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Viele Pariser ziehen aufs Land: Häuser für 150.000 Euro gibt es kaum mehr

In der Pandemie ziehen viele aus Frankreichs Hauptstadt aufs Land. Dort sind sie nicht immer willkommen. Eine Anti-Pariser-Stimmung macht sich breit.

Mit Gummistiefeln und Latzhose läuft Estelle Marandon durch ihren Bach und macht das Ufer sauber. Die 41-jährige deutsch-französische Lifestyle-Journalistin hat eine neue Leidenschaft: das Landleben. Mit ihrem Mann, dem Filmproduzenten Mathieu Robinet (39), und den Kindern (9,7,4) ist sie in der Pandemie von Paris nach Cély bei Fontainebleau gezogen. " Paris ist uns zu eng geworden, wir wollten mehr Natur. Vorher hatten wir keinen Balkon, jetzt 5000 Quadratmeter Garten und einen Wald ", sagt Marandon.

Die 84-Quadratmeter-Wohnung in Paris hat die Familie verkauft und dafür eine 400-Jahre-alte Mühle mit rund 300 Quadratmetern gekauft - ein Drittel billiger als die Immobilie in Paris, wo der Durchschnittspreis bei rund 11.000 Euro pro Quadratmeter liegt. Homeoffice macht es möglich.

Der nächste Bahnhof liegt 20 Minuten mit dem Auto entfernt, die Zugfahrt nach Paris dauert eine halbe Stunde. " Wenn man jeden Tag nach Paris muss, wäre das anstrengend, aber für Freiberufler ist es perfekt. " Die Familie hat hier Designer, Stilisten, Restaurantbesitzer und Musiker kennengelernt, die Paris verlassen haben.

Estelle Marandon ist nicht die Einzige, die Paris den Rücken gekehrt hat und ins Umland gezogen ist. Nach den Erfahrungen in der Coronakrise träumen viele Pariser vom Haus im Grünen. Wer vorher außerhalb von Paris lebte, wurde mitleidig betrachtet. Pariser schworen auf ihre Stadt.

Die Sichtweise hat sich geändert. Überall in Frankreich bekommen die Immobilienmakler viele Kundenanfragen, Notare bestätigen den Trend, der seit dem ersten Lockdown beobachtet wurde: Eine wahre Stadtflucht hat eingesetzt. Nicht nur aus Paris, auch aus großen Städten wie Lyon.


Drei Tendenzen lassen sich dabei erkennen. Die Pariser zieht es erstens ins Umland, dorthin, wo es landschaftlich schön ist und keine sozialen Probleme zu erwarten sind. Zweitens beobachten die Immobilienexperten einen Ansturm auf Städte, die schnell mit dem Schnellzug TGV zu erreichen sind und in denen die Immobilienpreise günstig sind. Und drittens sind Immobilien an der Küste als Ferienhaus gefragt. Viele haben auch aus ihrem Wochenendhaus in der Krise ihren Hauptwohnsitz gemacht.

Das Wirtschaftsmagazin „Challenges“ zeigte die Orte im Umland auf, von denen man nicht länger als eine Stunde nach Paris braucht, darunter Fontainebleau (4200 Euro pro Quadratmeter), Meaux (2800 Euro) oder Plaisir (3000 Euro). Zu den beliebten Städten, die schnell mit dem Zug zu erreichen sind, gehören Orléans, Reims oder Rennes. Doch das Angebot wird langsam knapp und die Preise steigen. Während in Paris die Preise 2021 im Vergleich zu 2020 nur leicht stiegen, kam es im Rest Frankreichs zu Steigerungen von 9,4 Prozent bei Häusern, im Umland von Paris zu 7 Prozent.

„Le Figaro“ und „Le Monde“ listen beliebte mittelgroße Städte auf, in denen die Preise in einem Jahr rapide gestiegen sind. In Rennes um 9,8 Prozent (3480 Euro pro Quadratmeter), 10,4 Prozent in Orleans (2350 Euro), Reims 10,2 Prozent (2370 Euro). Zu den angesagten Städten gehören auch Nantes, Lille, Le Havre, und im Süden Marseille, Aix-en-Provence und Montpellier, die mit dem TGV in bis zu 3,5 Stunden zu erreichen sind.

Bretagne und Normandie sind gefragt

An der Küste sind vor allem die Bretagne und die Normandie gefragt. Kleine Häuser mit Garten, die bisher für 150 000 Euro zu haben waren, sind kaum noch zu finden. In vielen Badeorten zogen die Preise in einem Jahr um 35 bis 50 Prozent an. Auch hier sind die Gegenden beliebt, die leicht zu erreichen sind, wie Deauville in der Normandie in zwei Stunden mit dem Zug von Paris.

Geschäftsleute in den Gegenden, die durch die Pariser aufleben, sind begeistert über die Kundschaft, die nicht mehr nur in den Ferien kommt. Doch die Stadtflucht sorgt auch für Probleme. Für die Einheimischen, die weniger verdienen als die Städter, werden die Immobilien teuer. Sie beschuldigen diese, auch Covid-19 mitzubringen, weil die Inzidenz in Paris höher ist. In mehreren Regionen am Atlantik wie in Saint-Malo oder im Baskenland macht sich eine Anti-Pariser-Stimmung breit. Autos, die aus Paris und Umgebung stammen, wurden mit Schlüsseln verkratzt, die Nummernschilder abgerissen oder es stand darauf geschrieben: Hau ab. Zahlreiche Bürgermeister verurteilten die Attacken auf die Pariser als „Schande“.

Dieses Problem hat Estelle Marandon im Umland von Paris nicht. Ihr neues Leben inspirierte sie schon zu einem Buch, das in Frankreich und Großbritannien im April herauskommt: „Coming Home to Nature. The French Art of Countryfication“. Marandon sagt inzwischen: „Paris ist nicht weit weg, wir leben hier nicht mitten in Frankreich in der Einsamkeit. Ich fahre aber immer seltener in die Stadt.“ Statt Pariser Chic gehören nun die Gummistiefel zu ihrem Alltagsoutfit.

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Immobilien: Finanzaufsicht zwingt Banken, sich für Crash zu rüsten

Billiges Geld treibt die Preise an den Finanz- und Immobilienmärkten schon seit vielen Jahren. Nun fordert die Finanzaufsicht Bafin die deutschen Banken auf, sich für turbulentere Zeiten zu wappnen. Sie folgt damit den Empfehlungen des Ausschusses für Finanzstabilität und des European Systemic Risc Boards, die regelmäßig die Risiken im Finanzsystem analysieren und damit große Verwerfungen wie die Finanzkrise in den Jahren 2008 und 2009 verhindern wollen. Ausgelöst durch einen Crash am US-Immobilienmarkt stürzte damals das gesamte globale Bankensystem in eine Krise, die auf die Realwirtschaft überschwappte und zu einer weltweiten wirtschaftlichen Vollbremsung führte. Angesichts der hohen Profite und gleichzeitig steigenden Risiken im Finanzsystem fordert die Bafin nun, dass die Banken Kapitalpuffer für schlechtere Zeiten bilden. "Mit Blick auf die Finanzstabilität ist es jetzt Zeit, in den Präventionsmodus zu wechseln", sagte Bafin-Chef Mark Branson. Konkret will die Bafin, dass die Banken einen sogenannten antizyklischen Kapitalpuffer von 0,75 Prozent der risikogewichteten Aktiva aufbauen. Dieser Puffer war wegen der Corona-Pandemie auf null Prozent gesenkt worden, davor lag er bei 0,25 Prozent. Außerdem soll ein neuer Puffer eingeführt werden: Er soll die enorm gestiegenen Kredite bei Wohnimmobilien absichern und bei zwei Prozent der risikogewichteten Aktiva liegen. Insgesamt müssten die Banken für beide Maßnahmen 22 Milliarden Euro an hartem Kernkapital zur Seite legen. Der Immobilienpuffer soll einer Pleitewelle im Finanzsektor vorbeugen, falls die Immobilienpreise kollabieren und reihenweise Kredite in diesem Bereich ausfallen. Allein im Jahr 2020 sind die Immobilienpreise in Deutschland laut Finanzstabilitätsbericht um 6,7 Prozent gestiegen, im dritten Quartal 2021 lag der Anstieg bei über sieben Prozent. In Brennpunkten wie der Metropolregion um München werden für familiengerechte Wohnungen und Häuser längst Summen von einer Million und mehr aufgerufen. Besonders junge Familien nehmen deshalb vermehrt riesige Kredite für ein Eigenheim auf. Die Bundesbank hatte bereits vor überhöhten Preisen und einer Blase am Immobilienmarkt gewarnt. Sollte die Europäische Zentralbank die Zinsen anheben, um die stark gestiegene Inflation einzudämmen, droht die Gefahr, dass viele Eigenheimbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen können. Dadurch würden nicht nur Kredite ausfallen, sondern wohl auch die Immobilienpreise sinken, weil beispielsweise durch Zwangsversteigerungen wieder vermehrt günstige Objekte auf den Markt kämen. Durch die Puffer sollen entstehende Verluste im Bankensektor kompensiert und eine Kettenreaktion verhindert werden.
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Immobilienpreise: Bundesbank warnt vor Überbewertung

