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News aus Deutschland

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Unterstützung des Assad-Regimes?  

Deutschland will Milliarden für syrische Flüchtlinge geben

Seit zehn Jahren herrscht in Syrien Bürgerkrieg. Deutschland zahlt Milliarden Euro für den Wiederaufbau. Umstritten ist, wie vom Regime kontrollierte Gebiete zu behandeln sind. Hilfsorganisationen fordern ein Umdecken. 

Für humanitäre Hilfe im Zusammenhang mit dem Krieg in Syrien will die Bundesregierung einem Bericht zufolge deutlich mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Die "Neue Osnabrücker Zeitung" berichtete unter Berufung auf das Auswärtige Amt, die Bundesregierung habe bei der Geberkonferenz im vergangenen Jahr 1,6 Milliarden Euro für Syrien und die Nachbarländer in der Region zugesagt und plane für dieses Jahr "eine Zusage substanzieller Mittel in vergleichbarer Höhe".

Letztes Jahr gingen 6,9 Milliarden Euro an Syrien

Am Montag beginnt eine von der EU und der UNO organisierte Konferenz zur Unterstützung syrischer Flüchtlinge. Am ersten Tag stehen per Video-Schalte Gespräche mit Vertretern von Zivilgesellschaft, Hilfsorganisationen und Nachbarländern auf dem Programm, die Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland beherbergen. Die eigentliche Geberkonferenz auf Ministerebene findet am Dienstag statt. Vergangenes Jahr hatte die Konferenz Hilfszusagen von 6,9 Milliarden Euro erbracht. Es ist nun die fünfte derartige Veranstaltung.

Im Vorfeld der Syrien-Konferenz hat sich Caritas-Präsident Peter Neher für eine Wende bei der Syrienhilfe und für die Unterstützung von Wiederaufbauprojekten auch in Regierungsgebieten ausgesprochen. Die humanitäre Lage in dem Bürgerkriegsland sei eine Katastrophe, sagte Neher der Deutschen Presse-Agentur vor der Brüsseler Syrien-Geberkonferenz an diesem Dienstag. Die bisherige Konzentration auf Nothilfe müsse aufgegeben werden. "Wir müssen gezielte Wiederaufbaumaßnahmen zulassen, auch in Gebieten unter Kontrolle des Regimes", sagte der Caritas-Präsident.

Aufbauhilfe sei kein "Freibrief für das Regime"

Die EU lehnt bislang Wiederaufbauhilfe in Gebieten unter Kontrolle der Regierung von Präsident Baschar al-Assad ab, weil sie dessen Herrschaft nicht unterstützen will. Sie ist dazu nur bereit, wenn es greifbare Fortschritte hin zu einer politischen Lösung gibt.

Neher verwies auf die zerstörte Infrastruktur. Rund 2,5 Millionen Kinder gingen nicht zur Schule. "Wir wollen den Menschen helfen, dass sie wieder ein Dach über dem Kopf haben", sagte er. "Wir wollen Kindergärten, Schulen und Gesundheitseinrichtungen wiederaufbauen." Gezielte Maßnahmen könnten das Leben der Menschen verbessern, "ohne dass man das als Freibrief für das Regime sehen kann".

Großes Vertrauen in die Arbeit syrischer Weißhelme

Durch "regelmäßige Gespräche, enge Koordinierung und den Einsatz einer etablierten Mittlerorganisation" sei sichergestellt, dass die Mittel für den vorgesehenen Zweck verwendet würden. In der Vergangenheit hätten die Weißhelme "die an sie überwiesenen Gelder nach Kenntnis der Bundesregierung zu jedem Zeitpunkt dem Verwendungszweck entsprechend eingesetzt", hieß es laut "NOZ" aus dem Außenministerium.

Aus Sicht der Bundesregierung nähmen die syrischen Weißhelme "weiterhin eine zentrale Rolle beim Schutz der Bevölkerung im Nordwesten Syriens ein", hieß es demnach weiter. Sie retteten regelmäßig Menschenleben, vor allem durch Bergungsarbeiten nach Luftangriffen, die in Nordsyrien weiterhin stattfinden. Darüber hinaus unterstützten die zivilen Helfer die Versorgung der Bevölkerung mit Basisdienstleistungen, etwa im Gesundheitsbereich.

Zudem seien "für die zukünftige strafrechtliche Aufarbeitung des Konflikts" die bei den humanitären Einsätzen, wie etwa nach Angriffen, gesammelten Informationen "von großer Bedeutung und können langfristig einen Beitrag zu nachhaltigem Frieden leisten", hieß es der Zeitung zufolge im Auswärtigen Amt.

Russland: Weißhelme seien Propagandainstrument der Anti-Assad Koalition

Im Jahr 2016 hatte die Hilfsorganisation Weißhelme den alternativen Nobelpreis erhalten. Russland kritisierte die Organisation als "Bedrohung" und Propagandainstrument der Anti-Assad-Koalition.

Seit dem Beginn des Syrien-Konflikts 2011 wurden mehr als 388.000 Menschen getötet. 6,7 Millionen Menschen wurden nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks im Land selbst aus ihrer Heimat vertrieben. Weitere 6,6 Millionen Syrer flohen ins Ausland, vor allem in die Nachbarländer Türkei, Libanon und Jordanien. Auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 waren hunderttausende Menschen aus Syrien auch nach Europa geflüchtet

 

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Das Missverständnis

Hätte Helmut Kohl 1998 auf eine erneute Spitzenkandidatur verzichtet, wäre Wolfgang Schäuble wahrscheinlich Kanzler geworden – und Gerhard Schröder niedersächsischer Ministerpräsident geblieben.

Hätte der Wahlkampf 2005 etwas länger gedauert, wäre Gerhard Schröder vielleicht als Kanzler bestätigt worden – und die politische Karriere von Angela Merkel beendet gewesen.

Hätte es Angela Merkel 2017 mit einem Martin Schulz zu tun gehabt, der Martin Schulz hätte sein dürfen, wäre der SPD womöglich ein Coup bei der Bundestagswahl gelungen und Friedrich Merz unter Umständen nun Kanzlerkandidat der Union.

Hätte, hätte, hätte.

Denn es kam in den genannten Fällen bekanntlich anders. Das zeigt auch: Wir wissen nicht, ob der trotz der jüngsten Turbulenzen noch immer wahrscheinliche Kanzlerkandidat der Union Armin Laschet uns in den kommenden Monaten noch überraschen wird – oder ob sich seine Kritiker bestätigt fühlen werden.

Und wir wissen auch nicht, ob Laschet im Fall der Fälle ein guter Kanzler sein wird. Und schon gar nicht, ob Söder den Job besser machen würde.

