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News aus Deutschland

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Experte: "unseriöser" Preis  

Biontech/Pfizer wollten 54 Euro für eine Dosis Impfstoff

Um ein Vielfaches teurer als ihre Mitbewerber haben Biontech/Pfizer der EU zunächst ihren Impfstoff angeboten. Die Unternehmen behaupteten außerdem, das Vakzin sei "komplett selbst finanziert" – was nicht stimmt.

Die Pharma-Unternehmen Biontech/Pfizer haben in den Verhandlungen mit der EU über die Lieferung des von ihnen entwickelten Corona-Impfstoffs zunächst einen extrem hohen Preis verlangt. Das haben Recherchen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR ergeben. Das Konsortium habe für seinen Impfstoff 54,08 Euro pro Dosis verlangt, bei einer Abnahme von 500 Millionen Dosen. Insgesamt macht das 27 Milliarden Euro. Mit 54,08 Euro wäre der Biontech-Impfstoff dem Bericht zufolge mehr als zwanzigmal so teuer gewesen wie eine Dosis jenes Impfstoffs, den Astra Zeneca gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hat.

500 Millionen Dosen hätten gereicht, um rund die Hälfte der Bevölerung der EU zu impfen. Der Preis, so Biontech/Pfizer dem Bericht zufolge, beinhalte „den höchsten prozentualen Rabatt“, der einem Industrieland weltweit angeboten worden sei.

Experte: "Unseriöses Profitstreben" 

Neben dem hohen Preis habe auch die Formulierung in dem Angebot an die EU für Verwirrung gesorgt, die Unternehmen hätten die Impfstoff-Entwicklung "komplett selbst finanziert", berichten NDR, WDR und "Süddeutsche" weiter. Zumindest die deutsche Firma Biontech habe seit ihrer Gründung Fördermittel in dreistelliger Millionenhöhe erhalten oder zugesagt bekommen. Im November einigten sich dem Bericht zufolge beide Seiten auf einen Preis von 15,50 Euro pro Dosis.

Der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf Dieter Ludwig, sagte dem Rechercheverbund, er bewerte die Forderung als „unseriös“. Darin zeige sich „Profitstreben, das in der jetzigen Situation der Pandemie in keiner Weise gerechtfertigt ist“. Biontech war für eine Stellungnahme zunächst nicht zu erreichen

 

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Streit über Corona-Strategie  

Der vorlaute Herr Spahn und die vorsichtige Frau Merkel

Jens Spahn wollte rasch kostenlose Schnelltests. Doch Angela Merkel bremste ihn aus. Wie tief geht der Konflikt? Und gefährdet er die Bekämpfung der Pandemie?

Es ist 13.07 Uhr an diesem Mittwochmittag, als Jens Spahn einen Wettlauf beginnt. Er absolviert ihn stehend, von der Regierungsbank des Bundestages aus.

Spahn muss seinen eigenen Worten hinterherlaufen. Er hatte selbstsicher angekündigt, dass es in Deutschland ab dem 1. März flächendeckend kostenlose Corona-Schnelltests geben solle.

Und was wird nun daraus? Spahn windet sich in der Regierungsbefragung und formuliert es so: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir Tag um Tag und Woche um Woche deutlich mehr Tests verfügbar haben werden."

Spahns Vorstoß war offenbar nicht abgesprochen 

Noch vor wenigen Tagen klang das ganz anders. Der 1. März als Starttermin galt als sicher, dafür gab es reichlich Lob, Jens Spahn stand als Macher da. Nachdem Österreich bereits seit Wochen Schnelltests für weite Teile der Bevölkerung anbietet, sollte Deutschland nachziehen. Endlich gerät etwas in Bewegung, so schien es.

Doch jetzt wird klar: Spahn stimmte seinen Vorstoß offenbar weder mit der Kanzlerin noch mit den Ministerpräsidenten ab. Über ihren Regierungssprecher ließ Merkel bereits vor der Regierungsbefragung am Mittwoch ausrichten, dass über die Teststrategie bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 3. März gesprochen werden solle.

Dann werde ein Plan gemacht. Zunächst müsse geklärt werden, so hieß es aus dem Kanzleramt weiter, ob überhaupt genügend Tests zur Verfügung stünden, ob die Kosten vertretbar seien. Spahn war düpiert, die Opposition spottete derweil über den "Ankündigungsminister".

Ein Mann, dem Schlagzeilen wichtig sind

Die Kanzlerin warnt in diesen Tagen vor einer beginnenden dritten Welle in der Pandemie. Klar wird auch: Es knirscht ausgerechnet in der Beziehung zwischen ihr und dem Gesundheitsminister. Die vielleicht wichtigsten Köpfe an der Regierungsspitze sind sich uneinig über die Art der Virus-Bekämpfung.

Es stellt sich also die Frage: Wie sehr belastet der Zwist das Corona-Management der Bundesregierung?

Dabei hat Spahn bislang auch aus Sicht der Kanzlerin oft einen guten Job gemacht. Man arbeitete eng und gut zusammen, noch Anfang Januar lobte die Kanzlerin ihren einstigen Widersacher öffentlich.

Doch in Wahrheit stehen die beiden Politiker für zwei grundsätzlich verschiedene Politikansätze. Jens Spahn ist ein Mann, dem Schlagzeilen wichtig sind. Das merkt man unter anderem daran, dass er beim Grundbuchamt erfragen ließ, welche Journalisten sich nach dem genauen Kaufpreis seines neuen Hauses erkundigten. Das öffentliche Bild zählt für ihn viel. Und gleichzeitig spürt er, dass die Corona-Stimmung schlechter wird. Auch deshalb versprach er die Schnelltests.

Wie viel Geduld kann man den Bürgern noch abverlangen?

Merkel liest auch lieber positive als negative Schlagzeilen über sich. Und sie beugt sich ebenfalls dem öffentlichen Druck, wie sich derzeit bei der Debatte über Öffnungen beobachten lässt.

Aber Merkel kann mit ihrem eher analytisch-kühlen Politikansatz eher damit leben, dass es in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit mal hoch und mal runter geht. Auch wägt Merkel lange ab und entscheidet spät. Immer erst dann, wenn sie alle Argumente vor sich auf dem Tisch hat. Das hat sich in der Corona-Pandemie oft bewährt. Die Frage ist allerdings, ob dieses Modell jetzt noch trägt.

Denn hinter dem Streit um die Schnelltests zwischen Merkel und Spahn steht eine grundsätzliche Frage, die in der Regierung diskutiert wird: Wie viel Geduld kann man in der Pandemie den Bürgern noch abverlangen? Die Stimmung in Deutschland könnte kippen, die Zustimmung für die Corona-Politik bröckelt.