Seit Jahren steigen die Immobilienpreise in den Städten nahezu ungebremst, 2021 haben Käufer in Deutschland Rekordsummen auf den Tisch gelegt. Die Bundesbank warnt, dass die Preise vom Wert entkoppelt sein könnten.

Während die Immobilienumsätze in Deutschland auf ein Rekordhoch gestiegen sind, sieht die Bundesbank vermehrt Indizien für eine Überbewertung von Wohnhäusern und Wohnungen in den Städten. Nach den aktuellen Schätzungen, die die Bundesbank in ihrem Monatsbericht auswertet, lagen die Immobilienpreise in den Städten im vergangenen Jahr zwischen 15 Prozent und 40 Prozent über dem Preis, der »durch soziodemografische und wirtschaftliche Fundamentalfaktoren angezeigt« sei.

Nach einer Hochrechnung des Maklerverbands IVD gaben die Käufer privater und gewerblicher Immobilien 2021 insgesamt 353,2 Milliarden Euro aus. Das waren 13,7 Prozentpunkte mehr als 2020 und so viel wie noch nie zuvor, wie der Verband mitteilte. Die Hochrechnung beruht auf den Einnahmen der Grunderwerbsteuer. Daraus lässt sich nicht ablesen, wie viele Häuser, Wohnungen, Büros oder Lagerhallen im vergangenen Jahr verkauft wurden. Der Umsatzrekord geht zu einem beträchtlichen Teil auf die stetig gestiegenen Immobilienpreise zurück.

Die Bundesbank warnt schon seit Jahren vor Überbewertungen am Immobilienmarkt. Die starken Preissteigerungen in Deutschland und anderen europäischen Länder alarmierten zuletzt auch den den EU-Risikorat ESRB. Allerdings heißt es im Bericht der Bundesbank, dass die Einschätzung der Preise bei Wohnimmobilien derzeit mit besonders hoher Unsicherheit behaftet sei, unter anderem wegen der stark gestiegenen Baupreise.

Experten uneinig darüber, ob es eine Blase gibt

Spitzenreiter im Immobiliengeschäft war laut IVD im vergangenen Jahr Berlin, wo die Umsätze um 26,4 Prozent zulegten. Am wenigsten tat sich in Bremen, dort stiegen die Immobilienumsätze lediglich um 4,2 Prozent.

Ob es eine Preisblase bei Wohneigentum in Deutschland gibt oder nicht, ist unter Fachleuten seit Langem umstritten. In der Bau- und Immobilienbranche wird stets darauf verwiesen, dass in den Städten und deren Umland nach wie vor viele Wohnungen fehlen und die Nachfrage wesentlich höher ist als das Angebot.

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Wohnungspreise: Immowelt sagt Ende des Immobilienbooms voraus

Nach Einschätzung des Online-Portals werden die Preise für Wohnungen in vielen Großstädten sinken – in manchen sogar spürbar. Diese Entwicklung gilt längst nicht für alle Städte.

Jahrelang waren die Immobilienpreise in Deutschland stark angezogen - diese Phase geht jedoch in vielen Großstädten zu Ende, wie Immowelt meint. Foto: dpadata-portal-copyright=

© Bereitgestellt von HandelsblattJahrelang waren die Immobilienpreise in Deutschland stark angezogen - diese Phase geht jedoch in vielen Großstädten zu Ende, wie Immowelt meint. Foto: dpadata-portal-copyright=

Jahrelang sind die Immobilienpreise in Deutschland gestiegen. Doch das wird sich bald ändern, wie die Experten des Online-Portals Immowelt meinen: Sie prognostizieren: „Der Immobilienboom neigt sich dem Ende zu.“ Die Zeit der großen Preissteigerungen sei voraussichtlich vorbei.

Laut einer Preisschätzung würden in zehn von 14 der betrachteten Städte in Deutschland mit mehr als 500.000 Einwohnern bis Dezember dieses Jahres die Kaufpreise stagnieren oder leicht sinken. Vor allem in Frankfurt dürfte es sogar deutlich nach unten gehen.

„Die aktuellen Unsicherheiten durch den Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation und die steigenden Bauzinsen führen dazu, dass der Immobilienboom voraussichtlich noch in diesem Jahr endet“, meint Felix Kusch, Country Managing Director Immowelt.

Ein spektakuläres Platzen einer Blase mit Preisstürzen sei aber nicht zu erwarten: „Nach der jahrelangen Preisrally bewegen sich die Kaufpreise in den meisten Städten künftig seitwärts“, prognostiziert er. In einigen Städten komme es schon jetzt zu leichten Preiskorrekturen nach unten. „Sollten die Bauzinsen noch stärker steigen, sind auch spürbare Rückgänge denkbar.“

Der Anstieg der Bauzinsen macht auch andere Experten skeptisch, was die Fortsetzung des Immobilienbooms in Deutschland angeht. Denn es war nicht zuletzt die Möglichkeit, einen Immobilienkauf günstig zu finanzieren, die dafür sorgte, dass sich immer mehr Menschen ein Haus oder eine Wohnung zulegten.

Immowelt: Immobilien-Finanzierung verteuert sich

Im vergangenen Sommer aber setzte eine Trendwende ein: Die Bauzinsen stiegen, und seit Jahresbeginn ging es sogar unerwartet rasch nach oben. So hätte man zu Anfang des Jahres noch einen Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren zu einem Zins von einem Prozent bekommen können – nun ist die Drei-Prozent-Marke in Reichweite. Im Laufe des Jahres dürfte es weiter aufwärtsgehen, erwarten Experten, wenn auch nicht mehr so rasant wie zuletzt.

Doch die höheren Zinsen dürften ihren Erwartungen zufolge sehr wohl dazu führen, dass der eine oder andere seinen Traum von einem Eigenheim aufgeben muss. Das würde die Nachfrage und damit auch auf die Preise drücken.

Allerdings weisen Experten auch darauf hin, dass die Bauzinsen trotz des jüngsten Anstiegs im historischen Vergleich niedrig sind – und nicht wenige Immobilienkäufer ausreichend Geld zur Verfügung haben und nicht auf einen Kredit angewiesen sind, sodass die Nachfrage nicht komplett wegbrechen dürfte.

Hinzu kommt: Angesichts der hohen Baukosten kommen Zweifel auf, dass in Zukunft ausreichend Wohnungen gebaut werden, um mit der Nachfrage Schritt zu halten. Jüngsten Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge waren für das vergangene Jahr 350.000 neue Wohnungen geplant. Tatsächlich gebaut wurden aber lediglich 293.393. Schuld daran dürften nicht zuletzt Lieferengpässe und Rohstoffknappheit sein, hohe Preissteigerungen als Folge der hohen Nachfrage nach Baustoffen sowie die Personalknappheit im Baugewerbe.

