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„Das kann jederzeit passieren“: NATO bereitet sich mit Geheimplänen auf russischen Angriff vor

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unterhält sich beim NATO-Gipfel im Juni 2022 in Madrid mit den ranghöchsten NATO-Generälen. Das Bündnis bereitet sich auf das Schlimmste vor.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) unterhält sich beim NATO-Gipfel im Juni 2022 in Madrid mit den ranghöchsten NATO-Generälen. Das Bündnis bereitet sich auf das Schlimmste vor.© picture alliance/dpa

Zurück in die Zukunft, so könnte das Motto der NATO-Pläne lauten. Pläne, die an einen eigentlich längst vergangenen Kalten Krieg erinnern – doch mit Putins Angriffskrieg auf die Ukraine eine neue Dringlichkeit bekommen.

Es geht um Tausende Seiten geheimer Militärpläne, über welche die Staats- und Regierungschefinnen und -chefs auf dem NATO-Gipfel im Juli in Vilnius entscheiden – und am Ende verabschieden sollen. In ihnen wird zum ersten Mal seit dem Kalten Kreig beschrieben, wie das Bündnis auf einen russischen Angriff reagieren würde.

Russland: NATO bereitet sich auf Angriff vor

Jahrzehntelang hatte die NATO keine Notwendigkeit darin gesehen, größer angelegte Verteidigungspläne zu erstellen. Eine echte Gefahr bestand einfach nicht. In den vergangenen Jahren gab es Kriege in Afghanistan oder dem Irak – doch man war sich lange Zeit sicher, dass das postsowjetische Russland keine Bedrohung mehr darstellen würde. Bis jetzt.

Putin entfesselte den blutigsten Krieg in Europa seit 1945. Und angesichts des brutalen Überfalls auf die Ukraine warnt das Bündnis nun, dass die Planungen schnellstmöglich abgeschlossen sein sollten – für den Fall, dass der Konflikt mit Russland sich ausweitet.

Geheimpläne der NATO: „Unser Gegner bestimmt den Zeitplan“

„Der grundlegende Unterschied zwischen Krisenmanagement und kollektiver Verteidigung ist: Nicht wir, sondern unser Gegner bestimmt den Zeitplan“, wird Admiral Rob Bauer, einer der höchsten militärischen Beamten der NATO, von Reuters zitiert. „Wir müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass ein Konflikt jederzeit auftreten kann.“

Indem sie ihre sogenannten „Regionalpläne“ vorstellt, gibt die NATO den einzelnen Mitgliedsstaaten auch Hinweise darüber, wie sie ihre Streitkräfte und ihre Logistik verbessern können.

Hier bei unserer Umfrage mitmachen:

„Die Verbündeten werden genau wissen, welche Kräfte und Fähigkeiten benötigt werden, einschließlich dem, wo, was und wie eingesetzt werden soll“, erklärte NATO-Chef Jens Stoltenberg über die streng geheimen Dokumente.

Russland: Neue Herausforderungen mit Putins Angriffskrieg

Es ist ein Prozess, der schon seit 2014 im Gange ist, seitdem Russland die Krim annektierte. Zum ersten Mal musste die NATO Kampftruppen an die Ostflanke entsenden, Großbritannien, Kanada und Deutschland übernahmen jeweils die Führung in einem der baltischen Staaten. Die Bundeswehr unterstützt seit nunmehr neun Jahren Estland, Lettland und Litauen bei der NATO-Mission Baltic Air Policing, vor allen Dingen beim Schutz des Luftraums.

Durch den Beitritt Finnlands hat sich die Grenze der NATO zu Russland noch einmal verdoppelt, das mache die Pläne für die Stationierung von Streitkräften noch wichtiger. Außerdem stellen das Internet und Cyberangriffe, Drohnen und Hyperschallwaffen neue Herausforderungen dar.

Nach Putins Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 hatte die NATO 300.000 Soldaten statt wie zuvor 40.000 in höchste Alarmbereitschaft versetzt und einen verstärkten Schutz an der Ostflanke beschlossen. Mehr Truppen sollen es nach dem neuen Plan aber nicht werden. „Je mehr Truppen man an der Grenze versammelt, desto mehr ist es, als hätte man einen Hammer. Irgendwann möchte man einen Nagel finden“, warnte Generalleutnant Cottereau.

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„Gewaltdemonstration“: Größtes Kriegsschiff der Welt erreicht die Nordsee – Russland wütet

Die „USS Gerald Ford“ auf dem Weg in den Oslo-Fjord: Das Schiff ist das größte Kriegsschiff der Welt und wird vier Tage lang im Hafen von Oslo liegen.

Die „USS Gerald Ford“ auf dem Weg in den Oslo-Fjord: Das Schiff ist das größte Kriegsschiff der Welt und wird vier Tage lang im Hafen von Oslo liegen.© dpa

Das größte Kriegsschiff der Welt, der US-Flugzeugträger „USS Gerald Ford“, ist für einen mehrtägigen Zwischenstopp in der norwegischen Hauptstadt Oslo angekommen.

„Der Besuch und die Präsenz des Flugzeugträgers werden (...) eine einzigartige Gelegenheit bieten, mit unserem Hauptverbündeten, den Vereinigten Staaten, zusammenzuarbeiten“, teilte die norwegische Armee am Mittwoch (24. Mai 2023) mit.

US-Flugzeugträger „USS Gerald Ford“: Nächster Halt am Polarkreis

Rund um den mehr als 335 Meter langen Flugzeugträger mit Atomantrieb und einer Kapazität von bis zu 90 Flugzeugen und Hubschraubern wurde eine große Flug- und Seeverbotszone eingerichtet. Laut der Online-Zeitung „Barents Observer“ soll es sich als Nächstes auf den Weg zum Polarkreis machen.

Dort beginnt am 29. Mai die Militärübung Arctic Challenge Exercise, bei der etwa 150 Flugzeuge aus 14 westlichen Ländern an einem Flugmanöver teilnehmen.

Russland verurteilt Ankunft von „USS Gerald Ford“

Die russische Botschaft verurteilte die Ankunft des Flugzeugträgers inmitten der Spannungen des Ukraine-Kriegs. „Es gibt keine Probleme im Norden, die eine militärische Lösung erfordern, und auch keine Probleme, die ein Eingreifen von außen nötig machen“, erklärte Botschaftssprecher Timur Tschekanow.

„Da Oslo anerkannt hat, dass Russland keine direkte militärische Bedrohung für Norwegen darstellt, erscheinen solche Gewaltdemonstrationen unlogisch und schädlich“, fügte er hinzu.