Spahn wollte vorpreschen, die Kanzlerin dagegen hatte wohl Sorge, blamiert dazustehen. Was wäre gewesen, wenn plötzlich das Versprechen nicht einzulösen ist? In der Fraktion macht bereits ein Bild die Runde: Merkel, die Vorsichtige und Spahn, der Vorlaute.

Der Dissens zwischen beiden hat eine gewisse Tradition: Beim Parteitag 2017 sorgte Spahn dafür, dass die Doppelpassregelung nicht ausgeweitet wird. Merkel hatte sich das eigentlich gewünscht. Sie musste ihn trotzdem, wohl wider Willen, in ihr Kabinett holen. Spahn war zu mächtig geworden. Es war noch nie eine Liebesheirat, eher eine Zweckbeziehung.

Entmachtung auf stille Art in der Krise?

Und in der Fraktionssitzung in dieser Woche gab es das passende Bild dazu: Merkel ließ ihren Kanzleramtsminister das Infektionsgeschehen vortragen, die wesentlichen Aspekte der aktuellen Pandemie-Bekämpfung referierte Helge Braun. "Nach dem Vortrag durfte halt der Spahn dann auch noch was beisteuern", sagt ein Fraktionsmitglied. So etwas nennt man eine Machtdemonstration. Und manch einer in der Union vermutet deshalb: Nach dem Schnelltest-Vorstoß könnte Merkel ihren Gesundheitsminister in der Krise auf stille Art entmachten.

Darin hat die Kanzlerin bereits Erfahrung: Als in der Flüchtlingskrise 2015 Hunderttausende Menschen nach Deutschland kamen, war auf ihre Anordnung plötzlich nicht mehr der damalige Innenminister Thomas de Maizière zuständig. Sondern der Kanzleramtsminister, der damals Peter Altmaier hieß. So hatte Merkel direktere Kontrolle über das Geschehen.

Ob Jens Spahn wirklich das gleiche Schicksal wie Thomas de Maizière ereilt, ist noch offen. Eines dürfte aber Merkel und Spahn klar sein: Ihr Streit darf sich nicht auswachsen. Dass mitten in der Pandemie an der Regierungsspitze offen über den richtigen Kurs gestritten wird, würde nicht auf Anklang in der Bevölkerung stoßen.

Jemand aus der CDU-Spitze drückte es am Mittwochmittag so aus: "Die beiden

 

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Klagewelle gegen Lockdown: Wie der Einzelhandel die Wiedereröffnung erwirken will

 

Viele Händler sehen keinen Ausweg mehr, als gegen den Lockdown vor Gericht zu ziehen. Sie hoffen auf hohe Entschädigungssummen.

Die Zahl „Null“ sprechen Vertreter großer Handelsketten in diesen Tagen häufig mit großem Nachdruck aus. „Null“ Euro an Coronahilfen habe sein Unternehmen bislang erhalten, erklärte Timm Homann, Chef des Kleidungshändlers Ernstings Family und Vizepräsident des Handelsverbands Deutschland (HDE), am Donnerstag in der Bundespressekonferenz. „Auf null“ belaufe sich die Zahl der Coronahilfen auch bei der Kaufhauskette Breuninger, sagt ein Sprecher am Telefon.

Beide Einzelhändler sind zu groß, um – abgesehen vom Kurzarbeitergeld – staatliche Unterstützung zu erhalten. Dabei sind auch sie seit Wochen zum Schließen gezwungen. Doch es ist nicht nur diese „null“, die bei den beiden Einzelhändlern für Frust sorgt.

Am 3. März treffen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder erneut, um über den Umgang mit der Corona-Pandemie zu beraten. Das Trommeln der Branche für eine Wiedereröffnung der Geschäfte wurde zuletzt immer lauter. „Wir gehen fest von einer Wiederöffnung am 8. März aus“, sagte der Chef des Bekleidungsherstellers S.Oliver, Claus-Dietrich Lahrs. „Wir brauchen jetzt den Einstieg in den Ausstieg aus dem Lockdown“, forderte auch Stephan Genth, Hauptgeschäftsführer des HDE. Gemeinsam mit anderen Wirtschaftsverbänden und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erstellt er ein Konzept, das ein baldiges Ende des Lockdowns ermöglichen soll.

Klagewelle gegen den Lockdown

Viele Händler wollen sich damit aber nicht abfinden. Sie fühlen sich ungerecht behandelt. Schließlich dürfen bestimmte Geschäfte weiterhin öffnen, obwohl etwa Supermärkte weitaus voller sind als die meisten Einzelhändler es wären. Auch haben andere Branchen wie die Gastronomie im November und Dezember andere Coronahilfen bekommen. Und den Nachweis, dass das Infektionsrisiko im Einzelhandel höher ist, sehen sie auch nicht erbracht.

Die Zahl derer, die deshalb den Staat verklagen, wächst rasant. „Wir haben bislang eine dreistellige Anzahl von Eilanträgen auf Wiederöffnung und Entschädigungsklagen eingereicht“, sagt Klaus Nieding, Rechtsanwalt der Kanzlei Nieding und Barth, dem Tagesspiegel. Er geht davon aus, dass bald eine deutliche vierstellige Anzahl an Klagen auf seinem Schreibtisch liegen wird. „Das wird nach unserer Einschätzung definitiv die größte Klagewelle, die Deutschland je gesehen hat.“

Sofortige Öffnung oder Entschädigung?

Bei den Eilanträgen auf Wiedereröffnung sind „der rechtswidrige Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, der rechtswidrige Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit und die Freiheit der Person sowie ungerechtfertigte Ungleichbehandlung im wesentlichen gleicher Sachverhalte“, zählt Nieding auf.

Bei der Frage nach Entschädigungen muss jeder Betrieb individuell und ausführlich darlegen, welcher Schaden entstanden ist. „Wir setzen die Umsatzwerte in den von den Schließungen betroffenen Vorjahresmonaten abzüglich ersparter Aufwendungen an“, so Nieding. Im Unterschied zu Schadenersatz, wo die konkrete Schadenssumme ersetzt würde, liegt die Höhe der Zahlung im Erfolgsfall bei Entschädigungen im Ermessen des Gerichts.

„Unsere Mandanten haben noch nie den Staat verklagt, sehen aber aufgrund der dramatischen wirtschaftlichen Auswirkungen des DauerLockdowns keine andere Möglichkeit mehr“, berichtet Nieding. Es gehe um Familienunternehmen, teils in vierter Generation, die bereits viel Geld in Hygienemaßnahmen investiert hätten. „Da geht es oft um das Lebenswerk.“ Um die Entschädigungsklagen auch kleinen Firmen zu ermöglichen, steht Niedings Kanzlei in Gesprächen mit Prozessfinanzierern. Für die „erste Welle“, wie Nieding sagt, sind bereits eine Million Euro zugesagt worden.

