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Ukraine- Krieg

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Für den Ernstfall: Diese Atombomben lagert das US-Militär in Deutschland

Nach der Ankündigung, dass der russische Präsident Wladimir Putin seine Atomwaffen in Alarmbereitschaft gesetzt hat, bleibt auch in Deutschland die Sorge vor einem Atomkrieg zwischen der Nato und Russland. Für viele hierzulande stellt sich die Frage: Welche Rolle würde die Bundeswehr übernehmen, sollte es tatsächlich zu dem Katastrophen-Szenario kommen? Und was bedeutet die nukleare Teilhabe konkret? Die wichtigsten Begriffe im Überblick.

Was bedeutet Deutschlands nukleare Teilhabe?

Aufgrund des Atomwaffensperrvertrags ist es nur fünf Veto-Mächten des UN-Sicherheitsrates erlaubt, Atomwaffen zu besitzen: die USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien. Entsprechend Artikel II des Vertrages verpflichten sich die nicht-atomaren Staaten darauf, Kernwaffen von keinem Land anzunehmen. Dennoch brechen mehrere Nato-Verbündete diese Regel durch die sogenannte nukleare Teilhabe. Das ist laut Bundesverteidigungsministerium (BMVg) eine Abschreckungsstrategie der Nato, um Mitglieder, die selbst keine Waffen besitzen, im Falle eines Atomkriegs einzubinden.

Dabei wird unterschieden zwischen politischer und technischer Teilhabe – auf Deutschland trifft beides zu. Im Rahmen der technischen Teilhabe lagert das US-amerikanische Militär an mehreren Standorten in Deutschland Atomwaffen – die deutschen Soldatinnen und Soldaten bereiten sich wiederum darauf vor, die Waffen notfalls einzusetzen.

Ein solcher Einsatz wird durch das „Zweischlüssel-Abkommen“ geregelt. Demnach haben die USA alleinige Befehlsgewalt über die Atombomben. Die Bundeswehr müsste wiederum die Trägersysteme, Stützpunkte, Flugzeuge und das Personal stellen, damit alles reibungslos verläuft. Konkret heißt das: Die Codes zum Auslösen der Atombomben kennen nur die Amerikaner, ihr Abwurf aber wäre die Aufgabe des deutschen Militärs.

Wo in Deutschland lagern die USA ihre Kernwaffen? Und wie viele?

Im beschaulichen Büchel, das nur rund 1200 Einwohner zählt, lagern die USA schätzungsweise 20 Atombomben. Das ist jedoch nicht bestätigt, da die Bundesregierung bisher keine konkreten Zahlen preisgegeben hat. Nicht ohne Grund wurde der Ort in der Eifel als Stützpunkt ausgewählt: Hier befindet sich nämlich auch das „Taktische Luftwaffengeschwader 33“ der Bundeswehr. Käme es zu einem Angriff mit Atomwaffen, würden die Piloten dieser Luftwaffe die Atombomben mit deutschen Kampflugzeugen ans Ziel fliegen und abwerfen.

Was sind das für Atombomben?

Bei den gelagerten Bomben handelt es sich um frei fallende Atombomben vom Typ B61 – seit rund 50 Jahren ist das die Standardbombe für die Flugzeuge der Nato. Die in Deutschland stationierten Bomben des Typs B61-4 sind etwa 3,58 Meter lang. Dabei kann die Stärke der Sprengkraft eingestellt werden – von nur 0,3 bis 45 Kilotonnen, wie Werner Sonne in seinem Buch „Die Bombe, die noch mehr können soll“ schrieb. Die Bomben würden von den sogenannten Tornado-Jagdbombern abgeworfen werfen und durch einen Fallschirm verzögert fallen. Vorher kann eingestellt werden, ob sie entweder noch in der Luft oder erst am Boden explodieren.

Mit Zustimmung des Bundestags werden seit 2020 die B61-4-Bomben modernisiert und bis 2025 nach und nach in den Dienst gestellt werden. Die neue B61-1239 ist nach Angaben der „sozial-ökologischen Wirtschaftsforschung e.V.“ (isw) eine „Allround“-Atombombe, die mit größerer Zielgenauigkeit und verbesserter Reichweite, tief verbunkerte Ziele zerstören kann. Die B61-12 ist die erste Nuklearbombe, die mit einem derartigen Steuerungssystem ausgestattet ist.

Durch die variable Sprengkraft in der Größenordnung von sogenannten Mini-Nukes bis zur Sprengkraft der Hiroshimabombe, ergeben sich für die Kriegsplaner erweiterte operative Möglichkeiten für den Einsatz dieser Atomwaffen. Schätzungen zufolge verfügt die B61-1239 eine nach Bedarf einstellbare Sprengkraft von 0,3 bis 50 Kilotonnen. Zum Vergleich: Die erste Atombombe „Little Boy“ wurde von den USA am 6. August 1945 auf die japanische Stadt Hiroshima und zerstörte 80 Prozent der Stadt mit einer Sprengkraft von 13 Kilotonnen. In Hiroshima starben insgesamt geschätzte 90.000 bis 150.000 von 340.000 Einwohnern.

Welche Flugzeuge kämen im schlimmsten Szenario zum Einsatz?

Für einen Atombomben-Abwurf würden bislang die Tornado-Kampfflugzeuge der Bundeswehr zum Einsatz kommen. Den PA-200 Tornado gibt es in Deutschland seit 1980. Damals war das Flugzeug noch ein Überflieger, nach Angaben der Bundeswehr stößt es aber mittlerweile hinsichtlich der Auftragserfüllung, Einsatzfähigkeit, Einsatzbereitschaft und Wirtschaftlichkeit an seine Grenzen. Die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer kündigte 2020 an, die veraltete Tornado-Flotte der Bundeswehr vom Jahr 2025 an durch bis zu 90 weitere Eurofighter-Jets sowie 45 F-18-Kampflugzeuge von Boeing zu ersetzen, berichtete damals „Der Spiegel“. Laut Informationen der Nachrichtenagentur Reuters bemüht sich auch das aktuelle Verteidigungsministerium um Ersatz für die Tornados. Es sei der Kauf des moderneren Flugzeugs F-35 im Kabinett Scholz auf dem Tisch. Außerdem kommen mittlerweile, früher als erwartet, die modernen Eurofighter zum Einsatz.

Hat die Bundeswehr die Kapazitäten für einen Atombomben-Abwurf?