In der Kalkulation von Immowelt für die Schätzung der Kaufpreise wurde zusätzlich zu der Entwicklung der Bauzinsen die Entwicklung der Verbraucherpreise berücksichtigt. Dabei wurde für Dezember 2022 ein Zinssatz für zehnjährige Baudarlehen von 3,5 Prozent angenommen. Untersucht wurden die Angebotspreise von Bestandswohnungen, konkret für eine Durchschnittswohnung mit 75 Quadratmetern, drei Zimmern, im ersten Stock und einem Baujahr in den 1990er-Jahren.

Immowelt prognostiziert deutlichen Rückgang für Frankfurt

Besonders in Frankfurt kommt es laut Immowelt zu einem spürbaren Rückgang: Bis Ende des Jahres würden die Kaufpreise voraussichtlich um fünf Prozent zurückgehen, heißt es, das ist die stärkste Veränderung aller untersuchten Städte. Im Dezember kostet der Quadratmeter in Frankfurt demnach voraussichtlich 6260 Euro. Aktuell sind es mit 6600 Euro noch 340 Euro mehr.

Das dürfte daran liegen, dass die Preise hier in den vergangenen Jahren besonders dramatisch angezogen haben. Frankfurt gilt nach München als zweitteuerste Stadt Deutschlands.

Die Grenze des Bezahlbaren schien bereits vergangenes Jahr erreicht. Nun sorgten die gestiegenen Bauzinsen wohl für erste Preiskorrekturen nach unten, begründet Immowelt die Prognose fallender Preise.

Auch in Berlin gehen die Immobilienpreise zurück

Auch Berlin zählt laut Immowelt zu den Städten, in denen der Preisboom in diesem Jahr zunächst enden dürfte: Für die Immobilienpreise in der Hauptstadt wird ein Minus von drei Prozent bis Dezember erwartet. Das liege unter anderem daran, dass sich die Unsicherheiten wegen des Mietendeckels in der Vergangenheit auch auf den Kaufmarkt übertragen haben und die Preise eher moderat gestiegen seien. Durch die nun veränderten Rahmenbedingungen sei ein leichter Rückgang bis Jahresende einzukalkulieren.

Diese Entwicklung gilt längst nicht für alle Städte. So wird für München ein Anstieg von einem Prozent erwartet – „die Preisspitze“ dürfte dann aber erreicht sein. In Deutschlands teuerster Großstadt kostet der Quadratmeter im Dezember dann voraussichtlich 9670 Euro.

In Hamburg ist noch mehr Luft nach oben: Die Experten erwarten ein Plus von zwei Prozent. Der stärkste Anstieg bei den Immobilienpreisen wird jedoch für Hannover mit einem Aufschlag von drei Prozent vorhergesagt.

Natürlich ist nicht zu erwarten, dass die erwarteten Preisentwicklungen alle Gebäude gleichermaßen treffen. Darauf weist auch Immowelt hin. „Besonders bei älteren, oftmals unsanierten Wohnungen dürfte die Nachfrage aber deutlich zurückgehen“, sagen die Experten. Denn neben den gestiegenen Zinsen erschweren die hohen Sanierungskosten sowie der Handwerkermangel den Kauf zusätzlich.

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Interview: Vonovia-Chef Rolf Buch: „Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht“

Der Vorstandsvorsitzende des Immobilienkonzerns spricht im Interview über die Konsequenzen der Teuerung, die Hürden bei der Energiewende und seine Prognose für den Wohnungsmarkt.

„Wir werden mehr Neubauten verkaufen als ursprünglich geplant.“ Foto: Jann Höfer für Handelsblattdata-portal-copyright=

Deutschlands größter Vermieter, der Dax-Konzern Vonovia, hält Mieterhöhungen angesichts der hohen Inflationsraten für unausweichlich. Der Immobilienriese besitzt rund 565.000 Wohnungen in Europa, ein Großteil davon in Deutschland.

In den ersten drei Monaten haben sich die Mieten bei Vonovia im Schnitt bereits auf 7,40 Euro pro Quadratmeter erhöht – das waren 3,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor.

Mit dem Handelsblatt sprach der 57-Jährige Vorstandschef Rolf Buch darüber, was auf Mieter und Immobilienkäufer in den nächsten Jahren zukommt – und wie er heute über seine Beteiligung am Rivalen Adler denkt.

Lesen Sie hier das vollständige Interview:

Herr Buch, der Wohnungsbauboom hat ein vorläufiges Ende gefunden. Ist der Plan der Bundesregierung, jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen zu schaffen, bereits Makulatur?

Ich glaube, es wird schwierig. Die 400.000 waren ein ambitioniertes Ziel, das man sich politisch gesetzt hat. Doch die Welt hat sich inzwischen komplett geändert. Es sind gleich eine ganze Reihe von Faktoren, die den Bau neuer Wohnungen ausbremsen. Im Endeffekt dürfte das Ziel zumindest dieses Jahr kaum mehr zu erreichen sein.

Rechnen Sie damit, dass zunehmend Bauprojekte auf Eis gelegt werden?

Nun, wir haben stark steigende Preise, einen Mangel an Facharbeitern, fehlendes Baumaterial, höhere Zinsen, und wir haben eine KfW-Förderung, die weggefallen ist: Die Branche segelt also quasi in einem perfekten Sturm. Auch wir haben unser Investitionsbudget wegen gestiegener Kapitalkosten angepasst. Statt 2,1 bis 2,5 Milliarden Euro geben wir im laufenden Jahr nun 1,3 bis 1,5 Milliarden Euro für Bestand und Neubau aus. Bei den Investitionen für mehr Klimaneutralität werden wir keine Abstriche machen, aber beim Neubau für den eigenen Bestand. Wir werden mehr Neubauten verkaufen als ursprünglich geplant.

Viele Experten sagen ein Ende der Preisrally voraus. Steht der ewige Boom am Immobilienmarkt vor dem Ende?

Eine grundsätzliche Erkenntnis, wenn man zurückschaut, ist, dass sich Immobilienpreise trotz Inflation immer konstant zu den Baupreisen entwickelt haben. Und die Baupreise werden in nächster Zukunft nicht zurückgehen, weil alles teurer wird, was ich für Neubauten brauche. Deswegen gehe ich davon aus, dass auch der Immobilienmarkt in unserem Segment mindestens stabil bleiben wird. Die Konsequenz dieser Preisspirale ist allerdings, dass viele Baufirmen nun keine Neubauten mehr in Angriff nehmen. Niemand wird Projekte bauen, wenn die Firmen das Geld später nicht wieder einnehmen können.

Die Inflation hat auch einen negativen Effekt für viele Ihrer Kunden: Sie fürchten höhere Mietsteigerungen. Worauf müssen sich die Mieter der 500.000 Wohnungen von Vonovia einstellen?

Viele Bankmanager sagen mir, dass sie davon ausgehen, dass wir auf Dauer mit einer höheren Teuerung als in den letzten Jahren in Deutschland leben werden müssen. Ein Geschäftsmodell, bei dem der Umsatz stabil bleibt und die Kosten mit der Inflation steigen, ist daher endlich. Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen. Sonst werden viele Vermieter in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Wir können nicht so tun, als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht. Das wird nicht klappen.

Die Zinswende könnte die Marktsituation deutlich verändern. Steht der Markt vor einer Zeitenwende, wie eine Bank bereits vorhersagt?

Ich glaube, da muss man differenzieren. Wenn ich über den Wohnungsmarkt spreche, dann meine ich die klassische, bezahlbare Mietwohnung mit 60 Quadratmetern. Ich rede nicht über die Premium-Dach-Apartments, nicht über Eigenheime und nicht über Luxusbauten. Da mag es sein, dass das Penthouse im Preis nicht immer nur steigt, sondern auch mal sinkt. Aber der Markt für die Gebäude, in denen die Mehrzahl der Deutschen lebt, funktioniert anders. Da gehen die Preise nicht runter. Um unseren Bestand mache ich mir insofern null Sorgen.

Die Bundesbank warnte dennoch unlängst vor einer Überhitzung der Preise in großen Städten und warnte vor Überbewertungen von bis zu 40 Prozent. Diese Prognose beunruhigt Sie nicht?

