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Spannungen zwischen China und Taiwan: USA rüsten Marinekorps in Japan auf

Die USA bereiten ihre in Japan stationierten Militäreinheiten auf Kämpfe in den Inselgebieten vor – und stattet sie auch mit Schiffsabwehrraketen aus. Hintergrund sind wachsende Spannungen zwischen China und Taiwan.

Spannungen zwischen China und Taiwan: USA rüsten Marinekorps in Japan auf

Spannungen zwischen China und Taiwan: USA rüsten Marinekorps in Japan auf© via http://www.imago-images.de / imago images/Kyodo News

Vor dem Hintergrund von Japans historischem Kurswechsel in seiner Sicherheitspolitik wollen die USA ihre Marinestreitkräfte auf den japanischen Okinawa-Inseln umstrukturieren. Wie US-Medien übereinstimmend berichten, wollen die USA und Japan in dieser Woche ihre Pläne zur Umstrukturierung des US-Marinekorps verkünden.

Demnach sollen die dort stationierten Soldaten bis 2025 in der Lage sein, auf abgelegenen Inseln zu kämpfen. Dafür sollen sie besonders ausgestattet werden, etwa mit Schiffsabwehrraketen, die im Falle eines chinesischen Angriffs auf Taiwan abgefeuert werden könnten. Dazu sollen sie in jeweils rund 2000 Soldaten umfassenden Truppen entlang der Küsten verteilt werden, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Japan verdoppelt seine Verteidigungsausgaben

Japan plant derzeit, seine Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen. Der Wehretat soll sich statt wie bisher auf ein Prozent künftig auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes belaufen. Der Kurswechsel geschieht angesichts eines Sicherheitsumfelds, das die Regierung in Tokio als die »ernsteste und komplizierteste« Lage seit dem Zweiten Weltkrieg beschreibt.

Das militärische Auftreten Chinas in der Region stelle »die größte strategische Herausforderung« der Geschichte dar, heißt es in einem kürzlich beschlossenen Sicherheitspapier. Ähnlich formuliert es auch Japans Schutzmacht USA.

In der vergangenen Woche berichtete die japanische Wirtschaftszeitung »Nikkei Asia«, dass Japan in Vorbereitung auf einen möglichen militärischen Konflikt erwägt, Dutzende Munitions- und Waffendepots auf seinen Inseln vor der chinesischen Küste einzurichten.

Japan ist der wichtigste strategische Partner der USA im Indopazifik. Seit dem Zweiten Weltkrieg sind 18.000 US-Marines in Japan stationiert, die meisten von ihnen auf den Inseln von Okinawa. Die US-Militärpräsenz auf Okinawa, die während des Zweiten Weltkriegs begann, umfasst die meisten der 18.000 in Japan stationierten US-Marines.

Peking sieht Taiwan als Teil der Volksrepublik, während sich Taiwan als unabhängig betrachtet. Zuletzt hatte vor allem das chinesische Militär immer wieder in der Region provoziert. Tokio fürchtet, dass eine Übernahme Taiwans durch China Seefahrtwege bedrohen könnte, die das Land mit Öl versorgen.

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Analyse vom China-Versteher - Chinas Bevölkerungsschwund bedroht Xis großes Ziel

Artikel von Von FOCUS-online-Gastautor Alexander Görlach • Gestern um 15:33
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Angesichts der jahrzehntelangen Einkind-Politik Chinas wird die Bevölkerung der Volksrepublik immer kleiner. Die chinesische Bevölkerungsentwicklung könnte damit Xi Jinpings Plan eines modernen Industriestaates zerstören.

Chinas Staatschef Xi Jinping imago stock&people

Chinas Staatschef Xi Jinping imago stock&people© imago stock&people

Nun ist es offiziell: Chinas Bevölkerung wird kleiner. Diese Entwicklung war, angesichts einer drei Jahrzehnte währenden Einkind-Politik, erwartet worden. So soll die Bevölkerung der 1,4 Milliarden Menschen zählenden Volksrepublik im vergangenen Jahr zum ersten Mal um rund eine Million Menschen geschrumpft sein. Diese Zahl klingt vielleicht nicht riesig angesichts der Gesamtzahl der Einwohner und Einwohnerinnen.

Allerdings wird diese Zahl nun jährlich größer werden und bis zum Jahr 2050 auf insgesamt 110 Millionen Menschen angestiegen sein. Je nachdem, welche Geburtenrate man in künftigen Jahren für die Projektion der Bevölkerung in China anlegt, könnte die Bevölkerung bis zum Jahr 2100 sogar auf 488 Millionen Menschen fallen. Ein etwas besseres Szenario geht von 767 Millionen Personen aus.

Demographischer Wandel macht China zu schaffen

Während nicht genügend Kinder geboren werden, altert die Bevölkerung der Volksrepublik zudem: Jährlich werden nunmehr zwischen fünf und zehn Millionen Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Im Jahr 2035 werden 30 Prozent der Bevölkerung, das sind rund 400 Millionen Menschen, 60 Jahre und älter sein.

Für die Entwicklung der Volksrepublik in einen modernen Industriestaat könnte das den Todesstoßes bedeuten: China wird alt, bevor es reich wird. Diese Entwicklung wird Peking nicht durch Einwanderung ausgleichen können (und wollen).

Wie bei vielen Zahlen, die aus der Volksrepublik gemeldet werden, ist auch hier auf die Richtigkeit der Angaben kein Verlass. Da die Provinzregierungen allerdings aus Peking Zuwendungen gemessen an der Bevölkerungszahl erhalten, besteht Anlass zu glauben, dass aus den Regionen zu hohe Einwohnerzahlen gemeldet werden und in Wahrheit bereits jetzt in China weniger Menschen leben als von der Kommunistischen Partei behauptet.

Bevölkerungsschwund macht Xi Strich durch die Rechnung

Machthaber Xi kann die Nachricht vom Bevölkerungsschwund nicht gebrauchen: Er hat es sich fest vorgenommen, die Volksrepublik bis zum Jahr 2049 in eine wohlhabende Industrienation zu verwandeln. Diesen Prozess nennt er, sinnigerweise, die “Verjüngung der Nation”. Dieser Prozess war bislang eher eine Rückentwicklung zur maxistisch-leninistischen Doktrin, einem gelenkten Staatskapitalismus, einem extremen Nationalismus und einem Führerkult, der stark an den Faschismus erinnert. In Xinjiang hat Xi soviel Menschen in Konzentrationslager gesperrt, wie seit Hitlers Diktatur nicht mehr.

Die Militärausgaben steigen seit Jahren stetig, auch das Arsenal an Atomsprengköpfen ist auf rund 400 angewachsen. Auch wenn Peking das offiziell nicht zugeben wird: Xi braucht Menschen, um die Armee zu vergrößern und um dem Rest der Welt die chinesische Volkswirtschaft als größte der Welt schmackhaft zu erhalten. Nur wenn China in dieser Weise interessant bleibt, hat Peking genug Erpressungspotential gegenüber Ländern, die den chinesischen Absatzmarkt brauchen.

Verwandtes Video: Chinas Bevölkerung schrumpft zum ersten Mal seit 60 Jahren (AFP)

 

Xi fehlt es an Personenpower

Unter Xi ist die Drohung mit Militär für viele Länder Asiens zum Alltag geworden. Mit all seinen Nachbarn hat die Volksrepublik Grenzstreitigkeiten, allen voran mit Indien, das in diesem Jahr die Einwohnerzahl der Volksrepublik übertreffen und zum bevölkerungsreichsten Land der Erde werden wird. Mit Delhi ist der Streit beider Länder bereits gewaltsam eskaliert, mit toten Soldaten auf beiden Seiten.

Xi hat es eilig, im Westpazifik Fakten zu schaffen: Angriffslust haben er und sein Vasall Nordkorea in Richtung Südkorea und Japan im Osten und den Philippinen im Süden signalisiert und durch Raketentests und riskante Manöver unterstrichen. Und die demokratische Inselrepublik Taiwan möchte Xi am liebsten erobern und gewaltsam mit dem Festland “wiedervereinigen”.

Doch dafür geht dem Führer nun über kurz oder lang die Personenpower aus: China kann weder auf lange Sicht eine Kriegswirtschaft noch ein Heer erhalten, dass die imperialen Wünsche Xis in die Tat umsetzen könnte.