Zuständig für den Einsatz der Atombomben wäre in Deutschland das „Taktische Luftwaffengeschwader 33“ der Bundeswehr in Büchel. Gemeinsam mit den anderen europäischen Bündnispartnern, in denen US-Atomwaffen stationiert sind, proben die Piloten in der Nato-Übung „Steadfast Noon“ jährlich den Abwurf der Atombomben. Laut „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ wurde für die Übung das letzte Mal im Oktober 2021 der Luftraum über dem südlichen Bündnisgebiet genutzt. Dort wurde der Einsatz der taktischen US-Atomwaffen vom Typ B61 trainiert werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hat inmitten des Krieges in der Ukraine indes angekündigt, die Bundeswehr künftig mit 100 Milliarden Euro massiv stärken. Das Sondervermögen solle für Investitionen und Rüstungsvorhaben genutzt werden.

Ist Deutschland auf ein Atomkriegs-Szenario vorbereitet?

Nach aktuellem Stand: nein. „Wir haben erheblichen Nachholbedarf, was den Katastrophenschutz insgesamt angeht“, sagte Gerd Landsberg vom Deutschen Städte- und Gemeindebund der „Welt“. Zentrale Punkte des Katastrophenschutzes fehlten hierzulande. „Es existiert kein bundesweites Lagebild und kein Alarmsystem, um die Bevölkerung zu informieren. Es gibt keine Depots, in denen haltbare Lebensmittel und Notstromaggregate bereitgehalten werden, um die Bevölkerung in größerem Umfang damit zu versorgen. Und es wurden viele Jahre keine umfassenden Katastrophenschutzübungen mehr abgehalten.“ Auch gibt es keine öffentlichen Bunker mehr in Deutschland. Davon existierten während des Kalten Krieges noch 2000, aber 2007 entschied sich die Bundesregierung, auf diese zu verzichten. Stattdessen gebe es 9.000 private Schutzräume – zu denen nicht jeder Zugang habe – sagte ein Sprecher der Bundesanstalt der „Welt“.

Wie überlebt man eine Atombombe?

Im (unwahrscheinlichen) Falle eines nuklearen Angriffs solltet ihr sofort Schutz suchen, am besten in Schulen und Büros aus Ziegeln und Beton. Die Mitte des Gebäudes oder der Keller sind dabei die sichersten Orte. Niemals solltet ihr in Fahrzeugen Schutz zu suchen, da Autofenster zu dünn sind, um euch vor nuklearem Niederschlag zu schützen. Wenn ihr euch in einem sicheren Gebäude befindet, wartet mindestens eine Stunde, bevor ihr euch von dort wieder wegbewegt. Zu diesem Zeitpunkt wäre das Strahlenexpositionspotenzial wahrscheinlich um rund 55 Prozent gesunken. Wenn euer Schutzraum Fenster hat, solltet ihr so weit wie möglich von ihnen entfernt bleiben. Schockwellen von einer Explosion können Fenster bis zu einer Entfernung von 16 Kilometern zertrümmern, was zu umherfliegenden Glassplittern führen kann. Heizungen und Klimaanlagen sollten ausbleiben, da sie kontaminierte Partikel hineinsaugen können. Personen, die während der Explosion draußen waren, sollten so schnell wie möglich duschen mit warmem Wasser und Seife. Auch Nase putzen hilft dabei, eingeatmeten Fallout zu entfernen.

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Was droht Putin in Den Haag?: Russland muss sich wegen Völkermordes vor höchstem UN-Gericht verantworten

Die Ukraine beschuldigt das Nachbarland auch, „Taten von Genozid in der Ukraine zu planen“. Die UN-Richter sollen dagegen Sofortmaßnahmen anordnen.

Zum ersten Mal seit der Invasion in die Ukraine muss sich Russland vor dem höchsten Gericht der Vereinten Nationen in Den Haag wegen der Verletzung der Völkermord-Konvention von 1948 verantworten. Der Internationale Gerichtshof verhandelt von diesem Montag an die Dringlichkeitsklage der Ukraine. Diese fordert Sofortmaßnahmen, um die Kämpfe im Land zu stoppen. Im Friedenspalast in Den Haag werden zunächst die Rechtsvertreter der Ukraine ihren Fall darlegen. Russland hat am Dienstag das Wort.

Die Ukraine wirft Russland eine Verletzung der Völkermord-Konvention vor. Die Richter sollen erklären, dass „Russland keine rechtliche Grundlage hat“, in und gegen die Ukraine vorzugehen. Russland hatte nämlich ohne Vorlage von Beweisen behauptet, dass in Luhansk und Donezk in der Ostukraine Völkermord begangen werde und damit die Invasion begründet. Die Ukraine weist diese Vorwürfe „mit Nachdruck“ zurück.

Die Ukraine beschuldigt Russland auch, „Taten von Genozid in der Ukraine zu planen“ und „absichtlich Menschen der ukrainischen Nationalität zu töten oder schwer zu verletzen.“ Die UN-Richter sollen dagegen Sofortmaßnahmen anordnen. Wann ein Urteil erfolgt, steht noch nicht fest.

Was kann das Gericht ausrichten?

Urteile des Gerichts sind zwar bindend. Doch das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, das Urteil auch umzusetzen. Es kann dann nur den UN-Sicherheitsrat anrufen. Auch der Internationale Strafgerichtshof, ebenfalls mit Sitz in Den Haag, leitete bereits Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Dieses Weltstrafgericht verfolgt aber - anders als der Gerichtshof - keine Staaten, sondern individuelle Personen. Dabei geht es gerade auch um die militärisch und politisch Verantwortlichen. Das heißt, dass theoretisch auch der russische Präsident Wladimir Putin ins Visier der Ermittler kommen könnte.

Allerdings ist es schwierig, genügend harte Beweise für die Verantwortung zu finden. Selbst wenn ein internationaler Haftbefehl ausgestellt würde, wäre es mehr als zweifelhaft, ob Russland dem nachkommen und Verdächtige ausliefern würde. Ein Haftbefehl würde aber die Bewegungsfreiheit erheblich einschränken. Denn Verdächtige liefen Gefahr, festgenommen und an Den Haag überstellt zu werden.

Russland erkennt das Weltstrafgericht zwar nicht an. Aber die Ukraine hat in einer Erklärung die Zuständigkeit des Gerichts auf ihrem Grundgebiet seit November 2013 anerkannt. Die Erklärung bezieht sich allerdings nicht auf den Straftatbestand der militärischen Aggression.

Ehemalige FDP-Justizministerin für Klage gegen Putin

Die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, FDP, strengt wegen des Kriegs in der Ukraine Klagen gegen Putin an. „Es geht um die Durchsetzung des Völkerstrafrechts“, sagte die FDP-Politikerin am Montag im „Morgenmagazin“ des ZDF. „Es ist wichtig, dass jetzt schon angefangen wird zu ermitteln, Beweise zu sichern, wenn Flüchtlinge kommen, um deutlich zu machen: Die Verantwortlichen für diesen Aggressionskrieg, die werden nicht ungestraft davonkommen. Das ist die Hoffnung und das ist die Botschaft.“

Eine Anklage soll der Juristin zufolge nach dem „Weltrechtsprinzip“ erfolgen, wie es in Deutschland auch schon in Verfahren gegen Verantwortliche des Kriegs in Syrien zur Anwendung kam. Es gehe darum, Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung zu verfolgen - „und zwar überall auf der Welt, nicht nur durch den internationalen Strafgerichtshof, sondern ergänzend, also komplementär auch national“.