Das Nato-Mitglied Norwegen und Russland teilen sich eine 198 km lange Landgrenze im hohen Norden sowie eine lange Grenze in der Barentssee. Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine wurde Norwegen zum Haupt-Lieferanten für Erdgas auf dem europäischen Kontinent.

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Experte in Sorge: In diesem Fall wird Putin Atomwaffen einsetzen

"Vladimir Putin 17-11-2021 (cropped)" by The Presidential Press and Information Office is licensed under CC BY 4.0.

"Vladimir Putin 17-11-2021 (cropped)" by The Presidential Press and Information Office is licensed under CC BY 4.0.© Bereitgestellt von News in Five

Ob der Krieg gegen die Urkaine im Jahr 2023 enden wird, ist noch nicht klar. Doch laut Rolf Mowatt-Larssen, einem ehemaligen Nuklear-Anti-Terrorismus-Offizier der CIA, besteht die Möglichkeit eines Einsatzes taktischer Nuklearwaffen durch Putin.

Der Experte äußerte die Sorge, dass Putin zu dem Schluss kommen könne, seine Armee werde die von ihm als russisch betrachteten Gebiete nicht mehr halten können. „In diesem Fall denke ich, dass Wladimir Putin taktische Nuklearwaffen einsetzen wird“, sagte er bei einer Veranstaltung der Harvard Kennedy School mit Sitz in Cambridge, USA, im Februar.

Der Ukraine-Konflikt habe für beide Länder verheerende Auswirkungen gehabt, insbesondere für Russland. Strategisch betrachtet habe Russland mehr Schaden erlitten als möglicherweise auf dem Schlachtfeld gewonnen werden kann, selbst wenn sie in gewissem Maße erfolgreich seien, betont der Experte.

Putin habe vor allem zwei Dinge befürchtet: dass die Ukraine sich weiter an die EU annähere und dass die NATO stärker und einheitlicher werde. Beide Szenarien hätten sich bewahrheitet, so Mowatt-Larssen.

Angesichts der möglichen Eskalation und des potenziellen Einsatzes taktischer Nuklearwaffen durch Putin appellierte Mowatt-Larssen an die USA, über eine mögliche Abschreckung von Russland nachzudenken und Reaktionen vorzubereiten, wenn Russland diese Waffen einsetze oder eine andere katastrophale Situation verursache.

Erst vor wenigen Tagen hatte der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko angekündigt, dass russische Atomsprengköpfe auf dem Weg in sein Land seien. Wladimir Putin und er hatten eine Stationierung von Nuklearwaffen in Belarus vereinbart.

Die deutsche Wissenschaftlerin Lydia Wachs sagte dem Tagesspiegel angesichts der geplanten Stationierung, dass diese Aktion jedoch keine direkten Auswirkungen auf die bestehende Bedrohungslage habe. Bereits jetzt verfüge Russland über eine Vielzahl von Waffen- und Trägersystemen, die in der Lage seien, Ziele in ganz Europa zu bedrohen, so Wachs. Dennoch hält die Wissenschafterin die Wahrscheinlichkeit eines russischen Einsatzes von Nuklearwaffen derzeit für äußerst gering.

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Deutscher Ex-Moskau-Botschafter - „Wer nicht mal die Ukraine besiegen kann, sollte sich nicht mit der Nato anlegen“

Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch. imago/ITAR-TASS

Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) und der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch. imago/ITAR-TASS© imago/ITAR-TASS

Der ehemalige deutsche Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch, ärgert sich über falsche Annahmen zu den Sanktionen gegen Russland. Zudem erklärt er, warum ein Nuklearschlag unwahrscheinlich ist und gibt Wladimir Putin einen Rat.

Von 2014 bis zu seinem Ruhestand 2019 war Rüdiger von Fritsch deutscher Botschafter in Moskau. Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges veröffentlicht er Analysen zur internationalen Lage und schrieb sogar ein Buch darüber. Im Interview mit „Welt“ erklärt von Fritsch nun, warum er nicht an einen Atomschlag Russlands glaubt.

„Wer nicht mal die Ukraine besiegen kann, sollte sich nicht mit der Nato anlegen“

„Wer nicht einmal die Ukraine besiegen kann, der sollte sich vielleicht nicht mit der Nato anlegen“, sagt von Fritsch. „Ich versuche, in Wahrscheinlichkeiten zu denken: Wie wahrscheinlich ist es, dass Russland zu dem Mittel nuklearer Eskalation greift?", fragt der ehemalige Botschafter und lenkt den Blick auf die russische nukleare Doktrin, die den Einsatz von Atomwaffen erlaubt, wenn Russland dadurch einen Konflikt für sich zu entscheiden.

Der vormalige Diplomat Rüdiger Freiherr von Fritsch bei "Markus Lanz". Screenshot ZDF

Der vormalige Diplomat Rüdiger Freiherr von Fritsch bei "Markus Lanz". Screenshot ZDF© Screenshot ZDF

“Wladimir Putin wäre nach dieser Logik gut beraten gewesen, ihn vergangenes Jahr im März oder April einzusetzen, als der schnelle Sieg ausblieb“, sagt von Fritsch. „Aber was tut er selbst in jenem Moment? Er eskaliert seine konventionelle Kriegsführung.“ Als der russische Präsident im Herbst 2022 vermehrt über einen Atomschlag sprach, mobilisierte er stattdessen 300.000 Soldaten. „Man kann den Eindruck gewinnen, dass er versuchen will, diesen Krieg konventionell zu seinen Gunsten zu entscheiden.“

Die Nuklearmacht Russland habe den ersten Tschetschenienkrieg ebenso verloren wie die Nuklearmacht Sowjetunion die Auseinandersetzung mit den Taliban in Afghanistan. Auch die Nuklearmacht USA verlor den Krieg in Vietnam. „Die Logik der Nuklearwaffe ist es eben, abzuschrecken und nicht eingesetzt zu werden, weil ihr Einsatz die Selbstvernichtung nach sich zu ziehen droht“, so von Fritsch gegenüber „Welt“.

Experte erklärt, warum Sanktionen gegen Russland wirken: „Einfach Putin selber fragen“

Zum Thema wirkungslose Sanktionen hat der Ex-Botschafter eine klare Meinung. „Die Sanktionen wirken, und der einfachste Beleg dafür ist es, einfach Wladimir Putin selber zu fragen.“ Russlands Präsident hatte in Interviews mehrfach gesagt, dass die Maßnahmen erhebliche Auswirkungen auf Russlands Wirtschaft hätten.