2049 vielleicht nicht mehr genügend Wehrfähige

Dass dies zu Panik in Peking führt, hat sich bereits beim Planieren der Demokratie Hongkongs gezeigt. Eigentlich war in Verträgen festgelegt, dass Hongkong seinen Sonderstatus (“ein Land, zwei Systeme”) bis 2049 behalten darf. Es gab keinen offensichtlichen Grund, dreißig Jahre früher zuzuschlagen. Außer, wenn man in Betracht zieht, dass es 2049 vielleicht nicht mehr genügend Männer und Frauen im wehfähigen Alter geben könnte, um Hongkong an die Kandare zu nehmen.

Denn neben den Menschen in der ehemals autonomen Metropole unterdrückt Peking auch Menschen in Tibet, der Inneren Mongolei und, wie bereits erwähnt, Xinjiang. Wenn diese sich alle auf einmal vom Joch Pekings befreien wollten, könnte die Armee dieses Streben nach Freiheit nicht mehr aufhalten.

Das könnte auch der Grund sein, warum Xi sein Heer bereits jetzt auf dunkle Zeiten eingeschworen und, so sehen es zumindest einige Militärexperten, die Eroberung Taiwans lieber zu einem früheren Zeitpunkt als einem späteren ins Auge gefasst hat. Es wird nicht nur tausende Soldaten brauchen, um Taiwan zu erobern, sondern mindestens noch mal so viele, um die Insel zu besetzen und als chinesische Eroberung zu halten.

Xis Albtraum einer Demokratie

Es sieht auch nicht danach aus, als ob die Menschen in China, angefeuert durch Xis nationalistische Parolen, gewillt sein würden, mehr Kinder in die Welt zu setzen. Die Volksrepublik geht den Modernisierungskurs, den auch Japan, Südkorea und Taiwan durchlaufen haben: die Lebenshaltungskosten steigen, der Bedarf an besser ausgebildeten Menschen wächst. Diese entscheiden sich für kleinere Familien.

Darüber hinaus haben sich in Südkorea und Taiwan die Menschen in den späten achtziger, frühen neunziger Jahren aufgrund dieser Entwicklung zusätzlich noch dazu entschieden, künftig lieber in einer Demokratie leben zu wollen.

Dass dies in China genauso kommen könnte, ist nicht unmöglich, und somit Xi Jinpings Albtraum. Im Moment ist das aber nichts anderes als Zukunftsmusik ist. Dafür ist umso relevanter, jetzt die Bevölkerungsentwicklung in der Volksrepublik bei Szenarien einzupreisen, die versuchen, Vorhersagen für das zu treffen, was Xi Jinping militärisch vorhaben könnte, sei es im Bezug auf Taiwan, sei es im Hinblick auf andere Konfliktherde, von denen der Machthaber zahlreiche aufgehäuft hat.

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Analyse vom China-Versteher - Mit versteckten Signalen deutet Xi den Bruch mit dem Putin-Pakt an

Putin und Xi für immer? Von wegen: Peking sendet versteckt Signale, dass es sich langsam aber sicher von seiner Freundschaft zu Russland emanzipieren will. Kein Wunder: Der Pakt der Diktatoren ist längst nicht mehr so fruchtbar wie früher.

Wladimir Putin und Xi Jinping bei einem Treffen 2017. imago/ITAR-TASS

Wladimir Putin und Xi Jinping bei einem Treffen 2017. imago/ITAR-TASS© imago/ITAR-TASS

Anfang Februar jährt sich die Begegnung von Chinas Machthaber Xi Jinping mit Kreml-Diktator Putin in Peking. Aus Anlass der Eröffnung der Olympischen Spiele war Putin dorthin gereist. Beide Führer gaben im Anschluss an ihr Gespräch gemeinsam bekannt, dass ihre Länder künftig in einer speziellen, engen Freundschaft miteinander verbunden seien.

Damit wollten die beiden, so schien es, mit dem Zwist der Vergangenheit aufräumen: Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam es zum Bruch zwischen den beiden kommunistischen Mächten, den die Vereinigten Staaten nutzten, um sich der Volksrepublik anzunähern.

Die Unterschiede zwischen Xi und Putin stecken im Detail

Ein historischer Fehler, wie Xi sicher findet. Unter ihm soll China zurück auf ideologische Spur gebracht werden: Jung und alt müssen deshalb „Xis Gedanken” studieren, ein drei Bände schweres ideologisches Konvolut. Auch Diktator Putin empfindet eine Weltordnung unter Führung der USA als eine Beleidigung. Er hat den Untergang der Sowjet-Union als größte geopolitische Katastrophe des Zwanzigsten Jahrhunderts bezeichnet.

Die beiden Führer sind also vereint in ihrer Ablehnung der gegenwärtigen Weltordnung, die auf Menschenrechten, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit beruht. Die Alternative, für die sie stehen, ist maximale staatliche Repression, technologische Überwachung und Angriffskrieg.

Allerdings steckt der Teufel im Detail: Putin möchte in seinem zerstörerischen Wahn am liebsten die ganze Welt in Brand stecken, Xi hingegen die Welt gekonnt mit Kniffen unterwerfen und sie sich dienstbar machen. Dafür nutzt er die bestehende Weltordnung, unterwandert sie und zwingt Ländern chinesische Oberherrschaft auf, versüßt durch Wirtschaftsdeals. Xi glaubt daran, dass der Mensch im Grunde nur raffgierig und korrupt ist.

China sendet Signale, dass es sich von der „Freundschaft“ zu Russland emanzipieren will

Deshalb schmiert sein Regime in Ländern, die es sich dienstbar machen will, Politiker und Funktionsträger. Ein gutes Beispiel dafür sind die Salomon-Inseln, die Xi aufgrund ihrer Lage im Pazifischen Ozean unter seine Kontrolle bekommen will. Süffisant ist, dass Xi mit dem Versprechen sein Amt übernahm, die Korruption in China zu beenden. Daraus kann natürlich nichts werden, wenn sein Lieblingsinstrument chinesischer Außenpolitik die Korruption ist.

Allerdings sind in der Tat in den vergangenen Wochen unübersehbare Signale von Peking ausgesandt worden, die der freien Welt signalisieren sollen, dass die Volksrepublik sich nicht völlig an Russland binden und von der "Freundschaft" wieder emanzipieren will.

Gleich zwei starke Signale gingen deshalb in die diplomatische Welt, um diese Absicht zu unterstreichen: Qin Gang, bis vor kurzem noch Chinas Botschafter in den Vereinigten Staaten von Amerika, wird neuer chinesischer Außenminister. Er löst damit Wang Yi ab, der zum unsympathischen Gesicht von Chinas aggressiver Expansionspolitik geworden war.

Qin Gang und Zhao Lijan: Zwei Personalien sind entscheidend, um zu verstehen, was vor sich geht

Qin pries vor seiner Abreise aus den USA das Land und seine Leute in einem Interview. So viel offizielles Lob für Amerika gab es lange nicht mehr aus der Volksrepublik. Zeitgleich wurde dem bekanntesten Sprecher der chinesischen Regierung, Zhao Lijian, ein neuer Job zugewiesen. Zhao gehört, wie Wang Yi, ins Lager der "Wolfskrieger", jener Pekinger Diplomaten und Politiker, die an eine aggressive, über-nationalistische Volksrepublik glauben und dies auf dem diplomatischen Parkett, ganz undiplomatisch, zur Schau stellen.

Dass Peking sich auf diese Weise gleich zweifach von der Politik Xis im vergangenen Jahrzehnt lossagt, ist erstaunlich, in jedem Fall bemerkenswert. Denn in der diplomatischen Welt gelten solche Gesten als echte Akte, die für etwas Substanzielles stehen sollen. Dass der Ton die Musik macht, mag nirgendwo so zutreffend sein, wie auf dem diplomatischen Parkett. Also kann man diese beiden Personalien nicht nur als Ablenkungsmanöver abtun, zumindest für den Moment nicht.

Bereits im Herbst hatte die Pekinger Führung bei einem Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz einen Schulterschluss mit der freien Welt versucht und die Ankündigung Putins, gegebenenfalls auch einen Nuklearschlag auf ukrainischem Boden auszuführen, verurteilt. Diese Verurteilung ist kein Grund zum Jubeln, spiegelt sie doch die offizielle Haltung der Weltgemeinschaft zum Einsatz solcher Massenvernichtungswaffen wider. Allerdings darf man sich mittlerweile freuen, wenn Xis China der freien Welt auch nur ein paar Millimeter entgegen kommt.