Natürlich spricht im Moment vieles dafür, dass die Union mit dem bayerischen Ministerpräsidenten einen erfolgreicheren Wahlkampf führen könnte als mit seinem Kollegen aus Nordrhein-Westfalen: Söder ist deutlich beliebter, er kann Politik viel besser erklären, ist unbestritten der Macher-Typ, nach dem sich viele sehnen. Und er glaubt an sich – mehr als alle anderen. Das hat er am Montag einmal mehr bewiesen.

Allerdings sollten sich die Söder-Fans auch nicht täuschen: Würde ihr Favorit in den kommenden Tagen doch noch der Kandidat der gesamten Union, gäbe es in den nächsten Wochen und Monaten auch allerlei Kritisches: Söder, die One-Man-Show. Söder, der Prinzipienlose. Söder, der einstige Super-Konservative ...

Auch käme der rastlose Kandidat im Wahlkampf wahrscheinlich alle zwei Stunden mit einer neuen Idee oder Initiative um die Ecke. In seiner Regierungserklärung als frischgewählter Ministerpräsident präsentierte er im April 2018 in rund einer Stunde 100 Projekte. Da verliert man schnell den Überblick.

Ob – und wenn ja wie – all das den Wahlkampf beeinflussen würde, ist offen. Zumal unklar ist, ob im Spätsommer noch immer Corona dominiert, also der vermeintlich härteste Virusbekämpfer gesucht wird. Oder längst andere Themen im Mittelpunkt stehen und sich die Republik zwar nach Aufbruch sehnt, aber eben auch nach Ausgleich.

Dass sich die Frage, ob Markus Söder ein besserer Kanzler als Armin Laschet wäre, derzeit ebenfalls nicht seriös beantworten lässt, hat mit einem Missverständnis gegenüber der großen Politik zu tun. Die Erfahrung zeigt: Entscheidend für die Beurteilung einer Kanzlerschaft ist weniger, ob jemand im Wahlkampf beliebt ist und ein attraktives Programm umsetzen will, als vielmehr die Tatsache, wie geschickt der Amtsinhaber auf den Lauf der Geschichte reagiert.

Von Angela Merkel wird nicht ihr umfassendes Reformprogramm vom Leipziger Parteitag in Erinnerung bleiben, mit dem sie 2005 in den Wahlkampf zog, sondern ihr besonnenes Management der nicht enden wollenden Krisen – von der Finanz- über die Flüchtlings- bis hin zur Corona-Krise.

Bei Helmut Kohl hat es auch nicht die 1982 großspurig angekündigte geistig-moralische Wende in die Geschichtsbücher geschafft, sondern sein beherztes Zupacken, als es 1989 zur politischen Wende in der DDR kam.

Und Gerhard Schröder setzte die Hartz-Kommission, aus deren Vorschlägen die Agenda 2010 und sein Ruf als Reformkanzler entstand, 2002 nicht deshalb ein, weil sie im Wahlprogramm der SPD aufgeschrieben war. Nein, die damalige Bundesanstalt für Arbeit hatte ihre Statistiken zur Vermittlung von Arbeitslosen manipuliert.

Dieses Reagieren bedeutet natürlich nicht, dass Kanzler nicht auch selbst agieren sollten, um eigene politische Ziele durchzusetzen.

Aber vor allzu großen Erwartungen an die Umsetzbarkeit von hehren Visionen sei gewarnt. Das gilt nicht nur für Deutschland. Wenn Sie das nicht glauben, schauen Sie sich gern die Siegesreden von Barack Obama 2008 oder Emmanuel Macron 2017 an. Und dann vergleichen Sie diese damit, was beide in ihrer (bisherigen) Regierungszeit umsetzen konnten.

Sowohl der US- als auch der französische Präsident verfügen über deutlich mehr Macht als ein Kanzler in der Bundesrepublik.

Das deutsche System ist viel stärker auf Ausgleich angelegt: Sei es, dass das Wahlrecht auf allen Ebenen zumeist Bündnisse verschiedener Parteien notwendig macht. Sei es, dass fast immer alle Interessengruppen mitreden dürfen. Und sei es, dass der Föderalismus in der Regel eine Verständigung von Bund und Ländern erzwingt.

Durchregieren ist in Deutschland immer schwierig. Egal, ob der Regierungschef Laschet, Söder oder wie auch immer heißt. Das musste in den vergangenen Wochen nicht nur Angela Merkel spüren, sondern eben auch Markus, der Starke. Sein selbsternanntes Pandemie-Team "Vorsicht" konnte sich immer weniger durchsetzen.

Trotzdem würde Söder nun gern den Nachweis erbringen, dass er zumindest der bessere Kanzlerkandidat als Laschet wäre. Bis zur endgültigen Entscheidung der Union wird es wohl noch etwas dauern. Schließlich haben beide Parteichefs Rückhalt aus ihren Präsidien bekommen. "Jetzt wird's schmutzig"schreibt mein Kollege Tim Kummert zum eskalierenden Führungsstreit zwischen CDU und CSU.

Söder setzt erkennbar auf den Druck der Bundestagsfraktion und der Basis. Wenn selbst dieses inszenierte "Wir hier unten, ihr da oben" nicht reicht, ist es gut möglich, dass er am Abend der Bundestagswahl sagen kann: "Hätte die Union einen stärkeren Kanzlerkandidaten aufgestellt, wäre das Ergebnis besser geworden."

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Koalition legt Gesetzentwurf vor: Abgeordneten soll bezahlte Lobbyarbeit verboten werden

 

Unter dem Eindruck der Maskenaffäre will die Koalition nun das Abgeordnetengesetz ändern. Künftig sollen strengere Regeln für Nebentätigkeiten gelten.

Abgeordnete des Bundestags dürfen künftig neben ihrem Mandat keine bezahlte Lobbytätigkeit mehr ausüben. Eine entsprechende Verschärfung des Abgeordnetengesetzes wollen Union und SPD in der kommenden Woche ins Parlament einbringen. „Unzulässig neben dem Mandat sind die entgeltliche Interessenvertretung für Dritte gegenüber dem Bundestag und der Bundesregierung oder entgeltliche Beratungstätigkeiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mandatsausübung stehen“, heißt es in dem Gesetzentwurf, der dem Tagesspiegel vorliegt.

Mit der Verschärfung der Regeln für Abgeordnete reagiert die Koalition auf die jüngsten Skandale um Unionsabgeordnete, die sich als Berater im Geschäft mit medizinischen Masken bereichert hatten. Das Gesetz könnte im Mai beschlossen werden.

Eine Tätigkeit als Berater zählt bei Abgeordneten zu den beliebtesten Nebenjobs. Der ehemalige Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) beispielsweise schaffte es damit sogar in die Liste der Spitzenverdiener im Parlament. Für „Strategieberatung“ kassierte er 2019 von einem einzigen Mandanten mindestens 150.000 Euro, ein weiterer überweist monatlich zwischen 7000 und 15.000 Euro. Die Auftraggeber mussten bisher ebenso wenig angegeben werden wie die genaue Höhe der Nebeneinkünfte, die nur innerhalb bestimmter Spannen offengelegt werden.

