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Ukraine- Krieg

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Russische Banken: Eine Kettenreaktion hat begonnen

In Russland räumen Menschen ihre Bankkonten leer, die Auslandstochter des größten Instituts steht vor der Pleite. Das Land steuert auf eine fundamentale Finanzkrise zu.

Bevor Elwira Nabiullina an diesem Montag vor die Kamera trat, fragten sich die regelmäßigen Beobachter der russischen Zentralbank, welche Brosche die Vorsitzende des Instituts wieder tragen würde. Schließlich neigt Nabiullina dazu, bisweilen heitere Botschaften über ihren Schmuck an die Weltöffentlichkeit zu kommunizieren. Im März zum Beispiel trug sie eine traditionelle Nevalyashka-Puppe, ein Stehaufmännchen, als es um das Comeback der russischen Wirtschaft in der Pandemie ging. Doch am Montag war da nichts, keine Brosche – nur schwarze Kleidung und größte Ernsthaftigkeit.

"Die Bedingungen für die russische Wirtschaft haben sich dramatisch verändert", räumte Nabiullina gleich zu Beginn ihres Statements ein. Wegen der neuen Sanktionen ausländischer Regierungen gegen Russland müssten "eine ganze Reihe an Gegenmaßnahmen ergriffen werden, um die finanzielle Stabilität aufrechtzuerhalten". Es müsse vermieden werden, sagte Nabiullina weiter, dass die Sparguthaben der Privathaushalte durch eine hohe Inflation entwertet würden. Aus diesem Grund habe die Zentralbank entschieden, den Leitzins auf einen Schlag zu verdoppeln, und zwar von bisher 9,5 Prozent auf 20 Prozent.

Nur wenige Tage nach dem Angriff auf die Ukraine steht Russland zu Beginn dieser Woche am Rande einer fundamentalen Finanz- und Bankenkrise, die die gesamte russische Wirtschaft mit in den Abgrund ziehen könnte. Die russische Währung fiel an diesem Montag zeitweise auf einen Wert von 120 Rubel gegenüber dem US-Dollar. Später erholte sich der Kurs, es blieb trotzdem bei einem Minus von 18 Prozent gegenüber dem Schlusskurs der vergangenen Woche. Der Moskauer Aktienmarkt wurde gar nicht erst eröffnet, an ausländischen Börsen verloren russische Unternehmen und vor allem Banken drastisch an Wert.

Zweifel an Stabilität


Die größte Erschütterung für den russischen Bankensektor kam zunächst aus Wien, wo die europäische Niederlassung des größten russischen Geldinstituts ihren Sitz hat. Die europäische Tochter der Sberbank, an der der russische Staat die meisten Anteile hält, sei bald zahlungsunfähig, teilte die Europäische Zentralbank mit. Das Institut habe "erhebliche Einlagenabflüsse" hinnehmen müssen. Es gebe keine realistische Chance, die Liquidität der Bank wiederherzustellen. Vergangene Woche noch hatte die russische Zentralbank erklärt, die Finanzinstitute in Russland seien gut gegen die Sanktionen des Westens gewappnet. Doch das ist offenbar nicht der Fall.

Und daran scheinen auch die Menschen in Russland zunehmend ihre Zweifel zu haben. Seit einigen Tagen bilden sich vor den Geldautomaten in diversen Städten lange Schlangen, die Bankkunden heben ihre Sparguthaben ab, weil sie offensichtlich nicht mehr in die Stabilität der Institute vertrauen. "In einer solchen Situation ist die Psychologie ein entscheidender Faktor", sagt Jonathan Hackenbroich, Finanzexperte des Europäischen Instituts für Außenpolitik, ECFR. Die Sanktionen gegen den russischen Finanzsektor "könnten eine Kettenreaktion auslösen, wenn auch in den kommenden Tagen die Menschen weiterhin ihr Geld von der Bank holen".

Was man in Russland nun beobachtet, sind möglicherweise die Anfänge eines klassischen Bankenansturms oder bank run, wie es geläufiger im Englischen heißt. Sollte sich dieser fortsetzen, kann das schnell zur Zahlungsunfähigkeit der betroffenen Institute führen, was in diesem Fall die meisten großen Geschäftsbanken in Russland wären. Eine Bank hält üblicherweise nur einen Bruchteil ihres Vermögens in Bargeld bereit, der Großteil ist längerfristig angelegt und kann nicht unmittelbar abgerufen werden. Wenn also zu viele Kunden ihre Konten leerräumen, kann die Bank ab einem bestimmten Zeitpunkt nichts mehr auszahlen.

Schlagartig zu Ramsch

Das Problem für die russische Zentralbank ist nun: Wegen der internationalen Sanktionen sind ihre Mittel beschränkt, um das Vertrauen in den Rubel wieder zu stärken und damit gegen den Bankenansturm vorzugehen. Die Auslandsreserven der Zentralbank sind weitgehend eingefroren, was bedeutet, dass die Bank kaum mehr im Devisenmarkt mit Dollar oder Euro große Bestände an Rubel aufkaufen kann, um damit die Nachfrage künstlich zu erhöhen und den Kurs zu stützen. Es bleiben ihr vor allem Restriktionen für den heimischen Markt.

Eine übliche Gegenmaßnahme in dieser Situation sind Kapitalverkehrskontrollen, wie es sie zum Beispiel in der Griechenlandkrise 2015 gab, als Bankkunden nur noch 60 Euro am Tag abheben durften. Wird ein solcher Schritt jedoch verkündet, ist allen klar, dass der Bankensektor vor dem Zusammenbruch steht. Die russische Zentralbankchefin Nabiullina kündigte daher heute eher vorsichtig einen ersten Schritt an. Wer keinen ständigen Wohnsitz in Russland habe, solle nur begrenzt Mittel ausführen dürfen, um einen Abzug von Kapital zu stoppen.