„Das russische Finanzministerium hat unlängst bekannt gegeben, dass das Haushalts-Defizit in den Monaten Januar bis April knapp 40 Milliarden US-Dollar betragen hat – für das ganze Jahr waren 34,5 Milliarden US-Dollar veranschlagt gewesen“, rechnet von Fritsch vor. Im vergangenen Jahr habe Russland das noch durch zeitweilig hohe Energiepreise ausgleichen können. Mittlerweile würden das aber auch andere Bereiche wie Stahlproduktion, Holzexport oder Baumaschinenindsutrie spüren.

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Nato-Gipfel in Vilnius: „Es wird definitiv eine Antwort Russlands geben“

Nato-Gipfel in Vilnius: „Es wird definitiv eine Antwort Russlands geben“

Nato-Gipfel in Vilnius: „Es wird definitiv eine Antwort Russlands geben“© Bereitgestellt von Berliner Zeitung

Litauen gilt aufgrund seiner geografischen Lage zwischen Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad als Achillesferse an der Ostflanke der Nato. Die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses treffen sich zum ersten Mal in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Höhere Verteidigungsausgaben, Sicherheitsgarantien für die von Russland angegriffene Ukraine und ein möglicher Beitritt Schwedens stehen auf der Agenda. Die litauische Sicherheitsexpertin Dovile Jakniunaite gilt als Kennerin der Russlandpolitik ihres Landes. Litauen sehe sich als Motor in der Nato, betont sie.

Frau Jakniunaite, im Vorfeld des Gipfels kündigte Litauens Regierung drastische Sicherheitsvorkehrungen an. Wie gehen die Menschen in Vilnius damit um?

Es gab sehr umfassende Informationen über die damit verbundenen Einschränkungen. Die Behörden rieten den Bürgern dazu, die Stadt zu verlassen, falls es möglich ist. Die Innenstadt ist gerade herrlich still. Keine Autos sind unterwegs und auch viel weniger Menschen. Die litauischen Medien berichten rund um die Uhr über den Gipfel.

Die Bundeswehr lieferte sogar Patriot-Abwehrraketen an Litauen, um Vilnius gegen Attacken aus der Luft zu verteidigen. Rechnet Litauen wirklich mit einem militärischen Angriff auf den Gipfel?

Offiziell gab es dazu kaum Erklärungen der Regierung. Die Sicherheitsvorkehrungen sind wirklich außergewöhnlich, und es sieht so aus, als wollte Litauen sich auf jedes Szenario vorbereiten. Ich erwarte eine russische Provokation, vielleicht keinen militärischen Angriff, sondern etwas Informelles, etwa Cyberangriffe auf Litauen. Es wird definitiv eine Antwort Russlands geben. Allerdings wird Litauen kaum das direkte Ziel sein. Ich fürchte, dass es traurigerweise die Ukraine treffen könnte.

Hat der Aufstand der Wagner-Gruppe die Bedrohungslage für Litauen verändert? Noch scheint unklar, ob die Wagner-Söldner wirklich bei Litauens Nachbarn Belarus ein neues Quartier finden.

Es ist derzeit auch nicht ausgeschlossen, dass zumindest einige Wagner-Söldner in unserem Nachbarland sind. Insgesamt halte ich die Auswirkungen für überschaubar. Eine mögliche Bedrohung durch Wagner ist aber ein großes Medienthema. Das Gefühl der Unsicherheit hat in Litauen zweifellos zugenommen. Sie wird derzeit von der Aufregung rund um den Gipfel überschattet.

Viele Beobachter erwarten einen historischen Gipfel. Sehen das die Gastgeber auch so?

Für Litauen trifft das Prädikat „historisch“ auf jeden Fall zu. Allein die Tatsache, dass sich die Nato zum ersten Mal in unserem Land trifft, ist einmalig in unserer Geschichte. Der Gipfel könnte auch für die europäische Sicherheit historisch werden. Die Mitgliedstaaten haben das Ziel, zwei Prozent ihrer Haushalte für Verteidigung auszugeben, bereits vor dem Gipfel beschlossen. Jetzt bräuchte es aus unserer Sicht noch Sicherheitsgarantien für die Ukraine mit Substanz. Es müsste deutlich erkennbar werden, dass die Nato ihre Ostflanke stärkt. Grünes Licht für den Beitritt Schwedens könnte dabei helfen.

Schweden im Bündnis würde das Baltische Meer zum Nato-Gewässer machen. Interpretieren Sie das Angebot Erdogans, den Nato-Beitritt Schwedens im Fall neuer Verhandlungen über den EU-Beitritt der Türkei zu billigen, als Entgegenkommen? Darauf kann sich die EU doch unmöglich einlassen.

Warten wir ab, was beim Gipfel zwischen der Türkei und den Partnern verabredet wird. Ich halte es für möglich, dass Erdogan noch auf dem Gipfel einlenkt. Vielleicht wird er die Entscheidung aber noch etwas hinauszögern.

Sie zweifeln also nicht daran, dass Schweden bald Teil der Nato sein wird. Und die Ukraine?

Die Haltung der baltischen Staaten ist glasklar. Wir wollen eine Einladung an die Ukraine, dem Bündnis beizutreten. Es sollte schriftlich festgehalten werden, dass die Ukraine nach dem Krieg einen Platz in der Nato findet und welche Schritte dafür nötig sind.

Die harte Haltung der baltischen Staaten gegenüber Russland besteht nicht erst seit dem Beginn der Invasion in der Ukraine. Schließt sie auch Verständnis für die amerikanische Lieferung von geächteter Streumunition an die Ukraine mit ein?

Litauens Politik hat sich zu der Entscheidung Washingtons überhaupt nicht geäußert. Kritik wie aus manchen Nato-Ländern an der Lieferung von Streumunition durch die USA gab es zumindest öffentlich nicht.

Litauen gilt in der Nato als Musterknabe bei den Ausgaben für die Verteidigung. Gibt es in Litauen keine Stimmen, die das Geld lieber für Bildung oder Gesundheit ausgeben möchten?

Nein, darüber gibt es in Litauen keine Kontroverse. Es käme politischem Selbstmord gleich für eine Partei, in der jetzigen Lage an den Ausgaben für die Verteidigung zu zweifeln. Im kommenden Jahr sind in Litauen Parlamentswahlen. Wenn der Krieg in der Ukraine dann immer noch anhält, halte ich eine solche Debatte vor den Wahlen für ausgeschlossen.

Die baltischen Länder und Polen scheinen als maßgeblicher Unterstützer der Ukraine immer enger zusammenzurücken. Entsteht gerade ein neues Machtzentrum in Europa? Polen und Litauen haben ja schon einmal in einem gemeinsamen Staat bis zum Ende des 18. Jahrhunderts Mitteleuropa dominiert. 