"Wir raten dazu, in die höheren Instanzen zu gehen"

Er ist nicht der einzige Anwalt, der solche Klagen vorantreibt. Auch Nico Härting hält die entschädigungslosen Betriebsschließungen für verfassungswidrig. „Auch muss Paragraf 28a des Infektionsschutzgesetzes beachtet werden, der bei sinkenden Inzidenzen Öffnungsschritte vorschreibt“, so Härting.

Manche Maßnahmen seien zudem unverhältnismäßig. „Wenn Berliner Gastronomen jetzt Wodka in Flaschen verkaufen dürfen, aber nicht im Becher, ist das nicht nur „crazy“, sondern verstößt auch gegen das Willkürverbot.“ Wenn Baumärkte in einigen Bundesländern wieder öffnen dürfen, sei es außerdem gleichheitswidrig, dass Kaufhäuser oder Textilgeschäfte geschlossen bleiben müssen.

Bislang war laut Härting bundesweit allerdings noch keine Klage auf Entschädigung erfolgreich. „Wir raten aber dazu, in die höheren Instanzen zu gehen, und sind zuversichtlich, dass es eines Tages ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs oder des Bundesverfassungsgerichts geben wird“, meint Härting. „Führende Staatsrechtler wie Hans-Jürgen Papier sind der Auffassung, dass monatelange Betriebsschließungen eine Enteignung darstellen, die von Verfassungswegen zu entschädigen ist.“

Unternehmen tun sich zusammen

Unter den Klägern sind auch große Marken. So haben sich S.Oliver, Hugo Boss, Deichmann, Kik, Ernsting’s Family, Breuninger, P&C Düsseldorf, Thalia und Katag zusammengeschlossen, um juristisch gegen die Schließung vorzugehen. Sie alle erwirtschaften zu hohe Umsätze, um Coronahilfen zu erhalten. Der Eilantrag sei war abgelehnt worden, heißt es auch von Breuninger. Es sei aber signalisiert worden, dass der Fall im Hauptverfahren – das allerdings 12 bis 18 Monaten dauert – anders aussehen könnte.

Über 170 Firmen haben sich zudem der Initiative „Handeln für den Handel“ angeschlossen, um eine baldige Öffnung zu erreichen. „Wir stützen uns auf die Gleichstellung mit Friseur-Betrieben, sowie auch mit Blumengeschäften, Baumärkten oder Gartencentern, die ab März in vielen Teilen Deutschlands unter Einhaltung bestimmter Regularien wieder öffnen dürfen“, heißt es dazu von dem Modeunternehmen Riani. „Auch die Bekanntgabe der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) zu einer Öffnung mit strenger Terminvergabe wäre ein erster Ansatz und eine Perspektive für den Einzelhandel.“

Viele Händler von der Pleite bedroht

In der Tat schätzen die Händler ihre Situation katastrophal ein. Laut einer HDE-Umfrage gehen 67 Prozent der Händler im Bereich Schuh- und Lederwaren davon aus, ihr Geschäft ohne weitere Hilfen in diesem Jahr schließen zu müssen. Im Bereich Mode liegt der Wert bei 64, im Spielwarensegment bei 50 Prozent. Bei drei Vierteln der Händler reichten die aktuellen Hilfsmaßnahmen nicht zur Existenzsicherung aus. Im Schnitt habe der Handel im vergangenen Jahr rund 11.000 Euro pro Betrieb an Coronahilfen erhalten.

Ob die Wiedereröffnung aber die hohen Erwartungen erfüllt, wird von einigen Experten bezweifelt. "Ich erwarte keinen Run auf die Geschäfte", sagt etwa Werner Reinartz, Professor an der Universität zu Köln und Direktor am Institut für Handelsforschung. Viele Konsumenten seien noch sehr vorsichtig, zudem gebe es die Problematik einer möglichen dritten Welle. "Viele Kunden haben sich auch an den Online-Kanal gewöhnt. Insbesondere Neu-Onlinekäufer", gibt er weiter zu bedenken. Hilfreich für den Handel wäre aus seiner Sicht ein digitaler Impfpass, die Gleichbehandlung von Geschäften und Warengruppen sowie eine regionale Anpassung der Einschränkung mit Blick auf das jeweilige Infektionsgeschehen.

Insgesamt hat die Politik im Handel allerdings viel Vertrauen verspielt. Die Hoffnung auf rationale Maßnahmen hat HDE-Vizepräsident Homann jedenfalls aufgegeben. „Es geht offensichtlich allein darum, den Bürgern das Verlassen der eigenen vier Wände so unattraktiv wie möglich zu machen“, sagte er in dieser Woche und fügte an: „In welchem Land leben wir denn, dass die Regierung entscheiden darf, wer bei gleichem individuellen Verhalten kaputt geht und wer prosperieren darf?“

Von Merkel und Co wird ein enormer, noch nicht bezifferbarer Schaden in Milliardenhöhe unnötig verursacht. Die Deutsche Politik so unterirdisch wie nie. Die Regierung will nicht, die Opposition kann nicht

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Machtkampf in der Regierung: Jens Spahn könnte als Bauernopfer enden

 

Die SPD will gewinnen. Markus Söder auch. Der Gesundheitsminister kommt beiden als Mittel zum Zweck gerade recht.

Thomas Kutschaty ist im Grunde denkbar ungeeignet, um über Jens Spahn zu richten. Der Oppositionsführer im Düsseldorfer Landtag will neuer SPD-Spitzenmann in NRW werden, und auch sonst hat Kutschaty jede Menge eigennützige Motive, den Bundesgesundheitsminister zum Totalversager zu erklären.

„Spahn ist mit seinem Job überfordert“, schimpft der Sozialdemokrat im „Spiegel“. In einer Krise wie dieser sei Vertrauen gefragt, und das habe der CDU-Mann verspielt. Kurz, er sei zur Belastung geworden und gehöre entlassen.

Die wilde Attacke wäre, wie gesagt, nicht weiter beachtlich, gäbe es nicht unter Spahns Parteifreunden etliche, die sich inzwischen schwer damit tun, den eigenen Minister zu verteidigen. Selbst einstige Fans, die ihn am liebsten schon auf dem Weg zur Kanzlerschaft gesehen hätten, stöhnen neuerdings vernehmlich.

Denn Spahn ist im politischen Spiel so etwas wie der Bauer auf dem Schachbrett geworden. Würde es gut laufen, könnte er durchmarschieren und sich in die stärkste Figur auf dem Feld, die Dame, verwandeln. Aber die Gefahr wächst, als Bauernopfer zu enden.