Allerdings zweifeln Ökonomen daran, dass die Maßnahmen ausreichen, um die Währung zu stabilisieren. "Die Zinserhöhung der russischen Zentralbank soll Einlagen in Rubel attraktiver machen und die nun einsetzende Kapitalflucht eindämmen", sagt der Ökonom Friedrich Heinemann vom Leibniz-Institut für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW. Dies werde aber kaum gelingen. Der Rubel sei an den internationalen Finanzmärkten schlagartig zu Ramsch geworden.

Vieles hängt jetzt davon ab, ob sich die Menschen in Russland von den Eingriffen der Zentralbank beruhigen lassen. Die versichert seit Tagen, man sei auf alle politischen Szenarien vorbereitet. Die Einlagen der Sparer seien sicher, auch die Geldautomaten würden ständig aufgefüllt. An vielen Automaten aber, so berichten Menschen aus verschiedenen Landesteilen, kommen immer häufiger keine Scheine mehr aus dem Schlitz.

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„Unnötigen Tod junger russischer Soldaten verhindern“ – Oligarchen setzen Putin unter Druck

Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine haben sich mehrere Oligarchen von Kreml-Chef Wladimir Putin distanziert. In einem am Montag veröffentlichten offenen Brief an Putin schrieb der Medienmogul Evgeny Lebedev: „Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten.“ Zuvor hatten auch die Milliardäre Oleg Deripaska und Oleg Tinkow deutliche Kritik am russischen Krieg in der Ukraine geübt.
Lebedev, der auch die britische Staatsbürgerschaft hat und im britischen Oberhaus sitzt, veröffentlichte den offenen Brief in der Zeitung „London Evening Standard“, die ihm gehört. Europa stehe „am Rande eines weiteren Weltkrieges“ und die Welt vor einer „möglichen atomaren Katastrophe“, warnte er darin. Putin müsse die derzeitigen Verhandlungen mit Vertretern Kiews nutzen, um „diesen schrecklichen Krieg in der Ukraine zu beenden“.

„Als britischer Bürger rufe ich Sie dazu auf, Europa vor diesem Krieg zu schützen“, schrieb Lebedev. „Als russischer Patriot bitte ich Sie, den unnötigen Tod weiterer junger russischer Soldaten zu verhindern. Als Weltbürger rufe ich Sie auf, die Welt vor der Auslöschung zu schützen.“

Den Tod „unschuldiger Menschen“ in der Ukraine prangerte am Montag auch der russische Milliardär Oleg Tinkow als „undenkbar und inakzeptabel“ an. „Staaten sollten Geld für die Behandlung von Menschen und für die Krebsforschung ausgeben und nicht für Kriege“, schrieb er auf Instagram.

Der Milliardär Oleg Deripaska forderte angesichts der gegen Moskau verhängten Wirtschaftssanktionen ein „Ende des Staatskapitalismus“ in Russland. „Das ist eine echte Krise, und wir brauchen echte Krisenmanager“, erklärte der Gründer des Aluminiumkonzerns Rusal auf Telegram.

Putin holte derweil zu einem neuen rhetorischen Schlag gegen den Westen aus. Bei einem Treffen, an dem unter anderem Russlands Zentralbankchefin Elwira Nabiullina und Sberbank-Chef German Gref teilnahmen, bezeichnete Putin die westlichen Länder als ein „Imperium der Lügen“, das „Sanktionen gegen unser Land realisieren“ wolle.

„Krieg kann niemals die Antwort sein“

In Russland wird nur selten Kritik der Wirtschaftselite an der Regierung laut. Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine haben sich jedoch mehrere russische Oligarchen gegen das Vorgehen von Präsident Putin gewandt.

Am Sonntag hatte auch der russische Oligarch Michail Fridman erklärt: „Krieg kann niemals die Antwort sein“. In einem Schreiben an die Mitarbeiter seiner Beteiligungsgesellschaft Letterone forderte der gebürtige Ukrainer nach Unternehmensangaben ein Ende des „Blutvergießens“.

Einer der reichsten Männer Russlands, der Oligarch Roman Abramowitsch, wurde nach Angaben einer Sprecherin von ukrainischer Seite um Hilfe gebeten. Er sei kontaktiert worden, „um bei der Suche nach einer Lösung zu helfen und bemüht sich nun zu helfen“, erklärte Sprecherin Rola Brentlin.

Die EU-Staaten, die USA, Kanada, Japan und weitere westliche Verbündete haben harte Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffs auf die Ukraine beschlossen. Dazu zählen unter anderem ein Ausschluss wichtiger russischer Banken aus dem internationalen Zahlungssystem Swift, die Sperrung von Transaktionen der russischen Zentralbank zur Stützung der russischen Währung und Exportverbote für High-Tech-Güter. Die Strafmaßnahmen richten sich aber auch gegen Oligarchen und deren Vermögenswerte.

Russland hat Vergeltungsmaßnahmen angekündigt, bisher aber noch keine genauen Schritte benannt. Präsident Putin wollte nach Kreml-Angaben am Montag mit seinen Ministern über die Folgen der Sanktionen für die Wirtschaft seines Landes beraten.

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Weltstrafgericht kündigt Ermittlungen an: Ukraine wirft Russland Kriegsverbrechen vor

Russland sei entschlossen, Zivilisten zu töten, so der ukrainische UN-Botschafter. Der Internationale Strafgerichtshof will zu möglichen Verbrechen ermitteln.

Angesichts von Berichten über zahlreiche zivile Opfer beim Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine hat Kiew Moskau Kriegsverbrechen vorgeworfen.

