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Energiepolitik

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Uno-Klimakonferenz: Deutschland steigt aus der Finanzierung fossiler Energien im Ausland aus

 

Nun also doch: Nachdem in der vergangenen Woche 25 Staaten beschlossen hatten, die Finanzierung fossiler Brennstoffe zu beenden, schließt sich nun auch Deutschland der Allianz an – mit kurzer »Überbrückungszeit«.

Deutschland tritt einer Staaten-Allianz bei, die nach dem Ende des nächsten Jahres nicht mehr in fossile Energien im Ausland investieren wird. Das verkündete Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth am Dienstag auf der Uno-Klimakonferenz in Glasgow, wie die Nachrichtenagentur AFP mitteilte.

Am vergangenen Donnerstag hatten bereits die Regierungen der USA und rund 20 weiterer Länder angekündigt, sich bis Ende 2022 aus der Finanzierung von Kohle-, Erdöl- und Erdgasprojekten im Ausland zurückzuziehen. Auch mehrere Banken wollen die Finanzierung fossiler Brennstoffe beenden und stattdessen in grüne Energien investieren.

Dabei geht es allerdings nur um Projekte, die die Länder mit öffentlichen Mitteln außerhalb ihrer eigenen Landesgrenzen unterstützen.

Keine Kredite an Kohle-, Öl- oder Gasprojekte

Dennoch gilt die Entscheidung als weitreichend, weil sie bedeutet, dass an Kohle-, Öl- oder Gasprojekte keine Kredite oder Förderungen mehr vergeben werden dürfen.

Deutschland war dieser Allianz zunächst nicht beigetreten. Flasbarth hatte noch am Montag gesagt, die geschäftsführende Bundesregierung prüfe die Möglichkeiten derzeit. Es seien noch »Fragen zu klären«.

Im Gegensatz zu den USA und Kanada – beides große Gas- und Ölförderländer – habe Deutschland Bedenken, die Gelder für Gasprojekte komplett zu streichen. Dabei handele es sich laut Flasbarth zum »allergrößten Teil um Investitionen in Effizienzverbesserung bestehender Gas-Infrastrukturen«.

Doch kein echter Austritt?

Nun sagte der Umweltstaatssekretär jedoch: Der Beitritt sei jetzt möglich, weil Deutschland die Bestätigung erhalten habe, dass in Einzelfällen weiterhin Investitionen in Gasinfrastruktur möglich seien.

Dies kann laut Flasbarth etwa sinnvoll sein als Überbrückung beim Ausstieg aus der Kohle und dem Einstieg in die erneuerbaren Energien. Auch für die Produktion von grünem Wasserstoff werde Erdgas gebraucht. »Das muss natürlich auf die Zukunft gerichtet sein«, sagte Flasbarth zu den möglichen Investitionen. Außerdem seien diese Ausnahmen nur noch in einem Übergangszeitraum »von wenigen Jahren« nötig.

Die Initiative geht weiter als die Zusagen der G20

Da die Vereinbarung alle fossilen Brennstoffe abdeckt geht sie weiter als die Zusage der G20-Länder aus diesem Jahr, nur die Finanzierung von Kohle im Ausland zu stoppen. China etwa hatte als bislang größter Geldgeber für Kohlekraftwerke in anderen Ländern ebenfalls einen Finanzierungsstopp angekündigt. Auch die Europäische Investitionsbank (EIB) ist Teil der neuen Abmachung.

Laut einer Analyse der gemeinnützigen Organisation Oil Change International investierten die Länder, die das Abkommen unterzeichnet haben, im Zeitraum von 2016 bis 2020 zusammen durchschnittlich 18 Milliarden Dollar pro Jahr in internationale Projekte zur Förderung fossiler Brennstoffe. Das Geld soll weiterhin ärmeren Ländern zugutekommen, nun aber in nachhaltige Energieprojekte fließen.

Der Gesandte der britischen COP-Präsidentschaft, John Murton, äußerte sich »erfreut« über Deutschlands Beitritt. »Warum sollten wir staatliche Gelder im Ausland nutzen, um ein Problem zu verschlimmern, während wir zu Hause versuchen, es besser zu machen?«, argumentierte er für den Ausstieg aus den Auslandsinvestitionen in fossile Energien.

 

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Der Energiepreis-Schock bedroht den Erfolg der deutschen Wirtschaft

Die rasant steigenden Preise für Strom und Gas entwickeln sich zu einer Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Selbst kleinen Mittelständlern droht kurzfristig ein Kostenanstieg im sechsstelligen Euro-Bereich. Bei oftmals geringen Profitmargen können viele Unternehmen die Belastung nur auffangen, indem sie an Investitionen jeder Art sparen.

Dieser alarmierende Trend zeigt sich deutlich in dem Ergebnis einer Mitgliederumfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), die WELT exklusiv vorliegt. „Das von den Unternehmen gezeichnete Bild ist sehr beunruhigend“, kommentiert DIHK-Präsident Peter Adrian. „Die hohen Strom- und Gaspreise nehmen einem Drittel der Unternehmen bereits die finanziellen Spielräume für notwendige Zukunftsinvestitionen.“

In der Umfrage erklärten 46 Prozent der Unternehmen, sie befürchteten den Verlust ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Weitere elf Prozent gaben an, aufgrund der hohen Strom- und Gaspreise ihre Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen zurückzustellen. Daneben wollten 17 Prozent Investitionen in ihre Kernprozesse sowie in

Ohne diese Ausgaben für Modernisierungen oder Energiespartechnik dürften die Betriebe deutlich schlechter auf die enormen Herausforderungen der Energiewende vorbereitet sein, warnt der DIHK. Wenn Ausgaben für Effizienzsteigerungen etwa nicht mehr getätigt werden können, ist das nicht nur schlecht für den Klimaschutz, sondern auch für die Wettbewerbsfähigkeit.

Gaspreise sind ebenfalls Last für Unternehmen

„Für viele Unternehmen sind die Auswirkungen der höheren Strom- und Gaspreise existenziell, da deutsche Unternehmen beim Strom in fast allen Abnahmegruppen sowieso bereits die höchsten Strompreise bezahlen“, kommentierte die Kammer das Ergebnis. Die aktuellen Verteuerungen träfen die deutschen Betriebe stärker als ihre internationalen Wettbewerber: „So zahlen deutsche Mittelständler ungefähr doppelt so viel wie Wettbewerber in Frankreich.“

Auch die Gaspreise belasten deutsche Unternehmen im europäischen Wettbewerb einseitig, seit die Bundesregierung zum 1. Januar eine rein nationale CO2-Bepreisung auf diesen Energieträger eingeführt hat.