Es wird tatsächlich viel über eine Verschiebung der Machtzentren in Europa in Richtung Osten gesprochen. Die meisten Entscheidungen fallen aber immer noch in den Hauptstädten Westeuropas. Dort ist auch immer noch das Geld. Ich sehe eher das Bemühen der Staaten in Mitteleuropa, etwas in der Sicherheits- und Außenpolitik zu bewegen und Gehör zu finden. Polen versucht in der Tat, ein entscheidender Faktor zu werden. Es gibt aber immer noch den Streit mit der EU-Kommission über die polnische Justizreform. Ich würde sagen, es ist derzeit offen, ob es Polen gelingt, seine Ambitionen auch umzusetzen.

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Bei Attacken auf Bündnis-Gebiet - Nato-Staaten billigen neue Pläne für Abwehr russischer Angriffe

Efrem Lukatsky/AP/dpa

Efrem Lukatsky/AP/dpa© Efrem Lukatsky/AP/dpa

Die Nato-Staaten haben sich auf neue Pläne für die Abwehr von möglichen russischen Angriffen auf das Bündnisgebiet verständigt.

Die Nato-Staaten haben sich auf neue Pläne für die Abwehr von möglichen russischen Angriffen auf das Bündnisgebiet verständigt. Die Annahme der Dokumente erfolgte am Montag einen Tag vor dem Beginn des Gipfeltreffens in Litauen in einem schriftlichen Verfahren, wie die Deutsche Presse-Agentur von mehreren Diplomaten erfuhr. Die Entscheidung soll an diesem Dienstag von den Staats- und Regierungschefs noch einmal bestätigt und dann offiziell verkündet werden.

Die insgesamt mehr als 4000 Seiten starken Verteidigungspläne beschreiben nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur detailliert, wie kritische Orte im Bündnisgebiet durch Abschreckung geschützt und im Ernstfall verteidigt werden sollten. Dafür wird auch definiert, welche militärischen Fähigkeiten notwendig sind. Neben Land-, Luft-, und Seestreitkräften sind auch Cyber- und Weltraumfähigkeiten eingeschlossen.

Künftig 300.000 Soldaten in Bereitschaft

Bereits beim Nato-Gipfel im vergangenen Jahr hatte Generalsekretär Jens Stoltenberg angekündigt, dass künftig 300.000 Soldatinnen und Soldaten für mögliche Nato-Einsätze in hoher Bereitschaft gehalten werden sollten. Bislang war bei der Nato für schnelle Kriseneinsätze vor allem die Eingreiftruppe NRF vorgesehen. Für diese stellen die Mitgliedstaaten derzeit circa 40.000 Soldatinnen und Soldaten.

Neben möglichen Angriffen durch Russland sind auch Bedrohungen durch Terrorgruppen Grundlage der Planungen. Hintergrund sind die Erfahrungen mit Anschlägen des Terrornetzwerks Al-Kaida auf die USA am 11. September 2001, aber auch der Druck von Ländern wie der Türkei, die es vor allem immer wieder mit Terrorakten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu hat.

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So stark ist die Nato wirklich

Größtes Militärbündnis der Welt

So stark ist die Nato wirklich

Nato-Übung in Polen: Keine Armee ist so schlagkräftig wie die kombinierte Kraft der Nato-Streitkräfte. (Quelle: IMAGO/U.S. Army)

Nato-Übung in Polen: Keine Armee ist so schlagkräftig wie die kombinierte Kraft der Nato-Streitkräfte. (Quelle: IMAGO/U.S. Army)© T - Online

Die Nato gilt als das mächtigste Verteidigungsbündnis der Welt. Aber wie stark ist der Militärverbund wirklich?

Die Staatschefs, die Außen- und Verteidigungsminister der Nato-Staaten kamen in den vergangenen zwei Tagen in der litauischen Hauptstadt Vilnius zusammen. Bei dem Treffen in der Nähe der belarussischen Grenze geht es vor allem um die Unterstützung der Ukraine – aber auch darum, wie die Wehrfähigkeit des größten Militärbündnisses der Welt in Zukunft verbessert werden kann.

Schon jetzt ist die Nato der stärkste Militärverbund der Welt. Sie hat 30 Mitglieder und viele weitere Partnerstaaten. Aber wie stark ist die Nato im Vergleich zu anderen Ländern und Verteidigungsbündnissen? Auf welches militärische Gerät können die Partnerstaaten zurückgreifen? Und wie ist es um die Stärke der neuen Mitglieder Finnland und Schweden bestellt? Hier beantwortet t-online die wichtigsten Fragen zum größten Militärbündnis der Welt.

Wer ist Mitglied der Nato?

Insgesamt gehören der Nato 31 Mitgliedsländer an. Als das Militärbündnis im Jahr 1949 aus der Taufe gehoben wurde, waren die Gründungsländer Belgien, DänemarkFrankreich, Island, Italien, Kanada, LuxemburgNiederlandeNorwegen, Portugal, das Vereinigte Königreich und die USA.

Im Jahr 1952 schlossen sich Griechenland und die Türkei der Nato an, die Bundesrepublik Deutschland folgte 1955. Nach dem Ende der Franco-Diktatur wurde Spanien im Jahr 1982 Mitglied des Militärbündnisses.

Seit 1999 erweiterte die Nato schrittweise ihre Ostflanke. Am 12. März wurden Polen, Tschechien und Ungarn ins Militärbündnis aufgenommen, im Jahr 2004 folgten Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, die Slowakei und Slowenien. 2009 kamen Albanien und Kroatien dazu. 2017 folgte Montenegro, 2020 dann Nordmazedonien.

Das neueste Mitglied heißt seit dem 4. April 2023 Finnland. Bald wird auch noch Schweden dem Militärbündnis beitreten.

Über wie viele Soldaten verfügen die Nato-Staaten?

Das Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) schreibt, es gebe aktuell etwa 3.358.000 aktive Soldaten in allen Nato-Mitgliedsstaaten – das neue Nato-Mitglied Finnland ist in dieser Statistik nicht aufgeführt, hat allerdings etwa 24.000 aktive Soldaten im Dienst. Dazu muss allerdings gesagt werden: Die Truppenstärke ist ungleich der Nato-Stärke. Denn die verschiedenen Länder stellen nur einen bestimmten Prozentsatz ihrer gesamten Truppenstärke zur Nato ab.

Hinzu kommen noch etwa 1.720.000 Soldaten der Reserve, außerdem etwa 900.000 finnische Reservisten. Insgesamt kommt die Nato damit – inklusive Finnland – auf 6.741.000 Soldaten, die auf die Armeen der Bündnisstaaten verteilt sind.