Nebeneinkünfte müssen genau offengelegt werden

Beides soll sich künftig ändern. Die große Koalition will Abgeordnete verpflichten, den genauen Betrag ihrer Nebeneinkünfte öffentlich zu machen. Außerdem wird die Schwelle, ab der Einnahmen neben dem Mandat überhaupt meldepflichtig sind, von derzeit 10.000 Euro im Jahr auf 3000 Euro gesenkt. Einmalige Zahlungen sind bereits ab 1000 Euro meldepflichtig. Firmenbeteiligungen von Abgeordneten sollen ab einem Anteil von fünf Prozent (statt bisher ab 25 Prozent) veröffentlicht werden.

Zudem soll mehr Transparenz über die Auftraggeber hergestellt werden. Bisher müssen diejenigen Abgeordneten, die sich in ihrem Nebenjob auf eine Verschwiegenheitspflicht berufen können, keine weiteren Angaben zu ihren Geldgebern machen. Das gilt insbesondere für die große Zahl der Anwälte im Bundestag. Künftig müssen sie zumindest die Branche ihrer Mandanten nennen.

Union und SPD haben sich außerdem darauf verständigt, dass Mitglieder des Bundestages künftig kein Geld für Vorträge mehr annehmen dürfen, wenn die Auftritte „in Zusammenhang mit der Mandatsausübung“ stehen. Mehrere Parlamentarier, darunter der FDP-Chef Christian Lindner, der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi und der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz, haben in den vergangenen Jahren mit Vorträgen sehr gut nebenbei verdient.

Außerdem will die große Koalition weitere Lücken in den bestehenden Regeln schließen: Meldepflichtig werden auch die Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen, das war bisher nicht der Fall. Und als Lehre aus der Affäre um den CDU-Abgeordneten Philipp Amthor sollen Abgeordnete auch Aktienoptionen angeben, die sie im Rahmen einer Nebentätigkeit erhalten.

„Gläserner Abgeordnete“

„Die Skandale der Vergangenheit haben gezeigt, dass neue Verhaltensregeln für Abgeordnete dringend notwendig sind“, sagte der SPD-Politiker Matthias Bartke dem Tagesspiegel. „Bezogen auf wirtschaftliche Aktivitäten schaffen wir mit dem Gesetz einen weitgehend gläsernen Abgeordneten.“ Mit dem bereits verabschiedeten Lobbyregister und der nun anstehenden Reform der Verhaltensregeln würden parlamentarische Vorgänge künftig deutlich transparenter, sagte Bartke.

„Wir haben gedacht, unsere Regeln wären ausreichend, und wurden schwer enttäuscht“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Patrick Schnieder (CDU). „Jetzt geben wir dem Bundestag strengste Verhaltensregeln für Abgeordnete und ziehen damit klare Konsequenzen aus den bitteren Erfahrungen, die wir im März machen mussten.“ Der Gesetzentwurf sei „die größte Reform, die es im Abgeordnetengesetz je gab“.

Hartmut Bäumer, Vorsitzender von Transparency Deutschland, begrüßte die geplante Reform. „Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung.“ Allerdings sprach er sich dafür aus, den Umgang mit Interessenkonflikten klarer zu fassen und dabei auch unentgeltliche Nebentätigkeiten in den Blick zu nehmen.

Außerdem kritisierte er, dass auch nach der Reform geldwerte Zuwendungen „aus Anlass der Wahrnehmung interparlamentarischer und internationaler Beziehungen“ grundsätzlich zulässig bleiben. Bäumer verwies in diesem Zusammenhang auf die Teilnahme deutscher Abgeordneter an bezahlten Wahlbeobachtungsmissionen in Aserbaidschan. „Es ist nicht klar, dass solche Fälle künftig ausgeschlossen sind.“

Ein Schritt in die richtige Richtung. Doch so lange noch mehr Lobbyisten als Politiker im Bundestag- Viertel verkehren, ist das noch viel zu wenig

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Bundestag beschließt Änderungen am Infektionsschutzgesetz

Notbremse, Pandemiebekämpfung, steigende Fallzahlen: Der Bundestag hat den geplanten Änderungen am Infektionsschutzgesetz zugestimmt.

Der Bundestag hat eine bundeseinheitliche Notbremse zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen. In namentlicher Abstimmung votierten 342 Abgeordnete für das Gesetz. Es gab 250 Nein-Stimmen und 64 Enthaltungen. Zuvor hatten in zweiter Lesung die Fraktionen von Union und SPD dafür gestimmt. AfD, FDP und Linke stimmten gegen das Gesetz. Die Grünen hatten sich enthalten.

Die am Mittwoch verabschiedete Neufassung des Infektionsschutzgesetzes sieht Regeln zu Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren sowie der Schließung von Geschäften und Schulen vor. Bevor das Gesetz in Kraft treten kann, muss der Bundesrat dem Gesetz am Donnerstag allerdings noch zustimmen.

Kernpunkte der "Notbremse" für Regionen mit hohen Infektionszahlen:

  • Ausgangsbeschränkungen: Von 22 Uhr bis 5 Uhr darf man die Wohnung oder sein Grundstück nicht verlassen – mit Ausnahmen für Notfälle, die Berufsausübung, Pflege und Betreuung, die Versorgung von Tieren oder andere gewichtige Gründe. Joggen und Spaziergänge sollen bis Mitternacht erlaubt bleiben, allerdings nur allein.
  • Private Kontakte: Es darf sich höchstens ein Haushalt mit einer weiteren Person treffen. Kinder bis 14 Jahre zählen nicht mit. Für Zusammenkünfte von Ehe- und Lebenspartnern oder zur Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts gilt die Beschränkung nicht. Zu Trauerfeiern sollen bis zu 30 Menschen zusammenkommen dürfen.
  • Läden: Fürs Einkaufen jenseits des Lebensmittel-, Drogerie-, Buch- und Blumenhandels sowie anderer Bereiche soll gelten: Geschäfte können Kunden nur einlassen, wenn sie einen negativen Corona-Test vorlegen und einen Termin gebucht haben. Steigt der Wert über 150, wäre nur noch das Abholen bestellter Waren (Click & Collect) erlaubt.
  • Schulen: Liegt die Sieben-Tage-Inzidenz drei Tage hintereinander über 165, wird ab dem übernächsten Tag der Präsenzunterricht verboten. Ausnahmen für Abschlussklassen und Förderschulen sind möglich.

Bund drückt aufs Tempo

Die neuen Regelungen könnten frühestens ab diesem Samstag greifen. Bevor das geschehen kann, müssen sie am Donnerstag den Bundesrat passieren. Zudem muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz unterzeichnen. Es ist offen, ob das am Donnerstag geschehen wird, weil das Gesetz - wie jedes andere auch – im Präsidialamt erst geprüft wird. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt könnte möglicherweise noch am selben Tag wie die Unterzeichnung erfolgen.