Auf dem Weg zum Bauernopfer

Allein der Umstand, dass CDU-Chef Armin Laschet ebenso wie CSU-Chef Markus Söder nach dem Wahldesaster im Südwesten versicherten, eine Kabinettsumbildung brauche es nicht, zeigt den Druck an. Spahn steht für fast alles, was in der Pandemie-Politik schief ging, inklusive allem, wofür er gar nichts kann.

Aber Bürger scheren sich nicht um föderale Zuständigkeiten. So wie Spahn anfangs alles Lob und alle Umfragen für das gute erste Corona-Halbjahr kassierte, hängt ihm nun auch jedes Chaos in Impfzentren oder Termin-Warteschleifen nach.

Die Sozialdemokraten und speziell ihre Landesfürsten haben den Schwachpunkt erkannt und nutzen ihn, auch, um möglichst unauffällig eigenes Versagen in Berlin abzuladen.

Zugleich wird Spahn zusehends zur Spielfigur in den unionsinternen Machtkämpfen. CDU-Generalsekretär Markus Blume ritt eine Woche vor dem Wahlsonntag eine Generalattacke, gegen die Kutschatys Angriff vergleichsweise sogar zahm wirkt.

„Leider sehen wir auch hier wieder: Es wurde zu spät, zu langsam, zu wenig bestellt“, kanzelte Blume „das Gesundheitsministerium“ in Sachen Schnelltests ab. Besonders perfide war das „wieder“. Dass es ohne den Segen seines Chefs in das Interview kam, ist ausgeschlossen.

In der CDU kam das als grobes Foul an. CDU-Chef Armin Laschet beschwerte sich nach dem Wahldesaster im CDU-Vorstand, es mache keinen Sinn, die eigenen Leute anzuzählen; er habe das Markus Söder auch gesagt.

Aber da hatte sich der Bayer schon Stunden vorher auf die Fortsetzung des Bashings mit indirekten Mitteln verlegt: Eine „hektische Kabinettsumbildung“ bringe nichts, die Union brauche aber jetzt ein Team junger Politiker, das für Zukunft stehe.

Im Polit-Schach gelten eigene Regeln

Für Laschet ist doppelt misslich, dass es sein einstiger Teampartner im Kampf um den CDU-Vorsitz ist, den jetzt seine unterschiedlichen Widersacher mit vereinten Kräften anschießen. Dass Spahn sich mit seinem Spenden-Diner mitten im Lockdown selbst als ebenso leichtfertig wie instinktlos erwies, macht es noch schwerer, zu ihm zu stehen.

Laschet bleibt aber nichts anderes übrig. Der Minister habe den schwersten Job in der Pandemie überhaupt, warb der CDU-Chef am Montagabend im ZDF für Verständnis. Er wehre sich dagegen, einem Einzelnen die Schuld zu geben – wenngleich die Regierung besser werden müsse, und, nun ja: „Es ist sehr vieles auch falsch gelaufen, auch im Gesundheitsministerium.“

Da hatte Spahn gerade die Astrazeneca-Impfung gestoppt. Fast mitleidig analysiert ein Unionsmann, der Minister könne es derzeit nur falsch machen: entweder werde ihm vorgeworfen, wegen einer superseltenen Nebenwirkung Panik zu verbreiten, oder „Bild“ titele „Minister ignoriert Wissenschaft!“

Dem SPD-Kandidaten Olaf Scholz und dem CSU-Kandidatenkandidaten Söder soll das Dilemma recht sein. Denn im Polit-Schach gibt es eine ebenso simple wie effektive Regel: Man kann einen Gegner matt setzen, indem man seinen Bauern schlägt.

 

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Kramp-Karrenbauers Fünf-Milliarden-Euro-Irrtum

 

Eigentlich schien der Rechtsstreit mit dem US-Rüstungskonzern Lockheed Martin für das Verteidigungsministerium glimpflich ausgegangen zu sein. Die Vergabekammer des Bundeskartellamts hatte vor zwei Wochen entschieden, dass die Bundeswehr einen 2019 eingeleiteten Bieterwettbewerb zur Lieferung von Schwerlasthubschraubern im September 2020 stoppen durfte. Der Abbruch sei wirksam gewesen, so die Kammer, das Verfahren müsse nicht fortgesetzt werden.

Die Freude der Ministeriumsjuristen währte allerdings nur kurz. Denn bei genauer Lektüre der Urteilsgründe fiel auf: Die Entscheidung war in Wahrheit eine juristische Ohrfeige für das Beschaffungsamt der Bundeswehr.

Denn die Richter stellten gleichzeitig fest, dass die Aufhebung rechtswidrig war, weil „die durch die Bundeswehr vorgenommene Schätzung der Beschaffungskosten für die Hubschrauber, die Grundlage für die Beantragung der Haushaltsmittel …, nicht nachvollziehbar dokumentiert war“.

Das Verteidigungsministerium hatte mit maximal 5,6 Milliarden Euro für 44 bis 60 Hubschrauber kalkuliert und die Summe beim Bundestag beantragt. Die Angebote der beiden Teilnehmer an der Ausschreibung, Lockheed Martin und Boeing, waren am Ende aber ungefähr doppelt so hoch. Mit Verweis auf die hohen Preise und vermeintliche Unwirtschaftlichkeit stieg das Ministerium deshalb aus – und ließ die US-Firmen auf zweistelligen Millionenkosten für ihre Angebote in diesem laut Vergabekammer „äußerst komplexen und langen Verhandlungsverfahren“ sitzen.

Grundsätzlich ist so ein Vorgehen möglich. Voraussetzung ist allerdings, dass der öffentliche Auftraggeber nachweisen kann, „dass auch das wirtschaftlichste Angebot erheblich über dem Preis liegt, der nach einer ordnungsgemäßen Schätzung des Auftragswerts ermittelt worden ist“, so die Vergabekammer. „Die Kostenschätzung muss methodisch vertretbar erfolgt sein und die zu erwartenden Kosten nachvollziehbar und umfassend widerspiegeln.“

Genau das aber hat das Beschaffungsamt versäumt. Es hat sich um schlappe fünf Milliarden verschätzt – und vermochte vor den Richtern nicht zu erläutern, wie das passieren konnte. Den „Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kostenschätzung“ sei nicht genügt worden, heißt es in den Entscheidungsgründen, die vorgelegten Ergebnisse seien nicht vertretbar.

So hat die Bundeswehr offenbar im Wesentlichen mit den Kosten für die Basismodelle der Hubschrauber kalkuliert, gleichzeitig aber einen 1900 Seiten umfassenden Forderungskatalog mit vielen Sonderausstattungswünschen aufgestellt.