Zum Vergleich: Die chinesische Volksbefreiungsarmee hatte im Jahr 2022 etwa 2.000.000 Soldaten und 510.000 Reservisten im Dienst.

Welche Nato-Armee ist die stärkste?

Ein Blick in den "Global Firepower Index", der jedes Jahr einen Vergleich der militärischen Stärke verschiedener Streitkräfte herausgibt, zeigt, dass die USA mit großem Abstand auf Platz 1 der Nato-Armeen führen. Direkt dahinter folgen Großbritannien und Frankreich. Deutschland erreicht mit der Bundeswehr den achten Platz unter den Nato-Staaten.

Wie stark ist die Luftwaffe der Nato-Länder?

Sipri zufolge stehen insgesamt 20.633 Flugzeuge und Hubschrauber im Dienst der Nato-Armeen. Darunter befinden sich 3.398 Jagdflugzeuge und Abfangjäger, 1.108 Flugzeuge für Bodenangriffe, 1.506 Transportflugzeuge, 970 Spezialflugzeuge, die unter anderem für Luftaufklärung eingesetzt werden, 615 Tankflugzeuge und 8.614 Militärhubschrauber. Auch hier gilt: Im Bündnisfall stünden nicht alle Kräfte der nationalen Luftwaffen für die Nato zur Verfügung.

Durch die finnische Luftwaffe, die nicht im Sipri-Bericht aufgeführt ist, kommen noch 67 Flugzeuge hinzu. Davon entfallen 55 auf Kampfflugzeuge vom Typ F/A-18C Hornet des amerikanischen Herstellers McDonnell Douglas, die allerdings bis 2026 durch 64 moderne Kampfjets vom Typ Lockheed Martin F-35 ersetzt werden sollen.

Im Vergleich zur Nato verfügen die Luftstreitkräfte der Volksrepublik China über 1.624 Kampfjets verschiedener Typen.

Wie stark sind die Seestreitkräfte der Nato-Staaten?

Auch zu See sind die Nato-Armeen gut aufgestellt. Insgesamt stehen laut Sipri 2.151 Militärschiffe im Dienst der Bündnisarmeen. Darunter befinden sich 16 Flugzeug- und 13 Helikopterträger, außerdem 112 Zerstörer und 135 Fregatten. Wie viele Schiffe sich im Dienst der chinesischen Marine befinden, ist nicht genau bekannt. Der US-Marinegeheimdienst schätzt ihre Zahl auf etwa 360.

Wie viel Geld geben die Nato-Staaten für ihre Verteidigung aus?

Am Rande des Nato-Gipfels in Vilnius am 11. und 12. Juli 2023 haben sich die Nato-Staaten darauf geeinigt, in den kommenden Jahren zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) in den Verteidigungshaushalt zu investieren. Dem Sipri-Jahresbericht 2022 zufolge erreichen allerdings nur acht Bündnisstaaten dieses Ziel.

Griechenland, die Vereinigten Staaten, Litauen, Polen, Großbritannien, Kroatien, Estland und Lettland investieren derzeit besonders viel in ihre Verteidigung. Frankreich nähert sich dem Zwei-Prozent-Ziel an – auch wenn das deutsche Nachbarland es mit einem Wert von 1,94 Prozent des BIP knapp verfehlt.

Deutschland schrammt noch deutlicher am vorgegebenen Investitionswert vorbei. Die Bundesrepublik investiert jährlich nur rund 1,39 Prozent des Bruttoinlandsproduktes in die Bundeswehr.

Wie steht es um Schwedens Militär?

Kurz vor dem Nato-Gipfel in Vilnius hat die Türkei ihren Widerstand gegen einen Beitritt Schwedens zum Verteidigungsbündnis aufgegeben. Die Skandinavier werden also mit relativer Sicherheit bald ebenfalls zum Nato-Mitglied.

Aktuell umfasst die schwedische Armee rund 55.000 Personen, berichtet die "Süddeutsche Zeitung". Darin enthalten sind allerdings auch 12.000 Reserveoffiziere und Teilzeitsoldaten. Ebenfalls ein Teil der 55.000 sind auch 20.000 Freiwillige der sogenannten Hemvärnet (Heimwehr). Zusammengefasst kann man also sagen, dass die schwedische Armee eine äußerst dünne Personaldecke hat.

Im Zuge der Debatte um den Nato-Beitritt des skandinavischen Landes hat Schweden die Wehrpflicht im Jahr 2017 erneut eingeführt und zieht seitdem rund 8.000 Wehrdienstleistende pro Jahr ein.

Beachtenswert ist auch die schwedische Luftwaffe, die insgesamt 205 Flugzeuge und Hubschrauber umfasst. Ein Problem geht allerdings mit der geringen Anzahl an Soldaten einher: Schweden hat zwar viele Jets, aber wenig geeignete Piloten.

Warum ist Schweden trotzdem wichtig für die Nato?

In erster Linie ist vor allem die geografische Lage Schwedens wichtig für das Militärbündnis. Sobald der Beitritt des skandinavischen Landes erfolgt sein wird, ist die gesamte Ostseeküste Nato-Gebiet – mit Ausnahme der russischen Ostseeküste und der Exklave Kaliningrad.

Durch die Vormachtstellung könnten die Nato-Partnerstaaten einen russischen Angriff auf das Baltikum besser verteidigen, weil Truppen und Ausrüstung einfacher per Schiff über Schweden nach Estland, Litauen und Lettland verlegt werden könnten.

Und dann ist da noch Gotland, eine Insel vor der schwedischen Küste. Simon Koschut, der den Lehrstuhl für Internationale Sicherheitspolitik an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen innehat, erklärt im Gespräch mit dem Sender Deutsche Welle: "Schweden verfügt mit dieser großen Insel mitten in der Ostsee über einen extrem günstigen strategischen Stützpunkt. Von dort aus kann man praktisch die gesamte Ostsee kontrollieren."

Dem Experten zufolge sei Gotland sowie die geografische Lage Schwedens ausschlaggebend dafür, warum eine Nato-Mitgliedschaft der Skandinavier so attraktiv für das Militärbündnis wäre.

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NATO durchbricht russische Blockade im Schwarzen Meer

NATO durchbricht russische Blockade im Schwarzen Meer

NATO durchbricht russische Blockade im Schwarzen Meer© Bereitgestellt von Z-LiVE NEWS

Einem Medienbericht zufolge haben drei zivile Frachter die russische Blockade im Schwarzen Meer durchbrochen, nachdem Russland das Getreideabkommen aufgekündigt hatte.

