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Gericht: Verkürzung des Genesenenstatus rechtswidrig

Die umstrittene Verkürzung des Genesenenstatus von sechs auf drei Monate ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Frankfurt mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig. Mit der im Eilverfahren getroffenen Entscheidung teile man die bereits von anderen Verwaltungsgerichten erhobenen Einwände, teilte das Gericht am Dienstag mit. Die Verkürzung sei «mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich verfassungswidrig». Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig (Aktenzeichen 5 363/22).

Die Richter gaben einer Frau Recht, die nach einer Corona-Infektion ein digitales Zertifikat der EU besitzt, das sechs Monate gültig ist. Sie wandte sich gegen die Verkürzung, die überraschend mit Wirkung vom 15. Januar auf der Internetseite des Robert Koch-Instituts veröffentlicht worden war.

Die Entscheidung greife unmittelbar in die Grundrechte der Betroffenen ein, erklärte das Verwaltungsgericht. Dennoch sei dies einem Bundesinstitut überlassen worden. Gegen den Beschluss könne Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof Kassel eingelegt werden.

Das RKI hatte später seine neuen Vorgaben präzisiert und erklärt, sie gälten für Ungeimpfte. Bund und Länder haben bereits vereinbart, dass die Festlegungen zum Genesenenstatus nicht mehr an das RKI delegiert werden sollen.

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Streit um Ceta: Verfassungsgericht billigt vorläufige Anwendung von Kanada-Abkommen

Rund 200.000 Menschen forderten 2016 einen Stopp des Handelsabkommens. Karlsruhe hat alle fünf "Bürgerklagen" nun abgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat alle fünf Klagen von Kritikern des europäisch-kanadischen Handelsabkommens Ceta endgültig abgewiesen. Der Beschluss zur vorläufigen Anwendung des Abkommens aus dem Oktober 2016 sei nicht zu beanstanden, teilten die Karlsruher Richterinnen und Richter am Dienstag nach rund fünfeinhalb Jahren Verfahrensdauer mit.

Damals hatten sie in einer Eilentscheidung vorerst grünes Licht für die deutsche Beteiligung gegeben, aber dafür Auflagen gemacht. (Az. 2 BvR 1368/16 u.a.)

Ceta ist seit dem 21. September 2017 vorläufig in Kraft. Einige besonders umstrittene Bereiche liegen allerdings auf Eis, bis die Parlamente sämtlicher EU-Mitgliedstaaten sowie Kanada und die EU den Pakt ratifiziert haben. In der EU fehlen noch zwölf Staaten, darunter Deutschland. Deshalb hatte Karlsruhe keine Möglichkeit, auch diesen Teil der Vereinbarungen zu prüfen.

An dem vorgesehenen Gerichts- und Ausschusssystem äußern die Richter des Zweiten Senats deutliche Zweifel. Für eine Entscheidung darüber ist es aber zu früh. Sollte die Ampel-Koalition Ceta trotzdem unverändert ratifizieren, bräuchte es neue Klagen in Karlsruhe.

Kritiker verweisen auf mangelnden Umwelt- und Verbraucherschutz

Die Massenproteste gegen den Handelspakt der EU mit Kanada sind weitgehend verstummt. Kritiker des Abkommens hatten 2016 breiten Widerstand mobilisiert: Der „Bürgerklage“ des Aktionsbündnisses „Nein zu Ceta“ der Organisationen Foodwatch, Campact und Mehr Demokratie schlossen sich mehr als 125.000 Unterstützer an.

Parallel trug eine pensionierte Musiklehrerin aus Nordrhein-Westfalen mit ihrem Man rund 68.000 Vollmachten zusammen. Die Klägerinnen und Kläger befürchten, dass Ceta ihre politischen Mitwirkungsrechte beschneidet. Umwelt- und Verbraucherschutz würden dem freien Handel untergeordnet. Auch die Linksfraktion des damaligen Bundestags hatte geklagt.

Befürworter betonen vor allem den weitgehenden Wegfall on Zöllen und Handelshemmnissen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zog im Juni 2021 bei einem Treffen mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau eine positive Bilanz: 2019 sei der Handel bei Waren um 25 Prozent gewachsen, bei Dienstleistungen um 39 Prozent.

Die spannende Frage dürfte nun sein, wie die neue Bundesregierung auf die Karlsruher Entscheidung reagiert. Die Grünen hatten sich in ihrem Wahlprogramm darauf festgelegt, Ceta wegen Defiziten beim Klima-, Umwelt- und Verbraucherschutz nicht in seiner jetzigen Fassung zu ratifizieren.