Chinas wirtschaftliche Lage zwingt Xi zu Kompromissen

Grund für diese Konzilianz mag sein, dass die Wirtschaft der Volksrepublik dank der verfehlten Politik Xis und seiner Nomenklatura am Abgrund steht. Die Immobilienblase, die die gesamte Mittelschicht des Landes in den Abgrund ziehen könnte, erhält Peking künstlich am Leben und verschärft damit nur das Risiko eines späteren, viel herberen Absturzes. Chinas Exporte sind eingebrochen und auch der Binnenkonsum lahmt. Entsprechend hoch ist die Arbeitslosigkeit, besonders bei der Jugend. Zudem demonstrieren Arbeitende immer häufiger, wenn ihnen versprochener Lohn vorenthalten werden soll.

Dass es in einer solchen Situation nicht nachhaltig ist, all seine Nachbarn mit Kriegsdrohungen zu überziehen, hat letztendlich auch Peking gemerkt. Bei einem Besuch des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. in der chinesischen Hauptstadt wurden ihm Wirtschaftsdeals in Aussicht gestellt und versucht, den Konflikt, der aufgrund von Chinas Behauptung, Teile der Spratly-Inseln gehörten zur Volksrepublik, besteht, zu entschärfen.

Xi kommt zur Erkenntnis, dass die Freundschaft mit Putin mehr schadet als nutzt

Denn auch wenn es stimmt, dass Peking von Russland (wie Indien) nun stark vergünstigt Gas und Öl importiert, ist gleichzeitig wahr, dass Russland für China nicht den adäquaten Absatzmarkt ersetzt, den es in der freien Welt verlieren könnte, sollte die Partnerschaft mit Moskau bestehen bleiben. China hat allen Grund, von Russland abzurücken. Von außen ist nicht klar, inwieweit Machthaber Xi zu dieser Kurskorrektur gezwungen wird oder ob er persönlich zu der Überzeugung gekommen ist, dass die Freundschaft mit Putin ihm mehr schadet als nutzt.

Es ist wiederum ein guter Moment für die USA und ihre Verbündeten, Chinas Signale erst zu nehmen und, wie vor einem halben Jahrhundert auch, das Riff zwischen den beiden Diktaturen zu nutzen und China die Tür zurück in die Weltgemeinschaft zu öffnen, in der Hoffnung, dass das Land so den Kriegspfad verlässt, auf den Xi es geführt hat.

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Greift China in zwei Jahren Taiwan an? So wahrscheinlich sind die Schreckensszenarien der USA

Greift China in zwei Jahren Taiwan an? So wahrscheinlich sind die Schreckensszenarien der USA

Ein US-General befürchtet, dass der Taiwan-Konflikt schon bald zu einem Krieg zwischen China und den USA eskalieren könnte. Hat er recht mit seiner Prognose?

München/Peking – „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir 2025 kämpfen werden“: Mike Minihan, ein Vier-Sterne-General der US-Luftwaffe, warnt davor, dass der Taiwan-Konflikt mit China schon in zwei Jahren eskalieren könnte. In einem Memo, aus dem am Samstag unter anderem die Nachrichtenagentur Reuters zitierte, prognostiziert Minihan, dass sich der Konflikt zu einem Krieg zwischen den USA und China ausweiten werde. „Ich hoffe, dass ich falsch liege“, so der General weiter.

Geteilt wird diese Einschätzung von Michael McCaul, dem neuen Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des Repräsentantenhauses. „Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass wir einen Konflikt mit China und Taiwan und der Indopazifik-Region sehen“, sagte der republikanische Politiker am Sonntag dem Sender Fox News. Die USA müssten auf eine Invasion Taiwans durch China „vorbereitet sein“, so McCaul, der sich in seiner Analyse auf die düstere Prognose von US-General Minihan bezog. Das US-Verteidigungsministerium distanzierte sich hingegen von Minihans Äußerungen.

Droht schon bald ein neuer Großkonflikt, der die Verwerfungen durch den Ukraine-Krieg in den Schatten stellen könnte? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es im Konflikt zwischen China und Taiwan?

Peking betrachtet das demokratisch regierte Taiwan als abtrünnige Provinz – obwohl Taiwan nie Teil der Volksrepublik China war. Der Konflikt geht zurück auf den chinesischen Bürgerkrieg, der 1949 mit dem Sieg der Kommunisten unter Mao Zedong und der Ausrufung der Volksrepublik endete. Die unterlegenen Nationalisten unter Chiang Kai-shek flohen nach Taiwan, wo seitdem die 1912 ausgerufene Republik China weiterlebt. Bis in die 1970er-Jahre betrachteten die meisten Länder weltweit die Regierung in Taipeh als legitimen Vertreter ganz Chinas. Dann wechselten die großen Staaten zu Peking, Taipeh verlor den Sitz Chinas bei den Vereinten Nationen. Heute erkennen nur noch 14 Länder Taiwan offiziell an.

Womit droht China der Regierung in Taiwan?

Die Regierung in Peking strebt seit Jahrzehnten eine „Wiedervereinigung“ mit Taiwan an. Manche Beobachter spekulieren, dass Staats- und Parteichef Xi Jinping die „Taiwan-Frage“ noch in seiner eigenen Amtszeit lösen will. Für die Kommunistische Partei sei die „Wiedervereinigung“ eine „historische Mission“, sagte Xi im Oktober, er strebe eine friedliche Lösung an. Xi schränkte jedoch ein: „Wir werden niemals versprechen, auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten, und wir behalten uns die Möglichkeit vor, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen.“

Seit die damalige Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im vergangenen August Taipeh besuchte, nehmen die militärischen Provokation aus China zu. Fast täglich nähern sich chinesische Kampfjets Taiwan, zudem überqueren immer wieder Kriegsschiffe die inoffizielle Grenzlinie zwischen Taiwan und der Volksrepublik.

Wann könnte China Ernst machen und einen Krieg beginnen?

Ein Datum, das Beobachter immer wieder nennen, ist das Jahr 2027. Dann feiert Chinas Volksbefreiungsarmee den 100. Jahrestag ihrer Gründung. Zudem soll dann die von Xi angestoßene Modernisierung der Armee abgeschlossen sein. Auch das Jahr 2049 wird bisweilen genannt: 100 Jahre nach ihrer Gründung will die Volksrepublik China eine Weltmacht sein – Xi spricht vom „Wiederaufleben der chinesischen Nation“.

Ob und wann China aber tatsächlich versuchen wird, Taiwan einzunehmen, weiß niemand – außer vielleicht Staatschef Xi selbst, der auch oberster Militär des Landes ist. Konkrete Vorhersagen sind daher Spekulation. Klar ist hingegen: Sollte sich China auf einen Angriff vorbereiten, würden die Geheimdienste wohl Monate oder gar Jahre vorher Anzeichen dafür entdecken.

Greift China in zwei Jahren Taiwan an? So wahrscheinlich sind die Schreckensszenarien der USA

Greift China in zwei Jahren Taiwan an? So wahrscheinlich sind die Schreckensszenarien der USA© Bereitgestellt von Merkur

Foto © afp/China Defence

Wie würden sich die USA und Japan im Falle eines Taiwan-Kriegs verhalten?

Die USA unterhalten nur inoffizielle Beziehungen zu Taiwan, unterstützen die Regierung in Taipeh aber seit vielen Jahren mit Waffenlieferungen. Ob Washington Taiwan im Falle eines chinesischen Angriffs auch direkt unterstützen würden, ließ die US-Regierung bislang offen – diese Taktik der „strategischen Uneindeutigkeit“ sollte auf Peking abschreckend wirken. Zuletzt erklärte US-Präsident Joe Biden allerdings mehrfach, sein Land würde unmittelbar in einen Konflikt eingreifen – Äußerungen, die vom Weißen Haus anschließend immer wieder zurückgenommen wurden.