Ob es zu einer Verurteilung Putins kommen werde, sei „absolut ungewiss“, räumte Leutheusser-Schnarrenberger ein. Alle in der militärischen und politischen Verantwortungsstruktur sollte aber wissen, dass es Ermittlungen gebe und ihnen gegebenenfalls eine Festnahme drohe. „Ich glaube, allein diese Botschaft ist schon eine ganz, ganz wichtige, auch für die Menschen, dass sie sehen, man lässt die wirklich Verantwortlichen nicht davon kommen. Man versucht jedenfalls alles.“ (dpa).

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„Größte Anonymous-Operation aller Zeiten“: Hacker kaperten russische Sender und Streaming-Dienste

Das Hackerkollektiv Anonymous verkündet, alle russischen Fernsehkanäle und einige Streaming-Dienste gehackt zu haben. Nach dem Hack strahlten die Sender unter anderem Kriegsbilder aus der Ukraine aus.

Über Twitter verkünden verschiedene Anonymous-Kanäle RT Frankreich, alle staatlichen TV-Sender und die russischen Streaming-Plattformen Ivi und Wink gehackt zu haben. Genauere Angaben zur Dauer der Unterbrechung der regulären Programme sind noch nicht verfügbar. Es ist ebenso nicht prüfbar, ob die Behauptungen den Tatsachen entsprechen. Den veröffentlichten Bildern zufolge scheint die Aktion zumindest plausibel.

Anonymous hackt Sender zur Verbreitung echter Bilder aus der Ukraine

Seit dem frühen Montag postet die Hackergruppe Anonymous, die sich als internationales Aktivisten-Konglomerat versteht, die Durchführung der „größten Anonymous-Operation aller Zeiten“. So sei es gelungen „die russischen Streaming-Dienste Wink und Ivi und die Live-TV-Sender Russia 24, Channel One und Moscow 24“ zu hacken, um „Kriegsbilder aus der Ukraine zu senden“. Wink und Ivi können als russische Netflix-Pendants verstanden werden.

Am Ende des teils krassen Filmmaterials wird eine Nachricht gezeigt, die sich an das russische Volk richtet und behauptet, dass „gewöhnliche Russen gegen den Krieg sind“. Zudem ruft die Botschaft die russische Bevölkerung dazu auf, sich dem Angriff auf die Ukraine zu widersetzen.

Neues Gesetz erlaubt drakonische Strafen gegen freie Medien

Der Angriff auf die russischen Medien dürfte im Zusammenhang mit einer jüngst umgesetzten Gesetzesänderung zu verstehen sein. So hatte die russische Regierung die Zensur seit Beginn des Krieges deutlich verschärft.

Seit dem Ende der vergangenen Woche stehen auf die Verbreitung angeblicher Falschmeldungen zum Ukraine-Einsatz hohe Gefängnisstrafen. Deshalb haben mehrere westliche Sender ihre Berichterstattung aus Moskau ausgesetzt. Unabhängige russische Sender haben den Betrieb ganz eingestellt. Wie das Auswärtige Amt erläutert, ermöglicht das neue Gesetz „die willkürliche Verhängung hoher Haftstrafen für öffentliche Äußerungen“. Zum vergangenen Wochenende hin hatte die russische Regierung zudem die sozialen Medien Facebook und Twitter innerhalb Russlands gesperrt.

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Russland tötet Gemeindevorsteher gezielt bei der Brotausgabe für Bedürftige

Die Angriffe des russischen Militärs in der Ukraine nehmen in ihrer Häufigkeit und Intensität zu. Auch zivile Gebiete sind immer öfter betroffen. In Städten wie Mariupol befürchtet man eine humanitäre Katastrophe.

Am Montag soll der Gemeindevorsteher Jurij Prylypkpo der Stadt Hostomel, nach Angaben der örtlichen Behörden, gezielt von russischen Truppen eliminiert worden sein. „Er starb bei der Ausgabe von Brot an Hungrige und Arzneien an Kranke“, teilt der Gemeinderat über Facebook mit. Von russischer Seite gibt es noch keine Reaktion.

Solche Berichte müssen mit Vorsicht genossen werden, da sie nicht unabhängig geprüft werden können. Klar ist aber, dass das in der Nähe von Kiew gelegene Hostomel schon seit Beginn des Krieges heftig umkämpft ist. Hauptgrund hierfür ist ein strategisch vorteilhafter Flugplatz.

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„Nahezu 100 Prozent“ russischer Truppen in der Ukraine

Washington/Kiew. Vor dem Krieg mobilisierte Russland nach westlicher Einschätzung 150.000 Soldaten. Laut US-Verteidigungsministerium sind diese Streitkräfte nun fast alle in der Ukraine. Washington schickt weitere 500 Soldaten nach Europa.

 Russland ist nach Angaben aus den USA inzwischen mit nahezu allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt. "Fast 100 Prozent" der in den vergangenen Wochen an der ukrainischen Grenze zusammengezogenen "Kampfkraft" befinde sich inzwischen in der Ukraine, sagte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby. Nach westlichen Angaben hatte Russland vor Beginn seines Angriffs auf die Ukraine mehr als 150.000 Soldaten an den Grenzen aufmarschieren lassen.

"Er hat fast alle von ihnen drinnen", sagte der Pentagon-Vertreter mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Er bestätigte zudem einen US-Medienbericht, wonach Russland für den Häuserkampf in der Ukraine syrische Kämpfer anwerben will. "Wir wissen, dass sie versuchen, Syrer für den Kampf zu rekrutieren."

Es sei "bemerkenswert", dass Putin es für notwendig erachte, sich trotz der hohen Zahl russischer Soldaten in der Ukraine auch auf ausländische Kämpfer zu stützen, sagte Kirby weiter. Unklar sei, wieviele Kämpfer Russland anwerben wolle oder bereits angeworben habe. Zuvor hatte das "Wall Street Journal" von der russischen Rekrutierungsaktion berichtet.

Kirby sagte, dass die russischen Bodentruppen von Vorstößen in der Südukraine abgesehen "in den letzten Tagen keine wirklich nennenswerten Fortschritte gemacht" hätten. Demnach setzt Moskau vermehrt Bomben und Raketen ein, um den fehlenden Erfolg der Bodentruppen zu kompensieren. "Wir glauben", dass die russische Armee "Probleme mit der Moral, der Versorgung, dem Treibstoff und der Nahrung hat", sagte Kirby und verwies erneut auf den "starken ukrainischen Widerstand".