„Russland greift immer wieder Kindergärten und Waisenhäuser an. Russland greift Krankenhäuser an. Russland greift mobile medizinische Hilfsbrigaden mit Granatfeuer und Sabotagegruppen an“, sagte der ukrainische UN-Botschafter Serhij Kyslyzja am Montag bei einer Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat in New York. Dies seien nicht die Akte eines Staates mit Sicherheitsbedenken. „Dies sind die Akte eines Staates, der entschlossen ist, Zivilisten zu töten. Es gibt keine Debatte: Das sind Kriegsverbrechen.“

Nach Angaben der Vereinten Nationen sind beim russischen Angriffskrieg in der Ukraine bislang mehr als 100 Zivilisten getötet worden. Zudem seien mehr als 300 Unbeteiligte verletzt worden, teilte das Büro der UN-Menschenrechtsbeauftragten Michelle Bachelet am Montag in Genf mit. Unter den Todesopfern seien auch mindestens sieben Kinder.

„Die meisten dieser Opfer wurden durch den Einsatz von explosiven Waffen mit einem großen Aufprallbereich verursacht, einschließlich Beschuss durch schwere Artillerie, Raketenwerfer und Luftangriffe“, hieß es. Nach ukrainischen Angaben wurden bereits mehr als 350 Zivilisten infolge der Kämpfe getötet.

Russland weist den Vorwurf, es greife zivile Einrichtungen an, zurück. UN-Generalsekretär António Guterres hatte Attacken auf Unbeteiligte als „völlig inakzeptabel“ bezeichnet.

Zuvor hatte der Internationale Strafgerichtshof angekündigt, offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der Ukraine einzuleiten. Das sagte Chefankläger Karim Khan am Montagabend in Den Haag. Die Untersuchung werde „so schnell wie möglich“ in Gang gesetzt. Bereits kurz nach der Invasion Russlands in die Ukraine in der vergangenen Woche hatte der Ankläger erklärt, er beobachte die Lage eingehend.

Die Ermittlungen beziehen sich nach Angaben Khans zunächst auf mögliche Verbrechen, die vor der Invasion Russlands in die Ukraine begangen wurden. Angesichts der Ausbreitung des Konflikts sollten die Ermittlungen seiner Ansicht nach aber ebenfalls erweitert werden. Das Gericht hatte bereits Vorfälle bei der Niederschlagung pro-europäischer Proteste in Kiew 2013/2014 untersucht, ebenso bei der russischen Besetzung der Krim 2014 und in der Ostukraine.

Es gebe „eine ausreichende Grundlage für die Annahme, dass sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine begangen wurden“, erklärte der Chefankläger. Die Untersuchung solle sich auf mögliche Verbrechen aller Parteien in dem Konflikt richten.

Die Ukraine ist zwar kein Vertragsstaat des Weltstrafgerichts. Allerdings hat das Land in Erklärungen nach Angaben der Anklage die Zuständigkeit des Gerichts bei der möglichen Verfolgung von Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf seinem Territorium seit November 2013 akzeptiert. Russland erkennt das Gericht nicht an.

Der Ankläger muss nun zunächst eine richterliche Zustimmung zu dem Ermittlungsverfahren bekommen. Wann das entschieden wird, ist unklar. Khan rief außerdem Vertragsstaaten auf, die Untersuchung zu unterstützen - auch mit finanziellen Mitteln und Mitarbeitern.

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Belarussische Truppen überqueren ukrainische Grenze in Tschernihiw

Nach Angaben des ukrainischen Parlaments haben belarussische Truppen offenbar die Grenze in der Region Tschernihiw, im Norden der Ukraine, überquert.

Das russische Militär setzt unterdessen seinen Angriff auf die zweitgrößte Stadt des Landes mit unverminderte Härte fort. Der zuständige Gouverneur meldete zudem einen Beschuss im Zentrum der Stadt. Am Morgen schlug in Charkiw eine Rakete in das Verwaltungsgebäude auf dem zentralen Freiheitsplatz ein, wie ein von den ukrainischen Behörden veröffentlichtes Video zeigt und das auch vom ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba geteilt wurde.

Die Ukraine muss sich an zahlreichen Fronten verteidigen. In der Nacht wurde die im Süden liegende und strategisch wichtige Stadt Cherson am Schwarzen Meer angegriffen und auch die ukrainische Hauptstadt Kiew rückt ins Visier der Angreifer.

So zeigten Satellitenbilder einen 65 Kilometer langen Militärkonvoi mit gepanzerten Fahrzeugen, Artillerie und Soldaten vor den Toren Kiews. Die Sorge eines russischen Angriffs auf die ukrainische Hauptstadt wächst.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskiy verurteilte den Angriff auf Charkiw:

"Die russischen Streitkräfte haben heute Charkiw brutal mit Raketenartillerie beschossen. Dies ist eindeutig ein Kriegsverbrechen auf eine friedliche Stadt, friedliche Wohngebiete, die Stadt hat keine militärischen Einrichtungen."

Die Bilder und Aussagen von Anwohner:innen, in denen zivile Gebiete von russischen Raketen getroffen oder durch Artilleriebeschuss beschädigt wurden, häufen sich. Im Tageslicht zeigt sich das Ausmaß der nächtlichen Angriffe, wie hier in der im Nordwesten gelegenen Stadt Ochtirka.

Den russischen Truppen wird wenig Verständnis entgegengebracht: in der südlich gelegenen Stadt Berdjansk bauten sich Hunderte von Zivilisten vor mehreren russischen Panzern auf, und skandierten "Berdjansk ist die Ukraine".