Ob sich auch Japan, das zuletzt eine massive Erhöhung seines Verteidigungshaushalts angekündigt hat, direkt in eine militärische Auseinandersetzung zwischen China, Taiwan und den USA einmischen würde, ist offen. Die meisten Experten gehen allerdings davon aus, dass Tokio den USA zumindest erlauben würde, die amerikanischen Militärbasen im Land zu nutzen. Derzeit sind rund 54.000 US-Soldaten in Japan stationiert, mehr als die Hälfte davon auf der Insel Okinawa, unweit von Taiwan.

Welche Szenarien für eine Invasion Taiwans gibt es?

Die meisten Militärexperten sind sich einig, dass China heute noch nicht in der Lage wäre, einen großangelegten Angriff auf Taiwan zu starten. Einen solchen „konventionellen“ Angriff würde China einer Simulation des Zentrums für internationale und strategische Studien (CSIS) in Washington zufolge heute mit großer Wahrscheinlichkeit verlieren – vorausgesetzt, die USA und Japan greifen aufseiten Taiwans in den Konflikt ein. Allerdings wäre der Sieg Taiwans und seiner Verbündeten teuer erkauft: „Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verlieren Dutzende von Schiffen, Hunderte von Flugzeugen und Zehntausende von Militärangehörigen. Die Wirtschaft Taiwans wäre am Boden zerstört“, so die CSIS-Analysten. Auch China hätte demnach hohe Verluste zu verkraften.

Möglich sind aber auch andere Szenarien als ein „konventioneller“ Angriff. So könnte China versuchen, Taiwan mit einer Seeblockade vom Rest der Welt abzuschneiden. Möglich wäre auch eine Salami-Taktik, also ein Angriff zunächst auf eine oder mehrere der kleinen Inseln, die zu Taiwan gehören und unweit des chinesischen Festlands liegen. Das mögliche Kalkül dahinter: Sollte China zunächst beispielsweise die Insel Kinmen angreifen, würden sich die USA oder Japan noch nicht in den Konflikt einmischen – die Insel wäre es nicht wert, einen Weltkrieg zu riskieren. China könnte sich in der Folge ermutigt fühlen, weitere Inseln anzugreifen und schließlich Taiwans Hauptinsel zu erobern.

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China lockt den Westen in die Falle
Russland im Jahr 2018: Der chinesische Präsident Xi Jinping besucht seinen Amtskollegen Wladimir Putin in Moskau. In den vergangenen Jahren hat sich das russisch-chinesische Bündnis gefestigt.
Russland im Jahr 2018: Der chinesische Präsident Xi Jinping besucht seinen Amtskollegen Wladimir Putin in Moskau. In den vergangenen Jahren hat sich das russisch-chinesische Bündnis gefestigt. (Quelle: Kremlin Pool/imago images)

Die Erwartungen an den chinesischen "Friedensplan" für die Ukraine sind im Westen nicht hoch. Im Gegenteil: Es herrscht Angst, dass Xi Jinping Putins Krieg nun stärker unterstützen könnte.

Wladimir Putin hat seit dem Beginn seines Angriffskrieges in der Ukraine nicht mehr viele Freunde. Der Kreml scheint dieser Tage froh zu sein, wenn sich ein anderer Verbündeter als der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko nach Moskau verirrt. Deswegen wurde der chinesische Chefdiplomat Wang Yi mit besonders viel Aufmerksamkeit in der russischen Hauptstadt empfangen. Er trifft nicht nur den russischen Außenminister Sergej Lawrow, sondern auch Putin.

Das zeigt vor allem eines: Russland hat sich durch die Invasion in der Ukraine und durch den Konflikt mit dem Westen in eine existenzielle Abhängigkeit zur Volksrepublik begeben. Wo vorher Skepsis zu China überwog, herrscht nun Gleichschritt. Wo es vor einem Jahr noch eine machtpolitische Rivalität gab, ordnet sich Russland nun unter. Putin hat keine andere Wahl mehr.

China stellt sich im Ukraine-Konflikt nun immer deutlicher auf die Seite des Kremls. Aus der Perspektive Pekings erscheint der Konflikt mit den USA um eine neue Weltordnung als viel wichtiger als die Souveränität der Ukraine. Deshalb erwartet man im Westen von der bei der Münchner Sicherheitskonferenz angekündigten "Friedensinitiative" Chinas keine Lösung für den Konflikt, sondern vielmehr eine Falle.

Xi steht an der Seite Putins

China agierte im Ukraine-Krieg bislang zurückhaltend, spielte oft mit einer Doppeldeutigkeit. Gleichzeitig hatte man in Peking Sorge, auch zum Ziel westlicher Sanktionen zu werden. Deswegen gab es für die russische Armee bislang keine Waffenhilfe aus China, zumindest nicht offiziell.

Trotzdem gibt es keinen Zweifel daran, wo Xi Jinping in diesem Konflikt steht: an der Seite von Putin.

Mittlerweile kommen wichtige Halbleiter für die russische Rüstungsproduktion aus der Volksrepublik, und die USA werfen China vor, die russische Söldnertruppe Wagner mit Satellitenaufklärung zu unterstützen. Auch die Lieferung von chinesischen Waffen ist wahrscheinlich keine rote Linie. Militärexperte Gustav Gressel geht im Interview mit t-online davon aus, dass diese bereits über Nordkorea nach Russland kommen.

Ukraine-Krieg - Donezk
Ein ukrainischer Soldat ruht sich aus, bevor er sich an die Frontlinie in der Region Donezk, Ukraine, begibt. (Quelle: Andriy Dubchak/AP/dpa/dpa-bilder)

Putin ist in einem langen Abnutzungskrieg mit der Ukraine, die vom Westen unterstützt wird, zwingend auf Waffen aus dem Ausland angewiesen – und die Hilfe aus dem Iran oder Nordkorea reicht auf Dauer nicht. Deswegen braucht er Peking, die zweitgrößte Militärmacht der Erde.

Überschreitet China eine "rote Linie"?

Im Westen scheint man diese Gefahr ernst zu nehmen, es herrscht Alarmstimmung. Jegliche Waffenlieferungen an Russland würden "ernste Probleme" im amerikanisch-chinesischen Verhältnis verursachen, drohte US-Außenminister Antony Blinken. Damit wäre "eine rote Linie" überschritten, sagte auch der EU-Chefdiplomat Josep Borrell. Auch US-Geheimdienste werfen der Volksrepublik vor, bereits Waffen nach Russland zu schicken.

China weist das zurück, auch der Kreml streitet ab. Washington verbreite "falsche Informationen", sagte der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin. Es seien die USA, die Waffen auf das Schlachtfeld lieferten, nicht China. Die USA hätten kein Recht, Forderungen an China zu stellen, so Wang Wenbin. China akzeptiere "weder Druck noch Zwang" in seinen Beziehungen zu Russland.

Xi Jinping und Wladimir Putin: Die beiden Präsidenten sind nach dem russischen Angriff auf die Ukraine näher zusammengerückt.
Xi Jinping und Wladimir Putin: Die beiden Präsidenten sind nach dem russischen Angriff auf die Ukraine näher zusammengerückt. (Quelle: via http://www.imago-images.de/imago images)

Und dieses Signal sendete Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi auch in Moskau in die Welt. Er betonte Pekings Bereitschaft, "die strategische Partnerschaft (...) und die Zusammenarbeit in alle Richtungen" mit Moskau zu stärken. Die russisch-chinesischen Beziehungen seien "nicht gegen Drittländer gerichtet und widerstehen deren Druck", sagte er.

Doch was bedeutet das? Zumindest ist klar, dass China wahrscheinlich keinen Druck auf Putin ausüben wird, damit dieser seinen Krieg beendet.

"China möchte, dass der Krieg endet"

Das hängt aber vor allem damit zusammen, dass Xi nicht möchte, dass der Kremlchef den Krieg verliert. Xi Jinping braucht Putin in einem neuen "Kalten Krieg" mit den USA. Die chinesische Führung sieht sich zusammen mit Russland als Ordnungsmacht in Asien und möchte aus eigenen sicherheitspolitischen Gründen verhindern, dass eine mögliche Kriegsniederlage und ein Machtverlust für Putin eine große Atommacht wie Russland destabilisiert. Das wäre für Peking ein großes Problem.