Die vermehrten Bombenangriffe hätten jedoch "immer größere Auswirkungen" auf die Zivilbevölkerung, da Wohnhäuser, Kirchen, Krankenhäuser und Schulen zerstört würden. "Das Ergebnis ist, dass mehr Zivilisten getötet und verletzt werden", kritisierte er.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin ordnete laut Kirby auch die Entsendung von zusätzlichen 500 Soldaten nach Europa an. Die Soldaten sollten die "Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeiten" der Nato stärken.

Die USA haben normalerweise etwa 67.000 Soldaten dauerhaft in Europa stationiert. Dazu kommen Einheiten, die für mehrere Monate nach Europa entsandt werden und dann weiterrotieren. In den letzten Wochen stationierten die USA fast 15.000 Soldaten zusätzlich in den östlichen Nato-Ländern. Außerdem wurden die Rotationsintervalle der Truppen in Europa verlängert. Somit sind derzeit rund 100.000 US-Soldaten in Europa.

Insgesamt wurden 2500 US-Soldaten in den drei baltischen Staaten Litauen, Lettland und Estland stationiert, 10.000 in Polen, 2400 in Rumänien, 1500 in der Slowakei, 350 in Bulgarien und 200 in Ungarn.

Bei einem Besuch bei den US-Truppen in Osteuropa sprach US-Generalstabschef Mark Milley über die Abschreckungswirkung der Nato-Soldaten. "Wir müssen sicherstellen, dass wir schnell reagieren, um unsere Stärke und Entschlossenheit sowie unsere Unterstützung für das Bündnis zu demonstrieren", sagte Milley auf einem Luftwaffenstützpunkt in der Nähe von Constanta im Süden Rumäniens. Es gehe darum "eine weitere Aggression der Russen und einen Krieg der Großmächte zu verhindern".

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Warum beliefert Deutschland die Ukraine nicht mit schweren Waffen?

Die Kritik an Bundeskanzler Olaf Scholz reißt nicht ab. Ihm wird vorgeworfen, die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine hinauszuzögern. Die DW beleuchtet einige der Hauptstreitpunkte.

Die deutsche Regierung hat mehrere Gründe angeführt, warum sie keine schwere Waffen an die Ukraine liefert. Sind diese Begründungen stichhaltig?

Deutschland folgt einfach dem Beispiel seiner Verbündeten

Das ist das Mantra von Bundeskanzler Olaf Scholz seit Ausbruch des Krieges. Er tue alles in enger Abstimmung mit den NATO- und EU-Partnern, wie er sagt. Bei einer Pressekonferenz am Dienstag wies er darauf hin, dass Länder wie Kanada, Großbritannien und die Vereinigten Staaten die gleichen Waffen wie Deutschland liefern würde.

Doch am Donnerstag kündigten die USA ein neues Militärhilfepaket im Wert von 800 Millionen US-Dollar (740 Millionen Euro) für die Ukraine an, darunter auch für schwere Artillerie. Damit haben die USA seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar insgesamt mehr als drei Milliarden Dollar an Hilfe geleistet.

Im Gegensatz dazu beliefen sich die deutschen Ausgaben für die militärische Verteidigung der Ukraine nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums - Stand Anfang April - auf rund 186 Millionen Euro. Damit wurden vor allem Panzerfäuste, Flugabwehrraketen, Maschinengewehre, Munition und Schutzausrüstung gekauft - aber keine schweren Waffen.

Doppelte Botschaft von Scholz

Professor Carlo Masala, Verteidigungs- und Sicherheitsexperte an der Bundeswehr-Universität München, sagte, dass Scholz damit einerseits eine Botschaft an Russland übermittle. Andererseits sei es auch ein Signal an die deutsche Bevölkerung und an die Partei von Olaf Scholz, die Sozialdemokraten, die das Thema intensiv debattierten. "Er [Scholz, Anmerk. der Redaktion] braucht all die Leute, die keine schweren Waffen liefern wollen, weil sie denken, dass dies den Konflikt eskalieren und Deutschland zum Ziel russischer Aktivitäten werden wird", sagte er der DW.

Auch Tschechien hat Berichten zufolge die Lieferung von mehreren Dutzend sowjetischen T-72-Panzern und BMP-1-Schützenpanzern zugesagt. Die USA kündigten vergangene Woche an, dass sie in Kürze elf Hubschrauber des Typs Mi-17 aus russischer Produktion, 200 gepanzerte Mannschaftstransporter des Typs M113 und 90 155-mm-Feldhaubitzen mit 40.000 Artilleriegranaten schicken würden, die alle als schwere Waffen gelten. Frankreich kündigte am Freitag an, die Haubitze Caesar (Kaliber 155 Millimeter), ein schweres Artilleriegeschütz, zur Verfügung zu stellen. Auch die Niederlande wollen Panzerhaubitzen an die Ukraine liefern. Das teilte Verteidigungsministerin Kajsa Ollongren am Freitag in Den Haag mit.

Die Bundeswehr stößt an ihre Grenzen

Deutschland erklärte, es sei nicht in der Lage, der Ukraine weitere Militärhilfe zukommen zu lassen, weil es dann seinen Verpflichtungen nicht nachkommen könne. "Um die Einsatzfähigkeit unserer Armee zu gewährleisten, brauchen wir die Waffensysteme", sagte der stellvertretende Generalinspekteur Markus Laubenthal am dem ZDF. Der Marder-Schützenpanzer etwa werde für nationale und NATO-Verpflichtungen benötigt.

Der Marder ist ein Kampfsystem, das Lenkflugkörper, Handwaffen und Munition umfasst und eine umfangreiche Ausbildung erfordert. Obwohl die Ausbildungszeit verkürzt werden könnte, "handelt es sich immer noch um Wochen, und die Ausrüstung muss vorbereitet werden", sagte Laubenthal. Er reagierte damit auf die Äußerungen des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk, der zu den schärfsten Kritikern des Berliner Vorgehens gehört.

Nur ein Vorwand?

"Die Behauptung, die Bundeswehr sei nicht in der Lage, der Ukraine etwas zu liefern, ist nicht nachvollziehbar", sagte Melnyk kürzlich. Die Truppe verfüge über rund 400 Marder. Davon würden etwa 100 zu Ausbildungszwecken genutzt und könnten daher sofort an die Ukraine übergeben werden, fügte er hinzu.

Verteidigungsexperte Masala glaubt, die Regierung benutze diese Aussage nur als Vorwand. "Wenn die Verteidigung des NATO-Territoriums von, sagen wir, 20 deutschen Panzern abhängt, dann sollten wir gar nicht erst versuchen, das NATO-Territorium zu verteidigen, denn das wäre eine Katastrophe", sagte er.

Können die Ukrainer die Waffen bedienen?