Nach den Antworten von rund 600 Unternehmen aus 79 IHK-Kammerbezirken muss knapp die Hälfte der Betriebe gegenüber dem Coronajahr 2020 deutlich höhere Stromkosten verkraften. „Für jeden achten Betrieb ist sogar eine Verdopplung bereits Realität“, heißt es in der Erhebung.

Zu den reinen Beschaffungskosten von inzwischen mehr als zehn Cent pro Kilowattstunde kommen noch Steuern, Umlagen und Netzentgelte von bis zu 15 Cent. Die Umfrage fand zwischen Mitte Oktober und dem 5. November statt.

Vielen Betrieben stehen noch im laufenden Geschäftsjahr Kostensteigerungen bevor. Denn nur etwas mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen hat den benötigten Strom für dieses Jahr schon komplett beschafft, rund 40 Prozent müssen noch kurzfristig Strom einkaufen. Darunter muss fast ein Fünftel der Betriebe noch mehr als eine Gigawattstunde beschaffen. Doch pro Gigawattstunde schlagen jetzt Mehrkosten von rund 60.000 Euro zu Buche.

Gas-Einkauf: Situation kann sich weiter verschärfen

Auch kleinen Mittelständlern in energieintensiven Branchen, die auch mal drei oder fünf Gigawattstunden Strom im Jahr brauchen, steht damit eine Kostensteigerung im sechsstelligen Bereich ins Haus. Einige Unternehmen müssen jetzt sogar mehr als zehn Gigawattstunden Strom beschaffen, heißt es in der DIHK-Umfrage: „Sie stehen daher kurzfristig vor erheblichen Mehrkosten.“

Auch bei der Gasbeschaffung kämpft ein Drittel der Betriebe mit signifikanten Mehrkosten. Die Situation kann sich weiter verschärfen, denn viele Unternehmen müssen in diesem Jahr noch erhebliche Mengen an Gas einkaufen.

Nicht wenige Betriebe setzen ihre Hoffnung darauf, bilaterale Verträge mit einzelnen Windpark-Betreibern abzuschließen, um sich mithilfe solcher „Power Purchase Agreements“ (PPA) von den Preisanstiegen an der Strombörse unabhängiger zu machen. „Mehr als 40 Prozent der Betriebe haben dabei großes Interesse an langfristigen Direktlieferverträgen“, teilt die DIHK aus den Umfrageergebnissen mit. „Denn diese helfen ihnen nicht nur auf ihrem Weg zur Klimaneutralität, sondern stabilisieren auch den Strompreis.“

„Die Rückmeldungen zeigen uns, dass die Explosion der Beschaffungskosten bei Strom und Gas viele Unternehmen empfindlich trifft“, sagt Peter Adrian. „Langfristige Direktlieferverträge für Grünstrom werden vor diesem Hintergrund immer stärker zu einem entscheidenden Standortfaktor.“ Insbesondere beim Strom bestehe „viel Handlungsbedarf“, so der DIHK-Präsident. „Wirklich wichtig ist, dass die angekündigte Abschaffung der EEG-Umlage zügig kommt und die Rahmenbedingungen für grüne Direktverträge verbessert werden.“

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Interview: EU-Kommissar Breton: Klimarettung ohne Kernkraft? „Das ist unmöglich, jeder versteht das“

EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton geht auf Konfrontationskurs mit den Grünen: Er fordert, Kernkraft als nachhaltig einzustufen. Zudem skizziert Breton seine Pläne für die Chip-Industrie.

Kurz vor der Entscheidung der EU-Kommission über den künftigen Umgang mit der Kernenergie hat sich Binnenmarktkommissar Thierry Breton dafür ausgesprochen, Atomkraft als klimaneutral einzustufen. „Es ist schlicht nicht machbar, unsere Stromkapazitäten ohne Kernkraft zu verdoppeln“, sagte Breton im Interview mit dem Handelsblatt und anderen Wirtschaftsmedien.

26 Prozent der europäischen Energieversorgung würden derzeit von Nuklearreaktoren gedeckt. „Um die Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir alles nutzen, was uns zur Verfügung steht“, mahnte der französische Kommissar.

Die EU will im Dezember in der sogenannten Taxonomie festlegen, welche Investitionen künftig als grün gelten. Diese Einstufung könnte für die Finanzierung neuer Kraftwerke weitreichende Folgen haben.

Frankreich, das in seiner Klimastrategie stark auf Atomenergie setzt, fordert vehement, Nukleartechnologie als nachhaltig zu klassifizieren. Deutschland ist dagegen. Es droht ein heftiger Streit mit der künftigen Ampelkoalition.

Angesichts hoher Energiepreise und anhaltender Lieferengpässe sieht Breton ein „starkes Inflationsrisiko“. Das werde eines der wichtigen Themen im kommenden Jahr sein. Um die Versorgungsprobleme zu lindern, setzt er sich für eine Stärkung der europäischen Chipindustrie ein.

Breton kündigte an, im ersten Quartal des kommenden Jahres den „EU-Chips-Act“ vorzulegen, der Subventionen erleichtern soll. „Wir wollen die gleichen Förderungen bieten können wie die USA, Japan, China und Korea“, betonte er.

Vor dem Hintergrund der alarmierenden pandemischen Lage und der hohen Nachfrage nach Auffrischimpfungen versicherte der Kommissar, dass der Impfstoffmangel in Europa endgültig überwunden sei: „Wir stellen jetzt 300 Million Impfdosen pro Monat her, und es werden noch mehr, sodass wir bald vier Milliarden Dosen pro Jahr ausliefern können.“

Lesen Sie hier das gesamte Interview

Herr Breton, in Berlin formiert sich die neue Regierung gerade, und schon zeichnet sich ein schwerer Konflikt mit Brüssel ab. Wird die Kommission Kernkraft trotz deutscher Bedenken als nachhaltige Technologie einstufen?