Im Koalitionsvertrag mit SPD und FDP ist vereinbart: „Die Entscheidung über die Ratifizierung des Umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens (CETA) treffen wir nach Abschluss der Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht.“ (dpa)

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Windparks: Bundesverfassungsgericht billigt Pflicht zur Bürgerbeteiligung

Durch verpflichtende finanzielle Beteiligung von Anwohnern an Windparks will Mecklenburg-Vorpommern die Akzeptanz für die Anlagen steigern. Ein Unternehmer, der nicht teilen wollte, ist nun in Karlsruhe gescheitert.

Neue Windkraftanlagen werden mitunter kräftig bekämpft. Um die Akzeptanz zu erhöhen, hat Mecklenburg-Vorpommern 2016 als erstes Bundesland ein verpflichtendes Beteiligungsgesetz erlassen. Zu Recht, wie nun das Bundesverfassungsgericht entschieden hat.

Betreiber dürfen dem Beschluss zufolge gesetzlich dazu verpflichtet werden, betroffene Bürger und Kommunen finanziell am Ertrag zu beteiligen. Durch die Beteiligung der Anwohner am Ertrag soll der Windenergie-Ausbau an Land erhöht werden.

Die damit verfolgten Gemeinwohlziele wie Klimaschutz und Sicherung der Stromversorgung seien »hinreichend gewichtig«, um den »schwerwiegenden Eingriff in die Berufsfreiheit« zu rechtfertigen, so das Bundesverfassungsgericht.

Länder dürfen weitergehende Regeln erlassen

Laut Beteiligungsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern müssen Betreiber vor dem Bau eines Windparks eine Projektgesellschaft gründen sowie Gemeinden und Bürgern im Umkreis von fünf Kilometern mindestens ein Fünftel der Anteile zum Kauf anbieten.

Die Richterinnen und Richter wiesen die Verfassungsbeschwerde eines Windenergie-Unternehmens ab. Er sah seine Berufsfreiheit und sein Recht auf Eigentum verletzt und fand außerdem, dass die Regelung nicht vom Land habe beschlossen werden dürfen. Beanstandet wurde allerdings nur ein kleiner Punkt des Gesetzes, der sehr aufwendige Informationspflichten vorsieht.

Bis zu den verpflichtenden Offerten in Mecklenburg-Vorpommern – einer Regelung nach dänischem Vorbild – war es auch so ein langer Weg. Dort dauerte es auch nach Fertigstellung des ersten Bürgerwindparks noch Jahre, bis die Anwohnerinnen und Anwohner Anteile an der Kommanditgesellschaft angeboten bekamen. So hatte etwa ein Konkurrent wegen der Wegerechte für den Windpark geklagt.

Auf Bundesebene können Windrad-Betreiber die betroffenen Kommunen auf freiwilliger Basis finanziell beteiligen. Die einzelnen Bundesländer dürfen aber weitergehende Regelungen erlassen.

Aktenzeichen: 1 BvR 1187/17

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EuGH kippt deutsche Regelung zu Kindergeld für Zuzügler

EuGH: Auch ohne eigenes Einkommen in Deutschland sollen Eltern aus anderen EU-Staaten Kindergeld bekommen können Quelle: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

© dpa/Karl-Josef HildenbrandEuGH: Auch ohne eigenes Einkommen in Deutschland sollen Eltern aus anderen EU-Staaten Kindergeld bekommen können Quelle: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine deutsche Regelung zur Einschränkung von Kindergeldleistungen für Zuzügler aus anderen EU-Staaten für unzulässig erklärt. Die Richter des höchsten Europäischen Gerichts entschieden am Montag in Luxemburg, dass Ansprüche in den ersten drei Monaten des Aufenthalts nicht von Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit abhängig gemacht werden dürfen.

Das in Rede stehende Kindergeld stelle keine Sozialhilfeleistung im Sinn von möglichen Ausnahmebestimmungen dar, da es nicht der Sicherstellung des Lebensunterhalts diene, sondern dem Ausgleich von Familienlasten, erklärte der Gerichtshof. Da im EU-Recht hinsichtlich solcher Familienleistungen eine Ausnahme vom Grundsatz der Gleichbehandlung von Inländern und Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats nicht vorgesehen sei, stehe das Unionsrecht der vom deutschen Gesetzgeber eingeführten Ungleichbehandlung entgegen.