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Ukraine: Wladimir Putin laut US-Geheimdienste »frustriert« und »isoliert«

Er sei nur noch von »Unterwürfigen« umgeben und reagiere mit »Wutausbrüchen«: US-Geheimdienste zeichnen dem Sender NBC zufolge ein düsteres Bild von Kremlchef Putin.

Die US-Geheimdienste hatten konkret vor einem Einmarsch Russlands in die Ukraine gewarnt. Kurz darauf überschritten russische Soldaten auf Geheiß von Kremlchef Wladimir Putin die Grenze zum Nachbarland. Nun warnen US-Geheimdienste laut dem US-Sender NBC erneut vor Putin.

Der russische Präsident sei zunehmend frustriert über die ins Stocken geratene Invasion, notiert NBC unter Berufung auf mehrere Geheimdienstquellen. Die Gefahr bestehe, dass der Präsident eine Gewaltspirale in der Ukraine als einzigen Ausweg sehe, den Krieg zu gewinnen.

»Ungewöhnliche Wutausbrüche«

Es gebe konkrete Hinweise, dass Putin »frustriert« sei und mit »ungewöhnlichen Wutausbrüchen« auf Menschen in seinem direkten Umfeld losgehe. Das sei ungewöhnlich, der Kremlchef agiere sonst kühl und strategisch. Putins derzeitige Isolation sei »eine Hauptsorge«, zitiert NBC einen mit Russland vertrauten Diplomaten. »Wir glauben nicht, dass er realistische Einblicke hat in das, was gerade [in der Ukraine, Anm. d. Red.] passiert.«

»Er ist nicht mehr der gleiche kaltblütige, klare Diktator, der er noch 2008 war«, sagte auch der ehemalige CIA-Direktor John Brennan.

In ähnlicher Stoßrichtung twittert auch der republikanische Senator Marco Rubio: Damals – im Georgienkrieg – sei Putin ein kalkulierter Killer gewesen, heute sei er »noch viel gefährlicher«.

Auch der demokratische Senator Mark Warner, Mitglied im Geheimdienst-Ausschuss, warnt, Putin sei »vom großen Widerstand der Ukrainer völlig kalt erwischt« worden. Er sei zunehmend isoliert und kaum noch im Kreml, so Warner beim Sender MSNBC. »Er erhält immer weniger Input«, so Warner, »und der Input, der kommt, stammt von Unterwürfigen«.

Warners Angst: Putin werde so immer weiter in die Enge getrieben.

Die Sichtweise der US-Politiker wird auch von vielen Militärstrategen geteilt. Demnach war die russische Invasion nicht auf einen mehrtägigen Häuserkampf ausgelegt. Im Kreml sei man von einem schnellen Sieg ausgegangen – und hatte geglaubt, Ukrainerinnen und Ukrainer würde über ihre vermeintliche Befreiung jubeln. Stattdessen komme der russische Vormarsch auf Kiew kaum noch voran.

Hintergrund seien wahrscheinlich logistische Probleme, heißt es in einer aktualisierten Lage-Einschätzung des britischen Geheimdienstes, die dortige Verteidigungsministerium veröffentlichte. Und schon jetzt wird sichtbar, wie das russische Militär seine Strategie ändert: Es habe den Einsatz von Artillerie im Norden der ukrainischen Hauptstadt und um Charkiw sowie Tschernihiw verstärkt, so die Briten. »Schwere Artillerie in stark bewohnten Gebieten erhöht die Gefahr von Opfern unter den Zivilisten.«

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Der Wehrwille, die Technologie und der Informationskrieg sind die drei kritischen Erfolgsfaktoren der ukrainischen Armee

Es ist die Geschichte von David gegen Goliath: Der zukünftige König der bedrängten Israeliten, noch fast ein Kind, bringt den Riesen, den Aggressor, zu Fall. Der Satz aus dem ersten Buch Samuel erinnert an die aktuellen Bilder aus der Ukraine: «So besiegte David den Philister mit einer Schleuder und einem Stein; er traf den Philister und tötete ihn, ohne ein Schwert in der Hand zu haben.»
Über die sozialen Netzwerke verbreitete sich in den ersten Tagen des Krieges in der Ukraine ein Video, das eine kleine Gruppe Ukrainer zeigt, die mit einer scheinbar simplen Waffe einen stehenden Panzer der russischen Armee mit Begleitfahrzeug abschiessen. Die Szene erfasst den Kern der gegenwärtigen Wahrnehmung des ukrainischen Widerstands: Der Mut der Unterlegenen bringt einen übermächtigen, aber schwerfälligen Gegner in Bedrängnis.

Nach Zahlen hat die Armee der Ukraine der Militärmacht Russlands wenig entgegenzusetzen. Auch die grafische Gegenüberstellung der grossen Waffensysteme scheint von David und Goliath zu erzählen. Die Menge an russischen Panzern, Artilleriegeschützen oder Kampfflugzeugen, die den Ukrainern entgegenstehen, ist erdrückend.

Umso erstaunlicher wirken die Berichte über die Widerstandskraft gegen die heranrückenden Russen. Hat der Kreml die Ukrainer unterschätzt? Ein Kollaps der ukrainischen Armee vor der ersten Wucht des Angriffs blieb aus. Ihr Verteidigungsdispositiv scheint taktisch gut aufgestellt zu sein. Besonders der russische Stoss östlich des Dnipro kommt nur langsam voran.

Der zurzeit erfolgreiche Widerstand der Ukraine gegen die russische Aggression hat drei Gründe: ein unbedingter Wehrwille weiter Teile der Bevölkerung, die technologische Aufrüstung der Armee seit 2014 – und ein geschickter Informationskrieg Kiews. Die Ukraine hat sich mental und materiell auf den Krieg vorbereitet.

