bestätigten, die derzeit untersucht werden und die sie als Teil der oben erwähnten Destabilisierungsakte betrachten.

Eine dieser Warnungen wurde um die Mittagszeit am internationalen Flughafen von Chisinau ausgesprochen, wie das moldauische Portal Publika berichtet.

Das Flughafenpersonal und die Reisenden wurden aus dem Gebäude evakuiert, und die Passagierabfertigung wurde vorübergehend ausgesetzt, während die Spezialdienste des Innenministeriums den Tatort untersuchten.

Die Grenzpolizei bestätigte den Eingang einer Bombenwarnung um 12.50 Uhr, woraufhin die Sicherheitskräfte mobilisiert wurden. Alle vier Bombendrohungen vom Sonntag erwiesen sich schließlich als falsch und wurden von derselben Person unter dem Pseudonym Marin Sandu verfasst.

Nach Angaben des Direktors der Generalpolizeiinspektion, Viorel Cernautean, beabsichtigte die Gruppe, sich im ganzen Land auszubreiten, indem sie zehn weitere Zellen auf Kosten von Shors Partei, der Sozialpolitischen Republikanischen Gleichheitsbewegung, gründete.

Jeder der Verhafteten soll für die Durchführung dieser Mission eine Zahlung von fast 10.000 Euro erhalten haben, sagte Cernautean auf einer Pressekonferenz, über die das moldauische Nachrichtenportal Jurnal berichtete. Bei der Organisation dieser Gruppen sollen die Rädelsführer Kontakt zu einem russischen Staatsbürger aufgenommen haben, der mit einem falschen Pass in die Republik Moldau eingereist war.

Im Zusammenhang mit den Demonstrationen vom Sonntag, die von dem inzwischen flüchtigen Shor organisiert wurden, bestätigte die moldauische Polizei die Verhaftung von mindestens 54 Teilnehmern, darunter 21 Minderjährige, weil sie während der Proteste "verbotene Gegenstände" mit sich führten. Unter den Festgenommenen befindet sich auch einer der Organisatoren der Kundgebung, Valeriu Klimenko.

Zitat

Wladimir Putin hat „eigenes Todesurteil unterschrieben“ – Widerstand in Russland wächst

Wladimir Putin

Wladimir Putin© Kremlin Pool / Imago Images

Wladimir Putin hat „eigenes Todesurteil unterschrieben“ – Widerstand in Russland wächst

Angesichts des Ukraine-Kriegs regt sich in Russland der Widerstand – insbesondere gegen Putin. Das glaubt zumindest die Ehefrau eines inhaftierten Oppositionellen.

Moskau – Seit dem 11. April sitzt Wladimir Kara-Mursa, russischer Journalist und Oppositioneller, im Gefängnis. Elf Tage später wurde er von Moskau als „ausländischer Agent“ eingestuft. Darüber hinaus wurde ein Strafverfahren aufgrund von „Falschaussagen über die russische Armee“ eröffnet. Der Grund: Mitte März hielt der Politiker eine Rede vor dem Repräsentantenhaus des US-Staates Arizona und verurteilte darin den Ukraine-Krieg.

Schon am Tag ihres Treffens mit Außenminister James Cleverly in London warnte Ehefrau Evgenia Kara-Mursa die britische Regierung, dass ihr Ehemann, ein britischer Staatsbürger, der bereits zweimal vom russischen Spionagedienst FSB vergiftet worden sein soll, möglicherweise um sein eigenes Leben fürchten müsse. Als Aktivist und Regimekritiker arbeitete Wladimir Kara-Mursa 15 Jahre lang an der Seite von Boris Nemzow, einem im Jahr 2015 erschossenen Oppositionsführer.

Ukraine-News: Russischer Oppositioneller wurde offenbar bereits vor dem Ukraine-Krieg vergiftet

„Wenn man diesen Krieg als Krieg bezeichnet und nicht als ‚Spezialoperation‘, wie die Regierung ihn nennen will, kann man im Grunde genommen bis zu 15 Jahre ins Gefängnis kommen“, sagte Evgenia Kara-Mursa der britischen Tageszeitung The Guardian. Ihrem Ehemann drohen nun „bis zu zehn Jahre“.

An der Entscheidung ihres Mannes, als Regimekritiker immer wieder nach Russland zurückzukehren, hatte sie nie Kritik geübt. „Er war der Meinung, dass er als russischer Politiker die Menschen nicht zum Weiterkämpfen aufrufen kann, wenn er selbst irgendwo in Sicherheit ist“, sagte Evgenia Kara-Mursa. Ein Gerichtstermin wurde indes noch nicht angekündigt, da die Behörden möglicherweise weitere Anschuldigungen erheben könnten.