Die Regierung argumentiert, dass die ukrainischen Soldaten nur mit Waffen umgehen können, mit denen sie vertraut sind. Dazu gehört auch die Logistik, um Reparaturen mit den entsprechenden Ersatzteilen durchführen zu können.

Masala hält dies für eine berechtigte Sorge. "Was passiert, wenn es ein technisches Problem mit dem Marder gibt?" Dennoch hält er einen Einsatz für sinnvoll. "Wenn sie den Marder drei Wochen lang benutzen können, ist das besser als nichts. Wenn der Marder kaputt geht, dann ist das eben Pech", sagt er. "In der Zwischenzeit können wir an der logistischen Kette für die Lieferung von Ersatzteilen arbeiten. Also noch einmal, es sieht für mich wie ein Vorwand aus, sie nicht zu schicken, weil es eine politische Entscheidung ist, keine schweren Panzer in die Ukraine zu schicken."

Der ehemalige NATO-General Hans-Lothar Domröse weist sogar die Behauptung zurück, dass für die Beherrschung der Marder-Kampffahrzeuge eine umfangreiche Ausbildung erforderlich sei. "Wir reden hier über erfahrene ukrainische Kommandeure, die seit 2014 im Einsatz sind. Denen muss man nicht erklären, wie man sie einsetzt. Diejenigen, die das sowjetische Modell BMP-1 benutzt haben, können sich in weniger als einer Woche mit dem Marder vertraut machen und ihn bedienen", sagte er dem WDR.

Die Antwort Berlins: Mehr Geld

Scholz sagte, Berlin stelle mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung, damit die Ukraine den Kauf von militärischer Ausrüstung aus Deutschland finanzieren könne. Als Beispiele nannte er Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrgeräte und Munition, erwähnte aber nicht die von der Ukraine geforderten Panzer und Flugzeuge.

Die Bild-Zeitung berichtete, dass deutsche Rüstungsunternehmen zunächst angeboten hatten, schwere Waffen wie Marder, gepanzerte Boxer-Fahrzeuge, Leopard-2-Panzer und Panzerhaubitzen zu liefern. Nach Angaben der Boulevardzeitung scheinen diese jedoch inzwischen von der Liste gestrichen worden zu sein.

"Es stehen einige schwere Waffen auf der Liste, aber definitiv keine Panzer. Panzer scheinen also im Moment eine rote Linie für die deutsche Regierung zu sein. Ob wir diese rote Linie einhalten können, hängt natürlich sehr stark von der Entwicklung des Krieges in den nächsten Wochen oder Monaten ab", so Masala.

Bestände anderer Länder auffüllen

Die Kritik an der deutschen Verzögerungstaktik scheint Wirkung zu zeigen. Außenministerin Annalena Baerbock sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz in Estland: "Es gibt für uns keine Tabus, wenn es um gepanzerte Fahrzeuge und andere Waffen geht, die die Ukraine braucht", und spielte damit auf die mögliche Lieferung von Marder-Fahrzeugen an.

Der Ausweg für Deutschland scheint der Plan zu sein, waffenliefernde Länder mit neuem Kriegsgerät oder Geld auszustatten. Sprich: Die Länder, die Waffen liefern, erhalten von Deutschland eine Kompensation. Da die deutschen Bestände angeblich erschöpft sind, würden osteuropäische NATO-Länder, die noch über Waffen aus der Sowjetära verfügen, diese Waffen zur Verfügung stellen, wie es bereits in mehreren Fällen geschehen ist, so Oberst a.D. Wolfgang Richter, Mitarbeiter der Stiftung Wissenschaft und Politik.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht bestätigte am Donnerstag den geplanten Austausch mit der NATO und der EU. "Wir reden über Panzer, Schützenpanzer." Die Bundesregierung sei in Gesprächen, das gehe jetzt sehr schnell, sagte Lambrecht dem Privatsender RTL/n-tv.

Ringtausch mit Slowenien?

Eine Option, an der die Regierung arbeitet, ist ein Austausch mit Slowenien. Der NATO-Partner würde einige seiner T-72-Kampfpanzer aus der Sowjet-Ära in die Ukraine schicken; zum Ausgleich würde Deutschland Slowenien dann Marder aus seinen eigenen Beständen zur Verfügung stellen.

Eine weitere Lösung wird Berichten zufolge mit den Niederlanden ausgehandelt. "Die Niederlande werden die Panzerhaubitze 2000 schicken, eine hochmoderne deutsche Waffe, und wir werden [die Ukrainer] mit Munition und Ausbildung versorgen, wahrscheinlich auf deutschem Boden", so Masala.

Dieser Ansatz könnte einen Teil des Drucks abbauen und Kritik ablenken. Wie Masala jedoch betonte, wird dieser Zustand jedoch nicht lange halten. "Unseren osteuropäischen Partnern gehen die alten sowjetischen Waffen aus. Und die sowjetischen Panzer, die Polen, die Slowakei oder Slowenien geschickt haben, werden in diesem Krieg zerstört werden", sagte er. "Auch der Ukraine werden diese Waffen ausgehen. Irgendwann wird sich die Frage wieder stellen, ob wir die Ukrainer ausbilden und moderne westliche Waffensysteme liefern sollen."

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Nato sammelt Panzer und Raketen - Moskau warnt vor Weltkrieg

Schon der Ort dieses Treffens ist eine Botschaft, die an Deutlichkeit nicht zu überbieten ist.

Es ist kein Zufall, dass US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Verbündete aus mehr als 30 Ländern am Dienstag ausgerechnet auf dem größten Militärstützpunkt der USA in Europa empfängt, um über Hilfe für die Ukraine zu beraten.

Auf der Luftwaffen-Basis im pfälzischen Ramstein arbeiten um die 15.000 US-Soldaten und Zivilisten. Sie gilt als wichtigstes Drehkreuz für US-Operationen in Europa, im Nahen und Mittleren Osten sowie in Afrika. «Flugzeugträger Amerikas in Deutschland», wird der Stützpunkt auch genannt.

Das Treffen findet in einem fensterlosen Raum im Offiziersclub neben dem Hauptquartier der US-Luftwaffe in Europa statt. Neben zahlreichen Verteidigungsministern sind Topmilitärs gekommen, etwa US-Generalstabschef Mark Milley oder der Oberkommandierende der US-Streitkräfte in Europa, General Tod Wolters. Auf dem Weg zur Base steht Polizei, rund um das Gelände und auf dem Areal sind Straßensperren, gepanzerte Fahrzeuge und Soldaten mit Maschinenpistolen sichtbar postiert. Flaggen der Teilnehmerländer säumen die Zufahrtsstraße.