Wir haben die Entscheidung noch nicht getroffen, wir arbeiten daran. Ich habe mich aber schon mit dem künftigen Kanzler getroffen, eine Woche ist das her. Olaf Scholz und ich hatten ein gutes, sehr offenes Gespräch, aber ich behalte die Diskussion für mich. Klar ist, dass wir auch eine Regelung für Gas finden müssen, das für Deutschland ja besonders wichtig ist.

Konkret geht es um die Taxonomie, die Anlegern Klarheit darüber geben soll, welche Investitionen künftig als nachhaltig gelten. Die Grünen halten nichts von einem deutsch-französischen Tauschhandel „Gas gegen Atomkraft“. 

Um saubere Energie zu erzeugen und die Klimaneutralität zu erreichen, müssen wir alles nutzen, was uns zur Verfügung steht. Wir müssen die Kapazität der Stromproduktion in Europa innerhalb der nächsten 30 Jahre verdoppeln. Die Folgen von CO2-Emissionen sind heute jedem klar. Aber natürlich ist es besser, Strom mit Gas zu erzeugen als mit Kohle.

Kann Europa seine Klimaziele auch ohne Kernkraft erreichen?

Das ist unmöglich, für mich ist das völlig klar, und ich glaube, jeder versteht das. 26 Prozent unserer Energieversorgung werden von Nuklearreaktoren gedeckt. Es ist schlicht nicht machbar, unsere Stromkapazitäten ohne Kernkraft zu verdoppeln.

Kapazitätsprobleme gibt es nicht nur bei der Stromversorgung. Wir sehen auch in der Industrie akute Engpässe. Die Folge sind steigende Preise. 

Wir haben es mit verschiedenen Arten von Engpässen zu tun. Es gibt einen Fachkräftemangel, und es gibt Probleme bei Rohstoffen, Energie und Halbleitern. Viele Fabriken wurden während der Pandemie geschlossen und mussten wieder hochgefahren werden. Jetzt deckt die Produktion die Nachfrage nicht.

Was kann die EU dagegen tun?

Wir analysieren die Engpässe in allen Lieferketten und werden im ersten Quartal eine Strategie vorlegen. Das ist sehr wichtig für unsere Unternehmen und unseren Mittelstand. Gerade in der Autoindustrie geht wegen Lieferschwierigkeiten eine Menge Umsatz verloren. Der Halbleitermangel wird leider die nächsten Quartale anhalten. Auch wenn der Höhepunkt der Versorgungskrise wahrscheinlich hinter uns liegt: Vor dem Sommer werden wir wohl keine große Verbesserung sehen. Das treibt das Preisniveau.

Bisher wurde die Inflation in Brüssel eher kleingeredet.

Wenn Ressourcen in vielen Sektoren knapp sind, hat das Folgen. Wir haben ein starkes Inflationsrisiko. Das wird eines der wichtigen Themen im kommenden Jahr sein, und wir müssen es angehen.

Sie haben sich das Ziel gesetzt, die Chipproduktion in Europa zu verdoppeln. Doch die Unternehmen investieren anderswo. Gerade hat Samsung den Bau einer Chipfabrik in Texas verkündet. Geht Europa leer aus?

Zunächst: Die Entscheidung von Samsung war für mich keine Überraschung, sie war nicht gerade das bestgehütete Geheimnis. Unserem Ziel, den europäischen Anteil an der globalen Chipproduktion zu verdoppeln, steht das nicht im Weg. Ich habe schon vor der Pandemie gesagt: Weil wir mehr und mehr Halbleiter brauchen, müssen wir die europäische Produktion stärken.

Und der Staat soll dabei kräftig helfen?

Die Zahlen sind eindeutig. Die Nachfrage nach Halbleitern wird sich in den nächsten zehn Jahren verdoppeln. Der Chipmarkt hat derzeit ein Volumen von 500 Milliarden Dollar, 2030 wird es eine Billion sein. Die Hersteller produzieren immer gerade so viel wie nötig, sie richten sich stark nach der konjunkturellen Lage. Sie wollen nicht zu viel produzieren, denn dann würde der Preis verfallen. Das ist ähnlich wie in der Ölindustrie.

Was bedeutet das für die EU? 

Es ist klar, dass die heute bestehenden Produktionskapazitäten nicht ausreichen, um die wachsende Nachfrage zu bedienen. Derzeit werden zehn Prozent der weltweit produzierten Chips in Europa hergestellt, zehn Prozent in den USA. Das heißt: 80 Prozent der Chips kommen aus Asien, überwiegend aus Taiwan, gefolgt von Korea und China. Gerade die Chips, die wir für Hochgeschwindigkeitsrechner, Edge Computing und vernetztes Fahren benötigen, Chips von einer Größe unterhalb von fünf Nanometern, werden überwiegend in Asien hergestellt.

Verschläft Europa dieses Rennen um die Zukunft?

Eine Chipfabrik zu bauen ist komplexer als ein Flugzeug herzustellen. Es gibt nur etwa zehn Unternehmen, die das überhaupt können. TSMC, Samsung, Intel etwa und in Europa kleinere Anbieter wie Infineon, NXP und Bosch. All diese Unternehmen denken darüber nach, wie sie die steigende Nachfrage erfüllen können.

Sie wollen diese Firmen nach Europa locken. Wie genau soll das gelingen?

Wir sind der größte Markt und haben großartige Forschungseinrichtungen wie Imec in Belgien und Fraunhofer in Deutschland. Auch aus geopolitischen Gründen macht es für die Unternehmen Sinn, ihre Produktion nicht auf eine Region zu konzentrieren. Ich glaube nicht, dass ich Ihnen dafür eine Karte aufzeichnen muss. Sie wissen, worüber ich rede: Taiwan. Ich bin daher seit vielen Monaten in Diskussionen mit den Firmen.

Die entscheidende Frage ist doch: Wie hohe Subventionen bieten Sie?

Wir wissen, dass die Investitionen sehr teuer sind, und wir sind bereit, Risiken zu übernehmen. Gerade bei bahnbrechenden Technologien können wir Subventionen anbieten. Aber wir brauchen einen umfassenden Rechtsrahmen, um neue Investitionen willkommen zu heißen. Denn wir wollen die gleichen Förderungen bieten können wie die USA, Japan, China und Korea. Ich habe Kommissionschefin Ursula von der Leyen deshalb gesagt: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, einen EU-Chips-Act vorzulegen.