Nein, denn die Ökonomen schauen sich einen anderen Markt an. Bei dem Markt für sehr teure Wohnungen kann es sein, dass es zu Überhitzungstendenzen kommt. Ich rede über die normalen Mietwohnungsquartiere, die wir im Bestand haben. Und eine Blase könnte es da nur geben, wenn es ein Problem bei der Nachfrage gibt. Doch die Wohnungen in den Städten, die wir anbieten, werden uns aus den Händen gerissen. Von einer Blase ist da nichts zu spüren. Wir würden erst dann eine Nachfragelücke bekommen, wenn die Leute nicht mehr in den Städten leben wollten. Danach sieht es aber nicht aus.

Welche Rolle auf dem Wohnungsmarkt spielen die aktuell über 600.000 in Deutschland registrierten Flüchtlinge aus der Ukraine?

Ich habe persönlich die Befürchtung, dass dieser Krieg sich noch lange hinziehen wird. Das könnte bedeuten, dass viele der Flüchtlinge für längere Zeit in Deutschland bleiben werden. Das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen erscheint mir vor diesem Hintergrund eher zu niedrig angesetzt als zu hoch.

Muss die Politik mehr unternehmen, um den Neubau wieder anzukurbeln?

Die Ampelkoalition hat derzeit sehr viele Themen auf dem Tisch. Da verstehe ich, dass sich Berlin aktuell auf einige wesentliche Punkte konzentriert. Aber wir sollten uns keine Illusionen machen, dass wir beim Reizthema Wohnen und Bauen auf neue Probleme zusteuern – und viele Hürden endlich abgeräumt werden müssen.

Können Sie da bitte konkreter werden?

Ich habe mir diese Woche angeschaut, was beim Thema Wärmepumpe bei uns so los ist – und das ist der helle Wahnsinn. Wir müssen unsere Geräte bei rund 900 verschiedenen Netzbetreibern beantragen – und jeder hat ein anderes Formular. Jeder will andere Daten haben. Von den Wärmepumpen, die wir im letzten Jahr beantragt haben, haben wir bisher nur für zehn Prozent eine Genehmigung erhalten. Bei rund 50 Prozent steht eine Antwort der Netzbetreiber noch aus. Wir müssen gemeinsam den Prozess vereinheitlichen und beschleunigen, damit die erwünschte energetische Erneuerung nicht an der Bürokratie scheitert.

Steht die Energiewende in Deutschland auf dem Spiel?

Wenn wir die Energiewende wirklich wollen, dann sollte den Energieversorgern vorgeschrieben werden, dass sie innerhalb von sechs Wochen über einen solchen Antrag entscheiden müssen – sonst gilt das Gerät als genehmigt. Außerdem müssen die Anträge standardisiert werden. Wir brauchen eine Vereinfachung des Vorgehens. Es reicht einfach nicht, über Wärmepumpen zu reden. Wir müssen uns auch damit beschäftigen, wie wir sie schnell ans Netz bekommen. Denn das Potenzial ist riesig: Statten wir kurz- bis mittelfristig unsere bautechnisch geeigneten Bestände mit einer Wärmepumpe aus, können wir den Erdgasbedarf im Gesamtportfolio um bis zu 30 Prozent senken.

Wie sehr schadet das Hin und her bei der Förderung energetischer Neubauten durch die KfW?

Darüber könnte ich lange schimpfen. Da sagt wohl auch keiner in der Regierung, dass das eine Glanzleistung war. Aber das sollten wir abhaken. Das Problem ist jedoch, dass die Subvention nicht nur eine Förderung für den energetischen Bau, sondern auch für den Wohnungsbau an sich war. Vielmals waren die durchschnittlich 18.000 Euro Förderung Ersatz für den Eigenkapital-Anteil für den einen oder anderen Bauherren. Ohne diese Förderung werden neue Wohnungen für die Mittelschicht jedoch noch teurer. Die Mitte der Gesellschaft kann sich das Leben in der Stadt jetzt schon nicht mehr leisten. Die Krankenschwester, die dieses Land aufrechterhält, findet bald kaum noch eine neue Wohnung.

Wie teuer werden die steigenden Energiepreise für Mieter in Deutschland?

Wir haben das durchgerechnet: Das kann bis zu zwei Monatsmieten im Jahr zusätzlich kosten. Nur um anschaulich zu machen, was das bedeutet: Die Menschen geben heute durchschnittlich 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für das Wohnen aus. Wenn ich ihnen noch zwei Monatsmieten Nebenkosten abnehme, schreibe ich eine Rechnung über das gesamte Einkommen, das sie im Monat haben. Da steckt also soziale Sprengkraft drin. Denn nicht jeder kann es sich leisten, jetzt Geld zurückzulegen. Wir sind allerdings nicht das Problem, wir verdienen daran keinen Cent. Ich glaube deshalb, dass der Staat nicht umhinkommt, hier noch einmal finanziell zu helfen.

Heikel ist auch Ihre Position als Großaktionär von Adler. Fürchten Sie kein Reputationsrisiko, wenn Ihr Firmenname in einem Atemzug mit einer Firma genannt wird, das für seinen Abschluss kein Testat hat und gegen das die Staatsanwaltschaft ermittelt?

Wir haben einen klaren Blick auf die Bestände bei Adler, und die sind durchaus werthaltig. Wir dachten deshalb, dass es eine gute Idee wäre, bei Adler einen Fuß in die Tür zu bekommen – aber der Kapitalmarkt sieht das anders. Ich akzeptiere, dass die Mehrheit unserer Aktionäre eine Übernahme nicht wünscht, und deshalb werden wir es auch nicht tun. Wir werden bei Adler nicht weiter kaufen und sind perspektivisch bereit, unsere Beteiligung auch zu verkaufen.

Wäre ein rasches Ende mit Schrecken bei der Beteiligung nicht das Klügste?

Es macht, glaube ich, derzeit keinen Sinn. Wir sind der Meinung, dass die Werte bei Adler derzeit nicht im Börsenkurs abgebildet sind. Deshalb warten wir lieber noch ab. Ich bin zuversichtlich, dass das neue Führungsteam bei Adler jetzt eine Governance aufbauen wird, die transparent ist. Wir haben also genug Zeit, um zu warten, bis uns jemand einen fairen Preis für unseren Anteil bietet.

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Adler wird sich also Ihrer Meinung nicht zu einem zweiten Wirecard entwickeln?

Der große Unterschied ist, dass die Projekte und Bauten da sind. Das sind keine Scheingeschäfte in Asien, sondern Immobilien. Die kann ich anfassen und anschauen. Das Portfolio kann sich nicht in Luft auflösen.

Der Shortseller Frazer Perring hat sowohl bei Wirecard als auch bei Adler früh vor angeblichen Unregelmäßigkeiten gewarnt. Haben Sie vor dem Einstieg seinen Adler-Report gelesen?

Klar, jede Zeile, und das sehr aufmerksam. Ehrlich gesagt, waren für uns die meisten Sachen, die dort standen, schon im November keine große Überraschung. Entweder weil wir sagen, wir sehen es anders. Oder aber: ja, weil es so ist. Aber das ist Vergangenheit. Jetzt setzen wir darauf, dass dem neuen Führungsteam um Adler-Aufsichtsratschef Stefan Kirsten der Neustart gelingt.

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Wohnungsmarkt-Blasen senden Warnzeichen: 30-Länder-Übersicht

Bomberg) -- Während die Weltwirtschaft mit ausufernden Verbraucherpreisen, Börsenturbulenzen und den Auswirkungen von Moskaus Krieg in der Ukraine zu kämpfen hat, zeichnet sich eine weitere Bedrohung ab: ein Ende des weltweiten, massiven Immobilienbooms.

Mit dem globalen Trend zur strafferen Geldpolitik sorgen steigende Kreditkosten dafür, dass durch die Finanzierung bereits belastete Immobilieneigentümer an ihre Grenzen stoßen. Die größten Risiken für den Markt zeigen sich in einer Analyse von Bloomberg Economics dabei in Neuseeland. Gleich danach folgen die schon näher liegenden Märkte Ungarn und Tschechien.