Außerdem sollte laut einer Vorgabe des Bundestags die deutsche Industrie nicht nur die Wartung der US-Maschinen übernehmen, sondern den Hubschrauber auch weiterentwickeln dürfen. Dazu muss man die (teuren) Rechte am geistigen Eigentum erwerben. „Gerade in Bezug auf die Leistungsbestandteile, die von dem US-Modell beider Anbieter abweichen“, so die Richter, habe die Amtsseite „keine näher begründete und nachgewiesene Datengrundlage“ geliefert. Genau diese Kosten aber seien laut der Hersteller ausschlaggebend für die hohen Preise gewesen.

Auf der Grundlage dieser Entscheidung hätte Lockheed Martin, das vor der Vergabekammer geklagt hatte, nun gute Aussichten, Schadenersatz zu fordern. Damit will sich der US-Konzern aber nicht zufriedengeben, er zieht in die nächste Instanz. „Nachdem die Vergabekammer des Bundes die Aufhebung des Vergabeverfahrens für rechtswidrig erklärt hat, möchten wir mit der sofortigen Beschwerde beim Oberlandesgericht die Wiederaufnahme des Verfahrens erreichen“, sagte der Vize-Chef Europa.

Es gehe seiner Firma darum, dass „der Auftrag für den schweren Transporthubschrauber der Bundeswehr in einem fairen, transparenten und diskriminierungsfreien Prozess vergeben wird“. Mit anderen Worten: Bislang findet das Unternehmen den Vergabeprozess unfair, intransparent und diskriminierend.

Auch das Verteidigungsministerium hat mittlerweile die Tragweite der Vergabekammer-Entscheidung erkannt – und reichte deshalb wie Lockheed Martin am vorigen Freitag, dem letztmöglichen Termin, Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf ein.

Zwar habe die Vergabekammer die Wirksamkeit der Aufhebungsentscheidung des Bundes bestätigt und damit der Fortsetzung des Vergabeverfahrens eine Absage erteilt, sagte eine Ministeriumssprecherin auf WELT-Anfrage. Gleichzeitig sei jedoch die Rechtswidrigkeit der Aufhebung festgestellt worden: „Die Begründung der Vergabekammer hierzu wird amtsseitig nicht geteilt. Daher wurde sofortige Beschwerde eingereicht.“

Damit freilich hat Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein Problem. Die Bundeswehr benötigt dringend neue Schwerlasthubschrauber, derzeit stehen nur noch Oldtimer zur Verfügung, deren Weiterbetrieb so aufwendig wie teuer ist. Mangels anderer Anbieter ist es weiterhin der Plan der Ministerin, entweder die CH-53K des Herstellers Sikorsky, der zu Lockheed Martin gehört, oder die CH-47F von Boeing zu erwerben – allerdings nicht mehr bei den Unternehmen direkt, sondern in Form eines Regierungsgeschäfts bei der US-Administration.

Nur die Basismodelle sind zu bekommen

Washington hat die Angebotsdaten bereits übermittelt. Die Frage ist nur, ob das Ministerium trotz des andauernden Rechtsstreits einen Vertrag schließen kann. Theoretisch möglich wäre das, praktisch würde man sich über eine ausstehende Entscheidung der Justiz hinwegsetzen. Und man darf auch gespannt sein, wie hoch die Kosten sein werden.

Denn bei einem Regierungsgeschäft sind nur die Basismodelle zu bekommen, Sonderausstattungen und Entwicklungsrechte müssten wiederum gesondert mit den Unternehmen ausgehandelt werden. Es kann jedenfalls nicht verwundern, wenn eine Firma sich ob dieses erratischen Vorgehens nun fragt, was die ganze Ausschreibung überhaupt sollte – und ob sie von einem deutschen Ministerium an der Nase herumgeführt wurde.

Das kann passieren, wenn man vor lauter Quoten nicht nach der Qualifizierung der Ministerin schaut!

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Streit um Kanzlerfrage: CDU ist "angefressen" wegen Söder

Der bayerische Ministerpräsident zögert die Entscheidung um die Kanzlerkandidatur hinaus und kritisiert nach der Wahlniederlage Spitzenkräfte der CDU. Die zeigt sich jetzt genervt.

An der Spitze der CDU wächst der Ärger über den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU). "Man ist überhaupt nicht begeistert", zitiert die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" (FAS) anonyme Personen aus dem CDU-Führungsgremium. Und man sei "eher angefressen".

Der Grund: Nach der Wahlniederlage der CDU in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz stichelte Söder immer wieder gegen die CDU. Besonders in der Kritik steht demnach eine Aussage von ihm: "Wer führen will und wer den Anspruch einer Nummer eins hat, der muss auch diesen Anspruch durch seine Arbeit rechtfertigen."

Das wertet die CDU-Führung kurz nach den Landtagswahlen als Angriff auf NRW-Ministerpräsident und CDU-Chef Armin Laschet. "Wenn du weißt, die große Schwester ist so den Bach runtergegangen, dann machst du nicht das, was da am Montag gemacht worden ist", kritisiert eine Führungskraft der CDU gegenüber der FAS.

Söder aber legte an diesem Wochenende im FAS-Interview erneut nach – dieses Mal mit Kritik an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Ob er Altmaier eine Mitschuld an den Niederlagen bei der Landtagswahl gebe? Die Niederlagen seien nicht bloß auf lokale Gründe zurückzuführen, so Söder. "Viele Menschen sind einfach enttäuscht, dass das Impfen zu lange dauert, Tests nicht ausreichend zur Verfügung stehen und die Wirtschaftshilfen zu spät kommen." Das sei "leider Fakt".

Streit um Termin für Kandidaten-Kür

Der Zwist wird in einer kritischen Phase öffentlich: Gerade steht die Union wegen Korruptionsvorwürfen gegen mehrere Abgeordnete massiv in der Kritik. Bisher haben CDU und CSU außerdem noch keinen Kanzlerkandidaten ernannt. Laschet erhebt Anspruch auf die Kandidatur. Söder aber hat noch nicht definitiv ausgeschlossen, dass auch er ihn erheben könnte.

Laschet forderte jüngst eine Entscheidung noch im April, Söder erteilte eine Absage: Er will am ursprünglich vereinbarten Termin "zwischen Ostern und Pfingsten" festhalten. Eine Entscheidung wäre demnach bis zum 23. Mai noch möglich.