Davon lässt sich Evgenia Kara-Mursa jedoch nicht beeindrucken. „Unsere Familie lebt schon seit langem so“, sagte die Mutter von drei Kindern. „Er wurde von einem FSB-Team [russischer Geheimdienst] ins Visier genommen, das zweimal, 2015 und 2017, versuchte, ihn zu töten“, sagte sie. „Beide Male lag Wladimir im Koma und erlitt multiples Organversagen. Und ich habe ihn zurück in die USA gebracht. Er erholte sich und kehrte dann nach Russland zurück.“

Die Verhaftung ihres Mannes und ihre Kampagne für seine Freilassung hätten sie aber gezwungen, ihre Rolle zu ändern. „Fakt ist, dass ich noch nie eine öffentliche Person war. Ich war noch nie eine öffentliche Rednerin, also lerne ich alles, was ich heute tue, Tag für Tag.“

Ukraine-News: Widerstand in Russland regt sich

Trotz ihrer neuen Rolle scheut Kara-Mursa allerdings keine klaren Worte. Ihr Heimatland sei inzwischen von einem autoritären zu einem totalitären Regime übergegangen, es dominiere massive Unterdrückung und Propaganda. „Es gibt einen neuen eisernen Vorhang um dieses Land.“ Doch in ihren Augen widersetzt sich die russische Bevölkerung mehr und mehr:

„Ich glaube, dass Putin die Mobilisierung noch nicht ausgerufen hat, weil er weiß, wie die Menschen darauf reagieren werden. Aber vor ein oder zwei Wochen hieß es, dass bereits 11 Einberufungszentren in ganz Russland niedergebrannt worden seien. So protestieren die Menschen also, indem sie sagen: ‚Wir werden nicht in euren Krieg ziehen‘.“ Weiter sagte Kara-Mursa, dass Wladimir Putin mit der Eskalation des Ukraine-Konflikts „sein eigenes Todesurteil unterschrieben hat“.

Zitat

In Russland liegen die Nerven blank

Krieg in der Ukraine

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Russische Truppen haben im Osten der Ukraine zwei Städte fast eingekesselt, aber es geht nur sehr langsam voran. Dabei läuft die Zeit momentan gegen Wladimir Putin.

Es ist ein schmerzhaftes Geduldspiel. Im Osten der Ukraine toben weiterhin schwere Kämpfe; die russischen und die ukrainischen Truppen zahlen jeweils einen hohen Blutzoll, um ihre Stellungen halten zu können. Offiziell gibt es keine Zahlen zu den Todesopfern, aber es dürften Hunderte Tote jeden Tag sein – auf beiden Seiten. Die Truppen von Kremlchef Wladimir Putin tun sich weiterhin schwer, Fortschritte gibt es für Moskau kaum. Es ist der nächste militärische Misserfolg für Russland.

Denn die russische Offensive vom Jahresbeginn ist weitestgehend schon wieder verpufft – Putins Truppen geht die Puste aus. Zwar ist es der russischen Armee gelungen, die Städte Bachmut und Awdijiwka im Donbass fast einzukesseln. Doch die Städte sind noch lange nicht eingenommen, und die russischen Truppen beißen sich weiterhin die Zähne aus. Die Ukraine lockt Russland in Häuserkämpfen strategisch in eine Falle, denn Kiew weiß genau: Putin braucht dringend einen symbolischen Sieg – am besten in Bachmut.

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Aber die Ukraine gibt die Stadt nicht auf, schafft es immer wieder, russische Angriffe abzuwehren. Ob der Plan des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufgeht, wird erst die Zeit zeigen. Und die läuft aktuell zugunsten der ukrainischen Armee, denn in den kommenden Monaten werden Panzer, Munition und Kampfflugzeuge aus dem Westen in der Ukraine eintreffen. Der nächste ukrainische Sturm wird kommen. Es könnte die letzte Chance für die Ukraine sein.

"Russland fällt auf einen Trick rein"

Die Ukraine bereitet nach eigenen Angaben nahe Bachmut einen Gegenangriff vor. Die russischen Truppen verlören "deutlich an Kraft" und seien "erschöpft", erklärte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, am Donnerstag im Onlinedienst Telegram. "Wir werden diese Gelegenheit sehr bald nutzen, so wie wir es bei Kiew, Charkiw, Balaklija und Kupjansk getan haben". Russland wolle Bachmut um jeden Preis einnehmen und scheue weder Verluste an Menschen noch an Material, sagte Syrskyj weiter.

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Bachmut ist noch immer ein Fleischwolf. Beide Seiten schicken nach wie vor neue Kräfte und Material in die Kämpfe um die Stadt. Mittlerweile soll laut russischen Angaben für die ukrainischen Verteidiger nur noch ein zwei Kilometer breiter Korridor offen sein, die Stadt wurde fast eingekesselt. Aber hätte die Ukraine Bachmut nicht schon lange aufgeben müssen? In der Frage sind sich westliche Militärexperten nicht einig.

"Während sich die russischen Streitkräfte überaus dumm anstellen, machen es die Ukrainer äußerst geschickt. Die Kämpfe um Bachmut binden eine Großzahl an russischen Kräften. Soldaten, die wiederum an anderer Stelle fehlen", sagte Marcus Keupp, Dozent für Militärökonomie an der Militärakademie der ETH Zürich, t-online. So könne die Ukraine Reserven für eine mögliche Frühjahrsoffensive schonen. "Je mehr Selenskyj zudem die Bedeutung Bachmuts betont, desto dringender will Prigoschin es erobern. Russland fällt auf einen Trick rein."

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Der Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin steht mit seinen Söldnern an vorderster Front im Kampf um Bachmut. In Videos und in einem Brief warnte Prigoschin vor einem möglichen Gegenangriff der Ukraine und kritisierte den Kreml dafür, dass die Wagner-Gruppe nicht ausreichend Munition bekomme. Entsprechend heikel ist für Moskau die Lage um Bachmut.