Umarmung für die Ukraine: Joe Biden auf geheimer Mission in Kiew.
Umarmung für die Ukraine: Joe Biden auf geheimer Mission in Kiew. (Quelle: IMAGO/Ukrainian President Press Office)

Deshalb ist die Unterstützung für den Kreml für China das kleinere Übel. Der Krieg läuft schlecht für Putin, und in Peking hatte man wahrscheinlich gehofft, dass der Konflikt schnell von Russland gewonnen werde. "Ich denke, dass China wirklich möchte, dass der Krieg endet", sagte die China-Expertin Yun Sun von der US-Denkfabrik Stimson Center der Deutschen Presse-Agentur und fügte hinzu: "Eine komplette Niederlage Russlands ist nicht in Chinas Interesse."

Aber nach zwölf Monaten, in denen es chinesische Strategie war, sich bloß nicht zu weit in den Sturm zu lehnen, geht das nicht mehr auf. Im Gegenteil: China möchte die dominierende Supermacht werden und kann es sich politisch nicht mehr leisten, diese Krise auszusitzen. Deswegen kommt die Verkündung der chinesischen "Friedensinitiative" – auch symbolisch am 24. Februar, nach genau zwölf Monaten Krieg – wenig überraschend.

Chinas Falle kann gefährlich werden

Die Frage ist nun, ob die chinesische "Friedensinitiative" über den symbolischen Charakter der Ankündigung hinausgeht. "Wenn China sich nicht bewegt in diesem Konflikt, wird Peking zunehmend auch im Fahrwasser Russlands gesehen", erklärte China-Experte Mikko Huotari, Direktor des Mercator Institut for China Studies, dem ZDF. Nun bewegt sich China, aber wahrscheinlich aus Perspektive des Westens in die falsche Richtung.

Für die Volksrepublik ist es eine politische Zerreißprobe. Einerseits blickt Peking mit Sorge darauf, dass sich langsam Länder wie Indien in Richtung Westen positionieren. Andererseits ist Putins Krieg auch in China selbst umstritten. Es gibt viele Hardliner, die den Konflikt mit dem Westen verschärfen möchten, und es gibt den Teil der chinesischen Öffentlichkeit, der sich aus wirtschaftlichen Gründen gute Beziehungen wünscht. Für Präsident Xi ist das ein Dilemma, zumal die Volksrepublik noch mit den wirtschaftlichen Folgen der Null-Covid-Politik ringt.

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China gegen den Westen - der neue ökonomische Großkonflikt

Viele Konzerne setzen ungebremst aufs China-Geschäft. Doch Pekings felsenfeste Unterstützung für Wladimir Putin spricht für ein dauerhaftes Zerwürfnis zwischen China und dem Westen. Wir stehen vor einem ökonomischen Großkonflikt.

China gegen den Westen - der neue ökonomische Großkonflikt

China gegen den Westen - der neue ökonomische Großkonflikt© Sven Hoppe / dpa

Worte können Waffen sein. Gelegentlich kommen sie als Dolche daher, die in hübsch verzierten Etuis stecken: scharfe Klingen in harmlos wirkender Verpackung – Instrumente der Täuschung.

Was gesagt und was eigentlich gemeint ist, sind dann mitunter ganz verschiedene Dinge.

So liest sich das chinesische Zwölf-Punkte-Papier, vom Pekinger Außenministerium zum Jahrestag der russischen Ukraine-Invasion am Freitag vorgelegt, wie diplomatische Dichtkunst. Statt eines Friedensplans, wie im Vorfeld mal in Aussicht gestellt, handelt es sich um ein Dokument der Täuschung. Es steht in einer Reihe von Deklarationen, mit denen die chinesisch-russische Allianz versucht, die Weltöffentlichkeit zu verwirren. Und zwar mit ausgesprochen kurzbeinigen Realitätsverdrehungen.

So heißt es unter Punkt eins des neuen chinesischen Papiers: "Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss unbedingt aufrechterhalten werden", egal ob "klein oder groß, stark oder schwach, reich oder arm". Klingt wie eine Breitseite gegen Wladimir Putin. Nimmt man diesen Satz wortwörtlich, kann man ihn als Aufforderung lesen, unverzüglich sämtliche Truppen aus der Ukraine abzuziehen und von nun an die international anerkannten Staatsgrenzen zu achten. Aber: Dies schreibt eine Regierung, die selbst das kleine, demokratische Nachbarland Taiwan bedroht.

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Was "Länder" im oben zitierten Satz bedeutet, ist demnach Auslegungssache: Wenn man einem Staat seine Unabhängigkeit und sein Recht auf Selbstbestimmung abspricht – so wie China dies im Fall Taiwan tut und Russland im Fall Ukraine –, dann braucht man sich auch nicht um dessen "territoriale Integrität" zu scheren. Worte als Waffe, Täuschung als Drohung.

Achtung! Dies ist Deutschlands größter Handelspartner. Waren für knapp 300 Milliarden Euro haben China und Deutschland 2022 ausgetauscht, meldete kürzlich das Statistische Bundesamt. Für deutsche Konzerne wie Volkswagen und Mercedes Benz ist China längst der wichtigste Markt. Diverse deutsche Konzerne sitzen in der China-Falle. Und Peking weiß das. (Achten Sie auf den chinesischen Volkskongress ab Sonntag.)

Gern präsentiert sich China als Garant des freien Handels. So geißelt das Peking-Papier unter Punkt 10 die Sanktionen des Westens gegen Russland. Man sei "gegen unilaterale Sanktionen, die nicht vom UN-Sicherheitsrat autorisiert sind". Abgesehen davon, dass Peking und Moskau als Vetomächte jede Entscheidung im Sicherheitsrat verhindern können, übersieht diese Forderung, dass China selbst in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Ländern mit Sanktionen überzogen hat, darunter Litauen, Australien, Japan und Kanada, weil sie Menschenrechtsverletzungen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren kritisiert oder die Unabhängigkeit Taiwans unterstützt haben. Dass Peking im Ukraine-Krieg eine "konstruktive Rolle" zu spielen gedenkt, klingt vor diesem Hintergrund reichlich hohl.

"Tausend Jahre Demokratie"?

Kurz bevor der vermeintliche Friedensplan herauskam, war übrigens Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi in Moskau. Nach dem Gespräch mit Kriegsherr Putin vermeldete Wangs Ministerium, die felsenfeste Partnerschaft beider Länder. Im Übrigen wolle man "mehr Demokratie in den internationalen Beziehungen” – eine Tarnformulierung für weniger westlichen Einfluss. Außerdem: die "strategische Koordination stärken, die praktische Kooperation ausbauen und die legitimen Interessen beider Länder verteidigen". Wenige Tage später meldete der SPIEGEL, China sei offenbar bereit, Kamikaze-Drohnen für russische Angriffe in der Ukraine zu liefern – scharfe Klingen in harmlos wirkender Verpackung.

China und Russland bemühen das Vokabular des liberalen Westens und wenden es gegen ihn. Währenddessen laufen die west-östlichen Geschäfte weiter – solange es denn gutgeht.

Im Februar 2022, unmittelbar vor Kriegsbeginn, holte sich Putin Rückendeckung von Chinas Führer Xi Jinping. In ihrer "gemeinsamen Erklärung" wimmelt es von großen liberalen Begriffen, deren Bedeutung sie bis zur Unkenntlichkeit verdrehen. So beschwören Xi und Putin "Frieden, Entwicklung, Gleichheit, Recht, Demokratie und Freiheit" sowie eine "rechtsbasierte Weltordnung". Klingt alles vernünftig, vordergründig jedenfalls. Etwas weiter unten in der Erklärung vernachlässigen die beiden Herrscher jedoch streckenweise ihre sprachliche Tarnung. Natürlich handele es sich auch bei ihren Ländern um Demokratien, heißt es da, und zwar um solche "mit langer Tradition". Man habe schließlich "tausendjährige Erfahrung" damit, die "Bedürfnisse und Interessen der Bürger" zu erkennen und zu befriedigen.

Man muss nach solchen Sätzen erst mal durchatmen und sich schütteln, denn sie stammen von Regimen, die sich offenkundig in einer ungebrochenen Tradition sehen mit Figuren wie Iwan dem Schrecklichen, Mao Tse-tung und Josef Stalin – Gewaltherrschern, die Hunger und Krieg auch gegen die eigene Bevölkerung als legitime Mittel der Machtausübung erachteten.