Diese Lage sorgt für Spannungen in der CDU – zumal Söder sich offensichtlich sehr konkrete Gedanken um den Bundestagswahlkampf macht. Wie die FAS weiter berichtet, habe Söder in einer Spitzenrunde mit den Fraktionschefs und Kanzlerin Merkel vorgeschlagen, "um das Kabinett" herum im Wahlkampf "Teams für die Zukunft" zu bilden. Ein weiterer Affront für manchen in der CDU, da Söder die Idee zuvor nicht abgesprochen habe. "Keiner wusste von diesem Team Zukunft."

 

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Wenn nur noch der harte Lockdown bleibt : Bund und Länder versagen auf ganzer Linie

 

Der harte Oster-Lockdown wäre nicht alternativlos – würde die Politik bei den Alternativen nicht so versagen. So aber bleibt nur eine Konsequenz. Ein Kommentar.

Stundenlange Verhandlungen, Unterbrechungen und müde Augen – die lange Nacht der Ministerpräsident:innen-Konferenz hat sich die Politik am Ende selbst eingebrockt. Seit Monaten gibt es keine einheitliche Linie, sondern nur die Einzelinteressen der Bundesländer.

Man fragt sich, wie man eine europäische Solidargemeinschaft hinbekommen will, wenn man es nicht einmal innerhalb Deutschlands richtig schafft. Da ist den Nordländern die eigene Inzidenz näher als die Gesamtsituation zum Beispiel auf Deutschlands Intensivstationen.

Das Bild, das die Politik aktuell abgibt, ist verheerend. Was jetzt herausgekommen ist, ist das Ergebnis des Versagens. Nicht bei der Frage, ob man nun Campingurlaub machen kann oder nicht. Es ist das Versagen der vergangenen Monate. Außer Ankündigungen auf den zentralen Feldern ist nicht viel passiert.

Die Impfquote steigt nur im Schneckentempo. Das hat natürlich die Bundesregierung zu verantworten, die die große (Nicht-)Strategie aufgesetzt hat, aber auch die Länder mit einem in Teilen sehr intransparenten Impfmanagement. Es gibt keinerlei Digitalisierungslösungen bei der Kontaktverfolgung und auch die Tests bleiben nur ein Versprechen.

Kein Familienbesuch, aber in Rostock ins Fußballstadion

Dazu kommt eine wilde Öffnungsdebatte, die völlig an der realen Situation vorbeigeht. Natürlich ist es richtig, Pilotprojekte anzustoßen für Öffnungen. Aber wenn der Subtext ist "Wir machen jetzt auf, egal wie", konterkariert das alles.

Und kein Mensch versteht, warum man die Familie nicht besuchen darf, ein Fußballspiel aber schon. So wie es im Herbst ein Fehler vor allem des Bundes war, nur halbherzig zuzumachen, war es ein Fehler vor allem der Länder, Ende Februar wieder zu öffnen. Da wurde der fatale Eindruck vermittelt, das Schlimmste sei überstanden.

Die verschärften Regeln sind sicher nicht alternativlos. Aber weil es bei den Alternativen Impfen, Testen und digitale Konzepte zur Kontaktnachverfolgung seit Monaten keinerlei Erfolge gibt, bleibt aktuell nichts anderes als ein harter Lockdown ohne große Osterbesuche, Urlaube und Shoppingmöglichkeiten.

Wenn sich die Politik in ihrem Schlingerkurs treu bleibt, folgt ab heute die Debatte, wer abweicht vom Beschluss und welches Bundesland seinen eigenen Weg geht. Das wird nur weiter zur Verwirrung und zur Frustration beitragen. Oder wie Bodo Ramelow es dann wahrscheinlich wieder ausdrücken würde: „Ä“.

Was es jetzt braucht, ist wenigstens Verlässlichkeit. Mit einem kurzen harten Oster-Lockdown wird es allein nicht getan sein. Zumal völlig unklar ist, was es bringen soll, letztlich einen Tag die Supermärkte zu schließen. Statt wenige Tage sollte es jetzt mal für ein paar Wochen Klarheit geben. Stattdessen jetzt wieder ein Kompromiss, der Einzelinteressen widerspiegelt, aber kein Bild ergibt.

Es regiert das Prinzip Hoffnung

Die dritte Welle droht durch die Mutante größer und ansteckender und damit auch gefährlicher zu werden. Aber auf vielen Feldern regiert weiterhin das Prinzip Hoffnung – zum Beispiel bei Schulen und Kitas, die offen bleiben sollen, weil das angeblich die Eltern so wollen.

Woher aber der Eindruck kommt, dass es hier eine einheitliche Linie unter Eltern gäbe, ist fraglich. Die Elternschaft ist hier sicher genauso gespalten wie das Land. Und die Politik arbeitet weiter daran, Vertrauen in großem Maß zu verspielen.

Die Pandemie macht müde, nicht nur wegen der langen MPK-Nächte. Statt sich in zwei Wochen wieder die Nacht über der Frage um die Ohren zu schlagen, ob man nun Campingurlaub machen könne, sollte es endlich einen gemeinsamen Kraftakt zum Impfen geben: bürokratielos und mit kreativen Ideen. Nur darum darf es jetzt gehen, um endlich Alternativen zum Abschotten zu haben. Damit könnte Merkel auf ihrer Abschiedstour noch einmal richtig punkten.

Wenn man nur noch auf Virologen hört, welche keinerlei politisches- und wirtschaftliches Verständnis haben, kann es nicht funktionieren.

Die Stadt Tübingen macht zum Beispiel mit seiner Studie den richtigen Schritt. Leider viel zu spät!

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Bananenrepublik Deutschland

Wir drehen uns im Kreis

In einem engen Gehege lebt es sich nicht gut. Man tigert im Kreis, wird gallig und gereizt, die Welt draußen ist weit weg. So fühlt sich das Leben derzeit an: wie in einem Gehege. Wir drehen uns von morgens bis abends im Kreis, ärgern uns über unlogische Vorschriften und kriegen kaum noch mit, was im Rest der Welt geschieht. Wir starren auf Politiker wie Schafe auf die Hütehunde, die ihre Herde heute zusammentreiben und morgen wieder auseinanderlaufen lassen. So trotten wir im Lockdown-Lockerungs-Lockdown-Teufelskreis umher und verstehen schon lange nicht mehr, was das alles soll; so wächst die Ratlosigkeit zum Groll und der Frust bei vielen zur Wut. Nun sollen wir also über Ostern brav im Heimgehege bleiben und darauf hoffen, dass wir so dem bösen Viruswolf entkommen, zum Trost gibt’s ein paar Schnapseier vor der Flimmerscheibe. Na, wohl bekomm’s.