Gesetze hat Europa schon viele, was fehlt sind Chipfabriken.

Warten Sie es ab. Ich habe gerade erst den Standort besucht, an dem diese Firmen investieren wollen. Die Unternehmen sind sehr anspruchsvoll, sie brauchen viel Platz. Mehr verrate ich nicht.

Sehr interessant, Sie waren ja kürzlich in Dresden.

Ich bin überall. Ich war vergangene Woche in Bulgarien, in der Slowakei, in Rumänien, zudem in Frankreich und Italien. Aber ja, ich war auch in Dresden, ein Standort, der sehr wichtig ist. Um eine Chipfabrik aufzubauen, braucht man vieles. Qualifizierte Mitarbeiter, Wasser, auch Subventionen, um das Risiko zu begrenzen, und, besonders wichtig, eine stabile Stromversorgung. Nebenbei bemerkt: Auch darum glaube ich an die Kernenergie.

Die Zeit drängt. Wann legen Sie Ihren Chips-Act denn vor?

Ich würde es gern vor Weihnachten schaffen, das ist wahrscheinlich nicht möglich. Aber wir finalisieren den Gesetzentwurf gerade. Anfang nächsten Jahres, während der französischen Ratspräsidentschaft, wird er vorgestellt. Schwierigkeiten mit dem Parlament und den Mitgliedstaaten erwarten wir nicht.

Für die Unternehmen ist die Frage entscheidend, welche Art von Chips staatlich gefördert werden kann. Nur die Chips der Zukunft, also kleiner als fünf Nanometer, oder auch andere?

Unsere wettbewerbsrechtlichen Instrumente sind bisher auf die Förderungen von Zukunftstechnologien ausgerichtet. Darüber habe ich auch mit meiner Kollegin, Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, gesprochen. Inzwischen verstehen alle: Der Fokus auf Zukunftstechnologien ist absolut wichtig, aber wir müssen auch darauf achten, dass unsere Wirtschaft in Krisen widerstandsfähig bleibt. Schließlich geht es um das geopolitische Gleichgewicht der Kräfte.

Wie meinen Sie das?

Wir müssen die Geopolitik von kritischen Lieferketten verstehen. Bei der Impfstoffherstellung haben wir es doch erlebt, als die USA ihre Grenzen geschlossen haben. Daher müssen wir sehen, wo unsere Stärken liegen, damit wir sie im Ernstfall nutzen können. Wenn wir unsere Grenzen schließen würden, gäbe es im Rest der Welt keine Chips mehr, da alle Hersteller auf Maschinen von ASML aus den Niederlanden angewiesen sind. Das deutlich zu machen bedeutet nicht, Protektionismus herbeizureden, sondern die richtige Machtbalance zu schaffen. So wie uns das bei den Impfstoffen gelungen ist.

Wo stehen wir bei der Impfstoffversorgung denn? Die vierte Welle hat Europa erfasst, die Angst vor neuen Varianten wächst. Reichen unsere Vorräte?

Vor einem Jahr hatten wir das Problem, dass es in Europa keine Produktionsstätten für die beiden Impfstoffe gab, die zuerst zugelassen wurden. Wir mussten bei null anfangen, Kapazitäten aufbauen, wie in einer Kriegswirtschaft. Wir stellen jetzt 300 Millionen Impfdosen pro Monat her, und es werden noch mehr, sodass wir bald vier Milliarden Dosen pro Jahr ausliefern können. Es gibt keine Versorgungsprobleme mehr. Wir haben bei null angefangen und sind jetzt die Apotheke der Welt. Das ist ein großer Erfolg.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO kritisiert allerdings, dass sich die Europäer mit Auffrischimpfungen versorgen, statt zuerst den Rest der Welt zu immunisieren. Daraus ergibt sich die Gefahr immer neuer Virusvarianten.

Ich habe diese Äußerung gehört. Aber ich glaube, dass da ein Missverständnis vorliegt. Wir liefern Impfstoff an 150 Länder und benötigen weniger als eine Monatsproduktion, um die gesamte erwachsene EU-Bevölkerung zu boostern.

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„Unter diesen Bedingungen besteht die Gefahr, dass Deutschland auf Blackouts zuläuft“

Ein monatelanger Streit könnte sich in den kommenden Tagen entscheiden. Anfang Dezember will die Europäische Kommission sich darauf festlegen, ob sie künftig Kernkraft und Erdgas als nachhaltig klassifizieren wird. Kurz vor einer Entscheidung geht in der deutschen Wirtschaft aber die Sorge um, dass die deutsche Industrie bei der Festlegung unter die Räder gerät – ganz gleich, wie sie ausfällt.

Es ist eine Entscheidung von erheblicher Tragweite. Sollte die Behörde in der Taxonomie, ihrer „grünen Bibel“ für die Finanzmärkte, beide Energieformen als grün deklarieren, wäre das ein wichtiges Signal für Investoren, die eigenes oder fremdes Geld klimafreundlich anlegen wollen oder sogar müssen. Das grüne Label könnte den Weg freimachen für Milliarden an Investitionen in den nächsten Jahren.

Könnte, wohlgemerkt, denn wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen, könnte das Siegel Investitionen sogar verhindern. Das befürchten derzeit Unternehmen und Energieversorger in Deutschland. Ihre Sorge: Die Vorgaben für die Kernkraft dürften sehr großzügig werden, während die Kriterien für Erdgas so restriktiv formuliert sein könnten, dass sie zur Investitionsbremse werden.

Derlei Befürchtungen wurden zuletzt genährt durch einen französischen Formulierungs-Vorschlag für die EU-Kommission, der illustriert, wie man sich in Paris entsprechende Regeln vorstellt. Die französische Seite setzt sich seit Monaten in Brüssel dafür ein, dass die Atomkraft auch das grüne Label bekommt. Mit dem Kompromissvorschlag wollte sie offenbar aufzeigen, wie beide Energieträger das grüne Label bekommen könnten. Auszüge des Papiers für die Kommission liegen WELT vor.

Die Atomkraft handeln die Verfasser mit schneller Feder ab: Stromerzeugung mit Kernkraft: nachhaltig. Zwischen- und Endlagerung: nachhaltig. Uranabbau, -verarbeitung und -anreicherung: nachhaltig. Wiederaufbereitung: nachhaltig. So schlägt es die Regierung in Paris zumindest vor.