Es könnte also sehr schnell gehen: Als der Bundesrat im März 2020 das Gesetzespaket zu den Corona-Hilfen absegnete, unterzeichnete Steinmeier es zwei Stunden später. Noch am Abend desselben Tages wurde die Regelung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit die Notbremse greift, muss die Sieben-Tage-Inzidenz an drei Tagen über 100 liegen. Diese drei Tage sollen nach dem jüngsten Entwurf nun auch schon die drei Tage unmittelbar vor Inkrafttreten des Gesetzes sein.

Schlagabtausch im Bundestag

Die geplante Corona-Notbremse mit verbindlichen Regeln für den Kampf gegen die dritte Welle der Pandemie in ganz Deutschland hatte im Bundestag zu einem heftigen Schlagabtausch geführt. Die Opposition kritisierte am Mittwoch vor der entscheidenden Abstimmung im Plenum unter anderem erhebliche Grundrechtseinschränkungen. Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) verteidigte die Neuregelungen, die zu mehr Verständlichkeit und größerer Unterstützung bei den Bürgern beitragen sollten. Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes soll sich an diesem Donnerstag auch noch der Bundesrat befassen.

Scholz sagte: "Was wir brauchen, ist Klarheit und Konsequenz." Es solle festgelegt werden, dass bei Überschreiten hoher Infektionswerte etwas getan werden müsse, und zwar "überall in Deutschland und immer und in jedem Fall". Es gehe nicht um einen Dauerzustand, sondern darum, die Pandemie zu überwinden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb für Zustimmung zu den Plänen, die der Reduzierung von Kontakten dienen sollen: "Die Lage ist ernst, sehr ernst." Er sagte: "Wenn wir Leid vermeiden können, sollten wir es vermeiden." 5.000 Menschen lägen derzeit mit Covid-19 auf Intensivstationen: "Tendenz weiter steigend, bei sinkendem Alter der Patienten." Zwei Drittel aller Ausbrüche fänden derzeit im privaten Bereich statt.

Einheitliche Regelungen bei hohen Inzidenzen

Die Notbremse soll bundesweit verbindliche Regeln für schärfere Corona-Gegenmaßnahmen festlegen – mit konkreten Vorgaben bei hohen Infektionszahlen. Dazu gehören weitgehende Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr, Schulschließungen und strengere Bestimmungen für Geschäfte. Gezogen werden soll die Notbremse, wenn in einem Landkreis oder einer Stadt die Zahl der gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen an drei Tagen hintereinander über 100 liegt. Fürs Umschalten auf Fernunterricht in Schulen soll ein Wert von 165 gelten. Die Regelungen sollen bis Ende Juni gelten.

Linke-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali sagte: "Ja, es geht um Leben und Tod." Das Pandemiegeschehen müsse dringend eingedämmt werden. Die Bundesregierung versuche aber, Grundrechte "praktisch im Vorbeigehen" einzuschränken und ihre Befugnisse auszuweiten. Unverhältnismäßig sei, dass ab einem Inzidenzwert von 100 Ausgangssperren kommen sollten, Kinder aber bis zu einem Wert von 165 zur Schule gehen. "Woher haben Sie eigentlich diese Zahlen? Würfeln Sie die aus?"

Gegenwind aus Opposition

Die FDP bekräftigte ihre Drohung, gegen Ausgangsbeschränkungen Verfassungsbeschwerde einzulegen. Diese seien "keine geeigneten Maßnahmen", sagte Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus. "Sie schränken nur in unzulässiger Weise die Grundrechte ein und treiben die Menschen in den privaten Bereich." Die Alternativen zur "Bundes-Notbremse" seien gesteigertes Impfen und Testen sowie eine bessere Aufklärung über Kontaktvermeidung.

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland sprach von einem "Angriff auf die Freiheitsrechte, den Föderalismus wie den gesunden Menschenverstand". Die Regierung habe in der Impfstoffbeschaffung versagt und versuche nun, die Opposition durch moralischen Druck zur Zustimmung zu bewegen. Kritiker würden nicht ernst genommen. "Sie können nicht das halbe Volk zu Querulanten machen", sagte er mit Verweis auf Menschen, die am Mittwoch in Berlin gegen die Corona-Politik demonstrierten.

Grüne enthalten sich

Die Grünen forderten dagegen schärfere Regeln gegen die dritte Corona-Welle als nun geplant. "Insgesamt reichen diese Maßnahmen nicht aus, um tatsächlich eine Trendumkehr hinzubekommen", sagte Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink. Sie warf Union und SPD vor: "Sie handeln zu spät, zu unwirksam." Die Grünen wollten sich bei der Abstimmung über den Entwurf enthalten.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus warb eindringlich um Zustimmung: "Dieses Gesetz ist ein Gesetz fürs Leben." Der CDU-Politiker räumte ein, dass die Einschränkungen etwa vielen Händlern schwer zu schaffen machen. Wenn ihn die Krise um den Schlaf bringe, denke er aber vor allem an Menschen, die krank geworden seien. "Und ich denke an die Menschen, die sterben." Er hätte ein härteres und schärferes Gesetz bevorzugt, aber nun sei es wichtig, den Kompromiss zu verabschieden.

 

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„Mit Markus Söder hätten wir die Kanzlerschaft definitiv geholt“

 

Markus Söder sei der Kanzlerkandidat der Herzen, hieß es aus der CSU-Parteizentrale, nachdem sich der CDU-Vorsitzende Armin Lachet in einem zähen Zweikampf durchgesetzt hatte. Man berief sich auf die Basis der Union. Das ließ aufhorchen. War da nicht was? War vor Söder nicht auch Friedrich Merz gleich zweimal nach knapp verlorenen Rennen um den CDU-Vorsitz der gefühlte CDU-Chef der Herzen bei Unionsanhängern?

Am Donnerstagabend konfrontierte Maybrit Illner Merz in ihrer Talkrunde mit dem Dilemma, dass sich die CDU zuletzt scheinbar treffsicher für den falschen Kandidaten entscheidet. Neben Merz waren noch Cem Özdemir (Die Grünen) und Dorothee Bär (CSU) im Berliner Studio. Aus pandemischen Gründen waren Claudia Kade und Markus Feldenkirchen nur zugeschaltet, um das Geschehen journalistisch einzuordnen.

Merz will im Wahlkampf helfen

In den ersten zwanzig Minuten der Sendung widmete sich Illner ausschließlich Merz, der zunächst durch mildes Understatement auffiel. Im Moment sei er einfach der Direktkandidat für seinen Wahlkreis im Sauerland und hoffe auf den Einzug in den Bundestag. Zu Häme und Spott für seinen ehemaligen Kontrahenten ließ er sich nicht hinreißen. Kritik fiel jedoch zwischen den Zeilen und wirkliche Wahlkampfeuphorie konnte oder wollte ach Merz an diesem Abend nicht entfachen.