Sollte die Ukraine Bachmut aufgeben?

Am Mittwoch war Selenskyj an der Front bei Bachmut, wo er verletzte Soldaten besuchte und seinen Truppen für ihren Einsatz dankte. Der ukrainische Präsident machte erneut klar, dass Kiew Bachmut weiterhin verteidigen will. Das hat mehrere Gründe: Auch die Ukraine hat in Bachmut sehr viele Soldaten verloren, und die Stadt hat mittlerweile einen symbolischen Wert, der deutlich größer ist als der strategische Nutzen.

  • Wladimir Putin verspricht, auf die britische Unterstützung für die Ukraine zu „reagieren“

Außerdem befindet sich die Ukraine in einem langen Abnutzungskrieg mit Russland. Die Verteidigungsstellungen in Bachmut sind gut ausgebaut, im Häuserkampf scheinen sich die Ukrainer gut zu behaupten, und auf den Hügeln in der Umgebung haben die ukrainischen Truppen gute Positionen für ihre Artillerie. Die Ukraine beziffert das Verhältnis der eigenen Verluste im Vergleich zu den russischen auf 1:7. Trotzdem ist der Preis für die Verteidigung von Bachmut für Kiew hoch.

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

"Wenn zu viele professionelle Kämpfer fallen, fehlen die möglicherweise für die Gegenoffensive. Man sagt nicht umsonst, Bachmut ist ein Fleischwolf", "Wir nähern uns dem Punkt, wo die ukrainischen Verluste, egal wie viel Schaden man der anderen Seite zufügt, kritisch werden für künftige Operationen."

Warten auf die ukrainische Gegenoffensive

Wann diese ukrainische Offensive beginnen könnte, ist noch völlig unklar. Der Westen hat in den vergangenen Monaten die größte Aufrüstung der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskrieges angekündigt – und teilweise schon umgesetzt. Es kommen Kampfpanzer, Schützenpanzer, MiG-Kampfflugzeuge und massenhaft Munition.

Klar ist: Die Lieferungen werden der Ukraine Möglichkeiten eröffnen, weiteres Territorium zu befreien. Aber eine mögliche Offensive muss genau durchdacht sein, vor allem die schweren Waffen müssen in ukrainische Verbunde integriert werden. Für die Ukraine könnte es die letzte Chance für einen Gegenangriff werden. Schließlich ist unklar, ob der Westen erneut in der Lage sein wird, so viele Waffensysteme auf einmal zu liefern. Deshalb hängt der Erfolg nun von der Strategie ab.

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Einige westliche Experten gehen davon aus, dass die Ukraine versuchen könnte, die Landbrücke vom russischen Festland zur Krim zu erobern. "Ich denke, es wäre schon ein Riesenerfolg, wenn es der Ukraine gelänge, die südliche von der östlichen Front zu trennen, also ab Saporischschja bis zum Asowschen Meer durchzustoßen. Dann könnten die Ukrainer auch die Krim in Bedrängnis bringen", sagte Masala. Das wäre ein großer Rückschlag für Putin, der das Asowsche Meer schon als russische Binnensee feierte.

Putin gerät erneut in die Defensive

Auf russischer Seite liegen die Nerven bereits jetzt blank. Nicht nur Prigoschin, sondern auch die einflussreichen russischen Militärblogger warnen auf Telegram vor der ukrainischen Offensive. Sie diskutieren, dass die Ukraine mit Schwärmen von Kamikaze-Drohnen angreifen könnte. Die Kriegsblogger kritisieren, dass die Fähigkeit der russischen Armee in der elektronischen Kriegsführung zu schlecht sei, um einen derartigen Angriff abzuwehren. Deshalb fordern sie, die russischen Soldaten mit Schrotflinten auszurüsten.

Russland verfolgt mit Blick auf eine drohende Offensive vor allem eine Strategie: einen ukrainischen Durchbruch und einen Zusammenbruch einer Front um jeden Preis zu verhindern. Denn für Moskau könnte das katastrophale Folgen für den gesamten Kriegsverlauf haben.

In Russland liegen die Nerven blank

In Russland liegen die Nerven blank© T - Online

Deswegen werden schon jetzt russische Sicherheitszonen im Nordosten des Landes eingerichtet – also Verteidigungslinien, auf die sich russische Truppen zurückziehen können. Putins Armee hat etwa bei schweren Kämpfen nahe der russisch besetzten Stadt Kreminna nach britischer Einschätzung die ukrainischen Truppen zurückgedrängt. "Russland hat teilweise die Kontrolle über die unmittelbaren Zugänge nach Kreminna zurückerlangt, die Anfang des Jahres einer unmittelbaren ukrainischen Bedrohung ausgesetzt war", berichtete das britische Verteidigungsministerium am Donnerstag in London unter Berufung auf Geheimdiensterkenntnisse.

Diese Geländegewinne könnten aber vor allem ein Defensivmanöver sein. Dabei würden die russischen Truppen vermutlich den Fluss Oskil als natürliches Hindernis einbeziehen und zudem versuchen, den Logistikknotenpunkt Kupjansk zurückzuerobern. Grundsätzlich verfolge Russland in der Ostukraine weiterhin einen defensiven Ansatz. Das britische Verteidigungsministerium dazu: "Kommandeure fürchten vermutlich, dass dies einer der Frontabschnitte sein könnte, an dem die Ukraine eine Großoffensive versuchen könnte."