Beim Thema Erdgas wird der Vorschlag allerdings differenzierter und plötzlich weit restriktiver. Unter „Gaz“ – die Verfasser haben die französische Schreibweise gewählt – listen sie eine ganze Reihe an Bedingungen auf, die gelten müssen, damit Gaskraftwerke das Nachhaltigkeitslabel bekommen. Vor allem führen sie Obergrenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen an.

Kraftwerke sollen nur ein Backup für Notfälle sein

So darf ein Erdgaskraftwerk über die gesamte Lebensdauer nicht mehr als 100 Gramm CO2-Äquivalent pro erzeugter Kilowattstunde ausstoßen. Alternativ, so der Vorschlag, könnten Erdgaskraftwerke auch schmutziger sein und bis zu 340 Gramm CO2 pro Kilowattstunde ausstoßen, aber nur dann, wenn ihr absoluter Ausstoß an Treibhausgasen pro Jahr begrenzt wird. Mit anderen Worten: Die Kraftwerke sollen nur eine begrenzte Zahl von Stunden im Jahr laufen und damit nur Backup für Notfälle sein, wenn Sonne und Wind für den Strombedarf nicht ausreichen.

In der deutschen Wirtschaft geht jetzt die Sorge um, dass die Kommission sich bei ihrer Arbeit an der Ergänzung zum Delegierten Rechtsakt an diesen Vorschlägen orientiert. Wenn die Grenzwerte im Vorschlag der Kommission ähnlich streng ausfallen, könnte es sich für Investoren gar nicht mehr lohnen, neue mit Erdgas betriebene Kraftwerke zu bauen.

„Es ist wichtig, dass die Kriterien in der Taxonomie so formuliert sind, dass Investitionen in Erdgaskraftwerke in Deutschland nicht zusätzlich erschwert und verteuert werden. Sonst besteht die Gefahr, dass Investoren auf den Bau neuer Kraftwerke verzichten“, warnt etwa Julian Schorpp, Referatsleiter Europäische Energiepolitik beim DIHK in Brüssel. „Für deutsche Unternehmen wäre das höchst problematisch. Wir brauchen zusätzliche Erdgaskraftwerke, um eine sichere Stromversorgung zu gewährleisten.“

Auch deutsche Industriepolitiker in Brüssel sind alarmiert. „Die Grenzwerte für Erdgaskraftwerke, mit denen die Kommission derzeit offenbar plant, sind prohibitiv niedrig“, sagt etwa Markus Pieper, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament. „Unter diesen Bedingungen besteht die Gefahr, dass es für Unternehmen zu riskant ist, in Erdgaskraftwerke zu investieren und dass Deutschland auf Blackouts zuläuft. Da muss die Kommission nachbessern.“

Dass sowohl Atomkraft als auch Erdgas grundsätzlich das grüne Label bekommen, ist wahrscheinlich, denn Frankreich braucht im Kampf für die Atomkraft Verbündete – und Deutschland und Osteuropa brauchen zumindest in der Übergangszeit Erdgas. Nur die Kombination aus Atom und Gas ist bei den Mitgliedstaaten mehrheitsfähig.

Bekäme nur die Kernkraft das Nachhaltigkeitssiegel, würden die Staaten in Mittel- und Osteuropa ein Veto einlegen. Sie sind auf Erdgaskraftwerke angewiesen, um zügig aus der dreckigen Kohle auszusteigen. Das gilt auch für Deutschland, das bei der Energiewende ebenfalls auf Erdgas angewiesen sein wird.

Mit Erneuerbaren allein kann der Bedarf nicht gedeckt werden

Selbst die Grünen haben für den Koalitionsvertrag zusätzlichen Gaskraftwerken zugestimmt – es war ein Zugeständnis an die Realitäten. Deutschland steigt aus der Kernenergie komplett aus, der Kohleausstieg wird vorgezogen, und nur mit Erneuerbaren kann der Bedarf in den kommenden Jahren nicht gedeckt werden, vor allem nicht in wind- und sonnenarmen Perioden.

Die geschäftsführende Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben deshalb auf dem letzten EU-Gipfel offenbar einen Deal geschlossen: Deutschland wird kein Veto gegen die Atomkraft einlegen, wenn auch Erdgas das Nachhaltigkeitslabel bekommt. So interpretierten Beobachter Äußerungen von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach dem Gipfel.

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Sprit: Wann sinken die Preise endlich wieder?

Monatelang stiegen die Spritpreise deutlich. Ein Rekordhoch jagte das andere. Wie sieht die Lage aktuell aus? Ist eine Erholung in Sicht?

Die Rekordjagd der Spritpreise ist vorerst beendet. Superbenzin der Sorte E10 verbilligte sich die zweite Woche in Folge und Diesel sogar die dritte, wie der ADAC am Mittwoch mitteilte. Demnach kostete E10 im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Dienstags 1,634 Euro pro Liter. Das sind 3,7 Cent weniger als vor einer Woche. Diesel gab um 1,4 Cent auf 1,537 Euro nach.

Darum sinken die Spritpreise aktuell

Noch Mitte des Monats hatten die Spritpreise Höchststände erklommen. Diesel hatte am 11. November sein Allzeithoch von 1,572 erreicht, E10 war am 14. November mit 1,701 Euro so teuer wie zuletzt 2012. Zum Allzeithoch von 1,709 fehlten damals 0,8 Cent. Im Monatsmittel war der November für beide Sorten der teuerste Monat überhaupt mit Durchschnittswerten von 1,68 Euro bei E10 und 1,56 Euro bei Diesel.

Seit einigen Wochen sorgt allerdings billigeres Öl für günstigeren Sprit. Der Ölpreis gab zuletzt kräftig nach – unter anderem wegen Sorgen vor neuen Einschränkungen im Kampf gegen die Pandemie

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Bayerns vorletztes Kernkraftwerk stellt Produktion ein

Der Block C des Kernkraftwerks Gundremmingen wird zum Jahresende nach 36 Jahren den Betrieb einstellen. Unmittelbar nach der Abschaltung will Betreiber RWE gleich mit dem Abbau der Atomanlage beginnen. Seit Mai 2021 liege die Genehmigung vor, dass auch der dritte Block rückgebaut werden dürfe, sagt Anlagenleiter Heiko Ringel. «Damit wird dann im Januar 2022 begonnen.»