„Wir werden im Sommer eine völlig veränderte Stimmungslage in Deutschland haben“, gab sich Merz angesichts der momentan desaströsen Umfragewerte und Mitgliederschwund für die CDU zwar betont zuversichtlich. Als Grund gab er jedoch zunächst nicht etwa Laschet an, sondern eine Entspannung der Corona-Pandemie. Auch er selbst wolle dazu beitragen und stellte seine Hilfe beim CDU-Wahlkampf in Sachsen-Anhalt in Aussicht.

„Ich will denen sagen, die unter der Situation leiden und zusammen mit mir kämpfen, bleibt in der CDU, es wird auch wieder besser. Wir halten zusammen“, so Merz weiter. Dass die CDU Fehler bei den Wahlen ihres Führungspersonals mache, weil sie sich eben nicht für die Herzenskandidaten entscheide, schmunzelte Merz nicht frei von einem Anflug Genugtuung weg. „Ein Herzensproblem“, lachte er.

Söder der Favorit

Lob an Laschet spulte er pflichtbewusst und nüchtern ab. NRW sei ein von Laschet gut regiertes Land und im Kampf mit Söder habe er Stehvermögen bewiesen. Kritik äußerte er am zähen Ringen der Union in der K-Frage und die zielte auch in Richtung Laschet. Hätte Merz es besser gemacht? Ja, glaubte er. „Söder und ich waren für den Fall meiner Wahl verabredet, unmittelbar danach miteinander zu sprechen und schnell zu entscheiden.“

Auch Merz Einschätzung zum Corona-Management klangen nicht zwingend nach einer Wahlempfehlung für Laschet. Zwar lobte er die besseren Inzidenzwerte in NRW, bescheinigte Söder aber eine bessere Kommunikation: „Söder beherrscht den Auftritt besser als Armin Laschet. Das wollen die Menschen in Krisensituationen eher als jemanden, der abwägt und zugibt den einen oder anderen Fehler gemacht zu haben.“

Bär hadert mit dem CDU-Kanzlerkandidaten

Dorothee Bär weinte der verpassten Chance von Markus Söder auf die Kanzlerkandidatur dann aber deutlich mehr hinterher. Als stünde die Entscheidung noch aus, schaltete sie voll in den Wahlkampfmodus für ihren Chef und überschlug sich förmlich vor Lob: „Die Rufe nach Markus Söder aus der CDU und der Bevölkerung seien unglaublich laut“, schwärmte Bär.

Auch auf Illners Frage, wie sie denn nun für Armin Laschet in Bayern Wahlkampf machen wolle, ließ sie nicht davon ab, mit dem Ergebnis der Kandidatenfrage zu hadern, was die Frage indirekt umso deutlicher beantwortete: „Ich habe immer von dem Besten gesprochen und mache aus meinem Herzen keine Mördergrube. Ich bin fest davon überzeugt, dass Markus Söder ein hervorragender Kanzler gewesen wäre. Mit ihm hätten wir die Kanzlerschaft definitiv geholt. Jetzt wird es schwieriger.“ Wer in Bayern auf den Wahlplakaten zu sehen sei, werde man sehen.

Cem Özdemir sonnte sich in der reibungslos verlaufenen Nominierung Annalena Baerbocks zur Grünen-Kanzlerkandidatin und wunderte sich anschließend über Bärs Eigenbeschuss und versuchte stellvertretend Schadensbegrenzung für die Union zu betreiben: „Bin ich hier im falschen Film? Ich muss sie ja nicht coachen, aber wir reden hier öffentlich“, warnte er. „Die Entscheidung ist getroffen. Da unterstütze ich doch meine Mannschaft. Sie liefern mir hier Zitate, da muss ich mich auf die nächste Talkshow gar nicht mehr vorbereiten, wenn ich über Armin Laschet reden will. Ich muss mich nur auf Sie berufen.“

„Laschet stand oft wie ein Dödel da“

Dass auch nach Laschets Wahl noch keineswegs die Wogen in der Union geglättet zu sein scheinen, schlug sich auch in den Statements von Kade und Feldenkirchen nieder. „Die CDU scheint in die Falle getappt zu sein. Man hat nach einer Funktionärslogik einen Parteivorsitzenden gewählt und nach dieser gleichen Logik eben auch einen Kanzlerkandidaten“, brachte Kade die missliche Situation der Partei auf den Punkt.

Auch Feldenkirchen attestierte Söder die bessere Performance: „Ich glaube, dass Söder es wirklich wollte. Er hat sehr gut inszeniert und insinuiert, dass er in der Pandemie alles im Griff hatte. Laschet hingegen stand oft wie ein Dödel da“, sagte er in Bezug auf ein unsouveränes Interview Laschets bei Markus Lanz.

Gegen Ende unternahm dann schließlich Merz doch noch den Versuch, den vermeintlich abgehakten Konflikt innerhalb der Union in ein Wahlkampfmanöver gegen die Grünen zu wenden. Merz bestätigte eine von Illner zitierte Aussage, dass er erhebliche Zweifel daran habe, dass Baerbock Kanzlerin kann.

„Meine Zweifel, ob Annalena Baerbock angesichts ihrer politischen Erfahrung dieses Amt wirklich ausfüllt, teile ich doch mit sehr vielen Leuten in diesem Land“, befand Merz. Feldenkirchen bezeichnete die momentane Aufmerksamkeit für Baerbock als „Hype“ und erinnerte an den SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz. Der habe zwischenzeitlich in Umfragen aufgrund einer Andersartigkeit auch vor Merkel gelegen. Zwei Monate später sei das verpufft.

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Wegen Corona: Zahl der Angriffe auf Kommunalpolitiker gestiegen

 

Die Angriffe auf Kommunalpolitiker haben während der Corona-Pandemie offenbar zugenommen. Das zeigt eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage des Magazins „Kommunal“ im Auftrag des ARD-Politmagazins „report München“. Insgesamt 72 Prozent der Bürgermeister in Deutschland wurden demnach schon einmal beleidigt, beschimpft, bedroht oder sogar tätlich angegriffen. Bei einer vergleichbaren Umfrage im vergangenen Jahr hatte der Wert noch bei 64 Prozent gelegen.

Nicht nur die Bürgermeister sind das Ziel von Attacken. In 79 Prozent der Kommunen gab es Beleidigungen und Übergriffe gegen Gemeindevertreter oder Mitarbeiter. Vor einem Jahr hatten noch 70 Prozent der Kommunen von derartigen Vorfällen berichtet. Der Umfrage zufolge wurden 20 Prozent der Gemeindevertreter oder Mitarbeiter sogar körperlich angegriffen, bespuckt oder geschlagen. Unter den Bürgermeistern erlebten dies elf Prozent selbst - zwei Prozent mehr als im vergangenen Jahr.