Laut dem US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“ wurden die Schiffe aus Israel, Griechenland und unter türkisch-georgischer Flagge auf ihrer Reise zu einem ukrainischen Getreidehafen im Donaudelta von mehreren NATO-Flugzeugen begleitet, wie n-tv.de berichtete.

Vor Kurzem hat Russland angekündigt, nach gut einem Jahr aus dem Abkommen über den Export von ukrainischem Getreide auszusteigen, wie ZDF mitteilte. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte, dass Russland die Vereinbarung wieder einhalten werde, sobald seine Forderungen erfüllt seien. Die Vereinbarung vom 22. Juli 2022, die bereits zweimal verlängert wurde, sollte trotz des russischen Angriffskriegs die sichere Passage von mit Getreide beladenen Schiffen aus drei Schwarzmeer-Häfen der Ukraine durch den Bosporus gewährleisten. Die Schiffe befahren einen 310 Seemeilen langen und drei Seemeilen breiten Korridor. Im letzten Jahr wurden so fast 33 Millionen Tonnen Getreide aus ukrainischen Häfen exportiert.

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Nato und Russland: "Der Ukraine-Krieg ist ein Krieg zur Nato-Erweiterung"

Nato und Russland: "Der Ukraine-Krieg ist ein Krieg zur Nato-Erweiterung"

Nato und Russland: "Der Ukraine-Krieg ist ein Krieg zur Nato-Erweiterung"© Bereitgestellt von Telepolis

Jens Stoltenberg gestand unlängst einen beachtlichen Grund für den Krieg ein. US-Wissenschaftler waren für dieselbe These verunglimpft worden. Was uns die Debatte lehrt.

Jeffrey D. Sachs – US-Wirtschaftswissenschaftler und Professor an der New Yorker Columbia-Universität – war als Berater von mehreren UN-Generalsekretären tätig und ist Fürsprecher der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen, die bis 2030 umgesetzt werden sollen und zu denen auch das Ziel einer friedlichen gesellschaftlichen Entwicklung gehört.

Sachs ist mit klarsichtigen Analysen über den Ukraine-Krieg und deutlichen Worten für eine Verhandlungslösung an die Öffentlichkeit getreten. Er vertritt die Einschätzung, dass es sich bei dem Ukraine-Krieg um einen Stellvertreterkrieg handelt, der über viele Jahre von den US-Regierungen provoziert worden ist, um ihr weltweite Vorherrschaft aufrechtzuerhalten. Deswegen müsse er von der jetzigen US-Regierung auch beendet werden.

Die größten Provokationen seien der 2014 von den USA unterstützte gewaltsame Sturz des demokratisch gewählten russlandfreundlichen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowytsch gewesen und der US-Plan, die Ukraine in die Nato aufzunehmen.

Diesen Text habe ich mit Erlaubnis des Autors für Telepolis ins Deutsche übertragen und mit einigen Zwischenüberschriften versehen. Voranstellen möchte ich noch folgenden Kommentar.

Anfang September 2003 hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg vor dem EU-Parlament eine bemerkenswerte Rede gehalten, von der eine sorgfältige und vollständige Transkription in deutscher Sprache von der Schweizer Online-Plattform Globalbridge veröffentlicht wurde.

Darin weist Stoltenberg auf die enge Zusammenarbeit zwischen der EU und der Nato hin und macht auf zwei Tatsachen über den Ukraine-Krieg aufmerksam, die von den Leitmedien mehrheitlich ignoriert worden sind.

Zum einen handelt es sich um den Umstand, dass Stoltenberg in dieser Rede bestätigt, dass der Krieg in der Ukraine nicht erst im Februar 2022, sondern schon im Jahre 2014 begonnen hat.

Allerdings verschweigt Stoltenberg dabei, dass der von den USA massiv unterstützte Putsch auf dem Kiewer Maidan der konkrete Anlass war, warum sich die Bevölkerungen der Krim und des Donbass von der Ukraine trennen wollten. "Wie so oft: Man kann auch mit dem Verschweigen von Tatsachen die Unwahrheit sagen", heißt es dazu bei Globalbridge.

Und zum anderen findet sich im letzten Teil der Rede von Stoltenberg sein "Ausrutscher", auf den Jeffrey Sachs in seinem von mir übersetzten Artikel eingeht. Sachs vertritt die Position, diese Stellungnahme von Stoltenberg belege, dass die USA und die Nato blind und taub für die legitimen Sicherheitsinteressen anderer Länder seien.

Deshalb sei noch einmal an eine im Mai 2023 veröffentlichte ganzseitige Anzeige zum Krieg in der Ukraine in der New York Times erinnert, die von 14 renommierten US-Sicherheitsexperten unterzeichnet worden ist, zu denen auch Sachs gehörte.

Es handelt sich um eine höchst bemerkenswerte Anzeige, die von Eisenhower Media Network erstellt und finanziert worden ist. Der Text enthält zwei aussagekräftige Abbildungen, die dort untereinander platziert worden sind.

Die erste Abbildung zeigt eine Landkarte von Europa einschließlich des europäischen Russlands, in der die derzeitigen Militärbasen der USA und der Nato in den europäischen Ländern und im Vorderen Orient eingezeichnet sind, während die zweite Abbildung mit der Überschrift "Was ist, wenn der Spieß umgedreht wird?" eine Karte der USA mit eingezeichneten hypothetischen russischen Militärbasen in Mexiko, auf den karibischen Inseln und in Kanada darstellt.

Wem fällt bei der Ansicht dieser Bilder nicht das Sprichwort ein: "Was du nicht willst, das(s) man dir tu', das füg auch keinem andern zu"? Diese Regel setzt aber voraus, dass man den anderen als gleichberechtigt anerkennt.

Aber das wird in der internationalen Politik nicht von allen Parteien gleichermaßen anerkannt und praktiziert. Auf der US-amerikanischen Seite steht dem die herrschende Ideologie des Exzeptionalismus und des Unilateralismus entgegen.

Dabei ist der US-amerikanische Exzeptionalismus eine nationalistische Ideologie, die auf dem Postulat basiert, dass USA eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Nationen einnehmen und ihnen, d. h. ihren Eliten, deshalb alles erlaubt ist, was in ihrem Interesse liegt.

Und Unilateralismus bedeutet im Prinzip das Gleiche, nämlich "Einseitigkeit". In der Politik versteht man darunter das Handeln eines Staates im eigenen Interesse ohne Rücksicht auf die Interessen anderer.

Deshalb habe ich mit Befriedigung zur Kenntnis genommen, dass in der Anzeige der US-Sicherheitsexperten in der NYT der Unilateralismus, der die US-Außenpolitik prägt, im Zusammenhang mit der Nato-Osterweiterung kritisch hinterfragt wird.