Die Ukraine verfügt nicht über ausreichend Kräfte, um auf breiter Front anzugreifen. Deswegen wird sich die militärische Führung in Kiew wohl Frontabschnitte aussuchen, die zuvor als besonders schwach ausgemacht wurden. Putin dagegen verfolgt weiterhin seine Strategie des langen Atems. Er geht davon aus, dass er über längere Zeit Material und Soldaten mobilisieren kann als der Westen und die Ukraine. Doch für den Moment sind die russischen Angriffe erlahmt, und der Kremlchef steht nun vor der Entscheidung, ob er weitere Reservisten für seinen Krieg mobilisiert. Nun könnte seine Armee schon bald wieder in der Defensive sein.

Zitat

„Land wird verschwinden“: Ex-Kreml-Chef droht deutschem Nachbarland mit Vernichtung

Nach Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine ist Polen zu einem wichtigen Verbündeten innerhalb der Nato geworden: Im Turbogang rüstet das Land seine Armee auf, um die Ostflanke zu verteidigen.

Das von der russischen Staatsagentur Sputnik via AP zur Verfügung gestellte Bild zeigt den stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrates und Vorsitzenden der Partei „Einiges Russland“, Dmitri Medwedew, im März 2023.

Das von der russischen Staatsagentur Sputnik via AP zur Verfügung gestellte Bild zeigt den stellvertretenden Vorsitzenden des russischen Sicherheitsrates und Vorsitzenden der Partei „Einiges Russland“, Dmitri Medwedew, im März 2023.© dpa

Seit Monaten ist das Land auf Einkaufstour auch außerhalb von Europa, um aufzurüsten: Kampfflugzeuge, Raketenwerfer, „Abrams“-Kampfpanzer, „F-35“-Kampfjets aus den USA. Kein Wunder, denn die polnische Staatsräson ist eindeutig: Sollte die Ukraine den Krieg verlieren, wären Polen und das Baltikum die nächsten Ziele Moskaus.

Ukraine: Ex-Kremlchef Medwedew droht Polen mit Vernichtung

Der Kreml wiederum wütet seit Monaten und spricht regelmäßig Drohungen in Richtung der Nato aus, auch Polen steht da großer Unterstützer der Ukraine im Fokus. Dmitri Medwedew, stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates und Vorsitzenden der Partei „Einiges Russland“ ist einer derjenigen, die am lautesten in den sozialen Medien tönen.

Er richtet auf Twitter erneut scharfe Worte in Richtung Westen und Nato: „Irgendein Dummkopf namens Mateusz Morawiecki sagte, die Ukraine habe das Recht, Russland anzugreifen, und er mache sich keine Sorgen über einen Krieg der Nato gegen Russland, weil letzterer ihn bald verlieren würde“, schreibt er über den polnischen Ministerpräsidenten.

Kein Wort darüber, dass Russland die Ukraine überfallen und eine Invasion gestartet hat und sich das Land dagegen verteidigt. „Ich weiß nicht, wer einen solchen Krieg gewinnen oder verlieren wird, aber angesichts der Rolle Polens als Außenposten der Nato in Europa wird dieses Land mit Sicherheit verschwinden – zusammen mit seinem dummen Premierminister“, wütet Medwedew weiter.

Polen indes unterstützt die Ukraine noch stärker: Warschau hatte Kyjiw bereits acht seiner alten Sowjet-MiG-29-Kampfjets geliefert.

Anfang April hatte die Regierung angekündigt, Polen wolle der Ukraine eine gesamte MiG-Flotte aus rund 30 Flugzeugen aus DDR-Beständen zur Verfügung stellen. Die deutsche Bundesregierung hat den Antrag des Landes bereits bewilligt.

Zitat

Wieso Russlands Wirtschaft wächst

Trotz Sanktionen

Wieso Russlands Wirtschaft wächst

Badende am Kieselstrand von Sotschi in Russland: Wegen der Reisebeschränkungen boomt der Inlandstourismus.

Badende am Kieselstrand von Sotschi in Russland: Wegen der Reisebeschränkungen boomt der Inlandstourismus.© imago images/ITAR-TASS

Das Bruttoinlandsprodukt des Landes wird in diesem Jahr wohl stärker steigen als das deutsche. Wirken die Sanktionen also nicht?

Die G7-Staaten planen weitere Verschärfungen ihrer Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Bislang haben die Maßnahmen nicht die beabsichtigte Wirkung gehabt. Russlands Wirtschaftsleistung ist nicht eingebrochen, dieses Jahr soll sie sogar wieder steigen. Hinter diesem Wachstum stehen allerdings viele Fragezeichen – und tiefe Verwerfungen in der Wirtschaftsstruktur.

Russland ist seit dem Einmarsch in die Ukraine das am härtesten sanktionierte Land der Welt. Nach Kalkulationen des Wiener Instituts für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) sind rund 14 000 Maßnahmen gegen russische Unternehmen, Güter und Personen beschlossen worden. Darüber hinaus haben viele westliche Unternehmen das Land verlassen. Im Ergebnis brach das russische Bruttoinlandsprodukt (BIP) im zweiten Quartal 2022 um 4,6 Prozent ein. In den Folgequartalen erholte es sich laut WIIW allerdings wieder, vor allem weil der Staat mehr ausgab.