Mehr Angriffe im Osten wegen Maskenpflicht

Mehr als ein Drittel der Befragten (37 Prozent) sieht demnach eine Zunahme der Übergriffe und Beleidigungen aufgrund der Corona-Pandemie. Knapp mehr als die Hälfte (53 Prozent) gibt an, die Zahl der Angriffe sei in etwa gleich geblieben. In fast der Hälfte der Städte und Gemeinden (46 Prozent) gab es den Angaben zufolge Probleme bei der Durchsetzung der Maskenpflicht, in 34 Prozent bei der Durchsetzung der Mindestabstandsregeln.

Dabei zeigt sich ein Gefälle zwischen Ost und West. Während 62 Prozent der befragten Bürgermeister aus Ostdeutschland von Problemen bei der Durchsetzung der Maskenpflicht berichten, sind es im Westen 42 Prozent. Befragt wurden 1611 Mandatsträger.

Da braucht man sich nicht wundern, gerade unsere Entscheidungsträger haben mit Ihrem Abstimmungsverhalten zu diesem Chaos beigetragen und ernten jetzt den Zorn der Wähler. Letztlich werden die meisten auch noch zu Recht Ihr Mandat verlieren.

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Historische Entscheidung für Deutschland

Das Klimaschutz-Urteil des Bundesverfassungsgerichts wird Deutschland verändern. Darum geht es heute im Tagesanbruch ebenso wie um einen schwarzen Rächer und roten Filz:

Politik mit Plan

Der gestrige Tag war historisch. Gut möglich, dass der 29. April 2021 dereinst in den Geschichtsbüchern stehen wird. Das Bundesverfassungsgericht hat nicht nur den trägen Klimaschutzplan der schwarz-roten Bundesregierung als ungenügend entlarvt. Die Richter verlangen von der deutschen Politik nichts Geringeres als eine administrative Revolution. Seit Jahrzehnten treffen Regierungsverantwortliche hierzulande kurz- bis mittelfristige Entscheidungen: Meistens liegt ihr Fokus auf der aktuellen, allenfalls noch den nächsten beiden Legislaturperioden. Was danach kommt, spielt keine Rolle. Selbst wenn Abgeordnete, Minister und die Kanzlerin in Sonntagsreden wortreich die „Zukunft“ beschwören, lautet ihr Motto insgeheim: Nach uns die Sintflut. So ist es beim Rentensystem, so ist es bei der Umweltpolitik, so ist es beim Klimaschutz. Durch diese Kurzsichtigkeit werden die enormen Kosten und Risiken des demografischen Wandels, des Artensterbens und der Erderhitzung allein den jungen Bürgern und künftigen Generationen aufgebürdet: Sie sollen ausbaden, was wir anrichten.

Zumindest beim Klimaschutz ist damit seit gestern Schluss. In ihrem epochalen Urteil haben die Richter das Klimaschutzgesetz der schwarz-roten Koalition in Teilen für verfassungswidrig erklärt. Es verletzt die Freiheitsrechte junger Generationen, weil es nicht konkret regelt, wie nach 2030 der Treibhausgasausstoß gedrosselt wird. Der zentrale Satz lautet: "Der Gesetzgeber hätte zur Wahrung grundrechtlich gesicherter Freiheit Vorkehrungen treffen müssen, um diese hohen Lasten abzumildern." Die Folgen der politischen Unverbindlichkeit – massive Umweltschäden, schwindende Lebensqualität, eingeschränkte Gestaltungsfreiheit – verletzen die Grundrechte der Jungen.

In Zahlen sieht das so aus: Bisher definiert das Gesetz zwar Obergrenzen für Energie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft. Dadurch sollen die Emissionen bis 2030 um 55 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Doch was danach kommt, bleibt unklar. Dem vagen Ziel des Pariser Abkommens, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und die Erderwärmung gegenüber der vorindustriellen Zeit auf maximal 1,5 Grad zu begrenzen, fehlt die Untermauerung durch Verordnungen und Gesetze. Doch die Zeit wohlfeiler Wünsche und folgenloser Appelle ist nun vorbei.

Als führendes Industrieland braucht Deutschland einen langfristigen Plan, um die Welt gedeihlich zu erhalten: Das ist die zentrale Botschaft der Richter, und sie reicht weit über die deutschen Grenzen hinaus. In mehr als 40 weiteren Staaten sind gegenwärtig ähnliche Klagen anhängig, dort wird man sich das deutsche Vorbild genau ansehen. So könnte nach all den Gipfeltreffen von Kyoto über Kopenhagen bis Paris nun ausgerechnet aus Karlsruhe der entscheidende Impuls kommen, um dem globalen Klimaschutz seine angemessene Stellung zu verschaffen: als wichtigste Aufgabe unserer Zeit.

Hier können Sie den Tagesanbruch kostenlos abonnieren, dann bekommen Sie ihn an jedem Werktagmorgen um 6 Uhr geschickt:

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Im deutschen Politikbetrieb beginnt man das langsam zu begreifen, dort löst das Urteil Unruhe aus. Auf der einen Seite versuchen Regierungsverantwortliche wie SPD-Umweltministerin Svenja Schulze und CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier ihr bisheriges Versagen hinter Worthülsen zu verbergen. Auf der anderen Seite trompeten Oppositionsvertreter wie Annalena Baerbock und Michael Kellner von den Grünen ihre Genugtuung in die Welt. Zwischen den Stühlen sitzen Unionspolitiker wie Norbert Röttgen und Markus Söder, die auch nach der Bundestagswahl oben mitmischen wollen und ihre Lernfähigkeit (oder Wendehalsigkeit?) unter Beweis zu stellen versuchen, indem sie den Grünen das Klimathema abluchsen.

Die Spitzen von CDU und CSU wären gut beraten, das Urteil genau zu studieren. Es ist nicht nur eine Rüge für die lasche Klimapolitik der Merkel-Regierung. Es ist auch eine Warnung für den Kanzlerkandidaten Armin Laschet, der den Kohleausstieg erklärtermaßen hinauszögern will. Die Richter haben die Defizite der CDU entlarvt: Die Partei hat keinen Plan für Deutschlands Zukunft und keine Vorstellung davon, wie künftige Generationen in Sicherheit und Wohlstand leben können. Laschets Beschwörung eines "Modernisierungsjahrzehnts" ist bisher nur ein Luftballon: Pikt man hinein, entweicht heiße Luft. Seine miesen Umfragewerte lassen vermuten, dass viele Bürger dies durchschauen, vor allem jüngere.

Ihnen hat die CDU, die sich so schwer mit ihrer Neuaufstellung tut, bislang keine glaubwürdige Zukunftsperspektive zu bieten. Bleibt das so, können die Grünen im Herbst mit Rückenwind rechnen und haben tatsächlich die Chance, erstmals die Führung der Regierung zu übernehmen. Will sie das Kanzleramt verteidigen, braucht die Union schleunigst ein glaubwürdiges Konzept für eine nachhaltige Klima- und Umweltpolitik. Viel Zeit bleibt ihr nicht mehr.