 

Von den zuletzt rund 540 eigenen Beschäftigten werden deswegen rund 440 weiterhin in dem dann stillgelegten Kraftwerk arbeiten. Die anderen Stellen sollen sozialverträglich abgebaut werden. Der Rückbau der Blöcke B und C in Gundremmingen wird voraussichtlich mindestens bis Mitte der 2030er Jahre dauern und eine Milliardensumme kosten.

Mit Gundremmingen müssen in Norddeutschland zwei weitere Atommeiler abgeschaltet werden. Als letztes bayerisches Atomkraftwerk muss dann Ende 2022 Isar 2 in der Nähe von Landshut vom Netz gehen. Neben dem Meiler in Niederbayern haben noch zwei andere Kernkraftwerke in Deutschland eine zwölfmonatige Gnadenfrist: die Reaktoren Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg.

Gundremmingen zählt nicht nur zu den bekanntesten Standorten der Atomstromproduktion in Deutschland - es war auch einer der umstrittensten. Mit Block A begann im Jahr 1966 die industrielle Atomstromproduktion in der Bundesrepublik. Dieser erste Meiler wurde nach einem Jahrzehnt nach mehreren schweren Störfällen abgeschaltet. Block B des Kernkraftwerks war Ende 2017 planmäßig nach 33 Jahren vom Netz gegangen. Kernkraftgegner hatten regelmäßig kritisiert, dass die Siedewasserreaktoren in Schwaben besonders gefährlich seien und immer wieder die Stilllegung des Kraftwerks verlangt.

RWE möchte den Standort im Landkreis Günzburg später weiter für die Produktion nutzen und dort ein Gaskraftwerk errichten. Solch eine Anlage würde dann auch gleich für den möglichen Betrieb mit Wasserstoff gebaut, erläuterte ein Sprecher. Dann könnte das Kraftwerk «langfristig im Sinne der Klimaneutralität eingesetzt werden». Er betont allerdings, dass es noch keine Entscheidung für ein neues Gaskraftwerk in Gundremmingen gibt.

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So teuer werden Strom und Gas in NRW

 

Düsseldorf. Den Anstieg der Gaspreise werden 2022 auch die Mieter zu spüren bekommen. 73 NRW-Versorger erhöhen zudem den Strompreis. Und das dürfte wegen der steigenden CO2-Preise erst der Anfang sein. Der Mieterbund rät, die Nebenkosten-Abrechnung zu prüfen.

Energie wird immer teurer. Das treibt die Preise für Strom und Gas auch in Nordrhein-Westfalen auf ein Rekordhoch. 168 Stadtwerke und Versorger im Land haben unlängst den Gaspreis erhöht oder kündigen dies für den 1. Januar an, wie aus einer Auswertung des Vergleichsportals Check 24 zur Grundversorgung hervorgeht. Ein Haushalt mit einem Verbrauch von 20.000 Kilowattstunden zahlt nun durchschnittlich 1558 Euro im Jahr. Im Schnitt wird Gas um 28 Prozent teurer. „Verbraucher erleben diesen Winter eine Welle an Gaspreiserhöhungen“, sagt Steffen Suttner, Geschäftsführer bei Check 24. „Daran ist nicht zuletzt die steigende CO2-Abgabe schuld, andererseits geben die Versorger gestiegene Einkaufskosten weiter.“ Viele Gasspeicher in Europa seien deutlich leerer als sonst üblich. Zugleich sei der Energiebedarf gestiegen.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft bestätigte: „Aktuell sind die Gasspeicher zu rund 62 Prozent gefüllt.“ Die Unterschiede seien aber groß. Allein RWE betreibt drei Gasspeicher in NRW. Der Verband betonte aber: „Auch in diesem Winter wird jeder Gaskunde eine warme Wohnung haben.“ Man verfüge über ein breites Instrumentarium zur Gewährleistung der Versorgung, so beziehe Deutschland Gas aus unterschiedlichen Ländern wie etwa Norwegen, Russland, Niederlande.

Trotzdem haben sich mehrere Gasversorger bereits übernommen und stellen nun die Lieferung ein. Gerade erst mussten die Stadtwerke für 1700 Kunden von Gas.de/Grünwelt in Düsseldorf und für 1200 Kunden in Krefeld einspringen.

Auch für ihren Strom müssen NRW-Bürger tiefer in die Tasche greifen: 73 Versorger im Land erhöhen die Preise. Im Durchschnitt betragen die Preiserhöhungen beim Strom 13,5 Prozent, so Check 24. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5000 Kilowattstunden bedeute das zusätzliche Kosten von 219 Euro pro Jahr.

Die kräftigen Strompreis-Erhöhungen sind erstaunlich, weil die EEG-Umlage im neuen Jahr sinken wird. „Ob die Entlastung durch die EEG-Umlage in diesem Winter tatsächlich bei Verbrauchern ankommt, hängt auch von der weiteren Entwicklung des Börsenstrompreises ab“, sagt Suttner. Und die Börsenpreise sind auf Rekordhoch. Auch alle Braunkohlekraftwerke von RWE sind wegen der hohen Nachfrage am Netz. Die Ampel-Regierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Abschaffung der Ökostrom-Umlage bis 2023 verabredet.

Hauseigentümer in NRW bekommen die volle Wucht schon jetzt zu spüren, Mieter teilweise erst mit Verzögerung. „Ein Teil der steigenden Energiekosten merken Mieter schon jetzt, nämlich beim Strom und an der Tankstelle. Ein ganz erheblicher Anteil der Kostensteigerung wird aber wohl erst mit der nächsten Heizkostenabrechnung des Vermieters, die immer erst rückwirkend erstellt wird, bemerkbar“, sagt André Juffern, Geschäftsführer des Mieterbunds NRW. „Wir müssen davon ausgehen, dass es im nächsten Jahr fast flächendeckend höhere Abrechnungen geben wird.“ Bei der Abrechnung für das noch günstige Energiejahr 2020 sollten die Mieter genau hinsehen: „Wenn jetzt schon Nachzahlungen bestehen, sollte genau geprüft werden. Dabei helfen die Mietervereine gern weiter, denn jede zweite Abrechnung ist fehlerhaft“, so Juffern weiter.