"Mit Volldampf in die falsche Richtung"

Währenddessen in Deutschland. Dass man China nicht "dämonisieren" dürfe, ist zu einer Art Kehrvers bei der Rechtfertigung der engen Wirtschaftsbeziehungen geworden. Man versucht es mit business as usual. Olaf Scholz reiste kurz nach Xis Ernennung zum Dauerherrscher vorigen Herbst nach Peking. Konzerne wie BASF bauen unverdrossen ihr China-Geschäft aus. Die Direktinvestitionen stiegen voriges Jahr mit rekordverdächtigem Tempo. Der Handel legt weiter zu. Die Verflechtungen werden noch enger. Es gehe "mit Volldampf in die falsche Richtung", kritisiert das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Eine Studie des Berliner China-Thinktanks Merics kommt zu der ernüchternden Einschätzung, dass China inzwischen weniger eine "wirtschaftliche Chance" für den Westen, denn ein "Sicherheitsrisiko" sei. Während Pekings Emissäre gern von Multilateralismus und Freihandel redeten, schütze China seine eigene Wirtschaft massiv und stelle sie in den Dienst des Staates. Die Globalisierung verändert damit fundamental ihren Charakter. Doch in den Geschäftsmodellen vieler Konzerne spiegelt sich das noch nicht wider.

So warnt denn auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor immer mehr Abhängigkeit. Strategieberater dienen Konzernen ihre Dienste an und fordern sie dazu auf, sich schleunigst auf ein "decoupling" zwischen China und dem Westen einzustellen: Rückzug aus China, Diversifizierung von Produktion, Beschaffung und Vermarktung – oder wahlweise die Bildung weitgehend autonom agierender Tochterfirmen. Deutsche Konzerne müssten dringend ihr China-Geschäft so aufstellen, "dass auch dessen Kollaps nicht das gesamte Unternehmen in Existenznot bringt", so IW-Forscher Jürgen Matthes.

Nach dem Russland-Debakel droht der China-Schock

Während viele Mittelständler sich aus China zurückziehen, weil ihnen die Lage zu heiß wird, sind Großunternehmen nach wie vor auf einem anderen Trip. Mercedes-Chef Ola Källenius gab kürzlich zu Protokoll: "Von China abzurücken, weil irgendetwas passieren könnte, wäre die falsche Richtung."

Martin Brudermüller, der BASF-Vorstandsvorsitzende, mahnte, Deutschland müsse "vom China-Bashing" wegkommen. Allianz-Boss Oliver Bäte meint: "Wir sollten gar nicht erst so tun, als ob wir uns von Ländern wie China als Partner verabschieden könnten."

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Schon klar: Wenn die China-Falle zuschnappt, kann es rasch sehr teuer werden. Nach dem Ende der Russland-Deals und dem Energiedebakel droht der nächste Genickschlag – und wieder wäre es ein Schock mit Ansage.

Die gesamtwirtschaftlichen Kosten einer Abkopplung wären tragbar

Ich fürchte, wir laufen hier auf einen innerdeutschen und -europäischen Großkonflikt zu – Big Business gegen den Rest. Denn die gesamtwirtschaftlichen Kosten einer vollständigen China-Abkopplung des Westens wären durchaus verkraftbar: Nach Berechnungen des ifo-Instituts würde das deutsche Bruttoinlandsprodukt in diesem Szenario um lediglich 0,76 Prozent niedriger ausfallen als bei der Fortsetzung des Status quo. Am stärksten betroffen wäre die Autoindustrie.

Einzelne Konzerne jedoch könnten bei einer Zuspitzung der Sicherheitslage große Teile ihres Auslandsgeschäfts verlieren und stünden womöglich vor der Pleite. Wir sollten uns darauf vorbereiten – und Instrumente der Täuschung als solche enttarnen.

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Unternehmen an Chinas Tropf

In einem Tagebau in Ganxian werden Seltene Erden gefördert.

In einem Tagebau in Ganxian werden Seltene Erden gefördert.© dpa

Kaum ein Papier wird von der deutschen Wirtschaft mit ei­ner derartigen Spannung er­wartet wie die finale Fassung der Chinastrategie der Bundesregierung. Der künftige Umgang mit dem Reich der Mitte spaltet nicht nur die Koalition, sondern trennt auch zwei grüngeführte Ministerien. Viele Manager setzen darauf, dass sich Wirtschaftsminister Robert Habeck mit einem pragma­tischeren Ansatz gegen die wertegeleitete Außenministerin Annalena Baerbock durchsetzt. Es steht viel auf dem Spiel: Vergangenes Jahr haben Deutschland und China Waren im Wert von rund 300 Milliarden Euro ausgetauscht.

Die Sorgen im produzierenden Ge­werbe sind groß, haben Pandemie und das rigide Corona-Management Pe­kings der westlichen Welt doch brutal vor Augen geführt, wie groß die Ab­hängigkeit von China geworden ist. Vergangene Woche richteten zwei Dutzend Unternehmen aus der deutschen Solarindustrie deshalb einen dringenden Appell an Habeck. Schließlich stammten vergangenes Jahr 87 Prozent der importierten Photovoltaikanlagen aus China. Wenn de­ren Lieferanten morgen ausfielen, könne Deutschland seine Solarwende vergessen. Anschließend vereinbarte die Bundesregierung eine Strategie, um eigene Kapazitäten aufzubauen und die Lieferketten zu diversifizieren.

Nicht nur seltene Erden

Doch per Federstrich lassen sich die Probleme nicht mehr lösen. Es ist Au­genwischerei, wenn suggeriert wird, das rohstoffarme Deutschland könne sich durch eine größere Anzahl von Lieferanten rasch aus Chinas Umarmung lösen. Denn das Reich der Mitte hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gerade in der Verarbeitung strategischer Rohstoffe in eine Position ge­bracht, in der es nur zu einem extrem hohen Preis substituiert werden kann. Damit hängt die industrielle Welt an Chinas Rohstofftropf.

Beispiel Elektroautos: Eine Lit­hium-Ionen-Batterie besteht bis zu 20 Pro­zent aus dem besonders teuren Nickel. Zu den wichtigsten Schürfkonzernen gehört Nornickel, einer der we­nigen russischen Konzerne, der nicht auf westlichen Sanktionslisten zu finden ist. Einer der wichtigsten Verarbeiter ist wiederum die Tsingshan Group aus China, die mit vielen westlichen Konzernen kooperiert. Vor einem Jahr sicherte sich Volkswagen mit ihr seine Nickellieferungen. Der Tsingshan-Chef hatte sich nach Russlands Überfall auf die Ukraine mit Leerverkäufen gewaltig verzockt. Der Nickelpreis schoss durch die Decke, und die Londoner Edelmetallbörse LME – im Besitz der Börse Hongkong – setzte den Handel nicht nur aus, sondern machte ihn sogar rückgängig. Pe­king zog einen Bail-out zur Rettung des Unternehmens mit der überragenden Bedeutung durch.

Auch für die Versorgung mit Kupfer, zum Bau von Elektromotoren und für die Herstellung von Leitungen un­ersetzlich, ist China der Schlüsselstaat. Es lassen sich weitere Beispiele finden.

Die unbequeme Wahrheit lautet, dass die industrialisierte Welt sich auf ihrem bisherigen Entwicklungspfad nicht einfach von unliebsamen Lieferanten aus China komplett lossagen kann. Den rohstoffarmen Kontinent Europa trifft dies weitaus stärker als Nordamerika, das einiges, aber nicht alles ersetzen kann.

Der Westen hing lange der Illusion nach, wonach un­attraktive Verarbeitungsschritte zu Be­­ginn der Produktionsketten in Länder ausgelagert werden, in denen dies ohne große Proteste vonstatten geht, während man selbst die hochwertigen Veredelungsschritte vornimmt. Natürlich muss die Politik Missstände wie die Menschrechtsverletzungen an Ui­guren immer wieder zum Thema ma­chen. Wer aber als Konsequenz von der Wirtschaft fordert, ihre Taue komplett zu kappen, muss auch ehrlich den Preis dafür nennen.

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China rüstet auf: Wächst jetzt die Kriegs-Gefahr mit Taiwan?

Im Jahr 2019 stellte China seinen zweiten Flugzeugträger in Dienst

Im Jahr 2019 stellte China seinen zweiten Flugzeugträger in Dienst© Li Gang/Imago

China rüstet auf: Wächst jetzt die Kriegs-Gefahr mit Taiwan?