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Bislang bestehen die Streitkräfte aus den drei Teilstreitkräften Heer, Luftwaffe und Marine sowie drei Organisationsbereichen, die übergeordnet für alle drei Teilstreitkräfte Aufgaben erledigen: Die Streitkräftebasis ist vor allem für logistische Fragen zuständig, der Sanitätsdienst kümmert sich in allen Teilstreitkräften um die medizinische Versorgung und der Cyber- und Informationsraum verantwortet alles rund um die Digitalisierung der Bundeswehr.

Bei dieser vor knapp 20 Jahren dann schrittweise eingeführten Struktur gibt es jedoch zwei Probleme:

1. Personeller Wasserkopf: "Diese Zer­gliederung erleichtert die Zusammen­arbeit der Truppe zwischen den unterschiedlichen Teilstreitkräften und Organisationsbereichen nicht. Erhöht hat sich mit der Zergliederung aber die Zahl der Kom­mandos und Stäbe", kritisieren im Herbst vorigen Jahres der frühere Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) und ehemalige Chef des Einsatzführungskommandos Rainer Glatz in einem gemeinsamen Fachbeitrag für die Stiftung Wissenschaft und Politik.

Die beiden empfahlen, die Streitkräftebasis und den Sanitätsdienst aufzulösen und logistische und sanitätsdienstliche Truppenteile den Divisionen zu unterstellen. Insider nun davon aus, dass damit, angefangen im Verteidigungsministerium, in Kommandos und Stäben Hunderte Dienstposten abgebaut werden können und die oft komplexen Strukturen effizienter werden.

2. Einsatzbereitschaft: Die Durchhaltefähigkeit der Truppen vor allem in Kampfeinsätzen. Eine Integration von Logistikern und Sanitätern in bestehende Verbände soll die Einsatzbereitschaft dort erhöhen, da dann alles "aus einer Hand" komme, so die Hoffnung nun.

Allerdings: Eine Auflösung beider Organisationsbereiche wird ministeriumsintern durchaus auch kritisch gesehen. Zum einen ist die Aufgabe der Streitkräftebasis, eine weltweite Logistik für Heer, Marine und Luftwaffe bereitzustellen, nicht nur groß, sondern auch facettenreich. So lag nach Informationen von Business Insider in der Bundeswehr-Führung auch zwischenzeitlich ein alternativer Plan auf dem Tisch: Eine Streitkräftebasis XXL. Demnach hätte der Sanitätsdienst und der Cyber- und Informationsraum in die Streitkräftebasis integriert werden sollen. Doch offenbar war die Sorge am Ende doch zu groß, einen Mammut-Apparat innerhalb der Armee zu schaffen, der kaum zu führen ist.

Zum anderen ändert der Plan auch nichts daran, dass eines der Hauptprobleme der Bundeswehr vor allem die Rüstungsbeschaffungsprozesse sind. Panzer, Hubschrauber, Flugzeuge – ständig ist ein großer Teil der Ausrüstung defekt und nicht einsatzbereit. Die Beschaffung neuer Geräte dauert jedoch oft viele Jahre - und wird meist auch noch deutlich teurer.

Offiziell bestätigen will das Verteidigungsministerium die Pläne auf Anfrage nicht. Ein Sprecher sagt lediglich: "Das von Ihnen angesprochene Eckpunktepapier basiert auf den Festlegungen des bekannten Positionspapiers vom 9. Februar 2021 und betrachtet den Geschäftsbereich des BMVg ganzheitlich. Sobald es inhaltlich fertiggestellt und publikationsfähig ist, wird es zunächst Gegenstand der internen und parlamentarischen Kommunikation sein und dann, wie angekündigt, auch der breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Ein genereller Personal- oder Stellenabbau ist nicht Gegenstand der Betrachtungen."

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Mögliche Kanzlerin der Grünen  

Merz würde Baerbock Deutschland nicht anvertrauen

Annalena Baerbock würde laut Umfragen ein direktes Duell mit Armin Laschet gewinnen. Ein grün-schwarzes Bündnis nach der Bundestagswahl scheint möglich. Doch Friedrich Merz hält wenig von einer möglichen Kanzlerin Baerbock.

glaubt nicht, dass die Grünen-Spitzenkandidatin Annalena Baerbock als Kanzlerin für Deutschland geeignet wäre. "Als Staatsbürger unseres Landes würde ich jemandem, der weder über Regierungserfahrung noch über berufliche Erfahrung außerhalb der Politik verfügt und der auch keine internationale Erfahrung hat, die Führung dieses Landes nicht gern in die Hand geben", sagte Merz in der "Bild". Laut ARD-Deutschlandtrend läge Baerbock bei einer Direktwahl derzeit mit 28 Prozent sieben Punkte vor ihrem Herausforderer Armin Laschet von der CDU.

 

Merz ist im Wahlkampfteam von Laschet für Wirtschaft und Finanzen zuständig und säße bei möglichen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grünen mit am Tisch. Doch Merz sieht zwischen beiden Parteien noch viele Unterschiede. "Sie wollen eine massive Ausweitung der Staatstätigkeit, natürlich finanziert mit deutlich höheren Steuern und Abgaben. Die Grünen sind unsere neue Staats-Nanny. Deshalb ist der Weg für die Grünen in eine Regierung mit der Union ziemlich lang."

Renovierungsbedarf in der Union

Welche Rolle er selbst in einer möglichen neuen Regierung spielen würde, lässt er im Gegensatz zu früheren Äußerungen offen. "Jetzt geht es allein darum, dass wir gemeinsam ein gutes Wahlergebnis für die Union erzielen. Über die Besetzung der Regierung können wir überhaupt erst sprechen, wenn wir die Wahl gewonnen haben." Doch das wird schwer. Laut aktuellem ARD-Deutschlandtrend hat die Union fünf Prozentpunkte verloren und liegt nun erstmals seit 2019 nicht auf Rang eins.

"Wenn wir die Bundestagswahl gewinnen wollen, dann müssen wir in ganz Deutschland über 30 Prozent erreichen, in Bayern gut 40 Prozent. Davon sind wir zurzeit weit entfernt, leider auch in Bayern. Wir werden uns gemeinsam sehr anstrengen müssen", so Merz. Auch in der eigenen Partei müsse gearbeitet werden. Nach der langen Zeit von Angela Merkel als Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende sagt Merz über die CDU: "Das Fundament des Hauses ist stabil, aber es gibt Renovierungsbedarf auf fast allen Etagen."

"Kaum Spielraum für Steuersenkungen"

Ein eigenes Wahlprogramm hat die Union noch nicht vorgelegt. Doch Finanzpolitiker Merz rechnet nach der Wahl nicht damit, dass große Steuerentlastungen kommen könnten. "Wir werden zum Jahresende einen Kassensturz machen müssen bei den öffentlichen Haushalten und den Sozialkassen, um zu sehen, was geht und was nicht. Wenn wir gut aus der Krise herauskommen wollen, dann dürfen die Sozialbeiträge nicht immer weiter steigen und auch die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt können nicht ständig weiter wachsen. Für Steuersenkungen gibt es absehbar kaum Spielräume."