Austin: «Kampf gegen Russlands ungerechte Invasion gewinnen»

Gastgeber Austin war erst am Tag zuvor zusammen mit US-Außenminister Antony Blinken in Kiew, um der Ukraine weitere Waffen im Wert von 322 Millionen Dollar und Munition für 165 Millionen Dollar zuzusagen. «Wir wollen Russland in dem Ausmaß geschwächt sehen, dass es die Art von Dingen, die es mit dem Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr machen kann», sagt der Verteidigungsminister. Eine kernige Ansage von der ukrainischen Hauptstadt aus in Richtung Moskau.

Im Ramstein wollen die USA nun auch mit den Bündnispartnern der Nato und darüber hinaus den militärischen Schulterschluss für die Verteidigung der Ukraine demonstrieren. «Wir sind hier, um der Ukraine zu helfen, den Kampf gegen Russlands ungerechte Invasion zu gewinnen und die Verteidigung der Ukraine für die Herausforderungen von morgen aufzubauen», sagt Austin gleich zur Eröffnung.

Lambrecht: «Der Gepard ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht»

Mit dabei ist Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD), die sich zusammen mit Kanzler Olaf Scholz schon seit Wochen den Vorwurf des Zögerns und Zauderns im Ukraine-Krieg gefallen lassen muss. Dass sie dort nicht mit leeren Händen erscheinen würde, war von vorneherein klar. Gleich zum Auftakt der Konferenz verkündet sie etwas, auf das viele Bündnispartner gerade in Osteuropa lange gewartet haben: Deutschland wird nicht nur die Lieferung schwerer Waffen aus anderen Ländern unterstützen, sondern auch selbst liefern. Und zwar zunächst einmal Gepard-Flugabwehrpanzer der Rüstungsschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW), die von der Bundeswehr vor Jahren ausgemustert wurden.

«Der Gepard ist genau das, was die Ukraine jetzt braucht, um den Luftraum zu sichern vom Boden aus», sagt Lambrecht. «Wenn die Ukraine jetzt ganz dringend solche Flugabwehrsysteme braucht, sind wir bereit, sie zu unterstützen.»

Die Bundesregierung hat lange gebraucht, um sich zu dieser Entscheidung durchzuringen. Die Lieferung von schweren Waffen aus Beständen der Bundeswehr hat Scholz vergangene Woche praktisch ausgeschlossen. Der sogenannte Ringtausch - die Bereitstellung von Ersatz für die Lieferung von Waffen sowjetischer Bauart aus anderen Ländern - galt zunächst als der deutsche Weg für die Bereitstellung von Panzern oder Artillerie. Also nur über Bande. Ob die deutsche Industrie schwere Waffen liefern darf, war noch offen geblieben. Jetzt ist sie beantwortet - mit einem klaren Ja.

Von den USA gibt es Beifall dafür. Deutschland sei «ein toller Freund und Verbündeter» der USA, sagt Austin. Die Panzer-Lieferung sei ein «bedeutender» Schritt. Die erste Reaktion aus Polen fällt dagegen weniger euphorisch aus. «Die Gepard-Panzer reichen nicht aus», sagte Vizeaußenminister Szymon Szynkowski vel Sek der Deutschen Presse-Agentur während eines Berlin-Besuchs gemeinsam mit Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Er erwartet, dass die Bundesregierung nun auch für weitere Anträge der Industrie auf Lieferung schwerer Waffen grünes Licht gibt, konkret für Leopard-Kampfpanzer, Marder-Schützenpanzer und Panzerhaubitzen. «Ich sehe keinen Grund, warum solche Waffen nicht geliefert werden sollten», sagt er.

Lawrow: «Die Gefahr ist ernst, real»

In Moskau wird das natürlich ganz anders gesehen. Es ist kein Zufall, dass Russlands Außenminister Sergej Lawrow das Treffen in Ramstein mit einem Interview im Moskauer Staatsfernsehen und mit einer Pressekonferenz im Beisein von UN-Chef António Guterres flankiert. Noch bevor Austin, Lambrecht und Co. mit ihren Beratungen beginnen, schickt er eine deutliche Warnung in die Pfalz. «Die Gefahr ist ernst, real», sagt er. Und: «Wir sollten den dritten Weltkrieg nicht zulassen.» Lawrow wirft der Nato vor, einen Stellvertreterkrieg gegen Russland zu führen. «Sie wollen mit diesen Waffenlieferungen, dass die Ukrainer mit Russland bis zum letzten Soldaten kämpfen.».

Auch Kremlchef Wladimir Putin hatte den USA vorgeworfen, die Ukraine als Instrument zu benutzen, um auf Russland Druck auszuüben, das Land in die Knie zu zwingen. Putins Chefdiplomat betont indes, dass die russischen Truppen in der Ukraine die westlichen Waffen als «legitimes Ziel» ansehen würden. Täglich meldet das russische Verteidigungsministerium, dass auch Lager mit vom Westen gelieferten Waffen und Munition vernichtet würden.

Lawrow beklagt, dass es den USA darum gehe, Russland zu «besiegen». Und er wirft dem Westen vor, die Schlacht lieber auf dem Feld zu entscheiden. «Wenn das so weitergeht, werden die Verhandlungen wohl kaum ein Ergebnis bringen.» Russland hat längst seine Atomwaffen in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Und Lawrow weist nun ausdrücklich darauf hin, dass es heute keinen direkten Draht zwischen Moskau und Washington mehr gebe, um sich im Ernstfall zu verständigen. Das sei bei der Kuba-Krise von 1962, als die beiden Weltmächte USA und Sowjetunion am Rande eines Atomkrieges standen, noch anders gewesen. «Jetzt gibt es keinen solchen Kanal mehr und keiner versucht, ihn zu schaffen.»

Auch Scholz hat vor Drittem Weltkrieg gewarnt

Kanzler Scholz werden die Äußerungen Lawrows nicht überraschen. Auch er hatte in der vergangenen Woche in einem «Spiegel»-Interview vor einem Atomkrieg, einem Dritten Weltkrieg gewarnt. Er bezeichnete es als oberste Priorität seiner Ukraine-Politik, ein Übergreifen des Krieges auf die Nato zu vermeiden - und begründete so indirekt auch seine Zurückhaltung bei den Waffenlieferungen. «Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem Dritten Weltkrieg führt», sagte er. Nur wie weit man bei der Unterstützung der Ukraine gehen kann, ohne dass es zu einer Eskalation kommt, diese Frage lässt sich bei einem unberechenbaren Gegenüber wie Putin kaum beantworten.

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"Feuern und weg": Wie deutsche Panzerhaubitzen ab Ende Juni im Ukraine-Krieg helfen sollen

Soldaten stehen vor einem gepanzerten, selbstfahrenden Artilleriegeschütz vom Typ Panzerhaubitze 2000 der Bundeswehr, die auch an die Ukraine ausgeliefert werden sollen. picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Die Panzerhaubitzen 2000, zählen zu den schwersten und modernsten Artilleriegeschützen der Bundeswehr. Nun sollen sie auch bald in der Ukraine zum Einsatz kommen: Kanzler Olaf Scholz (SPD) versprach sieben aus deutschen Beständen. Schon Anfang Mai begann die Bundeswehr deshalb ukrainische Soldaten an den Panzerhaubitzen in Artillerieschule in Idar-Oberstein auszubilden, sollen Ende Juni in die Ukraine geliefert werden.