Künftig dürfte Energie noch teurer werden: 2022 erhöht sich der Preis für die Emission von Kohlendioxid (CO2) von aktuell 25 Euro auf 30 Euro je Tonne. Das geben die Versorger ebenso wie die Mineralölkonzerne an die Kunden weiter. „Die CO2-Abgabe für das Heizen muss derzeit noch vollumfänglich von Mietern getragen werden. Wir begrüßen, dass die neue Bundesregierung dies spätestens Mitte 2022 ändern will“, sagte Juffern weiter.

Um die Energieversorgung zu sichern, pocht Frankreich auf den Ausbau der Atomkraft. Um dafür EU-Mittel zu bekommen, soll die Atomkraft nach dem Willen von Paris im Rahmen der neuen EU-Taxonomie als grüne Energie eingestuft werden. Das lehnte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bei ihrem Antrittsbesuch in Paris ab. „Dass wir zu der Frage Nuklear unterschiedliche Positionen haben, das ist ja bekannt“, sagte sie. Über das Thema werde auf allen Ebenen gesprochen.

Das ist hauptsächlich von den Grünen und hat "lenkungswirkung", wenn sich die Geringverdiener nur noch weniger Energie leisten können, so wird weniger Energie verbracht (CO² Preis)

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Kohle statt Gas? Wie die EU die deutsche Energiewende durchkreuzt

Die Ökostrom-Produktion schwächelt. Und jetzt schmiedet Brüssel auch noch einen Gas-Plan, der die Kohle zurück auf den Zettel bringt. Andernfalls droht die Stromlücke. Ein Kohleausstieg würde in weite Ferne rücken. Deutsche Kommunen machen nun einen Gegenvorschlag.

Die neue Bundesregierung möchte den Kohleausstieg in Deutschland „idealerweise“ von 2038 auf 2030 vorziehen. Doch die Ampel-Koalitionäre stoßen bei ihrem Vorhaben gleich zu Beginn auf immense Probleme. Denn neben der sogar rückläufigen Produktion erneuerbarer Energien drohen neue Vorgaben aus Brüssel die Zielerreichung zu erschweren.

Die Ausgangslage für den geplanten Energiewende-Turbo der neuen Bundesregierung verschlechterte sich am Mittwoch erheblich: Das Ziel, bis 2030 in Deutschland einen Ökostrom-Anteil von 80 Prozent zu erreichen, ist laut aktuellen Zahlen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) noch ein wenig unrealistischer geworden. Demnach ist der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch in diesem Jahr sogar von 46 Prozent auf 42 Prozent geschrumpft. Maßgeblich waren dafür schlechte Windverhältnisse.

Dass erneuerbare Energien die schon in nächster Zeit wegfallenden Kapazitäten an Kohle- und Atomkraft ersetzen können, gilt deshalb in Fachkreisen als ausgeschlossen. Fast jede Studie zur Erreichung der deutschen Energiewende-Ziele geht davon aus, dass bis 2030 Gaskraftwerke in erheblichem Umfang neu gebaut werden müssen, um die Stromlücke übergangsweise schließen zu können.

Es geht um gewaltige Größenordnungen. Je nach Einschätzung halten Institute neue Gaskraft über 15 Gigawatt (Deutsche Energieagentur), 30 bis 40 Gigawatt (Denkfabrik EPICO) oder sogar 43 Gigawatt (Boston Consulting Group) für nötig, um die Stromversorgung bis 2030 zu sichern.

Innerhalb von nur acht Jahren müsste Deutschland also mindestens 50, vielleicht aber sogar 140 neue Gaskraftwerke der 300-Megawatt-Klasse aus dem Boden stampfen. Bei Planungs- und Bauzeiten von mindestens sechs Jahren kann das nur gelingen, wenn jetzt sofort damit begonnen wird.

Doch in dem Augenblick, in dem Deutschland händeringend nach Investoren für neue Gaskraftwerke sucht, erschwert die EU-Kommission die Bedingungen dafür erheblich. Nach einem Vorschlag Frankreichs will Brüssel in der sogenannten Taxonomie-Verordnung nur solchen Gaskraftwerken das Prädikat „nachhaltig“ zuerkennen, die weniger als 100 Gramm CO pro Kilowattstunde produzieren. Nur: Solche Gaskraftwerke sind noch gar nicht auf dem Markt. Die modernsten Gaskraftwerke emittieren heute dreimal so viel, rund 300 Gramm CO pro Kilowattstunde.

Kein Investor dürfte aber bereit sein, in Gaskraftwerke zu investieren, wenn diese nicht das EU-Gütesiegel für „nachhaltige“ Stromerzeugung bekommen. Denn zu groß wäre das Risiko, dass klimapolitischer Druck bald zu einer frühzeitigen Zwangsabschaltung der teuren Anlagen führt.

Die Stadtwerke wollen es nicht so weit kommen lassen

Gerade den rund 900 kommunalen Stromversorgern in Deutschland schwant deshalb Unheil: „Wenn der Grenzwert von 100 Gramm CO Teil der EU-Taxonomie wird, baut in Deutschland auf Jahre hinaus niemand mehr Gaskraftwerke“, sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU). Folge: „Die Bundesnetzagentur hätte aus Gründen der Versorgungssicherheit dann keine andere Wahl, als Kohlekraftwerke länger laufen zu lassen.“ Das Vorziehen des Kohleausstiegs auf 2030 unter solchen Voraussetzungen wäre, so Liebing, „illusorisch“.

Als Kommunalversorger mit besonders enger Kundenbindung wollen die Stadtwerke, die einen erheblichen Teil der Gaskraftwerke in Deutschland betreiben, es nicht so weit kommen lassen. Ein Kompromissvorschlag, den der VKU jetzt in die Brüsseler Taxonomie-Verhandlungen einspeist, soll Investoren bei der Stange halten und gleichzeitig die Emissionen von Gaskraftwerken über die Zeit senken.