Wehrwille

Die Entschlossenheit, die Souveränität einer demokratisierten Ukraine gegen Russland zu bewahren, fusst unter anderem auf der Erfahrung der Maidan-Revolution von 2014. Die Bevölkerung liess sich damals von den Drohungen des wankenden, prorussischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch nicht beeindrucken. Die Demonstranten harrten wochenlang auf dem Hauptplatz der Hauptstadt Kiew aus, bis der «regime change» vollzogen war.

Die darauffolgende Annexion der Krim und die Kämpfe in der Ostukraine bestärkten viele Ukrainerinnen und Ukrainer darin, für die Demokratie und die Freiheit zu kämpfen. Das Narrativ des Kremls, die Ukraine zu befreien, läuft deshalb ins Leere. Es macht zuweilen den Anschein, dass die russischen Truppen vom heftigen Widerstand überrascht sind. Selbst im Osten des Landes, wo viele Russen leben, werden sie nicht jubelnd empfangen.

Die ersten Bilder russischer Panzer, die von Norden her vorstossen, zeigten eine Truppenverschiebung auf der Strasse. Statt in einer taktischen Formation fuhr ein Fahrzeug nach dem anderen über die ukrainische Grenze. Die Angreifer haben die Ukraine unterschätzt. Dies ist vielleicht einer der Gründe, weshalb die erste Welle der Offensive mit einem verhältnismässig tiefen Kräfteansatz erfolgte.

Für eine offensive Aktion mit Panzern und Artillerie gilt die Faustregel: Die Angreifer brauchen im offenen Gelände dreimal mehr Kraft als die Verteidiger. In Ortschaften und Städten wird der Kampf noch aufwendiger. In den Strassenschluchten von Kiew braucht es möglicherweise fast zehnmal so viel russische Kraft wie ukrainische.

Allmählich wird auch das Verteidigungsdispositiv von Kiew sichtbar. Die Brücken können gesperrt oder gesprengt werden. Doch es sind nicht nur die taktischen Grundsätze, die den Ukrainern in die Hände spielen. Der David kann dem heranrückenden Goliath auch die Schwarmintelligenz der westlichen Demokratien entgegensetzen.

Technologische Unterstützung des Westens

Die ukrainische Armee hat seit 2014 aufgerüstet, trainiert und Einsatzverfahren der Nato eingeführt. Allgemein diskutiert werden die türkischen Kampfdrohnen, die Stinger-Flugabwehrraketen oder die modernen Panzerabwehrwaffen. Diese Mittel bringen aber nur den gewünschten Effekt, wenn sie koordiniert eingesetzt werden können.

Der Schlüssel ist die Vernetzung zwischen den Sensoren und den Waffen. Je schneller Nachrichten, die von Aufklärern, Drohnen oder anderen Quellen eintreffen, ausgewertet werden können, desto präziser und effektiver können Ziele bekämpft werden. Mit verhältnismässig wenig Kraft kann eine hohe Wirkung erzeugt werden.

Entscheidend dafür ist eine gute Führungsinfrastruktur. Es braucht eine schnelle und geschützte Übertragung von Daten, künstliche Intelligenz bei der Zusammenführung verschiedener Quellen und der Auswertung von Einzelnachrichten sowie eingespielte Entscheidungsprozesse.

Unterdessen verfügt die ukrainische Armee über «Command and Control»-Fähigkeiten (C2) nach Nato-Standard. 2018 kündigte das Verteidigungsministerium an, gemeinsam mit dem britischen Militärberater Nik Parker ein eigenes System aufzubauen. Nach einer amerikanischen Definition muss dieses «die Gesamtheit der organisatorischen und technischen Prozesse sowie menschliche, physische und informationstechnische Ressourcen einsetzen, um Probleme zu lösen und Aufgaben zu erfüllen».

Auf der Website des ukrainischen Verteidigungsministeriums wird Nik Parker mit der Aussage zitiert, schnelle Entscheidungen könnten eine starke Wirkung entfalten. Mit anderen Worten: Das ukrainische C2 könnte dem russischen System technologisch weit überlegen sein. Deshalb können die Davids im Feld den Vormarsch des Goliath stärker abbremsen als erwartet.

Wie erfolgreich eine gute Vernetzung gegen einen kompromisslosen Gegner funktionieren kann, demonstrierte die amerikanische Zusammenarbeit mit den kurdischen Kräften im Kampf gegen die Terrorgruppe IS in Syrien. Die Kämpferinnen und Kämpfer waren mit Tablet-Computern ausgerüstet. Über ein einfaches Kartensystem bezeichneten sie darauf die Ziele, die direkt an die US-Luftwaffe übermittelt wurden.

Russland dürfte die Überlegenheit der westlichen Technologie insbesondere 2020 erlebt haben. Gleich zweimal gerieten in diesem Jahr russische Verbündete in Rücklage. Zuerst General Haftar im libyschen Bürgerkrieg gegen die Zentralregierung in Tripolis. Dann die armenische Armee gegen Aserbaidschan im Kampf um Nagorni Karabach – wobei dort auch andere Gründe eine Rolle gespielt haben.

In beiden Fällen sorgte die türkische Armee für die Luftüberlegenheit. Dazu erhielten sowohl die libyschen Verbündeten als auch die Aseri westliche C2-Fähigkeiten. Einer der Gründe für die russische Offensive könnte denn auch das Ziel gewesen sein, die ukrainische Armee jetzt noch zu zerschlagen, bevor sie in ein paar Jahren technologisch ganz überlegen sein würde.