Während die Republik darüber rätselt, was die Kanzlerin wohl meinte, als sie den Gründonnerstag zum "Ruhetag" adelte (Feiertag oder Homeoffice?), während wir uns fragen, ob der Kanzleramtsminister wirklich glaubt, dass ein fünftägiger Jetzt-aber-echt-mal-Lockdown genügt, um die Corona-Zahlen zu senken, während Wohnwagen- und Ferienhausbesitzer überlegen, warum sie nicht dürfen, was die Malle-Urlauber dürfen, während Unternehmer die Vorschriften ihrer Landesregierung zu verstehen versuchen, während wir also alle weiter im Nebel umhertappen, drängt sich ein Verdacht auf: Das alles trägt nicht gerade zur Glaubwürdigkeit der demokratischen Prozesse bei, selten zuvor dürfte die Politikverdrossenheit so schnell gewachsen sein wie in diesem kalten Frühjahr des Jahres 2021.

Wir drehen uns im Kreis, wir sind der Corona-Mutation ausgeliefert, wir kennen die Waffen gegen seine Zerstörungswut, aber wir haben viel zu wenige in der Hand. Wer versucht, für sich selbst oder für einen Verwandten einen Impftermin zu ergattern, braucht nicht nur Glück und Geschick, sondern auch sehr, sehr gute Nerven: Start der Terminvergabe zum Beispiel um 16 Uhr, SOFORT anrufen – und zack: 20 Sekunden später ist man nur die Nummer 16.762 auf der Warteliste. All die verzweifelten Senioren, die sich nicht mehr aus dem Haus trauen, die ihre Lieben seit Monaten entbehren, die endlich an der Reihe für den Goldstoff von Biontech, Moderna, Johnson oder Astrazeneca sind, aber Mal um Mal an der Bürokratie oder der Technik scheitern, wer hilft denen, wer hält ihre Hand? Wer tröstet die Angehörigen, wenn sich so eine 75-Jährige das Virus vor der Impfung doch noch einfängt und daran zugrunde geht, Intensivstation, Lungenmaschine, Exitus? Wer erklärt ihnen, dass gleichzeitig in den Lagerhäusern Impfpakete verstauben, dass Zigtausende Dosen aus der EU ins ohnehin gut versorgte Großbritannien exportiert werden, dass dies alles auch das Ergebnis einer überforderten Politik ist? Man kann in diesen Märztagen gelegentlich ins Zweifeln kommen, ob Deutschland wirklich noch ein führendes Industrieland ist. Manchmal fühlt es sich an wie eine Bananenrepublik: schlecht gemanagt, schlecht versorgt, auf dem absteigenden Ast.

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Aber wo es einen Weg nach unten gibt, da gibt es auch einen nach oben – wenn man starke Helfer hat. Die Europäische Union hat bei der Organisation der Impfkampagne bisher keine gute Figur gemacht, doch nun beginnt sie, die Interessen ihrer Mitgliedsstaaten vehementer zu verteidigen. Obwohl überall Impfstoff fehlt, wurden seit Anfang Februar mehr als 40 Millionen Dosen aus der EU exportiert – allein 10 Millionen nach Großbritannien, wo die Lage doch ohnehin besser ist. Es mehren sich die Zeichen, dass der britisch-schwedische Pharmakonzern Astrazeneca unter "Gleichbehandlung" seiner Kunden etwas anderes versteht als seine Vertragspartner: Zwar schickt er in Holland produzierten Stoff nach England, aber umgekehrt kommen vertraglich vereinbarte Dosen aus britischen Fabriken nicht in die EU.

Das will die EU-Kommission nicht mehr hinnehmen. "Ich kann europäischen Bürgern nicht erklären, warum wir Millionen Impfstoffdosen in Länder exportieren, die selbst Impfstoff produzieren – und von denen nichts zurückkommt", wettert Ursula von der Leyen und droht Astrazeneca mit einem Exportverbot. Schon auf dem morgen beginnenden EU-Gipfel könnte es beschlossen werden. Die Drohung zeigt Wirkung: Premierminister Boris Johnson dreht eilig bei und will bei Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron dafür werben, die Ausfuhr nicht zu blockieren. Schließlich hat er seinen Landsleuten versprochen, dass sie bald frisch geimpft den Sommer ihres Lebens feiern können. Wenn also Frau Merkel und Herr Macron klug sind, und davon dürfen wir ausgehen, kommen sie dem Mann aus London entgegen – aber nur unter einer Bedingung: Dass er ebenfalls Druck auf Astrazeneca macht, alle Vertragspartner wirklich gleich zu behandeln. Dann sollten auch hierzulande schon bald mehr Impfdosen ankommen.

Merke: Mit vereinten Kräften ist man stärker als allein. Und kommt den Ast auch wieder hoch.

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Es wird noch teurer

Nicht nur der jüngste Lockdown-Beschluss verdient Kritik, sondern auch sein Zustandekommen: Wenn Politiker sich die Nächte um die Ohren schlagen, bis sie irgendwann übermüdet einen Kompromiss gebären, muss man sich nicht wundern, wenn der mehr schlecht als recht ausfällt. Das Krisenmanagement braucht dringend einen neuen Modus. Vielleicht sagt Frau Merkel ja etwas dazu, wenn sie sich heute im Bundestag der Regierungsbefragung durch die Abgeordneten stellt.

Was beim Verdruss über das Corona-Management in den Hintergrund gerät, sind die enormen Kosten der Pandemie. Je länger die Krise dauert, desto mehr Geld muss sich der Finanzminister borgen. Heute will Olaf Scholz einen weiteren Nachtragshaushalt ins Bundeskabinett einbringen: Er braucht noch mal gut 60 Milliarden Euro mehr als bisher geplant, um die Kosten des längeren Lockdowns zu decken. Somit erhöht sich die Schuldenaufnahme in diesem Jahr auf den Rekordwert von 240 Milliarden Euro. Auch fürs kommende Jahr plant der SPD-Kanzlerkandidat eine Neuverschuldung von 81,5 Milliarden. Erst ab 2023 soll die Schuldenbremse wieder gelten. Dabei können die 50 Milliarden Euro helfen, die zur Bewältigung der Flüchtlingskrise zurückgelegt, aber nie angezapft wurden – doch selbst damit bleibt eine Lücke. Ob sie durch ein Sparprogramm oder Steuererhöhungen geschlossen wird, muss der nächste Finanzminister entscheiden. Nach der Bundestagswahl.

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Herr der Zahlen

Nach dem Wirecard-Skandal braucht die deutsche Finanzaufsicht einen neuen Chef: Am Montag wurde Mark Branson als Nachfolger des gescheiterten Felix Hufeld präsentiert, heute stellt er sich einer Fragestunde im Finanzausschuss des Bundestags. Der 52-Jährige soll die ramponierte Bafin reparieren. Gute Voraussetzungen bringt er mit: Als bisheriger Chef der Schweizer Marktaufsicht kennt sich der Mathematiker bestens in den Labyrinthen der internationalen Finanzmärkte aus.