Die staatlichen Gelder stützten den privaten Konsum und sorgten dafür, dass die Bruttoanlageinvestitionen weiter wuchsen. Am Ende blieb lediglich ein Minus von 2,1 Prozent für das Gesamtjahr 2022 – statt des vor dem Krieg erwarteten Wachstums von 2,5 bis 3,5 Prozent.

Landwirtschaft profitiert von sehr guter Ernte

Für das laufende Jahr prognostiziert der Internationale Währungsfonds wieder einen Anstieg des russischen BIP um 0,7 Prozent, und es wird vielfach darauf hingewiesen, dass Russlands Wachstum damit oberhalb dessen der deutschen Wirtschaft liegen wird. Im vergangenen März nahm die russische Industrieproduktion überraschend stark zu, sie liegt nun 1,2 Prozent über dem Wert ein Jahr zuvor. Die Sanktionen scheinen also kaum zu wirken.

Doch das stimmt nicht. Elena Ribakova vom Peterson Institute for International Economics weist darauf hin, dass die Zahlen zu den Anlageinvestitionen in den offiziellen Statistiken übertrieben hoch dargestellt werden. Wichtiger aber noch ist, dass sich hinter den positiven Durchschnittszahlen große Unterschiede verbergen. So brach im vergangenen Jahr der Umsatz des Groß- und Einzelhandels um fast 13 Prozent ein. In der Industrie erlitten einige exportorientierte Branchen wie die Chemie heftige Einbußen, der auf Importe angewiesene Autobau schrumpfte fast um die Hälfte.

Auf der anderen Seite florierte 2022 die Güterkategorie „Sonstige verarbeitete Metallprodukte“, zu der auch die Produktion von Militärgerät gehört. Das Plus bei der Industrieproduktion im März von sechs Prozent wurde angetrieben durch einen 30-prozentigen Anstieg dieser Güterkategorie. Zu den Stützen der russischen Wirtschaft gehört laut WIIW auch die Pharmabranche, da sie den Ausfall von Importen kompensiert. Die Landwirtschaft profitierte von einer außergewöhnlich guten Ernte. Die staatliche Förderung von Hypothekendarlehen stärkte die Sektoren Bau und Finanzen. Und angesichts der eingeschränkten Reisemöglichkeiten bilanzierte der inländische Tourismus einen echten Boom.

Russische Wirtschaft lebt von staatlicher Unterstützung

Der Außenhandel Russlands blieb bislang in der Summe ebenfalls überraschend stabil. Viele der sanktionierten Güter erreichen über Drittländer wie Armenien, die Türkei oder Kasachstan das Zielland, was die EU und die USA durch politischen Druck zu verhindern suchen. Zudem sind China, Indien und andere Staaten als Abnehmer und Lieferanten eingesprungen. Und schließlich weist das WIIW darauf hin, dass trotz zahlreicher Ankündigungen erst sechs Prozent aller ausländischen Unternehmen den russischen Markt komplett verlassen haben.

Die russische Wirtschaft lebt von staatlicher Unterstützung. Den Staatsfinanzen Moskaus jedoch stehen voraussichtlich deutliche Einnahmeverluste bevor. Noch 2022 führten hohe Weltmarktpreise für Öl und Gas zu einem rekordhohen Leistungsbilanzüberschuss von 230 Milliarden Dollar, doppelt so viel wie im Vorjahr. Inzwischen allerdings sind die Weltmarktpreise gesunken. Zudem hat der Westen neue, schärfere Sanktionen gegen russisches Öl erlassen, was den Preis für russisches Ural-Öl auf rund 50 Dollar je Fass hat fallen lassen. Als Ölkäufer springen zwar China und Indien ein, aber auch ihnen muss Russland hohe Rabatte gewähren.

Größere Probleme hat der russische Gassektor, dessen Ausfuhren 2022 aufgrund der Sanktionen um 31 Prozent gesunken sind. Für das Gesamtjahr schätzt die Internationale Energieagentur, dass Russland acht Prozent weniger Gas fördern wird. Lieferungen nach China oder die Türkei können die Ausfälle in Europa nicht kompensieren.

Im Ergebnis fielen die staatlichen Einnahmen aus dem Energiesektor im ersten Quartal 2023 um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, die Gesamteinnahmen gingen ein Fünftel zurück, so das WIIW.

Westliche Technologie fehlt

Gleichzeitig stiegen die Ausgaben um ein Drittel, etwa die Hälfte der Ausgaben floss laut Schätzungen in den Militäretat. Das treibt das Defizit in die Höhe, für das erste Quartal habe es 2,4 Billionen Rubel betragen, was 82 Prozent des Zielwertes für das Gesamtjahr entspreche. Vorerst dürfte Moskau das Geld nicht ausgehen – zur Finanzierung ihrer Vorhaben kann sich die Regierung höher verschulden oder den Staatlichen Wohlfahrtsfonds anzapfen.