Es ist anzunehmen, dass britische Militärberater in der Ukraine aktiv sind. Möglich ist auch eine Vernetzung des ukrainischen C2 mit der Nato. Damit könnten die Verteidiger auch von den westlichen Sensoren profitieren: den Satelliten, den Drohnen oder den Daten der F-35-Kampfflugzeuge, die für die Nato eines der wichtigsten Mittel der westlichen Überlegenheit darstellen. Unter anderem operieren die neuesten Jets der niederländischen Luftwaffe in Bulgarien.

Informationskrieg

Dieser technologische Vorteil passt zur Geschichte von David und Goliath. Der Kleine ist schlauer als der Grosse. Dieses Narrativ verbreiten die Ukrainer auf allen möglichen Kanälen. Zusammen mit der Botschaft, der russische Vorstoss sei langsamer als erwartet, soll dies primär die russische Öffentlichkeit verunsichern, ebenso die kämpfende Truppe, die mental wohl mit einer falschen Erwartung in den Krieg geschickt worden ist.

Die ukrainische Seite hat seit 2014 auch massiv in die strategische Kommunikation investiert. Die Stratcom, wie es im Nato-Slang heisst, ist ein Schlüsselbereich für das westliche Militärbündnis. Ukrainische Offiziere haben die entsprechenden Schulungen der Nato besucht, bauten aber selber eine hohe Kompetenz auf. An der Nato-Schule profitierten deshalb beide Seiten voneinander.

Die Ukraine ist darum in der Lage, einen ausgereiften Informationskrieg zu führen. Vom Präsidenten bis zu den Bürgerinnen und Bürgern überall im Land werden alle Kanäle mit der gleichen Botschaft bespielt: Wir leisten Widerstand.

Der Kampf mit Wort und Bild hat aber auch seine Grenzen. Eine rote Linie ist die Präsentation russischer Gefangener in den Medien, ebenso die brutalen Bilder verkohlter oder entstellter Leichen. Beides ist in den letzten Tagen vorgekommen. Auch dies mag der Abschreckung dienen, kratzt aber am Image einer demokratischen Armee mit ethischen Standards.

Ausserdem geht in der ukrainischen Informationsflut unter, dass die Armee zwar bisher gut verteidigt hat, aber noch keine Offensiven in die Flanken der russischen Angreifer unternommen hat. Nur mit einer aktiven Verteidigung, also der Kombination von defensiven und offensiven Aktionen, kann ein Gegner entscheidend geschlagen werden. Darin zeigt sich wohl die Unterlegenheit der Ukrainer bei den konventionellen Mitteln, den Panzern und der Artillerie.

Eine Analyse der militärischen Lage am Dienstag zeigt denn auch ein differenzierteres Bild, als es gegenwärtig verbreitet wird: Die Offensive kommt zwar langsamer voran als geplant. Mit raschen Vorstössen nach dem Prinzip des «fliessenden Wassers» oder überraschenden Luftlandungen vermögen sich die Angreifer an entscheidenden Positionen aber eindeutig durchzusetzen.

Unterdessen rücken starke, neue Kräfte der russischen Armee nach und werden die Offensive verstärken. Es bleibt abzuwarten, ob die Ukrainer dank ihren mentalen und technologischen Vorteilen dieser Wucht an Kraft und Feuer noch standhalten können. Einen finalen Schlag wie David, der Goliath schliesslich tötete, wird die ukrainische Armee nicht ausführen können.

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Wie ergeht es Putin? Reiche in Russland stellen sich gegen den Präsidenten

Laut Fotos der russischen Agentur Sputnik hat Russlands Präsident an diesem 1. März im Kreml in Moskau den Gouverneur von St Petersburg getroffen. Doch seit Tagen gibt es Gerüchte, Wladimir Putin halte sich tatsächlich irgendwo im Ural auf - an einem geheimen Ort.

Muss der Staatschef fürchten, von den reichen Russen belangt zu werden, die jetzt als Reaktion auf den Krieg gegen die Ukraine mit Sanktionen belegt wurden?

Die russischen Oligarchen Michail Fridman und Petr Aven, die beide auf der Sanktionsliste der westlichen Welt stehen, wollen justirisch gegen die Strafmaßnahmen vorgehen. Die Geschäftspartner Fridman und Aven haben angekündigt: "die fadenscheinige und unbegründete Grundlage für die Verhängung dieser Sanktionen anzufechten - und zwar energisch und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln".

Oligarch Fridman verurteilt den Krieg in der Ukraine

Der russische Milliardär Michail Fridman hatte aber schon zuvor den Krieg in der Ukraine in einem Brief an die Angestellten seines Fonds LetterOne verurteilt. Er war der erste russische Oligarch, der sich offen gegen den Konflikt aussprach, wie auch die Jerusalem Times berichtet. Der Krieg sei laut Fridman eine "Tragödie", die beide Länder "verwüsten" werde.

"Ich wurde in der Westukraine geboren, wo ich gelebt habe, bis ich 17 Jahre alt war. Meine Eltern sind ukrainische Staatsbürger und leben in Lwiw, meiner Lieblingsstadt", schrieb er in der Mitteilung, die am Sonntag wurde. "Aber ich habe auch einen großen Teil meines Lebens als russischer Staatsbürger verbracht, Unternehmen aufgebaut und zum Blühen gebracht. Ich bin dem russischen und dem ukrainischen Volk zutiefst verbunden und sehe den aktuellen Konflikt als eine Tragödie für beide an".

Russische Milliardäre verlieren Unsummen

Laut dem Magazin "Forbes" haben die 116 reichsten russischen Milliardäre seit dem 16. Februar bereits fast 100 Milliarden US-Dollar verloren. Diese Einschätzung basiert auf den Auswirkungen der Krise - wie fallenden Börsenkursen, Verfall des Rubel, Sanktionen usw. - und wurde noch vor der weiteren militärischen Eskalation erstellt.