Der Stadtwerke-Verband plädiert für eine Umstellung von einem starren Grenzwert hin zu einem Budget. Neue Gaskraftwerke sollen 820 Kilogramm CO pro Kilowatt installierter Leistung zugeteilt bekommen, die sie über die Laufzeit flexibel nutzen können. „Dieses Budget ist ebenfalls äußerst ambitioniert und verhält sich wie eine CO2-Bremse, die im Zeitablauf immer stärker wirkt“, wirbt Liebing für den Vorschlag: „Der Budgetansatz sorgt dafür, dass der Betreiber des Kraftwerks frühzeitig eine Strategie zur Dekarbonisierung verfolgt, indem er etwa auf Wasserstoff-Verbrennung umstellt.“

Ob die Kompromissformel noch Chancen hat, in der Taxonomie-Entscheidung berücksichtigt zu werden, war in Brüssel nicht in Erfahrung zu bringen. Viel Zeit bleibt nicht: Über die sogenannten delegierten Rechtsakte zu diesem Thema will die EU-Kommission noch bis Jahresende abschließend befinden.

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Nord Stream 2: Russland rechnet mit Betriebserlaubnis für die Gaspipeline

Russland rechnet mit einer Betriebserlaubnis für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 in den nächsten sechs Monaten. Das Verfahren zur Zertifizierung der Röhren sollte gemäß den ihm bekannten Fristen in der ersten Jahreshälfte abgeschlossen sein, sagte der für Energiefragen zuständige russische Vize-Regierungschef Alexander Nowak am Mittwoch der russischen Zeitung „RBK“. „Wenn unsere Kollegen daran interessiert sind und die Zertifizierung schneller abschließen, können die Lieferungen viel früher beginnen.“
„Wir glauben, dass dieses Projekt nicht zum Scheitern gebracht werden kann“, sagte Nowak. Es sei in Übereinstimmung mit allen gesetzlichen Anforderungen gebaut worden. „Es gab viele Widerstände, aber die Karawane zieht trotzdem weiter.“

Nord Stream 2 soll Gas von Russland nach Deutschland bringen

Nord Stream 2 soll unter Umgehung der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland bringen. Die Ostsee-Pipeline wurde bereits vor Wochen fertiggestellt, ist aber noch nicht in Betrieb. Darüber entscheidet die Bundesnetzagentur. Der russische Gasriese Gazprom wollte bis Jahresende den zweiten Strang vollständig mit technischem Gas füllen, um den Betrieb dann starten zu können.

Das Projekt ist umstritten. Die US-Regierung kritisiert, Europa mache sich dadurch bei der Energieversorgung zu stark von Russland abhängig. Die finanzschwache Ukraine ist dringend auf die Milliardeneinnahmen aus den Durchleitungsgebühren für den Gastransit angewiesen und befürchtet nun hohe Verluste.

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Taxonomie: Lemke kündigt »Nein« gegen EU-Vorschlag zur Atomkraft an

Die Bundesregierung will sich laut der neuen Umweltministerin in Brüssel gegen die geplante Einstufung der Kernenergie als förderwürdige Technologie positionieren. Doch dies wird wenig bringen.

Die Bundesregierung wird sich nach Angaben von Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) bei der EU-Kommission eindeutig gegen deren Vorschlag aussprechen, die Atomkraft als nachhaltig und damit förderwürdig einzustufen.

Die Stellungnahme der Bundesregierung werde »ein klares Nein« zur Aufnahme der Atomkraft in die sogenannte Taxonomie beinhalten, sagte Lemke am Sonntag in der ARD-Sendung »Bericht aus Berlin«. Sie halte die Chancen für eine erfolgreiche Blockade allerdings für gering, räumte die neue Ministerin ein. Die deutsche Positionierung sei »rechtlich nicht bindend«.

Die ablehnende Haltung zum Kommissionsvorschlag werde von der Ampel-Regierung »geschlossen« vertreten, erklärte die Grünen-Politikerin: »Das ist gut so, und das werden wir an die Kommission so übermitteln.« Es liege dann in der Entscheidung der Brüsseler Behörde, »wie sie mit ihrem Taxonomie-Vorschlag weiter umgeht«.

Der Bundesregierung fehlen Mitstreiter

Nach Angaben der Bundesumweltministerin soll die Stellungnahme der Bundesregierung zu der Taxonomie-Empfehlung »in den nächsten Tagen« fertig sein und an die Kommission übermittelt werden. Doch für eine Blockade im EU-Ministerrat hat Berlin offenbar nicht genügend Mitstreiter in anderen Hauptstädten.

»Eine Abstimmung im Ministerrat wird es nur geben, wenn sich eine ausreichende Anzahl von Mitgliedstaaten zusammenfindet, um einen Einwand gegen diesen Text zu erheben«, sagte Lemke dem »Tagesspiegel« (Montagsausgabe). »Und hier muss ich zur Kenntnis nehmen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür zurzeit als nicht sehr groß eingeschätzt wird.«

Um den Vorschlag der EU-Kommission zu stoppen, müssten mindestens 20 der 27 EU-Mitgliedsländer mit mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung dagegen stimmen – oder eine absolute Mehrheit des Europaparlaments. Beides ist nicht in Sicht.

Die Brüsseler Behörde hatte ihren Vorschlag für die sogenannte Taxonomieverordnung am Silvesterabend an die EU-Mitgliedstaaten geschickt, die seither rund zwei Wochen Zeit für ihre Stellungnahme haben.

Die Taxonomie ist eine Art Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und kommt einer Einstufung als förderwürdig und einer Empfehlung an Investoren gleich. Die EU-Kommission schlägt unter anderem vor, Investitionen in neue Atomkraftwerke oder zur Laufzeitverlängerung von bestehenden Anlagen unter bestimmten Umständen als nachhaltig und klimafreundlich zu klassifizieren.

Es gehe letztlich darum, Finanzströme in nachhaltige Investitionen zu lenken, sagte Lemke dem »Tagesspiegel«. Dieses Ziel werde durch die Kommissionspläne »kaputt« gemacht. »Nun droht uns, dass privates und öffentliches Geld in problematische Entwicklungen gelenkt wird und nicht, wie dringend benötigt, in erneuerbare Energien und in die Wasserstoffwirtschaft«, sagte Lemke.

Auch die Nachhaltigkeitseinstufung für Erdgas hält die Ministerin nach eigenen Angaben für falsch. Die Ampel-Parteien hätten im Koalitionsvertrag zwar festgehalten, dass Deutschland das fossile Gas als Brückentechnologie brauche, und dazu müsse es auch Investitionen in entsprechende Kraftwerke geben. Diese sollten von vornherein auch mit klimafreundlichen Energieträgern aus Wasserstoff funktionieren. Aber dafür hätte laut Lemke des Taxonomie-Labels »definitiv nicht bedurft«