China will sich Taiwan einverleiben – und erhöht seit Jahren die Militärausgaben. Wird ein Krieg unausweichlich?

München/Peking – Im Jahr 2027 wird Chinas Volksbefreiungsarmee den 100. Jahrestag ihrer Gründung feiern. Bis dahin will Peking die Modernisierung seiner Armee weiter vorantreiben. Seit vielen Jahren erhöht China deshalb regelmäßig die Militärausgaben. In diesem Jahr soll das Budget um 7,2 Prozent auf umgerechnet 211 Milliarden Euro steigen, wie der scheidende Premierminister Li Keqiang am Sonntag bei der jährlichen Tagung von Chinas Nationalem Volkskongress bekannt gab. Bereits in den vergangenen Jahren war Chinas Militärhaushalt ähnlich stark angewachsen. Die Armee, so Li, müsse bis 2027 „an der Durchführung militärischer Operationen, der Verbesserung der Kampfbereitschaft und der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten“ arbeiten.

Insgesamt will China die Staatsausgaben im laufenden Jahr um 5,7 Prozent erhöhen, die Wirtschaft soll um „etwa fünf Prozent“ wachsen, wie Li ankündigte. Das Militärbudget wächst also deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft des Landes. Zudem dürfte China in Wirklichkeit mehr für die Armee ausgeben als offiziell verkündet. So schätzt das Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri, dass Peking 2021 rund 275 Milliarden Euro in seine Armee gesteckt hat – mehr als jedes andere Land der Welt, mit Ausnahme der USA.

Chinas Regierung beschreibt ihre Rüstungsausgaben als „angemessen und vernünftig“. So erklärte der Sprecher des Nationalen Volkskongresses, Wang Chao, am Wochenende, die Erhöhung der Ausgaben sei „notwendig, um die komplexen Sicherheitsherausforderungen zu bewältigen und unserer Verantwortung als Großmacht gerecht zu werden“. Vor allem mit Blick auf Taiwan sorgt Chinas Aufrüstung allerdings für Beunruhigung bei westlichen Regierungen. Denn China betrachtet die demokratisch regierte Insel als Teil des eigenen Staatsgebiets und strebt eine „Wiedervereinigung“ an – notfalls auch mit Gewalt.

China erhöht Militärausgaben – gibt aber deutlich weniger aus als die USA

Im internationalen Vergleich gibt China jedoch nicht übermäßig viel für seine Volksbefreiungsarmee aus. Nimmt man die Sipri-Zahlen als Basis, dann lagen Chinas Militärausgaben 2021 bei 1,7 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Das ist weniger als das offizielle Ziel der Nato-Staaten, jedes Jahr mindestens zwei Prozent ihres BIP in den Verteidigungshaushalt zu stecken – ein Ziel, das Deutschland übrigens in diesem Jahr wieder einmal verfehlen dürfte. Die USA hingegen investierten rund 752 Milliarden Dollar in ihre Streitkräfte, das entspricht satten 3,2 Prozent des amerikanischen BIP.

Fraglich ist zudem, wie schlagkräftig Chinas Armee wirklich ist. Das Land will zwar schon bald einen dritten Flugzeugträger namens „Fujian“ in Dienst stellen; auch wird Peking Staatsmedien zufolge in diesem Jahr „fortschrittlichere Kampfflugzeuge“ in Betrieb nehmen, darunter J-20 Tarnkappen-Kampfflugzeuge und J-16 Mehrzweck-Kampfflugzeuge. Außerdem verfügt Peking schon heute über die größte Marine der Welt. Allerdings soll die Modernisierung der Armee erst 2035 weitgehend abgeschlossen sein. Über Streitkräfte auf „Weltklasseniveau“ wird China eigenen Angaben zufolge sogar erst Mitte des Jahrhunderts verfügen.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping „will Chinas bis 2049 zu einer Weltmacht machen“, sagt die China-Expertin Helena Legarda vom Merics-Institut für China-Studien. „Das heißt nicht zwangsläufig, dass es bis dahin zu einer großangelegten Invasion Taiwans kommen muss. Aber bis 2049 müssen zumindest signifikante Schritte unternommen werden, um die Taiwan-Frage zu klären“, so Legarda im Gespräch mit dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA.

Kriegssimulation: China würde Kampf um Taiwan wahrscheinlich verlieren

Die meisten Militärexperten sind sich einig, dass China in den kommenden Jahren noch nicht in der Lage wäre, einen groß angelegten Angriff auf Taiwan zu starten. Eine solche „konventionelle“ Invasion würde China einer Simulation des Zentrums für internationale und strategische Studien (CSIS) in Washington zufolge wohl verlieren – vorausgesetzt, die USA und Japan greifen aufseiten Taiwans in den Konflikt ein, was derzeit als wahrscheinlich gilt. Allerdings wäre der Sieg Taiwans und seiner Verbündeten teuer erkauft: „Die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verlieren Dutzende von Schiffen, Hunderte von Flugzeugen und Zehntausende von Militärangehörigen. Die Wirtschaft Taiwans wäre am Boden zerstört“, so die CSIS-Analysten. Auch China hätte demnach hohe Verluste zu verkraften.

Viele Analysten halten deshalb andere Szenarien für wahrscheinlicher. Etwa eine Blockade Taiwans oder großangelegte Cyberangriffe auf die Insel. Möglich wäre auch eine Salami-Taktik, also ein Angriff zunächst auf eine oder mehrere der kleinen Inseln, die zu Taiwan gehören und unweit des chinesischen Festlands liegen. Das mögliche Kalkül dahinter: Sollte China zunächst beispielsweise die Insel Kinmen angreifen, würden sich die USA oder Japan noch nicht in den Konflikt einmischen – die Insel wäre es nicht wert, einen Weltkrieg zu riskieren. China könnte sich in der Folge ermutigt fühlen, weitere Inseln anzugreifen und schließlich Taiwans Hauptinsel zu erobern.

Klar ist jedenfalls: Von dem grundsätzlichen Ziel, sich Taiwan eines Tages einzuverleiben, wird Peking nicht abrücken. Im vergangenen Oktober, beim Parteitag von Chinas Kommunisten, bekräftigte Xi Jinping einmal mehr: „Die Lösung der Taiwan-Frage und die Verwirklichung der vollständigen Wiedervereinigung Chinas sind für die Partei eine historische Mission und eine unerschütterliche Verpflichtung.“

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Wenn Provokationen weitergehen - Im Streit um Taiwan droht China den USA jetzt mit „katastrophalen Folgen“

China hat die USA davor gewarnt, die angespannten Beziehungen durch Provokationen weiter zu belasten. Wenn die USA „nicht auf die Bremse treten, sondern weiterhin den falschen Weg verfolgen“, könnten auch Leitplanken eine Entgleisung nicht mehr aufhalten, sagte Chinas Außenminister Qin Gang am Dienstag vor Journalisten anlässlich der laufenden Jahrestagung des Volkskongresses. Dann drohten mit Sicherheit „Konflikte und Konfrontationen“, sagte der Diplomat und warnte vor „katastrophalen Folgen“.

Chinas Außenminister Qin Gang droht den USA im Streit um Taiwan dpa

Chinas Außenminister Qin Gang droht den USA im Streit um Taiwan dpa© dpa

China wirft den USA vor, vom „rationalen Pfad“ abgekommen zu sein

Nach Darstellung Qin Gangs betrachten die USA China als ihren Hauptgegner und als ernsthafteste geopolitische Herausforderung. Die Folge dieser Annahme sei, dass die China-Politik der Amerikaner völlig vom „rationalen Pfad“ abgekommen sei. Washington spreche zwar von Wettbewerb, wolle China aber in Wirklichkeit in allen Bereichen unterdrücken.

Qin Gang verglich die Beziehungen mit einem unfairen olympischen Rennen: „Wenn ein Athlet, anstatt sich darauf zu konzentrieren, sein Bestes zu geben, immer versucht, den anderen zu überlisten oder sogar zu verletzen, dann ist das kein fairer Wettkampf, sondern eine böswillige Konfrontation und ein Foulspiel“, so der chinesische Außenminister. Er rief dazu auf, die Beziehungen wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Dies sei keine Option, sondern eine Notwendigkeit.