"Wir sind gegen diesen Krieg"

Auch der Chef der Tinkov-Bank, der Brauereibesitzer Oleg Tinkov hat Putins Krieg kritisiert. Er schrieb auf Instagram zu einem Foto von sich mit seinen Kindern: "Jetzt sterben in der Ukraine jeden Tag unschuldige Menschen, das ist undenkbar und inakzeptabel! Staaten sollten Geld für die Behandlung von Menschen, für die Forschung zur Bekämpfung von Krebs und nicht für Krieg ausgeben.

Wir sind gegen diesen Krieg!"

"Ende des Staatskapitalismus"?

"Wir müssen dem Staatskapitalismus unbedingt ein Ende setzen". Das sind die Worte des russischen Oligarchen Oleg Deripaska, der zu den fünfzig Reichsten in Russland gehört. Angesichts der Sanktionen, die der Westen nach der russischen Invasion in der Ukraine verhängt hat, forderte der Milliardär und Gründer des Aluminiumriesen Rusal die Regierung in Moskau auf, "ihre Wirtschaftspolitik zu ändern". "Das ist eine echte Krise da draußen, und wir brauchen echte Krisenmanager", beklagte der Unternehmer Deripaska.

Die Familien der Soldaten

Viele Familien der russischen Soldaten wissen nicht wirklich, wo ihre Söhne und Männer sind. Am Sonntag hatte die Regierung in Moskau erstmals eingestanden, dass es Opfer unter den Truppen gibt, aber nicht wie viele von ihnen in der Ukraine getötet, verletzt oder gefangen genommen wurden.

An diesem Dienstag verlautete aus Russland, dass der Staat jede Familie eines gefallenen Soldaten 11.000 Rubel bekommen soll. Das sind etwa 85 Euro.

Beobachter:innen in Moskau gehen davon aus, dass die öffentliche Meinung gegenüber Wladimir Putin entscheidend von den Familien der Soldaten beeinflusst werden wird.

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Pentagon: Russen haben Probleme, ihre Soldaten zu versorgen

Beim Angriff auf die Ukraine haben russische Truppen nach Angaben aus Kreisen des US-Verteidigungsministeriums inzwischen Probleme, die eigenen Soldaten mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Ein Vertreter des Pentagon sagte am Dienstag in Washington: «Es gibt (...) Anzeichen dafür, dass sie Probleme mit der Versorgung ihrer Truppen haben - dass ihnen nicht nur das Benzin ausgeht, sondern auch Lebensmittel.» Insgesamt hätten die Russen bei ihrer Offensive zuletzt keine größeren Fortschritte gemacht. Die logistischen Probleme seien dabei ein Faktor, aber auch der Widerstand der ukrainischen Streitkräfte, der größer sei als wohl von der russischen Seite erwartet.

Es gebe Hinweise darauf, «dass die Moral in einigen dieser Einheiten nachlässt, weil sie nicht mit dem Widerstand gerechnet haben, der ihnen entgegengebracht wird», sagte der Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums weiter. Es könne daneben auch sein, dass die russischen Truppen aus eigenem Antrieb eine Art Pause einlegten, um sich neu zu gruppieren und aufzustellen und die eigene Strategie zu überdenken. Er betonte, die russischen Truppen würden sich sicher anpassen und versuchen, die Herausforderungen zu bewältigen. Die Attacke habe erst vor wenigen Tagen begonnen. Außerdem verfüge Russland über große militärische Ressourcen.

Der Pentagon-Vertreter sagte, nach US-Einschätzung seien inzwischen mehr als 80 Prozent der Truppen, die Russland zuvor an der Grenze zusammengezogen habe, innerhalb der Ukraine. Es sei unklar, warum Russland bei dem militärischen Angriff derartige logistische Probleme habe und ob dies auf Fehler bei der Planung oder der Ausführung des Angriffs zurückgehe. Auf mehrfache Nachfrage, auf welchen Informationen und Quellen genau die Angaben über Probleme auf russischer Seite beruhten, äußerte sich der Pentagon-Vertreter ausdrücklich nicht. Dazu könne er öffentlich keine Angaben machen.

Er sagte weiter, die USA gingen mit Stand vom Dienstagmorgen US-Ostküstenzeit davon aus, dass die russischen Truppen insgesamt seit dem Start des Angriffes mehr als 400 Raketen abgefeuert hätten - am Vortag habe die Zahl bei etwa 380 gelegen. Hinweise darauf, dass belarussische Truppen in die Ukraine einmarschierten, gebe es nicht.

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„Internationale Legion“ als Kriegshelfer: Aus diesen Ländern ziehen freiwillige Kämpfer in die Ukraine

Die Ukraine setzt im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg auch auf ausländische Kämpfer, sogar aus Japan. Sie sollen militärische Erfahrung haben.

Im Kampf gegen die russischen Truppen hat die Ukraine freiwillige Kämpfer aus dem Ausland aufgerufen, sich ihnen anzuschließen. Am Sonntag – drei Tage nach Beginn der Invasion – schrieb der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba auf Twitter: „Ausländer, die bereit sind, die Ukraine und die Weltordnung als Teil der Internationalen Legion zur Verteidigung des ukrainischen Territoriums zu verteidigen, lade ich ein, sich an die diplomatischen Vertretungen der Ukraine in ihren jeweiligen Ländern zu wenden.“

Auf den Aufruf meldeten sich offenbar bereits Dutzende Frauen und Männer. Allein im eigentlich pazifistischen Japan hätten sich bis Dienstag 70 Männer an die ukrainische Botschaft gewandt, berichtete die Zeitung „Mainichi Shimbun“. Unter ihnen sollen 50 ehemalige Mitglieder der japanischen Selbstverteidigungskräfte und zwei Veteranen der französischen Fremdenlegion sein.