Mittel- bis langfristig stellt sich allerdings die Frage, wie insbesondere das Fehlen westlicher Technologie sich sowohl auf die militärischen Fähigkeiten Russlands wie auf seine weitere ökonomische Entwicklung auswirken wird. Ein Teil könnte durch Chinas Lieferungen ersetzt werden, ein weiterer Teil durch heimische Produktion. Doch sind „chinesische und russische Produkte generell von minderer Qualität, und einige westliche Produkte wie moderne Computerchips können laut Berichten gar nicht ersetzt werden“, so das WIIW. „Es ist daher wahrscheinlich, dass die Diversifizierung der russischen Wirtschaft begleitet wird von ihrer ‚Primitivierung‘.“

Zitat

„Russland vor Kollaps“: Düstere Prognose zu Putins Zukunft – Experte erwartet Aufstände

Wollen Regionen Unabhängigkeit?

„Russland vor Kollaps“: Düstere Prognose zu Putins Zukunft – Experte erwartet Aufstände

Ein Experte sieht Unabhängigkeitstendenzen in Russland in Folge der militärischen Niederlagen in der Ukraine. Drohen sogar Aufstände? Die Ausgangslage würde es wohl hergeben.

München/Donbass – Die Ukraine sei zur „Geisel“ westlicher Staaten geworden, die Russland zerstören wollten: Das ist die nächste wirre These von Moskau-Machthaber Wladimir Putin, mit der der russische Präsident den Überfall seiner Armee auf den westlichen Nachbarn Ukraine rechtfertigen will.

Wladimir Putin: Verliert der Moskau-Machthaber gerade eben jene Macht?

„Ihr Ziel besteht (...) im Zerfall und in der Zerstörung unseres Landes“, behauptete Putin an diesem 9. Mai 2023 bei sichtlich getrübten Feierlichkeiten am „Tag des Sieges“.

Aber: Zerstört der 70-jährige Autokrat, der in diesen Tagen auf Fotos sichtlich müde wirkt, gerade mit dem Ukraine-Krieg selbst seine Regierung? Ein Experte prophezeite Putin nun das Ende seiner Macht und damit verbunden Aufstände in autonomen Regionen der Russischen Föderation.

Wladimir Putin: Der Moskau-Machthaber schickte tausende junge russische Soldaten in der Ukraine in den Tod.

Wladimir Putin: Der Moskau-Machthaber schickte tausende junge russische Soldaten in der Ukraine in den Tod.© IMAGO/Vladimir Smirnov

„Russland steht näher am Kollaps als Sie denken. Russlands Staatsfundamente sind, ähnlich wie sein Militär, viel brüchiger als Moskaus Propaganda versucht, seinen Bürgern und Außenstehenden zu vermitteln. Wirtschaftlicher Niedergang, (...) ein personalisiertes Regime ohne Regelung der Nachfolge und eine drohende militärische Niederlage in der Ukraine werden Konflikte innerhalb der Elite sowie zwischen dem Zentrum (Moskau, d. Red.) und zahlreichen (Teil-) Republiken sowie Regionen auslösen“, erklärte Janusz Bugajwski der Kyiv Post.

US-Experte glaubt: Wladimir Putin wird in Russland verdrängt

Der 68-jährige Politologe analysiert für den US-amerikanischen ThinkTank „Jamestown Foundation“ Entwicklungen in Osteuropa. „Wir sehen Anzeichen von Konflikten zwischen verschiedenen Machtinstitutionen, mysteriöse Todesfälle von über einem Dutzend Oligarchen und häufige Säuberungen der Militärführung“, meinte der Brite in dem Interview mit der ukrainischen Wochenzeitung.

Putins Einfluss in Russland werde durch Gebietsverluste in der Ukraine, „die der Kreml nicht verbergen kann, und durch stark rückläufige Wirtschaftsbedingungen sowie Regierungsdienstleistungen, wie für das kommende Jahr prognostiziert, erheblich geschwächt“, erklärte Bugajwski und stellte die These auf: „Der Bruch wird sich beschleunigen, wenn Putin verdrängt wird, da sich interne Machtkämpfe verschärfen und regionale Führer die Gelegenheit sehen werden, neue Staaten zu gründen, ähnlich wie beim Zusammenbruch der UdSSR (1991, d. Red.).“

Aufstände innerhalb der Russischen Föderation? Ein Beispiel könnte die autonome Republik Tschetschenien sein, die von „Putins Bluthund“ Ramsan Kadyrow autokratisch regiert wird. Ein Indiz: Tschetschenische Kämpfer, die an der Seite der ukrainischen Armee kämpfen, es sollen mehrere Hunderte sein, erzählten kürzlich dem US-amerikanischen Online-Magazin The Baily Beast, dass sie mit ihren „ukrainischen Brüdern“ auch ihre Heimat Tschetschenien befreien wollen.

Aufstände in der Russischen Föderation? Tschetschenische Kämpfer drohen Moskau

Ukrainische Soldaten sollen wiederum ihren tschetschenischen Unterstützern versprochen haben, später an deren Seite im Nordkaukasus für die Unabhängigkeit vom Kreml in die Schlacht zu ziehen. „Wenn ich am Leben bin, werde ich mich an der Befreiung Tschetscheniens beteiligen“, wurde ein 43-jähriger Ukrainer zitiert. „Es kommen ständig Rekruten hierher. Sie alle bereiten sich darauf vor, Ichkeria (Tschetschenien, d. Red.) und andere besetzte Gebiete zu befreien“, erklärte zudem ein Tschetschene laut The Daily Beast: „Denn es gibt auch Tatarstan, Dagestan und Inguschetien.“

Bugajwski geht noch weiter. „Die ersten (Republiken), die ihre Souveränität und Unabhängigkeit erklären, werden die ethnisch homogenen nicht-russischen Republiken sein – Regionen, die die Ausbeutung ihrer Ressourcen durch Moskau ablehnen. Und Republiken sowie Regionen, die eine äußere Land- oder Seegrenze zu Nachbarstaaten haben, zusammen mit verwandten Bevölkerungsgruppen“, erklärte er der Kyiv Post.