“Die Gefahr besteht darin, dass sich die Konjunktur- und Finanzzyklen gleichzeitig abschwächen, was zu länger anhaltenden Rezessionen führen kann”, erklärte Rob Subbaraman, Chef der Marktanalyse bei Nomura Holdings Inc. “Ein Jahrzehnt QE hat die überschwänglichen Immobilienmärkte angeheizt, und wir könnten bald zur Kehrseite dessen kommen.” In puncto Erschwinglichkeit sei der Immobilienmarkt angespannt. Die Schuldendienstquoten könnten stark ansteigen.

New Zealand at Top of Risk Ranking | Five gauges of property risk for OECD member and accession countries

© BloombergNew Zealand at Top of Risk Ranking | Five gauges of property risk for OECD member and accession countries

In Neuseeland war 2021 das Jahr, in dem die Immobilienpreise mit einem Jahresanstieg von fast 30% schwindelerregende Höhen erreichten. 2022 dürfte das Jahr werden, in dem die Musik aufhört zu spielen. Zur Inflationseindämmung hat die Notenbank in Wellington im April die Leitzinsen um 50 Basispunkte auf 1,5% erhöht. Einen so großen Zinsschritt gab es seit 22 Jahren nicht. Im Mai folgte eine weitere Anhebung um 50 Basispunkte, und die Prognose, dass die Zinsen im nächsten Jahr das Maximalniveau von knapp 4% erreichen dürfte.

In Tschechien zeigte ein Quartalsindex von CEIC Data für die Wohnimmobilienpreise im Dezember einen Jahresanstieg um 26%. Im europäischen Vergleich ist das Land geprägt von hoher Wohneigentumsquote, starker Inflation und niedriger Arbeitslosigkeit, wie Ökonom Vit Hradil von der Prager Investmentfirma Cyrrus erklärt. Um die Inflation einzudämmen, die im Mai 16% erreichte, hat die tschechische Zentralbank die Leitzinsen auf den höchsten Stand seit 1999 angehoben.

In Ungarn hat Premierminister Viktor Orban die Anreize für den Erwerb von Wohneigentum verstärkt, um die Geburtenrate zu erhöhen. Nach Angaben der EU-Datenagentur Eurostat stiegen die Immobilienpreise im Schlussquartal 2021 im Jahresvergleich um fast 20%. Russlands Krieg in der Ukraine hat die Energiekosten in die Höhe getrieben und die Verfügbarkeit von Bauarbeitern eingeschränkt. Letzte Woche hat die Zentralbank den Leitzins unerwartet um weitere 50 Basispunkte angehoben.

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Mieterhöhungen: Das Comeback der Indexmietverträge: Vermieter wollen höhere Renditen

Wegen der hohen Inflation stellen viele Vermieter auf Indexmietverträge um – zum Ärger der Mieter. Was sich Vermieter von den Verträgen versprechen.

München gehört zu den Städten, in denen ein signifikanter Anteil der Mietverträge auf dem Inflationsindex beruht. Foto: dpadata-portal-copyright=

© Bereitgestellt von HandelsblattMünchen gehört zu den Städten, in denen ein signifikanter Anteil der Mietverträge auf dem Inflationsindex beruht. Foto: dpadata-portal-copyright=

Jahrelang haben sie ein Nischendasein gefristet, doch jetzt sind sie gefragt: Indexmietverträge. Zwar waren diese Verträge im gewerblichen Bereich üblich, aber nicht bei privaten Vermietern. Das ändert sich wegen der steigenden Inflation nun.

Immer mehr Vermieter wollen mit diesen Verträgen eine bessere Rendite erzielen. Rudolf Stürzer, Vorsitzender des Vermieterverbands Haus und Grund in München, sagt, dass das nicht der einzige Vorteil der Vertragskonstruktion sei: „Das Instrument schafft Transparenz und verhindert Streitigkeiten, die anfallen, wenn der Mietspiegel als Grundlage herangezogen wird.“

Egal ob kleiner Privatvermieter oder Immobilienkonzern, das Prinzip ist dasselbe: Eine Indexmiete koppelt die Höhe der Miete an die Entwicklung der Lebenshaltungskosten. Grundlage für die Berechnung ist der Verbraucherpreis-Index (VPI) des Statistischen Bundesamts, der als Basis für die Inflationsrate dient. Der Index misst, wie sich die Preise aller Waren und Dienstleistungen durchschnittlich entwickeln, die private Haushalte kaufen.

Wenn also der Verbraucherpreis-Index steigt, steigt auch die Kaltmiete. Für manche Vermieter haben Indexmieten aber einen besonderen Vorteil: Die Vertragsparteien können mit einer Indexmiete die Mietpreisbremse umgehen, die die Mietenpreiserhöhung in vielen deutschen Städten deckelt.

Zwar müssen die Mieten bei Vertragsschluss die Vorgaben des Gesetzgebers erfüllen. Für spätere Anpassungen gilt das aber nicht.

Auswirkung auf Mietspiegel erwartet

Die Mieterseite kritisiert die Indexverträge. Jutta Hartmann vom Deutschen Mieterbund sagt, das Instrument sei für Mieter ein Risiko. Diese müssten sich bei gleichbleibend steigender Inflation mit massiven Mieterhöhungen auseinandersetzen. Hartmann warnt zudem vor einer indirekten Wirkung der Indexmieten: „Steigen die an, hat das auch Auswirkungen auf den Mietspiegel, was wiederum Mieter betrifft, die einen normalen Mietvertrag haben.“

München gehört zu den Städten, in denen ein signifikanter Anteil der Mietverträge auf dem Inflationsindex beruht. Haus und Grund München vertritt nach eigenen Angaben rund 420.000 Wohneinheiten. Das sind etwa 70 Prozent des Bestands an Wohnimmobilien in München.

Der Anteil von Indexmietverträgen bei Neuabschlüssen lag hier lange bei 40 Prozent. Haus-und-Grund-Vorsitzender Stürzer geht davon aus, dass die Zahl nun auf 60 Prozent gestiegen ist. „Es gab in München immer Streitigkeiten über den Mietspiegel und Prozesse, deswegen raten wir schon seit Langem unseren Mitgliedern, sich des Indexmietvertrags zu bedienen.“

Exakte Zahlen über Indexmietverträge in Deutschland liegen nicht vor. Das hängt damit zusammen, dass Vermieter nicht verpflichtet sind, dies anzugeben. Auch Onlineportale wie Immo 24 erfassen nicht die Art der Mietverträge.

Belegt ist lediglich, dass sie in einzelnen Märkten häufiger vertreten sind. Nach Angaben der Verbände sind es meist Städte mit angespanntem Wohnungsmarkt, wie zum Beispiel Hamburg. Die Indexmietverträge sind für Vermieter mit der steigenden Inflation wichtiger geworden.

Großvermieter liebäugeln mit Indexmietverträgen

Auch der schwedische Immobilienkonzern Heimstaden setzt sich mit den Indexmietverträgen auseinander. Der Großvermieter hat nach dem Kauf von 17.600 Wohneinheiten von Akelius – rund 14.000 davon in Berlin und 3600 in Hamburg – einen hohen Anteil an bestehenden Indexmietverträgen übernommen.

Heimstaden „tauscht sich intensiv mit den Mieterinnen und Mietern aus“ und will „rechtzeitig Preissprünge kommunizieren, um böse Überraschungen zu vermeiden“, teilt der Konzern zu den Indexmietverträgen mit.

In der Hansestadt ist laut Rolf Bosse vom Mieterverein Hamburg die Zahl der Indexmietverträge in den vergangenen drei Jahren gestiegen: „Mittlerweile sind 50 Prozent der Neuverträge mit Ausnahme der kommunalen SAGA und der Genossenschaften indexiert“, sagt er. Bosse schätzt die Gesamtzahl auf 70.000 bis 90.000 Verträge und durch Mieterwechsel kämen jährlich 12.000 hinzu. Der Immobilienkonzern Heimstaden wollte mit dem Handelsblatt nicht über seine Strategie bezüglich künftiger Mietverträge sprechen.