Doch was steckt eigentlich hinter der Hightech-Kanone? Wie funktionieren die Haubitzen? Und wie könnte sie der Ukraine im Krieg gegen Russland nützlich sein?

Wie funktionieren Panzerhaubitzen?

Die Panzerhaubitze 2000 - eine fahrbare Hightech-Kanone auf Ketten, ähnlich einem Panzer - wird von der Bundeswehr als eines der modernsten Artilleriegeschütze weltweit bezeichnet. "Ihre Stärke liegt in ihrer Präzision und in ihrer großen Kampfentfernung", heißt es. Die Geschütze können über 30 oder 40 Kilometer punktgenau treffen und dann umgehend vom Abschuss-Ort weggefahren werden. So kann sich die Besatzung in dem Waffensystem einem möglichen Gegenangriff mit schnellem Stellungswechsel entziehen – nach dem Prinzip: feuern und weg.

Die Haubitze wiegt 60 Tonnen und kann mit einer Tankfüllung 400 Kilometer Straßenstrecke zurücklegen. Ausgestattet mit 1000 PS wird der Koloss von einem rollenden Geschütz bis zu 60 Kilometer pro Stunde schnell und kann mit einer Tankfüllung 400 Kilometer Straßenstrecke zurücklegen.

Warum tragen die Hightech-Kanonen den Namen Panzerhaubitze?

Eigentlich sollten die Hightech-Kanonen der deutschen Rüstungsfirmen Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall wieder nach Tiernamen benannt werden wie "Stier", "Rhinozeros" oder "Nashorn". Offenbar konnte man sich jedoch auf keinen Namen einigen, deshalb behielt man die Original-Bezeichnung Panzerhaubitze bei.

Welche Munition verschießen Panzerhaubitze 2000?

Laut Bundeswehr verschießt die Panzerhaubitze 2000 Munition mit automatisch tempierbaren Zündern. Das bedeutet, dass die Explosion der Granaten angepasst werden kann: So explodieren Geschosse entweder erst beim Aufschlag oder bereits über einem bestimmten Ziel. Insgesamt, schreibt die Bundeswehr, könnten mit dem Geschütz bis zu sechs Granaten so abgefeuert werden, dass diese gleichzeitig im Ziel einschlagen würden. Im Geschoss-Magazin selbst können hingegen 60 Geschosse gelagert werden.

Mit der Standardmunition kann die Haubitze bis zu 30 Kilometer weit schießen, stärkere Munition reicht sogar über 40 Kilometer. Dabei können mit Spreng- und Splitter-Munition gesamte Ziele zerstört werden, gelenkt wird sie dabei von spezielle Sensoren. Mit Submunition können hingegen auch kleinere Bomben über einer größeren Fläche verstreut werden. So lassen sich zum Beispiel feindliche Truppen auseinandertreiben oder das eigene Lager vor Angriffen schützen. Weiterhin können die Panzerhaubitzen 2000 auch für bewegliche Ziele eingesetzt werden.

Neben den Spreng- und Splittergeschossen kann die Hightech-Kanone allerdings auch Leuchtmunition verschießen. Damit lassen sich Markierungen setzen oder bei Nacht das Gefechtsfeld ausleuchten. Speziellere Geschosse erzeugen auch Nebelwände im Gelände. Im Normalfall wird die Panzerhaubitze 2000 von fünf Soldaten geführt, bei automatisiertem Munitionsfluss ist die Bedienung sogar mit nur dreiköpfiger Besatzung möglich.

Wie können Panzerhaubitze 2000 der Ukraine im Krieg gegen Russland helfen?

Experten gehen davon aus, dass der Ukraine-Krieg in den nächsten Monate ein Stellungskrieg mit Artillerie wird. Unter Artillerie versteht man großkalibrige Waffen – wie eben die Panzerhaubitze 2000. Weil diese nach dem Prinzip "Feuern und weg" funktionieren, haben feindliche Truppen geringere Chancen sie abzuschießen oder sie über Luftaufklärung zu orten. Die Hightech-Kanone kann deshalb helfen, großflächige Ziele zu bekämpfen. Im Fachjargon heißt das dann "Marsch – Stellung – Feuerauftrag – Marsch".

Deutschland und westliche Verbündete haben die Panzerhaubitze 2000 bereits in Afghanistan eingesetzt. Die Verwendung in der Ukraine wäre der erste große Kampfeinsatz in einem Krieg mit Fronten.

Wann und wie viele Haubitzen gehen aus Deutschland in die Ukraine?

Die versprochenen sieben deutschen Panzerhaubitzen sollen – Stand jetzt – Ende Juni lieferbereit sein. Zuvor mussten sie noch auf die Bedürfnisse der Ukraine aufwendig umprogrammiert werden. Zusätzlich mussten die fünf niederländischen Haubitzen erst noch instand gesetzt werden. Offiziell verfügt die Bundeswehr über 119 Exemplare der Panzerhaubitze 2000, von denen offenbar etwa 40 einsatzbereit sind.

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Rheinmetall bietet 100 Marder-Schützenpanzer bis Anfang 2023 an

Berlin. Im Streit um Panzerlieferungen an die Ukraine erhöht die Union nach Russlands Teilmobilmachung den Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Der Rüstungskonzern Rheinmetall bietet bis zu 100 Schützenpanzer an. Doch der Kanzler will an seinem Ukraine-Kurs festhalten.

 Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder fährt bei einer Informationslehrübung über einen Übungsplatz. (Symbolfoto)

Ein Schützenpanzer der Bundeswehr vom Typ Marder fährt bei einer Informationslehrübung über einen Übungsplatz. (Symbolfoto)© Philipp Schulze

CDU und CSU hofften am Donnerstag vor Beratung ihres Bundestagsantrags zur Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern auch auf Unterstützung aus den Reihen der Ampel-Koalition. Doch Scholz und Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) machten deutlich, dass sie an der bisherigen Linie bei der Lieferung schwerer Waffen festhalten wollen.

„Ein militärisches Zurückdrängen Russlands ist die Bedingung dafür, dass wir in die Phase wieder von Verhandlungen und Diplomatie und Politik kommen“, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen vor den Beratungen über den Unionsantrag im Deutschlandfunk. Die Union wolle mit dem Antrag „den Druck auf die Regierung aufrechterhalten, dass sie ihren falschen Kurs, nicht alles Mögliche und Vertretbare an Unterstützung der Ukraine zu leisten“ aufgebe.