Die deutsche Regelung ziele darauf ab, einen Zustrom von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten zu vermeiden, der zu einer unangemessenen Inanspruchnahme des deutschen Systems der sozialen Sicherheit führen könne, merkte der EuGH an. Dieses Erfordernis gelte allerdings nicht für deutsche Staatsangehörige, die von einem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat zurückkehrten.

Einschränkend betonten die Richter lediglich, dass die Zuzügler sich nur dann auf die Gleichbehandlung berufen können, wenn sie während der fraglichen ersten drei Monate tatsächlich ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ in Deutschland begründet haben. Ein nur vorübergehender Aufenthalt genügt demnach nicht.

Hintergrund der EuGH-Entscheidung ist der Fall einer bulgarischen Frau, deren Antrag auf Kindergeld für ihre drei Kinder in Deutschland von der Familienkasse Niedersachsen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt wurde. Die Behörden begründeten das damit, dass sie und ihr Mann in dem relevanten Zeitraum keine inländischen Einkünfte erzielt hätten. Die Entscheidung in dem Einzelfall liegt nun beim Finanzgericht Bremen.

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Coronahilfen: Verfassungsgericht erlaubt deutsche Teilnahme an EU-Fonds

Die EU-Kommission macht zum ersten Mal Milliardenschulden, um Mitgliedstaaten in der Coronapandemie zu helfen. Das Bundesverfassungsgericht hat Deutschlands Teilnahme an dem Programm nun abgesegnet.

Coronahilfen: Verfassungsgericht erlaubt deutsche Teilnahme an EU-Fonds

Coronahilfen: Verfassungsgericht erlaubt deutsche Teilnahme an EU-Fonds© Uli Deck / picture alliance/dpa

Das Bundesverfassungsgericht hat entscheiden, dass Deutschlands Beteiligung am milliardenschweren Corona-Aufbaufonds der EU rechtens ist. Das teilte das Gericht in Karlsruhe mit.

Das Aufbauprogramm mit dem Namen »Next Generation EU« soll EU-Staaten helfen, sich nach der Pandemie konjunkturell zu erholen. Dafür macht die EU-Kommission erstmals im großen Stil Schulden. Es geht um ein Volumen von 750 Milliarden Euro. Einen Teil des Geldes bekommen die Länder als Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssen, den Rest als Darlehen. Ende 2058 sollen die Schulden spätestens beglichen sein.

Die größten Summen gehen an besonders hart getroffene Länder wie Italien und Spanien. Das Geld soll zum Beispiel in Wasserstoffforschung, klimafreundliche Mobilität und ein stärker digital orientiertes Bildungssystem fließen. Auch der Kauf von Elektro-Autos, -Bussen und -Zügen soll gefördert werden.

Die Zuschüsse für Deutschland werden netto auf fast 26 Milliarden Euro beziffert. Auf der anderen Seite ist die Bundesrepublik laut Bundesrechnungshof mit voraussichtlich rund 65 Milliarden Euro auch der größte Nettozahler. Die Behörde sprach von einer »Zäsur für die europäische Finanzarchitektur« und warnte vor Risiken für den Bundeshaushalt.

Genau hier setzten auch die Kläger an: Sie befürchten, dass am Ende womöglich Deutschland die Rechnung allein begleichen muss, sollten Staaten ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. Es drohe über Jahrzehnte ein unkalkulierbarer Schuldensog, hieß es. Außerdem habe das Programm keine Grundlage in den europäischen Verträgen.

Die Kläger forderten, dass sich Deutschland aus dem Programm zurückzieht oder dass es ganz beendet wird. Die Klagen richten sich gegen das Gesetz, mit dem der Bundestag einer deutschen Beteiligung zugestimmt hat.

Aus fünf anhängigen Verfassungsbeschwerden hatte der Zweite Senat zwei zur Verhandlung im Juli dieses Jahres ausgewählt. Eine davon kommt von einem »Bündnis Bürgerwille« um den einstigen AfD-Gründer Bernd Lucke und wird von knapp 2300 Menschen unterstützt. Die zweite hat der Unternehmer Heinrich Weiss eingereicht. Wegen des Wiederaufbaufonds hatten auch mehrere CDU-Abgeordnete in Karlsruhe geklagt, dazu die AfD-Bundestagsfraktion.