Das könnte damit zusammenhängen, dass der Konkurrent Vonovia Mitte Juni für Aufsehen sorgte. Die Aussagen des Finanzchefs Philip Grosse in einem Interview mit der „Börsen-Zeitung“ werteten Medien als Ankündigung, die Zahl der Indexmietverträge zu erhöhen.

Aktuell machen Indexmietverträge Grosse zufolge weniger als ein Prozent der insgesamt über 550.000 Wohnungsmietverträge des Bochumer Wohnungsriesen aus. „Ihr Anteil wird auch künftig überschaubar bleiben“, beteuerte er in dem Interview. Gleichwohl betonte er, dass Vonovia die steigenden Kosten nicht ignorieren könne. In einer Präsentation für Analysten hatte der Dax-Konzern erklärt, dass bis zu 140.000 Wohnungen von Vonovia für einen Indexmietvertrag geeignet wären.

Rudolf Stürzer von Haus und Grund sieht auch mögliche Nachteile: Neben der Transparenz gebe es das Risiko, dass Mieter bei maximal ausgeschöpften Erhöhungen an ihre finanzielle Grenze stoßen.

Seit dem massiven Anstieg der Verbraucherpreise hat Stürzer die Empfehlungen für Vermieter in seinem Verein ergänzt: „Wir raten unseren Mitgliedern zu Kappungsgrenzen, die den Index als Instrument beinhalten, dem Mieter aber die Sicherheit über die maximale Höhe geben.“ Denn auch Vermieter hätten ein Interesse daran, gute Mieter nicht zu vergraulen. Eventuell häufige Mieterwechsel wegen der Miethöhe seien nicht immer im Interesse von Vermietern, die „die möglichen Erhöhungen ja nicht einfordern müssen“.

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Immobilien: Wohnungsneubau bricht ein: „Das ist die Vollbremsung einer ganzen Branche“

Im Wohnungsbau werden viele Projekte storniert. Hohe Baukosten und steigende Zinsen stellen viele Projekte infrage. In Teilmärkten sinken die Preise.

Am Mehrfamilienhaus herrscht rege Bautätigkeit. Das aber ist nicht mehr überall so: Projekte verzögern sich, die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland nimmt ab. Foto: dpadata-portal-copyright=

© Bereitgestellt von HandelsblattAm Mehrfamilienhaus herrscht rege Bautätigkeit. Das aber ist nicht mehr überall so: Projekte verzögern sich, die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland nimmt ab. Foto: dpadata-portal-copyright=

Die Einladungen waren verschickt, der Termin gesetzt. Doch rund eine Woche vor der geplanten Grundsteinlegung in Wiesbaden entschied sich die OFC Projektentwicklung im Juni überraschend gegen den feierlichen Startschuss: Die „Grundsteinlegung des Seven Gardens Oak House muss leider aus terminlichen Gründen verschoben werden“, hieß es in der Mitteilung in knappen Worten. Das neue Datum „geben wir Ihnen rechtzeitig bekannt“.

Die Terminverschiebung ist kein Einzelfall. So wie der OFC Projektentwicklung geht es derzeit nicht eben wenigen Firmen in der Branche. Ukrainekrieg, Materialmangel und rasant gestiegene Zinsen – auf dem deutschen Immobilienmarkt zeichnet sich eine ungute Gemengelage ab. Viele Investoren zögern, die Kalkulation wird schwieriger, und manche Zeitpläne beginnen zu kippen.

So muss die Branche wieder einkalkulieren, was sie in den vergangenen Boomzeiten vernachlässigen durfte: das Risiko. Der Neubau von Wohnungen ist plötzlich kein Selbstläufer mehr, sondern im Fall des Falles ein riskantes Unterfangen.

Nachdem bereits der Jahresauftakt auf dem deutschen Wohn-Investmentmarkt verhalten ausgefallen ist, hat sich dieser Trend im Laufe des zweiten Quartals verschärft.

„Die Wohnungsmärkte befinden sich im Spannungsfeld zwischen Inflation, Zinswende, Baukostensteigerungen, realwirtschaftlichem Neubaubedarf und klimapolitischen Zielen“, sagt Michael Bender, Head of Residential beim Immobiliendienstleister JLL in Deutschland. „In dieser von Unsicherheit geprägten Phase sind einige Akteure vorsichtig und verschieben ihre Investitionsentscheidungen.“

Im Wohnungsbau werden viele Projekte storniert

Das Transaktionsvolumen im gewerblichen Wohnungsmarkt ist laut dem Experten im zweiten Quartal 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um über ein Drittel auf 3,05 Milliarden Euro gesunken.

Viele Bauträger und Projektentwickler treten vor diesem Hintergrund nun auf die Bremse. Im Wohnungsbau werden viele Projekte storniert. Im Juli waren laut dem Münchener Ifo-Institut 11,5 Prozent der Unternehmen davon betroffen. „Wir beobachten seit April eine Stornierungswelle“, sagte Ifo-Forscher Felix Leiss jüngst. Mehr als 45 Prozent der Betriebe im Wohnungsbau meldeten Lieferprobleme.

Für das kommende halbe Jahr befürchten sehr viele Unternehmen Geschäftsrückgänge. „Noch sind die Auftragsbücher prall gefüllt. Aber die explodierenden Baukosten, höheren Zinsen und schlechteren Fördermöglichkeiten stellen mehr und mehr Projekte infrage“, beschreibt Leiss die aktuelle Situation.

Zahl der Baugenehmigungen sinkt

Entsprechend ist die Zahl der Baugenehmigungen in Deutschland im ersten Halbjahr 2022 bereits gesunken. Die Behörden bewilligten den Neu- und Umbau von 185.772 Wohnungen – das waren 2,1 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vorjahres, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Allein im Juni wurde demnach gegenüber dem Vorjahresmonat ein Rückgang um 4,5 Prozent auf 30.425 Wohnungen verzeichnet. Die Gewerkschaft Bauen, Agrar, Umwelt (IG BAU) sprach von einem Alarmsignal.

Das hat auch Folgen für Wohnungssuchende: Der Wohnungsneubau breche massiv ein, warnte der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) jüngst. „Das ist keine Delle beim Neubau, das ist die Vollbremsung einer ganzen Branche“, erklärte BFW-Präsident Dirk Salewski. „Das Ziel der Bundesregierung von 400.000 Neubauwohnungen wird so nicht ansatzweise zu erreichen sein“, warnte er.

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) hält dagegen am Versprechen der Bundesregierung fest, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen. Mit Blick auf steigende Zinsen, Fachkräftemangel und unzuverlässige Lieferketten sagte Geywitz vor wenigen Tagen dem Nachrichtenportal ZDFheute.de: „Es ist schwieriger geworden, deswegen müssen wir uns mehr anstrengen.“ Zu einer Abkehr von dem Wohnungsbau-Versprechen sei sie nicht bereit.

Kaum Spielraum für höhere Mieten

Doch die stark gestiegenen Baukosten sowie die im Jahresvergleich inzwischen dreimal höheren Bauzinsen machen viele Neubauprojekte inzwischen unrentabel. Laut dem Immobiliendienstleister Colliers rutschte die Mietrendite bei einigen Wohnbauprojekten bereits ins Minus.

Dass Bauherren ihre gestiegenen Kosten jedoch durch höhere Mieten kompensieren können, hält Felix von Saucken, Head of Residential Investment bei Colliers Deutschland, für unwahrscheinlich. Auch wenn die Inflation die Löhne schrittweise steigen lasse, sei aufgrund der explodierenden Energiekosten kaum Spielraum bei den Kaltmieten.

Dem deutschen Immobilienmarkt droht so die Puste auszugehen. Laut einer Erhebung des Immobiliendienstleisters McMakler sind die Immobilienpreise im zweiten Quartal bundesweit erstmals seit Beginn des Booms vor über zehn Jahren um 0,8 Prozent gefallen. Zugleich sei das Angebot an Immobilien deutschlandweit um 16 Prozent gestiegen, weil viele Eigentümer mit sinkenden Preisen rechnen.