Zitat

 

Oster-Lockdown sorgt für Aufruhr: Nur Kanzlerin Merkel kann die Wutwelle jetzt noch stoppen

 

Die größte Zumutung der deutschen Anti-Corona-Politik besteht darin, sie aushalten zu müssen. Nichts klappt. Angela Merkel muss sich erklären. Ein Kommentar.

Mehr Empörung war nie. Von links bis rechts, liberal bis dirigistisch sind Herzen vor Wut in Wallung geraten, seitdem die Ergebnisse der Runde der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel bekannt sind. Die Vorwürfe reichen von halbherzig bis anmaßend, zu lax bis zu hart, zu spät bis zu unnütz.

Da ist ein Ministerpräsident, der aus den Verhandlungen heraus einen Großbuchstaben in langer Reihe twittert, ein Gesundheitsminister, der einen Schokoriegel im Mund hat, eine Bundeskanzlerin, die betonen muss: „Ich persönlich gehöre ja nicht zu den Mallorca-Fahrern.“ Man fasst es nicht und glaubt es kaum. Die an Absurditäten ohnehin nicht arme deutsche Anti-Corona-Politik liefert täglich neue Possen.

Nun herrscht Leere in einigen Impfzentren, weil die Skepsis gegenüber dem Astrazeneca-Impfstoff groß wurde. Nun ist jetzt schon absehbar, dass in Lebensmittelläden am Karsamstag das Einkaufschaos herrschen wird. Nun dämmert es auch den letzten Gläubigen, dass die Corona-Warn-App ein riesiger Flop war.

Nun ist unklar, ob Oster-Gottesdienste in Präsenz stattfinden dürfen, weil ja nur die Bitte an die Religionsgemeinschaften ergangen ist, dass sie es nicht tun sollen. Nun hat sich abermals die Verwirrung gesteigert, wer wann und wo einen kostenlosen Schnelltest machen kann.

Der Föderalismus erweist sich als Hemmnis

Nichts klappt, gar nichts! Erbarmungslos hat die Krise viele Schwachstellen unseres politischen Systems offengelegt. Starke Nationalstaaten wie die USA, Großbritannien und Israel haben sich früh und in ausreichender Menge Impfstoffe gesichert. Deutschland legte diese existenzielle Aufgabe in die Hände Brüssels – das Ergebnis ist bekannt.

Wäre die EU eine funktionierende Demokratie müssten die Vorgänge, die zu der Blamage geführt haben, gründlich untersucht werden und personelle Konsequenzen haben.

Und sonst? Der ausgeprägte Föderalismus erweist sich in der Pandemie als Hemmnis. Im digitalen Bereich hinkt das Land den Minimalstandards einer modernen Industrienation erschreckend weit hinterher. Machtworte sind nach 16 Jahren Merkel-Regierung unüblich geworden.

Dass Abgeordnete sich durch Maskendeals persönlich bereichern, wäre in normalen Zeiten ein Skandal, dessen Beben bis hin zu vorgezogenen Neuwahlen führen könnten. Stattdessen liegt eine dicke, fast undurchdringliche Schicht Mehltau über der großen Koalition.

Doch wohin mit der Wut?

Die Versuchung liegt nahe, sie in irgendeiner Form auszuleben. In der griechischen Affektenlehre gilt der Zorn als eine „Leidenschaft der Seele“. Der Mensch reagiert mit seinem Verhalten auf eine Kränkung, heißt es bei Aristoteles im 2. Buch der Rhetorik. Der Zornige zielt auf Rache oder Strafe. Im Unterschied zur Furcht oder Hoffnung treibt der Zorn den Menschen zur Aktivität. Unterdrückter Zorn kann auf lange Sicht einen Wutstau bewirken, der sich dann eruptiv entlädt.

Die Kanzlerin als Empörungs-Blitzableiter

Die größte Zumutung der deutschen Anti-Corona-Politik besteht folglich darin, sie aushalten zu müssen. Der Weg in die Rebellion oder Ignoranz ist vernünftigen Bürgern versperrt. Die „Querdenker“ sind ein abschreckendes Beispiel.

Sich den Auflagen zu verweigern, wäre eine unverantwortbare Trotzreaktion. Die Einsicht in die Notwendigkeit der Maßnahmen selbst sowie in die Notwendigkeit, dass die Gesellschaft diese Maßnahmen gemeinsam befolgt, verbietet den Aufstand.

Das aber heißt, dass sich die Wut langsam auch in ohnmächtige Wut verwandelt, was die Sache nicht besser macht. Denn das Gefühl ohnmächtiger Wut, wenn es Massen ergreift, ist gefährlich. Ihr entgegenwirken lässt sich nur im öffentlichen Gespräch. Durch erklären, begründen, analysieren und womöglich durch Gesten der Reue.

Es gibt nur einen Menschen, auf dem die Verantwortung dafür liegt – Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie muss sich kritischen Fragen stellen, ihre Funktion als Empörungs-Blitzableiter zur besten Sendezeit wahrnehmen. Wer sonst? Dem Bundespräsidenten fehlt es an Macht, die Ministerpräsidenten sprechen mit 16 Zungen.

Nein, Merkel muss sich stellen. Sie muss versuchen, den Eindruck des kollektiven Wahnsinns durch kühle Sachlichkeit, verständlich vorgetragen, zu entkräften. Vielleicht ist es das Letzte und Wichtigste, was sie in ihrem Amt den Menschen in diesem Land schuldet.

Zitat

Regeln gekippt: Angela Merkel gesteht Fehler ein

 

 

Das gab es noch nie: Angela Merkel rudert zurück und übernimmt volle Verantwortung!

Kanzlerin Merkel lud heute spontan zum Blitz-Gipfel. Seit 11 Uhr tagen Kanzlerin und Ministerpräsidenten erneut. Ersten Infos zufolge bahnt sich eine kleine Sensation an.

Laut ersten Spekulationen geht es um die Beschlüsse rund um die verordnete "Osterruhe". Wie Bild berichtet, soll Angela Merkel den kürzlich beschlossenen Oster-Lockdown beim Blitz-Gipfel am 22. März 2021 wieder nun wieder gekippt haben.

Kanzlerin trägt volle Verantwortung

Es sein ein Fehler gewesen für den die Kanzlerin die volle Verantwortung übernehme.

Eine im Bundestag für 13 Uhr geplante Regierungsbefragung mit der Kanzlerin soll Medienberichten zufolge wie vorgesehen stattfinden.