Dieser Unilateralismus vonseiten der USA muss zugunsten der Anerkennung eines Multilateralismus bzw. einer Multipolarität in den internationalen Beziehungen überwunden werden, wenn die Welt eine Zukunft haben soll.

In einer zu schaffenden multipolaren Welt könnten dann die Großmächte, die zugleich Atommächte sind, auf der Basis der Charta der Vereinten Nationen, der Prinzipien der friedlichen Koexistenz und einer Gemeinsamen Sicherheit zusammenleben und bei der Bewältigung der großen Probleme der Menschheit konstruktiv zusammenarbeiten.

Die wichtigsten gemeinsamen Probleme sind die Gefahr eines Atomkriegs, die heute so groß ist wie zu keiner Zeit seit 1962, der Klimawandel und der Hunger in der Welt.

Im Folgenden die Übersetzung des Artikels von Jeffrey D. Sachs.

Nato gibt zu: Der Krieg in der Ukraine ist ein Krieg der Nato-Expansion

Während des katastrophalen Vietnam-Krieges hat die US-Regierung die Öffentlichkeit wie eine Pilzzucht behandelt: Sie hat sie im Dunkeln gelassen und mit Mist gefüttert.

Der heldenhafte Daniel Ellsberg hat die Pentagon-Paper an die Öffentlichkeit gebracht, die die hartnäckigen Lügen der US-Regierung über den Krieg dokumentiert haben, um Politiker zu schützen, denen die Wahrheit peinlich gewesen wäre.

Ein halbes Jahrhundert später, während des Ukraine-Krieges, hat sich ein noch größerer Berg von Mist aufgetürmt.

Laut der US-Regierung und der stets dienstbaren New York Times war der Ukraine-Krieg "unprovoziert". Das ist das Lieblingsadjektiv der NYT, um diesen Krieg zu beschreiben. Putin, der sich angeblich mit Peter dem Großen verwechselt, sei in die Ukraine einmarschiert, um das Russische Reich wiederherzustellen.

Stoltenbergs Ausrutscher

Doch letzte Woche passierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ein Ausrutscher, d. h., ihm rutschte versehentlich die Wahrheit heraus. In seiner Rede vor dem Parlament der Europäischen Union machte auch Stoltenberg deutlich, dass Amerikas unermüdlicher Bemühungen, die Nato um die Ukraine zu erweitern, die wahre Ursache für den entstandenen Krieg gewesen ist und warum dieser bis heute andauert. Hier sind seine aufschlussreichen Worte:

Hintergrund war, dass Präsident Putin im Herbst 2021 erklärte und tatsächlich einen Vertragsentwurf geschickt hat, den die Nato unterzeichnen sollte, mit dem Versprechen, dass es keine weitere Nato-Erweiterung gebe. Das war es, was er uns geschickt hat. Und das war eine Vorbedingung dafür, nicht in die Ukraine einzumarschieren. Das haben wir natürlich nicht unterschrieben.

Das Gegenteil ist eingetreten. Er wollte, dass wir dieses Versprechen unterschreiben und niemals die Nato erweitern. Er wollte, dass wir unsere militärische Infrastruktur bei allen Bündnispartnern, die seit 1997 der Nato beigetreten sind, d.h. die Hälfte der Nato, ganz Mittel- und Osteuropa, abbauen. Wir sollten die Nato aus diesem Teil unseres Bündnisses herausnehmen und eine Art B-Mitgliedschaft oder Mitgliedschaft zweiter Klasse einführen. Das haben wir abgelehnt.

Also zog er in den Krieg, um die Nato, mehr Nato, in der Nähe seiner Grenzen zu verhindern. Er hat das genaue Gegenteil erreicht.

Um es noch einmal zu wiederholen: Er [Putin] ist in den Krieg gezogen, um die Nato, mehr Nato, in der Nähe seiner Grenzen zu verhindern.

"Putin ist in den Krieg gezogen, um die Nato-Erweiterung zu verhindern"

Als John Mearsheimer, ich und andere das Gleiche in der Öffentlichkeit gesagt haben, wurden wir als Putin-Versteher verunglimpft.

Die Kritiker haben auch Folgendes getan: Sie haben über die vielen düsteren Warnungen vor einer Nato-Erweiterung um die Ukraine, die seit Langem von vielen führenden US-amerikanischen Diplomaten artikuliert worden sind, geschwiegen oder diese einfach ignoriert.

Unter den Warnern befinden sich führende Intellektuelle wie George Kennan sowie die ehemaligen US-Botschafter in Russland, Jack Matlock und William Burns.

Burns, heute CIA-Direktor, war 2008 US-Botschafter in Russland und Autor eines Memos mit dem Titel "Nyet means Nyet" ("Nein bedeutet Nein").

In diesem Memo erklärte Burns Außenministerin Condoleezza Rice, dass die gesamte russische politische Klasse, und nicht nur Putin, gegen die Nato-Erweiterung sei. Wir wissen nur von dem Memo, weil es durchgesickert ist. Sonst würden wir auch darüber noch im Dunkeln tappen.

Warum lehnt Russland die Nato-Erweiterung ab?

Es gibt mehrere Gründe, warum Russland das US-Militär an seiner 2.300 Kilometer langen Grenze mit der Ukraine in der Schwarzmeerregion nicht haben will.

Russland schätzt die Stationierung von Aegis-Raketen durch die USA in Polen und Rumänien nicht, die durchgeführt wurde, nachdem die USA den ABM-Vertrag 2001 einseitig gekündigt haben.

Russland begrüßt auch nicht die Tatsache, dass die USA während des Kalten Krieges (1947-1989) nicht weniger als 70 Regime-Change-Operationen in vielen Ländern durchführten haben und seitdem unzählige weitere, darunter in Serbien, Afghanistan, Georgien, Irak, Syrien, Libyen, Venezuela und der Ukraine.

Russland gefällt auch nicht die Tatsache, dass viele führende US-Politiker unter dem Banner der "Dekolonisierung Russlands" aktiv die Zerstörung Russlands befürworten. Das wäre so, als würde Russland die Herauslösung von Texas, Kalifornien, Hawaii, den eroberten Indianergebieten und vielem anderen Regionen aus den USA fordern.

"Nato-Erweiterung bedeutet Krieg mit Russland"

Selbst Wolodymyr Selenskyjs Team wusste, dass das Streben nach einer Nato-Erweiterung einen unmittelbar bevorstehenden Krieg mit Russland bedeutete. Oleksij Arestowytsch, ehemaliger Berater des Präsidialamtes der Ukraine unter Selenskyj, erklärte, dass "mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,9 Prozent unser Preis für den Nato-Beitritt ein großer Krieg mit Russland ist".