„Damit beginnt für Kauf- wie Verkaufsinteressenten eine neue Marktphase“, sagt McMakler-Chef Felix Jahn. „Die Finanzierungszinsen liegen weiter auf einem historisch niedrigen Niveau, und in Teilmärkten sinken erstmals seit Langem die Preise.“

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Immobilien: Immobilien-Markt unter Druck: Banken prüfen Kredite strenger

Inflation und Angst vor sinkenden Immobilienpreisen lassen Banken vorsichtiger werden. Kunden kommen schwerer an Finanzierungen und müssen höhere Zinsen zahlen.

Nicht nur die Banken, auch ihre Kunden sehen genauer hin, wenn es um den Kauf einer Immobilie geht. Foto: dpadata-portal-copyright=

© Bereitgestellt von HandelsblattNicht nur die Banken, auch ihre Kunden sehen genauer hin, wenn es um den Kauf einer Immobilie geht. Foto: dpadata-portal-copyright=

Der Traum vom Eigenheim lässt sich immer schwerer verwirklichen. Zu den anhaltend hohen Immobilienpreisen kommt ein weiteres Problem hinzu: Die Banken und Sparkassen in Deutschland prüfen Baufinanzierungen strenger als noch zu Beginn dieses Jahres. „Die Banken sind bei Immobilienkrediten risikobewusster geworden“, sagt Raimund Röseler, der oberste Bankenaufseher der Finanzaufsicht Bafin.

Eine Umfrage des Handelsblatts unter sieben wichtigen Banken in Deutschland bestätigt den Befund: Die meisten Geldhäuser legen mittlerweile striktere Maßstäbe an Kreditanträge für den Hausbau oder Wohnungskauf an – und lehnen Finanzierungswünsche eher ab.

Die Bundesbank, die regelmäßig das Kreditvergabeverhalten der Institute untersucht, konstatiert, dass Banken ihre Kreditrichtlinien für private Wohnungsbaukredite im zweiten Quartal so stark verschärft hätten wie noch nie seit Einführung ihrer Kreditumfrage „Bank Lending Survey“.

Als wichtigste Gründe dafür gaben die Banken die schlechteren Aussichten auf dem Wohnimmobilienmarkt und die geringere Kreditwürdigkeit der Kreditnehmer an. Genau das spiegeln auch die Antworten der Banken im Rahmen der Handelsblatt-Umfrage wider.

„Aufgrund der stark gestiegenen Inflationsrate, getrieben insbesondere von hohen Energiepreisen, mussten wir unsere Mindestanforderungen an Lebenshaltungs- und Bewirtschaftungskosten im Rahmen der Bonitätsbetrachtung nach oben anpassen“, teilte etwa die Deutsche Bank mit. Diese Kosten sind ein zentraler Bestandteil bei der Feststellung des frei verfügbaren Einkommens und damit der Kreditwürdigkeit eines Darlehensnehmers. In der neuen Situation empfiehlt die Deutsche Bank ihren Kunden „den Einsatz von ausreichendem Eigenkapital und/oder – soweit möglich – eine höhere Tilgung“.

Die ING berichtet, ihre Bonitätskriterien für Kunden, die eine Immobilie als Kapitalanlage kaufen und nicht selbst bewohnen wollen, seien „seit diesem Jahr etwas strenger“. „Auch die Lebenshaltungskosten prüfen wir bei Anträgen aktuell besonders“, so die Direktbank.

Banken setzen höhere Haushaltspauschalen an

Die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden beschäftigt so gut wie alle Institute. „Insbesondere die jüngsten Entwicklungen wie den Zinsanstieg, die anziehende Inflation oder auch die Erhöhung der Energie- und damit der Nebenkosten beobachten wir sehr genau“, sagt etwa Jana Heeg-Rupprecht, Leiterin Baufinanzierung der Hypo-Vereinsbank. Ähnlich äußert sich die Commerzbank. Auch die Hamburger Sparkasse (Haspa) hat wegen der höheren Inflation ihre Haushaltspauschale im Juni erhöht. Die Pauschale bildet im Kreditprozess die Ausgaben für den generellen Lebensunterhalt eines Haushalts ab.

Das verfügbare Einkommen vieler Menschen ist in diesem Jahr von mehreren Seiten unter Druck geraten: Neben dem aktuellen Preisanstieg insbesondere für Energie belastet auch der Anstieg der Zinskonditionen die Haushaltskasse.

Noch zu Jahresbeginn bekamen Kunden bei den meisten großen Instituten wie der Deutschen Bank, der Commerzbank oder der ING ein 300.000-Euro-Darlehen mit zehn Jahren Laufzeit zu Konditionen zwischen 0,75 Prozent und einem Prozent Zins pro Jahr, jedenfalls dann, wenn die Kreditsumme nicht mehr als 80 Prozent des Kaufpreises entsprach. Solche Finanzierungen gab es Anfang August nur noch zu Konditionen, die zwischen 2,5 und 3,0 Prozent lagen.

„Die Zinsen sind seit Jahresbeginn zwischenzeitlich um mehr als zwei Prozent gestiegen. Einen so starken Anstieg in dieser kurzen Zeit hat keiner erwartet“, heißt es bei der Sparda-Bank West. Deshalb und wegen der höheren Energiepreise hat das Institut die Bewertung des erforderlichen Haushaltsüberschusses von privaten Kunden „angepasst“. Die PSD Bank Nord gibt an, eine Verschärfung der Kreditrichtlinien derzeit zu prüfen.

Die Hypo-Vereinsbank hat wegen der höheren Belastungen aus dem Zinsanstieg nach eigenen Angaben die Mindesttilgung von zwei Prozent auf ein Prozent reduziert. Voraussetzung ist allerdings, dass der Kunde auch dann nicht länger als 40 Jahre benötigt, um das Darlehen vollständig zurückzuführen.

Auch die finanzierte Immobilie selbst spielt eine wichtigere Rolle bei der Kreditvergabe. „Bei der Bewertung des Hauses oder der Wohnung sind Banken definitiv strenger geworden, weil nicht sicher ist, in welche Richtung sich der Markt bewegt und ob die Preise in Zukunft nicht vielleicht zurückgehen“, sagt Maik Korpjuhn, Finanzierungsberater des Hypothekenmaklers Dr. Klein.

Die Bankenaufseher in Deutschland warnen seit Längerem davor, dass der Immobilienmarkt mittlerweile überhitzt sein dürfte. Im Januar hatte deshalb der Ausschuss für Finanzstabilität, dem Vertreter von Bundesfinanzministerium, Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin angehören, bestimmte Vorschriften für private Immobilienkredite deutlich verschärft.

„Mit einem flächendeckenden Immobiliencrash rechne ich nicht, aber durchaus mit Korrekturen in bestimmten Segmenten“, sagt Bafin-Bankenaufseher Röseler. Banken müssen nun ab Februar 2023 deutlich mehr Eigenkapital für solche Darlehen beiseitelegen. In der Branche schätzt man, dass sich allein dadurch die Zinskonditionen um einige Zehntelprozentpunkte verteuert haben dürften.

Mehr zum Thema:Heiß gelaufener Immobilienmarkt: Finanzaufsicht gibt Banken strengere Regeln vor

Mehr Risiken, höhere Zinsen: Warum Banken trotzdem weiter auf Baukredite setzen

Steigende Zinsen bremsen das Geschäft mit Baufinanzierungen

Was das Finanzamt für Ihre Grundsteuererklärung über Elster braucht „Die finanziellen Auswirkungen des Puffers sind zwar nicht sehr groß, aber wir wollten ein Signal setzen – und das ist uns gelungen“, betont Röseler. Denn aus seiner Sicht besteht „die Gefahr, dass sich Kreditausfälle häufen, weil sich Privatkunden ihre Kreditraten nicht mehr leisten können“.