Scholz bekräftigte hingegen seinen Kurs. „Deutschland hat die Ukraine mit sehr vielen Waffen unterstützt“, sagte er in den ARD-„Tagesthemen“ vom Mittwochabend. „Viele davon sind ganz entscheidend für den gegenwärtigen Konflikt im Osten der Ukraine.“ Es bleibe aber dabei, dass Deutschland in der Panzerfrage „keine Alleingänge“ mache. Die Bundesregierung verweist regelmäßig darauf, dass bisher kein Nato-Verbündeter moderne westliche Panzer an die Ukraine geliefert hat.

Sie sehe Russlands Teilmobilmachung und angekündigte „Scheinreferenden“ über den Anschluss ukrainischer Gebiete als Ansporn, die Ukraine weiter militärisch zu unterstützen, sagte Lambrecht am Donnerstag in Berlin. Deutschland werde in der Frage von Waffenlieferungen aber weiter „sehr besonnen“ vorgehen.

Was Deutschland liefere, sei „genau das, was die Ukraine jetzt braucht: Luftverteidigung und Artillerie“, betonte die Ministerin bei einem Treffen mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. Über sogenannte Ringtausche erhalte die Ukraine mit deutscher Hilfe zudem Panzer sowjetischer Bauart etwa aus Griechenland und Slowenien. Die Bundesregierung liefere dabei den Nato-Partnern als Ersatz modernes Gerät.

Der Antrag der Union soll am späten Nachmittag beraten werden. Er fordert, „die Genehmigung für die Ausfuhr von Kampf-, Schützen- und Transportpanzern aus Industriebeständen an die Ukraine umgehend zu erteilen“. Darüber hinaus sollten weitere schwere Waffen, „insbesondere gepanzerte Gefechtsfahrzeuge und mehr weitreichende Artillerie, auch aus den Beständen der Bundeswehr an die Ukraine“ geliefert werden.

CDU-Generalsekretär Mario Czaja ging davon aus, dass Vertreter von FDP und Grünen den Antrag der Union mittragen würden. „Wir wissen, dass die Grünen und die FDP diese Intention unterstützen“, sagte Czaja bei RTL und ntv. „Sie haben das jetzt vollmundig in den letzten Wochen getan.“ Nun sei der Tag der Entscheidung.

Der ukrainische Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hatte die Abgeordneten am Mittwoch um die Zustimmung zu dem Antrag gebeten. Es galt aber als wahrscheinlich, dass der Bundestag am Donnerstag noch nicht über den Antrag abstimmen wird. Er dürfte zunächst zur weiteren Beratung in die zuständigen Ausschüsse überwiesen werden.

Der Rüstungskonzern Rheinmetall bot unterdessen an, „bis zum ersten Quartal 2023“ 100 Schützenpanzer vom Typ Marder bereitzustellen. „Wenn 100 durch wen auch immer beauftragt werden, dann würden wir die Arbeiten daran priorisieren“, sagte Vorstandschef Armin Papperger „Stuttgarter Zeitung“ und „Stuttgarter Nachrichten“ (Freitagausgaben). Erste Fahrzeuge seien schon übergabefähig.

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50 Panzer für Ukraine dank Crowdfunding in nur 36 Stunden

Ein ukrainische Charity rief zum Crowdfunding auf und besorgte in kürzester Zeit 50 britische Schützenpanzer.

50 solcher Schützenpanzer kommen nun in die Ukraine

50 solcher Schützenpanzer kommen nun in die Ukraine© privat

Während in Ländern wie Deutschland monatelang diskutiert wurde, ob man der Ukraine mit Waffenlieferungen helfen will, nehmen die Menschen dort ihr Schicksal selbst in die Hand und besorgen sich Kriegsmaterial, um sich gegen die russischen Invasoren zu verteidigen.

Die Wohltätigkeitsorganisation Serhiy Prytula Charity Foundation, benannt nach ihrem Gründer, ein Kabarettist und TV-Moderator, sammelt Ausrüstung und Militärgerät dank Crowdfunding. Nun wollte man innerhalb einer Woche rund 5,5 Millionen US-Dollar (5,5 Mio. Euro) aufstellen, um 50 Schützenpanzer aus britischen Beständen zu kaufen.

Nach neun Stunden hatte man die Hälfte des Betrags beisammen, nach 36 Stunden das gesamte Geld. Gespendet haben Privatpersonen, große ukrainische Konzerne aber auch kleinere Firmen aus aller Welt. Generell erhält die Organisation aber rund 80 Prozent ihrer Spenden von Ukrainern.

Serhiy Prytula selbst war nach Großbritannien gereist, um die Schützenpanzer vom Typ FV103 Spartan zu begutachten und sie in einem Video vorzustellen. Die britische Armee hat die Panzer seit 1978 in Verwendung, sie werden jedoch nach und nach durch neuere Modelle ersetzt.

Die nun gekauften Spartan haben allesamt weniger als 15.000 Kilometer am Tacho und sind in hervorragendem Zustand. Die britische Regierung hatte der Ukraine bereits in der Vergangenheit unter anderem 35 Spartan geschenkt, die sich als äußerst nützlich am Schlachtfeld erwiesen haben.

In der Vergangenheit sorgte die Organisation bereits für Aufsehen, als man innerhalb weniger Tage 16 Millionen US-Dollar aufstellte und damit drei türkische Bayraktar TB2 kaufte. Dieser Typ von Kampfdrohnen fügt den russischen Streitkräften immer wieder große Verluste zu.

Als vor einigen Wochen Elon Musk, Chef von Tesla, SpaceX und seit neuestem Twitter, eine Umfrage tweetete und vorschlug, die Ukraine könnte Russland die eroberten Gebiete für einen Waffenstillstand abtreten, hatte die Charity eine besondere Idee: "Die Menschen waren dermaßen erbost darüber, dass wir uns dachten, wir könnten diese Wut zu etwas Sinnvollem machen", erklärte Maria Pysarenko, Medien-Managerin der Serhiy Prytula Charity Foundation.

"Wir starteten einen Fundraiser um Elon Musk ein Schulbuch über Geschichte zu kaufen. Nach einer Stunden hatten wir eine Million Hrywnja (Anm.: 28.000 Euro) zusammen. Wir hatten damit natürlich genug Geld für Schulbücher, aber wir kauften damit auch Funkgeräte für eine Militäreinheit."

Die ukrainische Regierung selbst sammelt ebenso Spenden mit dem Projekt United 24 und kauft damit in erster Linie  Ausrüstung wie Helme, Uniformen oder medizinisches Gerät. Auch ein Minenräumfahrzeug ist dabei, und es wird Geld für den Aufbau der zerstörten Infrastruktur gesammelt. Insgesamt hat die Plattform so bereits 217 Millionen US-Dollar aufgestellt.