Während der Gerichtsverhandlung gingen Experten nicht von übermäßig hohen Belastungen für Deutschland aus. Sie bezifferten die jährlichen Mehrausgaben auf drei bis vier Milliarden Euro. Das werfe den Bundeshaushalt nicht um, sagte ein Vertreter des Bundesrechnungshofs. Sorge bereitet den Fachleuten, dass das Programm womöglich kein Einzelfall bleibt und die EU-Fiskalregeln aufgeweicht werden könnten.

Die Bundesregierung verteidigte die gemeinsame Schuldenaufnahme für den Wiederaufbaufonds der EU. Ein entschlossenes gemeinsames Handeln der Mitgliedstaaten sei in der damaligen Situation – im Lockdown geprägten Frühjahr 2020 – notwendig gewesen.

Die Verfassungsrichterinnen und -richter hatten im April 2021 die deutsche Beteiligung im Eilverfahren ermöglicht. Denn ein Stopp hätte wirtschaftlich und politisch viel Schaden angerichtet. Allerdings warnten sie schon damals, womöglich ein Verfassungsverstoß vorliege. Das wurde nun im Hauptverfahren geprüft.

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Telekom und Vodafone: Vertragsänderung für Kundinnen und Kunden ab April

Telekom und Vodafone: Vertragsänderung für Kundinnen und Kunden ab April

Das sogenannte Zero-Rating ist künftig nicht mehr erlaubt. Telekom und Vodafone müssen daher auch bestehende Verträge anpassen.

Kassel – Bereits im September 2021 entschied der Europäische Gerichtshof nach einer Klage des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes unter anderem gegen den Vodafone-Pass, den das gleichnamige Mobilfunk-Unternehmen anbot. Der Grund: Solche Zero-Rating-Angebote verletzten die Netzneutralität. Daher dürfen diese Dienste ab dem 1. April 2023 auch bei Bestandskundinnen und Bestandskunden nicht mehr aktiv sein, wie die Verbraucherzentrale schreibt.

Seit 2017 fordert der Verbraucherzentrale Bundesverband das Verbot der Zero-Rating-Angebote. Bei diesen Angeboten dürfen bestimmte Online-Dienste genutzt werden, ohne dass Daten vom vertraglich gesicherten Inklusiv-Volumen abgezogen werden. Die Tarifoption bezieht sich vor allem auf Streamingdienste, wie Musik- und Videoplattformen. Diese hätten durch das Rating-Angebot eine bessere Marktposition, so der Vorwurf. Der Gerichtshof stimmte zu, gewährte aber eine Übergangsfrist: Seit Sommer 2022 dürfen Zero-Rating-Optionen nicht mehr neu abgeschlossen werden, ab April 2023 fällt sie auch bei bestehenden Verträgen weg.

Telekom und Vodafone: Vertragsänderung für Kundinnen und Kunden ab April

Telekom und Vodafone: Vertragsänderung für Kundinnen und Kunden ab April© Bereitgestellt von HNA

Foto © Federico Gambarini/Oliver Berg/dpa

Telekom und Vodafone: „StreamOn“ und „Vodafone-Pass“ läuft ab April aus – und dann?

Für Kundinnen und Kunden bedeutet das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, dass Mobilfunkanbieter die bestehenden Verträge anpassen müssen. Die Telekom, ebenfalls von dem Entscheid betroffen, reagierte darauf: Sie bietet vom 1. April bis zum 31. Mai eine einmalige Flatrate für 90 Tage für alle Vertragsinhaberinnen und -inhaber ihres sogenannten „StreamOn“-Angebots an. Vodafone stockt indes ab April 2023 das Datenvolumen vom „Vodafone-Pass“-Tarif dauerhaft auf.

  • Was wurde entschieden? Der Europäische Gerichtshof hat zugunsten der Netzneutralität, bei der alle Internet-Daten gleichbehandelt werden müssen, Zero-Rating-Optionen untersagt.
  • Welche Anbieter betrifft das in Deutschland? Hierzulande sind von dem Urteil Vodafone mit ihrem „Vodafon-Pass“ und Telekom („StreamOn“) betroffen.
  • Ab wann gilt der Entscheid? Seit Sommer 2022 dürfen die Zero-Rating-Verträge nicht mehr abgeschlossen werden, ab April 2023 greift das Urteil auch bei bestehenden Verträgen.