Anders als in einigen anderen europäischen Ländern haben Baudarlehen in Deutschland allerdings meistens eine sehr lange Laufzeit. Das wirkt sich Röseler zufolge risikomindernd aus: „Steigende Zinsen machen sich somit erst zeitverzögert bemerkbar, wenn schon ein spürbarer Teil des Darlehens getilgt ist.“

Banken lehnen häufiger Kreditanfragen ab

An den Finanzierungsnöten der Kunden, die aktuell eine Immobilie erwerben wollen, ändert das wenig. Der Mix aus steigenden Kaufpreisen, steigenden Kreditzinsen und den höheren Lebenshaltungskosten lässt den Traum vom Eigenheim mittlerweile immer häufiger scheitern. Der Anteil der von Banken abgelehnten Darlehensanfragen ist einer Umfrage der Bundesbank zufolge im zweiten Quartal gestiegen.

Nicht alle vom Handelsblatt befragten Banken teilen diesen Befund. Doch die Sparda West bestätigt: Wegen der stark gestiegenen Zinsen und Nebenkosten und der „rasanten“ Kaufpreisentwicklung von Immobilien könnten „oftmals“ von Kunden gestellte Finanzierungsanfragen nicht mehr begleitet werden. Die Ratenbelastung passe oft nicht mehr zum verfügbaren Einkommen.

Bei der Haspa heißt es zwar, den meisten Kunden könne man den „Immobilientraum“ weiterhin erfüllen. „Einige Kunden können die Mehrbelastung aus höheren Zinsen gegenüber Jahresbeginn 2022 und weiterhin hohen Kaufpreisen jedoch nicht tragen.“ Auch die Commerzbank räumt ein, dass wegen der gestiegenen Finanzierungs- und Lebenshaltungskosten „möglicherweise nicht jeder Finanzierungswunsch erfüllt werden“ könne.

Nicht immer scheitert die Finanzierung an den Banken – auch die Verbraucher werden zögerlicher. „Nach den jüngsten Zinsanpassungen beobachten wir vermehrt, dass Kundinnen und Kunden genau hinschauen, ob sie sich eine Finanzierung aktuell leisten können“, beobachtet die ING.

Ähnlich sind die Erfahrungen bei der Hypo-Vereinsbank. „Wir stellen fest, dass insbesondere Kapitalanleger zögerlicher in der Realisierung von Immobilienkäufen geworden sind“, sagt deren Leiterin Baufinanzierung Heeg-Rupprecht. Insgesamt beobachtet die Bankerin, „dass insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen aufgrund der steigenden Zinsen und damit höheren monatlichen Ratenbelastung zunehmend zurückhaltender sind und den Kaufpreis und somit auch die Größe der Wunschimmobilie sehr genau prüfen“.

Trotz der wachsenden Vorsicht auf beiden Seiten haben Banken allerdings nach wie vor auch Darlehen im Angebot, mit denen Kunden den Kaufpreis ihrer Immobilie vollständig finanzieren können. Das gilt unter anderem für Deutsche Bank, Commerzbank, ING, Sparda West, PSD Nord und Haspa. In solchen Fällen prüfen die Institute allerdings besonders genau, ob die Bonität des Kunden so eine Finanzierung zulässt.

Der Kreditnehmer müsse sich bewusst sein, dass der Risikopuffer Eigenkapital fehle und dadurch Zinsen und Belastung höher ausfallen würden, sagt die Deutsche Bank. „Einem sicheren und geregelten Einkommen kommt daher eine große Bedeutung zu“, so das Geldhaus. Als weitere Voraussetzungen nennt das Institut eine ausreichende Bonität, ein werthaltiges Objekt und gegebenenfalls Rücklagen.

Einen „verstärkten Trend“ zu 100-Prozent-Finanzierungen beobachtet das Institut allerdings nicht, „eher zu höheren Tilgungsraten“. Das deckt sich mit Daten des Hypothekenmaklers Dr. Klein. Danach ist der prozentuale Anteil des Eigenkapitals beim Kauf einer Immobilie inklusive Nebenkosten, der im ersten Quartal noch bei 17,91 Prozent lag, bis Juli auf 20,18 Prozent gestiegen.

Im Gegenzug ist die Bedeutung von Finanzierungen mit einem besonders hohen Kreditanteil gesunken. Der Hypothekenmakler Dr. Klein leitet das aus dem Anteil der Darlehen ab, bei denen die Kreditsumme größer ist als der sogenannte Beleihungswert einer Immobilie. Der Beleihungswert ist so etwas wie der konservativ kalkulierte längerfristige Wert eines Hauses oder einer Wohnung und liegt deshalb meist unter dem Kaufpreis eines Objekts. Zu Beginn des vergangenen Jahres lag der Anteil der Darlehen mit solch einem hohen Schuldenhebel beim Neugeschäft noch bei 26 Prozent. Im August waren es nur noch 18 Prozent.

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Immobilienpreise: München ist teurer als London

Für Käufer in der bayerischen Landeshauptstadt sieht es düster aus. Nur eine Stadt in Europa ist laut einer Studie noch teurer.

Personalmangel und die allgemeine Inflation treiben die Baupreise weiter nach oben.

Personalmangel und die allgemeine Inflation treiben die Baupreise weiter nach oben.© Sven Hoppe/dpa

München ist teurer als London

Die Mieten und Immobilienpreise in Deutschland werden nach Einschätzung der Unternehmensberatung Deloitte auch nächstes Jahr weiter steigen. Für Käufer sei München inzwischen die zweitteuerste Stadt in Europa, nach Paris und vor London. Laut Deloitte ist die "Neubautätigkeit in Deutschland weiterhin eher unterdurchschnittlich im europäischen Vergleich". Für die am Freitag veröffentlichte Branchenstudie hatten die Experten die Daten aus 68 ausgewählten Großstädten in 23 europäischen Ländern verglichen.

Real Estate Leader Michael Müller sagte, europaweit seien die Preise für Bauleistungen gestiegen. Gestörte Lieferketten und knappes Baumaterial erhöhten die Risiken in der Planung und Abwicklung von Bauvorhaben. Personalmangel und die allgemeine Inflation trieben die Baupreise weiter. Steigende Zinsen könnten die Nachfrage und den Preisanstieg aber bremsen. In München mussten Käufer einer neuen Wohnung laut Deloitte im vergangenen Jahr durchschnittlich 10 500 Euro pro Quadratmeter zahlen. Nur Paris war mit 13 462 Euro noch teurer.

Deutlich darunter lagen London, Oslo und Frankfurt mit rund 8400 Euro, Amsterdam (7600 Euro) und Kopenhagen (7300 Euro). In Hamburg bezahlten Käufer laut Deloitte 6900, in Berlin 6500 Euro pro Quadratmeter. Günstig war es dagegen in den bulgarischen Großstädten Varna und Burgas am Schwarzen Meer: Dort waren neue Wohnungen im Durchschnitt für rund 900 Euro pro Quadratmeter zu haben. Bei den Monatsmieten war Paris ebenfalls am teuersten mit durchschnittlich 29,10 Euro pro Quadratmeter, gefolgt von Oslo, London und Amsterdam.

München kam auf Platz zehn mit 18,90 Euro. Für Frankfurt ermittelte Deloitte 15,90, für Berlin 14,30 und für Hamburg 13,60 Euro durchschnittliche Miete pro Quadratmeter. Beim Bestand ist Deutschland mit 43,1 Millionen Wohnungen oder rund 51 800 Wohnungen je 100 000 Einwohner im oberen Drittel. Beim Neubau sieht Deloitte aber noch Potenzial: Im vergangenen Jahr seien in Deutschland nur 372 Wohnungen je 100 000 Einwohner fertiggestellt und nur 299 neu begonnen worden.

In vielen europäischen Ländern sei die solidarische Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine auf dem Wohnungsmarkt spürbar gewesen, am stärksten in Polen, der Slowakei und Ungarn. "Für das zweite Quartal 2022 sank das Angebot entsprechend auf den Mietmärkten, da viele zur Vermietung angebotene Wohnungen zur Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingsfamilien genutzt werden", heißt es in der Studie.