Zur Einordnung: Nicht nur in Tschetschenien ist die Ausgangslage für kremltreue Machthaber schwierig. Im muslimisch geprägten Inguschetien (rund 400.000 Einwohner), das an Georgien und Tschetschenien grenzt, gibt es schon lange Unabhängigkeitsbestrebungen. Im ersten Halbjahr 2008 wurden hier etwa 70 Polizisten bei bewaffneten Angriffen mutmaßlicher Islamisten getötet.

Aufstände in Russland? Inguschetien, Tatarstan und Dagestan im Fokus

Laut Spiegel forderte das oppositionelle „Volksparlament Inguschiens“ seinerzeit zudem den Austritt aus der Russischen Föderation. Moskau installierte den russischen Armeegeneral Junus-Bek Jewkurow als Präsident, der im Juni 2009 einen Terroranschlag auf seinen Autokonvoi verletzt überlebte. Ende 2018 gab es indes monatelange Massenproteste, nachdem Gebiete an Tschetschenien abgetreten werden mussten.

Großstadt am Kaspischen Meer: Machatschkala in Dagestan.

Großstadt am Kaspischen Meer: Machatschkala in Dagestan.© Bereitgestellt von FR

Laut Neue Zürcher Zeitung (NZZ) liebäugelte auch Tatarstan (rund 3,8 Millionen Einwohner) in den 1990er Jahren mit der Unabhängigkeit. Die einstmals autonome Republik liegt samt der Großstadt Kasan (rund 1,24 Millionen Einwohner) mitten im westlichen Teil Russlands. Wie die NZZ schreibt, wurde die Verfassung Anfang Februar 2023 auf Druck Moskaus revidiert, wonach Tatarstan nur noch eine einfache russische Region sei. Der Begriff „Souveränität“ sei überall in der Verfassung gestrichen worden. Ein zeitlicher Zufall?

Dagestan in Russland: Immer wieder Anschläge gegen kremltreue Politiker

Noch ein Beispiel: Dagestan (rund 2,9 Millionen Einwohner) hat am Kaspischen Meer eine lange Küste, grenzt an Aserbaidschan und Georgien. Hier gibt es seit mehr als 20 Jahren immer wieder Terroranschläge gegen Regierungsmitglieder. Laut der Nachrichtenagentur dpa sah sich der Kreml 2012 veranlasst, 30.000 russische Soldaten zu entsenden, um die Kontrolle über die Region samt der Großstadt Machatschkala (rund 600.000 Einwohner) wiederzuerlangen. Bugajwski: „Man sollte nicht davon ausgehen, dass der Prozess der Ablösung Putins friedlich verlaufen wird.“

Zitat

Veränderung auf Satellitenbildern: Russland bereitet Stationierung von Atomwaffen in Belarus vor

Analyse

Veränderung auf Satellitenbildern: Russland bereitet Stationierung von Atomwaffen in Belarus vor

Militärübungen in Belarus (Symbolbild)

Militärübungen in Belarus (Symbolbild)© Viktor Tolochko/IMAGO

Sollte Russland Atomwaffen in Belarus stationieren, würde das Land die Rolle übernehmen, die es in der Sowjetunion innehatte – als vorgelagerte Verteidigungslinie des russischen Imperiums.

Moskau/Minsk – Belarussische Soldaten üben bereits den Einsatz der Kurzstreckenrakete Iskander in Russland. Und Belarus bereitet offenbar schon die Lagerung und die Stationierung von russischen Atomwaffen vor. Gleich mehrere Orte – alte sowjetische Flugplätze und Stützpunkte – kommen dafür infrage. Zwei von ihnen stechen aufgrund ihrer Geschichte und ihrer geografischen Lage hervor:

In Nowokolosowo, ehemals Stolbtsy-2, befand sich bis 1992 das Arsenal der 25. Einheit der Strategischen Raketenkräfte der Sowjetunion. Es war das einzige Lager für strategische Atomwaffen in Belarus. Dort sollen 1.120 nukleare Sprengköpfe gelagert worden sein. Offiziell existierte dieser Ort nicht.

Nach dem Abzug der sowjetischen Atomwaffen und Trägerraketen aus Belarus Ende 1996 bekam Nowokolosowo eine neue militärische und zivile Bedeutung. Dort ist jetzt zum einen das Arsenal der belarussischen 25. Einheit ballistischer Raketen untergebracht, zum anderen sollen einige alte Hallen als Lager für zivile Produkte vermietet worden sein. Nach Informationen von Table.Media sind den zivilen Nutzern dieses Geländes die Mietverträge gekündigt worden.

Satellitenbilder zeigen Veränderungen auf dem Gelände

Wie Satellitenbilder von Vertical52, die Table.Media exklusiv ausgewertet hat, zeigen, sind zwischen August 2021 und Ende 2023 vier große überdachte Abstellflächen auf dem Militärstützpunkt entstanden. Auf dem aktuellen Foto ist auch sichtbar, dass größere Flächen auf dem Gelände gerodet worden sind. Auf dem gesamten Gelände ist mehr Militärtechnik zu sehen als auf dem Bild vom 2021.