Qin Gang: USA soll sich nicht weiter in Taiwan-Streit einmischen

Vor dem Hintergrund des Streits um Taiwan forderte Qin Gang die USA auf, sich nicht weiter „in die inneren Angelegenheiten“ Chinas einzumischen. Er verurteilte US-Waffenlieferungen an die demokratische Inselrepublik. „Wir werden weiterhin mit größter Aufrichtigkeit und Anstrengung auf eine friedliche Wiedervereinigung hinarbeiten“, sagte der Minister. China behalte sich aber das Recht vor, „alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“, wiederholte er die bekannte chinesische Position.

China betrachtet Taiwan als Teil der Volksrepublik und droht letztendlich mit einer Eroberung, falls eine „Wiedervereinigung“ nicht anders erreicht werden kann. Taiwan gehörte allerdings nie zur 1949 gegründeten kommunistischen Volksrepublik und versteht sich heute längst als unabhängig.

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China droht
Chinas Präsident Xi Jinping beim Nationalen Volkskongress: Das Umfeld für Chinas Entwicklung habe sich "dramatisch verändert".

Chinas Präsident Xi Jinping beim Nationalen Volkskongress: Das Umfeld für Chinas Entwicklung habe sich "dramatisch verändert". (Quelle: IMAGO/Xie Huanchi)

Bevor er seine dritte Amtszeit durchsetzt, hat Chinas Staastchef Xi das Land gegen den Westen eingeschworen: China werde unterdrückt. Das müsse auch Konsequenzen für Europa haben.

Im Zuge des laufenden Volkskongresses in Peking hat China auf mehr Unabhängigkeit der Europäer von den USA gedrängt. Auf einer Pressekonferenz anlässlich der Jahrestagung umwarb der neue Außenminister Qin Gang am Dienstag die Europäische Union als einen "umfassenden strategischen Partner". "Wir hoffen, dass Europa durch den Schmerz und das Leid des Kriegs in der Ukraine lernt und wirklich strategische Autonomie und langfristige Stabilität erreicht", sagte Qin Gang.

Er äußerte damit indirekt den Wunsch, die Europäer mögen auf Distanz zu den USA gehen – China wirft der US-Regierung in Washington vor, Vorherrschaftspolitik zu betreiben. China wolle daher enger mit der europäischen Seite zusammenarbeiten, "um an wahrem Multilateralismus, gegenseitigem Respekt und einer Kooperation zum Nutzen beider" festzuhalten. Eine gestärkte Partnerschaft zwischen China und der EU könne der Welt mehr Stabilität, Gewissheit und positive Energie bescheren. Die aktuelle Situation bewertete Xi hingegen als schwierig.

Xi wirft USA und Westen "Unterdrückung" vor

Mit ungewöhnlich direkten Worten warf der chinesische Staatschef den USA und auch dem Westen generell vor, den Aufstieg seines Landes in der Welt bremsen zu wollen. Am Rande des Volkskongresses sagte der Präsident nach Angaben von Staatsmedien vom Dienstag, dass sich das Umfeld für Chinas Entwicklung "dramatisch verändert" habe und die Unwägbarkeiten stark zugenommen hätten.

"Insbesondere die westlichen Länder, angeführt von den USA, verfolgen eine umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas, was nie da gewesene schwere Herausforderungen für die Entwicklung Chinas mit sich bringt", sagte Xi. Gleichzeitig sei China mit vielfachen Schwierigkeiten konfrontiert. Als Beispiele nannte der Staatschef wiederholte Covid-19-Ausbrüche und zunehmenden wirtschaftlichen Druck auf sein Land als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Xi Jinping bei einer Sitzung des Volkskongresses: Chinas Staatschef spricht von "Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung" durch den Westen.
Xi Jinping bei einer Sitzung des Volkskongresses: Chinas Staatschef spricht von "Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung" durch den Westen. (Quelle: Ng Han Guan/dpa)

Seine offene Kritik hob sich von früheren Äußerungen ab, in denen Chinas Führung meist vage von "bestimmten Ländern" gesprochen hatte, ohne die USA oder den Westen direkt zu nennen. Die Äußerungen fielen bei Diskussionen mit Delegierten der Konsultativkonferenz, einem beratenden Gremium, das parallel zum Volkskongress tagt.

Bei dem voraussichtlich zehntägigen Nationalen Volkskongress dürften die Abgeordneten wie gewohnt einstimmig die Entscheidungen der regierenden Kommunistischen Partei (KP) Chinas billigen. So gilt es als sicher, dass Präsident Xi Jinping für eine dritte Amtszeit an der Staatsspitze bestätigt werden wird. Seine Stellung als mächtigster Präsident seit Staatsgründer Mao Zedong wird damit weiter zementiert.

China ruft zu Friedensgesprächen auf

Außenminister Qin Gang rief im Kontext des Volkskongresses zudem zu Friedensgesprächen im Krieg in der Ukraine auf. Gleichzeitig forderte er jedoch, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Parteien respektiert" werden müssten – eine Formulierung, mit der China in der Regel seine Rückendeckung für die russische Position verdeutlicht.

Der Konflikt sei im Wesentlichen "ein Ausbruch der Probleme" in der Sicherheitsarchitektur Europas. "China hat die Krise nicht geschaffen. Es ist keine Partei in der Krise und hat keine Waffen an eine der beiden Seiten geliefert", sagte Qin Gang.

"Wieso um alles in der Welt sollte China beschuldigt oder sogar sanktioniert oder bedroht werden? Das ist völlig inakzeptabel", so der Außenminister, womit er auch auf Warnungen aus den USA und Europa an China reagierte, Waffen an Russland zu liefern. China habe sich in seinem im Februar vorgelegten Positionspapier zum Ukraine-Krieg für die Achtung der Souveränität, das Ende einer Mentalität des Kalten Krieges, einen Waffenstillstand und die Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen ausgesprochen.

Außenminister: Ukraine-Krieg steht am Scheideweg

Das Positionspapier hatte international allerdings vielfach Enttäuschung hervorgerufen, weil es Kritikern zufolge keine ernsthafte Initiative zur Beilegung des Krieges erkennen ließ und beispielsweise nicht den Rückzug russischer Truppen aus besetzten Gebieten in der Ukraine vorsieht.

Es sei bedauerlich, dass Bemühungen für Friedensgespräche wiederholt untergraben würden, sagte Qin Gang. "Es scheint eine unsichtbare Hand zu geben, die auf ein Hinziehen und eine Eskalation des Konflikts dringt und die Ukraine-Krise benutzt, um eine bestimmte geopolitische Agenda voranzutreiben."

Chinas Außenminister Qin Gang bei der Pressekonferenz: "Was jetzt gebraucht wird, ist Ruhe, Vernunft und Dialog."
Chinas Außenminister Qin Gang bei der Pressekonferenz: "Was jetzt gebraucht wird, ist Ruhe, Vernunft und Dialog." (Quelle: Mark Schiefelbein/dpa)

Er lobte die Beziehungen zwischen China und Russland als "Modell für neue internationale Beziehungen". Manche Länder blickten auf das Verhältnis durch die Brille des Kalten Krieges. Die Beziehungen seien allerdings keine Allianz und auch nicht konfrontativ gegen dritte Parteien gerichtet, beteuerte Qin Gang. "Je turbulenter die Welt ist, umso beständiger sollten die russisch-chinesischen Beziehungen voranschreiten." Gleichzeitig äußerte auch Qin Gang scharfe Kritik an den USA.

Deutliche Warnung an die USA

Wenn die USA "nicht auf die Bremse treten, sondern weiterhin den falschen Weg verfolgen", könnten auch Leitplanken eine Entgleisung nicht mehr aufhalten, so Chinas Außenminister. Dann drohten mit Sicherheit "Konflikte und Konfrontationen", sagte der Diplomat und warnte vor "katastrophalen Folgen". Es waren deutliche Worte, die wie eine Drohung verstanden werden konnten.

Qin Gang verglich die Beziehung zu den USA mit einem unfairen olympischen Rennen: "Wenn ein Athlet immer versucht, den anderen zu überlisten oder sogar zu verletzen, statt sich darauf zu konzentrieren, sein Bestes zu geben, dann ist das kein fairer Wettkampf, sondern eine böswillige Konfrontation und ein Foulspiel", so der chinesische Außenminister. Er rief dazu auf, die Beziehungen wieder auf den richtigen Weg zu bringen. Dies sei keine Option, sondern eine Notwendigkeit.