Die Bundestagswahl findet dieses Jahr am 23. September statt.

 

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Bundestagswahl: Kanzlerkandidaten auf Bewährung

 

Knapp fünf Monate vor der Wahl fehlt es den Kampagnen der Bewerber Laschet und Scholz noch an Schwung. Die Grüne Baerbock läuft Gefahr, von der Causa Palmer ausgebremst zu werden.

Kanzlerkandidaten auf Bewährung

Der Wahlkampf kann endgültig beginnen. Ein Dreivierteljahr, nachdem ihn die SPD-Spitze nominiert hat, ist der Kanzlerkandidat Olaf Scholz nun auch noch einmal per Parteitagsbeschluss bestätigt worden. Damit bewerben sich jetzt nicht nur offiziell, sondern höchstoffiziell eine Kandidatin und zwei Kandidaten darum, Deutschland regieren zu dürfen. Dieser Tage fragt man sich aber, in wessen Haut man am wenigsten stecken möchte.

Olaf Scholz und Armin Laschet (CDU) haben es mit miesen Umfragen zu tun, Annalena Baerbock (Grüne) mit Boris Palmer. Während die beiden Herren im Rennen so schwer in Schwung kommen, muss ihre Konkurrentin aufpassen, dass ihr schwungvoller Start nicht von einer baden-württembergischen Rassismus-Debatte ausgebremst wird. Was die drei verbindet, 20 Wochen vor der Bundestagswahl: Sie sind in Erklärungsnöten, die sie sich gern erspart hätten.

Für Baerbock ist die Causa Palmer eine erste ernsthafte Bewährungsprobe. Der weit über seine Heimat hinaus berüchtigte grüne Oberbürgermeister von Tübingen hatte mit Aussagen über den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo für Empörung gesorgt. Palmer benutzte einen rassistischen und obszönen Begriff aus einem Aogo zugeschriebenen Zitat und schrieb, angeblich ironisch: "Der Aogo ist ein schlimmer Rassist." Palmers Selbstverteidigung, wonach er einen absurden Rassismusvorwurf lediglich ins Groteske habe steigern wollen, ließ Baerbock nicht gelten. Sie bezeichnete dessen Äußerung als "rassistisch und abstoßend". Sich nachträglich auf Ironie zu berufen, mache es nicht ungeschehen. "Boris Palmer hat deshalb unsere politische Unterstützung verloren", teilte sie mit und kündigte "die entsprechenden Konsequenzen, inklusive Ausschlussverfahren" an.

Das Problem mit Palmer schwelt schon länger

Man darf bezweifeln, dass Baerbock die Sache damit schon überstanden hat. Zum einen sind solche Ausschlussverfahren so heikel wie zäh, wovon etwa die SPD aus dem Fall Thilo Sarrazin zu berichten weiß. Zum anderen schwelt das Problem der Grünen mit Palmer seit geraumer Zeit und Baerbock, die seit fast dreieinhalb Jahren Parteivorsitzende ist, wird sich im Wahlkampf wohl fragen lassen müssen, weshalb sie es so lange schwelen ließ.

Dennoch ist davon auszugehen, dass Scholz und Laschet ihre Sorgen sofort gegen jene von Baerbock eintauschen würden. Auf dem wilden Markt der Sonntagsfragen haben sich die Grünen zuletzt bei fast allen Instituten an die Spitze des Feldes geschoben. In Unionskreisen klingeln da natürlich die Alarmglöckchen und besonders laut schallen sie wie so oft in Bayern. CSU-Generalsekretär Markus Blume ließ zuletzt in mehreren Interviews erkennen, dass der Groll über die Entscheidung der K-Frage der Union weiterhin tief sitzt. "Viele, nicht nur in Bayern, hätten sich Markus Söder gewünscht", sagte Blume der Augsburger Allgemeinen: "Armin Laschet ist nun verantwortlich, die Umfragen zu drehen." Dabei vergaß er nicht zu erwähnen, dass die persönliche Zufriedenheit mit CSU-Chef Söder "unverändert auf hohem Niveau stabil" sei.

Die Werte der SPD sind auf niedrigem Niveau stabil, irgendwo zwischen 14 und 16 Prozent. Und Vizekanzler Olaf Scholz hat seine liebe Mühe damit, aus dieser Lage heraus so etwas wie eine Aufbruchstimmung zu erzeugen. "Ich bewerbe mich für das Amt des Bundeskanzlers, weil ich überzeugt bin: Ich kann das", sagte er am Sonntag auf dem SPD-Parteitag in Berlin vor einem größtenteils digital zugeschalteten Publikum. Im Gegensatz zu Laschet und Baerbock kann er sich immerhin voll auf die politischen Gegner konzentrieren und hat es nicht auch noch mit Störfeuern aus den eigenen Reihen zu tun. Mit einer Zustimmung von 96,2 Prozent bei der Kandidatenkür stellte sich die Partei demonstrativ hinter Scholz und sendete die Botschaft aus: Er kann's werden, auch wenn da vielleicht noch nicht alle Wähler dran glauben.

Laschets eigenmächtiges Impfversprechen

Um Glauben und Hoffen geht es auch bei Laschet. Der CDU-Chef und NRW-Ministerpräsident reagierte auf Gegrummel aus den eigenen Reihen, wonach er sich im Fall einer Niederlage bei der Bundestagswahl ein "Rückfahrticket nach Düsseldorf" sichern wolle. Gegenüber der FAZ schloss er nun eine solche Rückkehroption aus. "Mein Platz ist nach der Bundestagswahl in Berlin", sagte Laschet. Damit glaubt er hinreichend bewiesen zu haben, dass er voll auf Risiko spielt.

Bezüglich des Umfragetiefs der Union verweisen Laschets Leute darauf, dass die Talfahrt mit dem schleppenden Impfstart im Januar begann und die Hoffnung ist, dass die Werte parallel zum Immunisierungsgrad der Bevölkerung wieder steigen werden. So ist auch zu erklären, weshalb Laschet jetzt in einem weiteren Punkt ins Risiko geht: Das Versprechen von Kanzlerin Angela Merkel, allen Deutschen bis September ein Impfangebot machen zu können, hat er nun eigenmächtig um zwei Monate auf Juli vorverlegt. Da kommt sicher gut an bei den Leuten, aber es sollte dann halt auch klappen. Ansonsten könnte sich der Vorstoß noch als Wahlkampfhilfe für Baerbock oder Scholz erweisen.

Herumwursteln kann wohl ein jeder der Dreien, doch eine spürbare Verbesserung von Merkels Erbe erwirtschaften, wir wohl von den Drei keiner können!