Ein Sprecher der ukrainischen Botschaft bestätigte Reuters, dass Japaner angeboten haben, „für die Ukraine kämpfen zu wollen“. Einzelheiten wollte er jedoch nicht nennen.

„Jeder Kandidat dafür muss Erfahrung in den japanischen Selbstverteidigungskräften haben oder eine spezielle Ausbildung absolviert haben“, hieß es in einem Beitrag der Botschaft in sozialen Medien. Auf Twitter suchte sie am Mittwoch nach Freiwilligen mit medizinischer, IT-, Kommunikations- oder Feuerwehr-Erfahrung.

Auch aus anderen Ländern häufen sich die Berichte, dass sich ehemalige Berufssoldaten und Reservisten dem Kampf der Ukraine gegen die russische Invasion anschließen. Laut der stellvertretenden Verteidigungsministerin Hanna Malyar sollen sich bereits mehrere Tausend Ausländer beworben haben, um für die Ukraine zu kämpfen, berichtet „Kyiv Independent“.

Besonders viele Freiwillige kämen aus den baltischen Staaten und Georgien, berichtet der österreichische „Standard“. Offenbar befinden sich auch finnische und norwegische Freiwillige unter den internationalen Kämpfern. Die Meldungen lassen sich letztendlich aber oft nicht unabhängig bestätigen.

Bereits unter der Ankündigung des ukrainischen Außenministers auf Twitter haben viele Nutzer ihre Bereitschaft erklärt, mit der Ukraine in den Krieg zu ziehen. „Das unterstütze ich. Es ist etwas, über das die Menschen persönlich entscheiden“ , sagte die britische Außenministerin Liz Truss, als sie in der BBC auf die „Internationalen Legion“ der Ukraine angesprochen wurde.

Bundeswehr-Reservisten organisieren sich offenbar für Ukraine-Einsatz

„Buzzfeed News“ sprach am Wochenende mit einem zehnköpfigen Team aus ehemaligen amerikanischen und britischen Spezialkräften, die sich in Polen auf ihren Einsatz in der Ukraine vorbereiten – unter ihnen auch ein Deutscher. Die Ex-Soldaten seien im Nahkampf und in der Terrorabwehr ausgebildet und wollten sich im Nachbarland der „Internationalen Legion“ anschließen. Weitere US-Veteranen seien auf dem Weg, um die internationale Truppe anzuführen, heißt es in dem Bericht.

In Deutschland sollen sich unterdessen Hunderte Bundeswehr-Reservisten zusammengeschlossen und Bereitschaft für einen Kampfeinsatz in der Ukraine bekundet haben, berichtet „Business Insider“ unter Berufung auf eine verschlüsselte Chat-Gruppe. Einzelne der Chat-Mitglieder gaben demnach an, schon in der Ukraine zu kämpfen.

Der Reservisten-Verband erklärte derweil gegen über dem Nachrichtenportal, dass noch nicht abschließend geklärt sei, ob sich Deutsche dem Kampf in der Ukraine anschließen dürften. Man sei mit der Bundeswehr in Kontakt. Es fehle aber noch eine „verlässliche juristische Einschätzung“. Litauen etwa bittet seine Staatsbürger, sich lediglich zu melden, wenn sie in den Krieg ziehen wollen.

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Deutschland liefert 2700 Flugabwehrraketen an die Ukraine

Die Bundesrepublik unterstützt die Ukraine mit einer weiteren Waffenlieferung: Die Streitkräfte sollen mit 2700 Flugabwehrraketen vom Typ „Strela“ ausgestattet werden. Die Raketen stammen aus Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR.

Deutschland will weitere Waffen an die Ukraine liefern. Das Wirtschaftsministerium genehmigte die Abgabe von 2700 Stück Flugabwehrraketen vom Typ „Strela“, wie die Deutsche Presse-Agentur und die „SZ“ am Donnerstag aus Kreisen des Ministeriums erfuhr. Dabei handle es sich um Waffen sowjetischer Produktion aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR.

Deutschland hatte zuvor einen Kurswechsel in der Ukraine-Krise vollzogen und die Streitkräfte des von Russland angegriffenen Landes mit schweren Waffen ausgerüstet. Im Verteidigungsministerium lief nach dpa-Informationen seit Tagen eine Prüfung, ob und welche weiteren Waffen an die Ukraine abgegeben werden können. Bei den nun vom Wirtschaftsministerium genehmigten Lieferungen handelt es sich nun um weitere Waffen einer anderen Bauart.

Am Samstag entschied die Bundesregierung, 1000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ „Stinger“ aus Bundeswehrbeständen so schnell wie möglich in die Ukraine zu liefern. Aus Kreisen der Bundesregierung wurde am Mittwoch erklärt, die „Stinger“ sowie Panzerfäuste seien an die Ukraine übergeben worden.

Außerdem wurde den Nato-Partnern Niederlande und Estland die Lieferung von Waffen an die Ukraine genehmigt, die aus deutscher Produktion oder DDR-Beständen stammen.

„Der russische Überfall auf die Ukraine markiert eine Zeitenwende. Er bedroht unsere gesamte Nachkriegsordnung“, hatte Bundeskanzler Olaf Scholz erklärt. „In dieser Situation ist es unsere Pflicht, die Ukraine nach Kräften zu unterstützen bei der Verteidigung gegen die Invasionsarmee von Wladimir Putin. Deutschland steht eng an der Seite der Ukraine.“

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