Arestowytsch behauptete, dass Russland auch ohne Nato-Erweiterung versuchen würde, die Ukraine einzunehmen, allerdings erst viele Jahre später. Doch die Geschichte straft das Lügen. Russland respektierte jahrzehntelang die Neutralität Finnlands und Österreichs, ohne schlimme Drohungen, geschweige denn Invasionen.

Ferner zeigte Russland von der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1991 bis zu dem von den USA unterstützten Sturz der gewählten ukrainischen Regierung im Jahr 2014 kein Interesse daran, ukrainisches Territorium einzunehmen.

Erst als die USA im Februar 2014 ein entschieden antirussisches, pro-Nato-Regime installierten, nahm sich Russland die Krim zurück, da es befürchtete, dass sein Marinestützpunkt im Schwarzen Meer auf der Krim (seit 1783) in die Hände der Nato fallen würde.

Seit 2014 forderte Russland kein weiteres Territorium von der Ukraine, sondern nur die Erfüllung des von den Vereinten Nationen unterstützten Minsk-II-Abkommens, das die Autonomie des ethnisch-russischen Donbass forderte, und erhob keinen russischen Anspruch auf dieses Territorium.

Doch anstatt Diplomatie zu betreiben, rüsteten die USA die Ukraine auf, trainierten deren Streitkräfte und halfen, eine riesige ukrainische Armee aufzustellen, um die Nato-Erweiterung zu einer vollendeten Tatsache zu machen.

Berechtigte Sicherheitsinteressen Russlands

Putin unternahm Ende 2021 einen letzten diplomatischen Versuch und legte einen Entwurf für ein Sicherheitsabkommen zwischen den USA und der Nato vor, um einen Krieg zu verhindern.

Kern des Entwurfs für ein Abkommen war der Verzicht auf eine Nato-Erweiterung und der Abzug der US-Raketen in der Nähe Russlands.

Russlands Sicherheitsbedenken waren berechtigt und wären eine Grundlage für Verhandlungen gewesen. Doch Biden lehnte Verhandlungen aus einer Kombination aus Arroganz, Kriegstreiberei und tiefgreifender Fehleinschätzung rundweg ab.

Die Nato hielt an ihrem Standpunkt fest, dass sie mit Russland nicht über die Erweiterung verhandeln müsse und sie Russland faktisch nichts angehe.

Die anhaltende Besessenheit der USA von der Nato-Erweiterung ist zutiefst unverantwortlich und heuchlerisch. Denn die USA würden sich – notfalls durch Krieg – dagegen wehren, von russischen oder chinesischen Militärbasen in der westlichen Hemisphäre eingekreist zu werden, ein Punkt, den die USA seit der Monroe-Doktrin von 1823 immer wieder vorgebracht haben.

Doch die USA sind blind und taub für die legitimen Sicherheitsbedenken anderer Länder.

Neutralität der Ukraine bleibt Schlüssel zum Frieden

Also, ja, Putin ist in den Krieg gezogen, um die Nato, mehr Nato, in der Nähe der russischen Grenze zu verhindern. Die Ukraine wird durch die Arroganz der USA zerstört, was erneut Henry Kissingers Sprichwort beweist, nach dem es gefährlich ist, ein Feind der USA zu sein, während es tödlich ist, ihr Freund zu sein.

Der Ukraine-Krieg wird enden, wenn die USA eine einfache Wahrheit anerkennen: Die Nato-Erweiterung um die Ukraine bedeutet ewigen Krieg und die Zerstörung dieses Landes. Die Neutralität der Ukraine hätte den Krieg vermeiden können und bleibt der Schlüssel zum Frieden.

Die tiefere Wahrheit ist, dass die europäische Sicherheit von der kollektiven Sicherheit abhängt, wie sie von der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gefordert wird, und nicht von einseitigen Nato-Forderungen.

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Nato will für den Fall eines Krieges mit Russland „militärischen Schengen-Raum“ schaffen

Die Nato will, dass sich Truppen und Ausrüstung ungehindert durch Europa bis an die Grenzen Russlands bewegen können.

Die Nato will, dass sich Truppen und Ausrüstung ungehindert durch Europa bis an die Grenzen Russlands bewegen können.© Rainer Weisflog/Imago

Der Leiter des in Deutschland ansässigen Nato-Logistikkommandos JSEC hat sich für die Schaffung eines „militärischen Schengen“-Raums in Europa ausgesprochen, um im Falle eines Krieges mit Russland die schnelle Verlegung von Truppen, Ausrüstung und Munition zu ermöglichen. Er warnte davor, dass die Bürokratie ein großes Hindernis werden könnte.

„Uns läuft die Zeit davon. Was wir in Friedenszeiten nicht schaffen, werden wir im Falle einer Krise oder eines Krieges nicht fertig bekommen“, sagte Generalleutnant Alexander Sollfrank in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit Reuters.

Seit dem Kalten Krieg hat sich die Nato um etwa 1.000 Kilometer nach Osten ausgedehnt, wodurch sich die Länge der Nato-Ostflanke auf insgesamt etwa 4.000 Kilometer vervielfacht hat, schreibt Reuters. „Die räumliche Ausdehnung und die Tatsache, dass nicht alle Streitkräfte an der Front stationiert sind, bedeuten, dass die Allianz ihre Truppen schnell von ihren Stützpunkten an den richtigen Ort an der Ostflanke verlegen muss“, so Sollfrank. „Auf dem Höhepunkt des Krieges in der Ukraine feuerte Russland 50.000 Artilleriegranaten pro Tag ab. Diese Geschosse müssen die Haubitzen erreichen. Also muss man Lagerhäuser einrichten – für Munition, Treibstoff, Ersatzteile und Proviant.“

Das Bündnis könne Sollfrank zufolge diese Herausforderung meistern, indem es ein „militärisches Schengen“ einrichtet, ein Gebiet, das dem politischen Schengen-Raum ähnelt, der die Freizügigkeit im größten Teil der EU ermöglicht.

Russland hat wiederholt davor gewarnt, dass sich die Nato de facto in den Ukraine-Konflikt eingemischt hat, indem sie unter anderem Kiew mit Waffen und Ausbildung versorgt hat. Das Nordatlantische Bündnis müsse sich auf die Möglichkeit eines Konflikts vorbereiten, so Sollfrank. „Wir müssen der Zeit voraus sein, wir müssen den Schauplatz vorbereiten, lange bevor Artikel 5 in Anspruch genommen wird“, sagte er gegenüber Reuters und bezog sich dabei auf die gemeinsame Verteidigungsklausel des Blocks.

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