Die geografische Lage von Nowokolosowo ist günstig: Der Stützpunkt liegt an der wichtigen Fernstraße M1, Nordost-Südwest-Richtung, und zwischen zwei Fernstraßen, die in Ost-West-Richtung verlaufen. Zur polnischen, litauischen und zur ukrainischen Grenze gibt es gute Verbindungen. Auch eine eigens zum Militärgelände verlegte Eisenbahnlinie ist vorhanden. Ob sie betriebsbereit ist, ist unklar.

Neben Nowokolosowo gilt der Flugplatz Lida als möglicher Lagerort, von dem aus russische Jets mit Atomwaffen starten könnten. Dieser alte Flugplatz im Westen des Landes befindet sich nur wenige Kilometer von den Nato-Staaten Polen und Litauen entfernt. Südlich davon war zur Zeit der Sowjetunion eine Atomraketen-Einheit stationiert. Von diesem Ort war am 27. November 1996 die letzte sowjetische Topol-Atomrakete nach Russland verlegt worden.

Auf dem heutigen Flugplatz seien laut Nikolai N. Sokow die Kampfflugzeuge SU-25 stationiert, die Atombomben tragen können. Etwa zehn SU-25 wurden angeblich bereits technisch modifiziert. Sokow ist Senior Fellow am Wiener Zentrum für Abrüstung und Nichtverbreitung (VCDNP). Er war lange Mitarbeiter des russischen Außenministeriums und an den Verhandlungen der Atomabrüstungsverträge START I und II beteiligt. Auf Nachfrage hält er neben Lida auch Nowokolosowo als einen Lagerort für Atomwaffen für möglich. Journalisten des unabhängigen belarussischen Fernsehsenders Belsat halten das Gelände gar für den wahrscheinlichsten Ort, an dem russische Atomwaffen gelagert werden könnten.

„Es hängt vom Verhalten der Nato ab“

Sokow betont jedoch, dass es unerheblich sei, wo russische Atomwaffen stationiert würden. „Wichtiger ist die Frage, ob es dazu wirklich kommt. Das hängt von verschiedenen Faktoren ab“, sagt der ehemalige Diplomat gegenüber Table.Media. Die Wahrscheinlichkeit wachse. „Ich bin noch nicht bereit, eine konkrete Vorhersage zu geben, aber die Entwicklung läuft stetig so, dass es zu einem Transfer kommt. Vieles wird nicht so sehr davon abhängen, was in der Ukraine passiert, sondern vom Verhalten der Nato und besonders Polens.“

Sokow warnt vor einer zu schnellen Reaktion der Nato und vor einer Verlegung von amerikanischen B-61- Atombomben nach Polen. „Damit würde die Nato das russische Spiel spielen und die Eskalation beschleunigen.“ Bisher deutet nichts darauf hin, dass die Nato trotz der Wünsche Polens über eine Verlegung von Atomwaffen in die östlichen Mitgliedstaaten nachdenkt.

Der belarussische Oppositionelle Pawel Latuschka geht davon aus, dass der von der EU nicht anerkannte Präsident Aleksander Lukaschenko russische Atomwaffen auf jeden Fall haben wolle. „Er sichert damit auch seine Macht ab. Die Waffen werden kommen“, sagt Latuschka im Gespräch mit Table.Media. Der ehemalige Kulturminister leitet die oppositionelle Organisation National Anti-Crisis Management (NAM), die in Polen ihren Sitz hat.

Er wirft der EU vor, die Rolle von Belarus im russischen Krieg zu unterschätzen. „Täglich werden dort Regimegegner verhaftet, die belarussische Armee bildet russische Soldaten aus und versorgt sie mit Munition und Technik.“ Außerdem sei das Regime auch an der Deportation ukrainischer Kinder beteiligt. „Seit elf Monaten gibt es keine schärferen Sanktionen gegen Minsk“, klagt der 50-Jährige.

Belarus prüft Einsatzbereitschaft von Reservisten

Lukaschenko und Wladimir Putin würden mit einem möglichen Einsatz einer Atomwaffe von Belarus aus auf Verwirrung setzen. Latuschka erläutert: „Wenn russische Atomwaffen mit belarussischen Trägersystemen von belarussischem Boden aus abgeschossen werden, dann ist nicht eindeutig klar, wer die Verantwortung trägt. Der Westen wird diskutieren und am Ende nichts unternehmen, was Putin und Lukaschenko abschreckt.“

Neben den Übungen in Russland für die Iskander-Raketen, die nach Angaben von Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu bereits an Belarus übergeben wurden, trainieren belarussische und russische Streitkräfte derzeit auch gemeinsam in Belarus. Latuschka bestätigt Medienberichte, dass aktuell die Einsatzbereitschaft belarussischer Reservisten geprüft werde.

„Es gibt 40.000 Reservisten, 40.000 in der Armee und die russischen Soldaten im Land. Zusammen sind es vielleicht 100.000 Mann.“ Auf die Frage, ob Lukaschenko bisher nicht ausdrücklich vermieden habe, aktiv in den Krieg einzugreifen, sagt der ehemalige Minister: „Das stimmt. Aber wenn Putin es ihm befiehlt, dann wird er es tun.“