Unter den Mobilfunkanbieter wird der Wegfall dieser Tarifoption kritisch betrachtet, berichtet die Verbraucherzentrale weiter. Die Möglichkeit des Zero-Ratings biete demnach eine attraktive Möglichkeit, die Vertragsleistung zu optimieren. Dieser vermeintliche Vorteil für Kundinnen und Kunden falle mit dem Verbot nun weg. Bereits Anfang 2022 gab es für Kundinnen und Kunden der Telekom einen Rückschlag, als zwei beliebte Tarife gestrichen wurden. Auch bei Vodafone wurden im Herbst 2022 Leistungen gedrosselt.

Vorteil für Verbraucher: Urteil zwingt Telekom und Vodafone, Tarifangebote zu verbessern

Die Kritik von Telekom und Vodafone ist aus Sicht der Verbraucherzentrale unberechtigt. Denn die Zero-Rating-Tarifoption habe vermehrt dazu geführt, dass das Datenvolumen grundsätzlich stärker begrenzt gewesen sei. Eine Aufstockung der Daten sei dadurch nur zu erhöhten Preisen möglich gewesen, kontert die Verbraucherzentrale die Kritik der Mobilfunkanbieter.

Statt einer Benachteiligung sei der Gerichtsentscheid auf mittel- und langfristige Sicht ein Gewinn für die Nutzerinnen und Nutzer. Laut Verbraucherzentrale würde er das generelle Angebot verbessern und den Wettbewerb am Markt beleben. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, sieht das ähnlich: „Wir erwarten, dass die Anbieter nun Tarife mit höheren Datenvolumina oder günstigere Mobilfunk-Flatratetarife anbieten. Verbraucherinnen und Verbraucher werden davon profitieren“, sagte er in einer Pressemitteilung der Bundesnetzagentur.

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Kommentar zu Klimaklebern: Die Zeit läuft ab

Ist das Kunst oder kann das weg? Spuren der Letzten Generation auf dem Berliner Mühlendamm am 16. Mai 2023

Ist das Kunst oder kann das weg? Spuren der Letzten Generation auf dem Berliner Mühlendamm am 16. Mai 2023© dpa

Auch wenn die Legende anders lautet: Niemand in Deutschland wird verhaftet, weil er gegen die Klimapolitik protestiert. Niemand kommt ins Gefängnis, weil er sich für eine Verkehrswende auf der Straße versammelt. Niemand wird präventiv in Gewahrsam genommen, weil er seine Meinung kundtut und andere damit stört.

Es wäre schön, wenn die sogenannten Aktivisten der selbst ernannten letzten Generation schlicht die Ordnung achteten, die den Rahmen für ihre Freiheit und ihren Wohlstand bildet – und die Rechte anderer nicht vergäßen.

Dem Rechtsstaat bleibt keine Wahl

Diese anderen sind Menschen, die auch für das gute Leben der sich radikalisierenden Klimakleber arbeiten, die zu ihrer Familie wollen oder mit ihrem Kind zum Arzt. Sie sind keine Handlanger eines Unrechtsstaats, gegen den Widerstand geboten wäre.

Nein, dem Rechtsstaat bleibt keine Wahl: Er kann sich nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Das würden die Klimakleber und auch die gerührten Gorleben- und Mutlangen-Veteranen genauso sehen, wenn ihre eigene wohlverdiente Boomer-Beweglichkeit auch nur kurz eingeschränkt würde.

Wer auch nach mehrfacher Belehrung und mit Ansage chronisch weiter das gemeinsam gesetzte Recht bricht, das im Übrigen heute vom Ringen um mehr Klimaschutz geprägt ist, der muss deutlich sanktioniert werden.

Und ja, eine Gruppe, welche die Begehung von Straftaten bezweckt, bewegt sich in Richtung einer kriminellen Vereinigung. Die Zeit läuft tatsächlich ab.

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„Form der Besteuerung künftiger Generationen“, zitiert die Richterin

Darf der Staat 60 Milliarden Euro an Corona-Geldern einfach für den Klimaschutz umbuchen? Gegen den Transfer hatte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geklagt. Bei der mündlichen Verhandlung am Bundesverfassungsgericht wurde jetzt schnell klar: Den Richtern geht es um mehr.

Doris König (Mitte), Vorsitzende des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts picture alliance/dpa

Doris König (Mitte), Vorsitzende des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts picture alliance/dpa© Bereitgestellt von WELT

Ein Raunen geht durch den Sitzungssaal des Bundesverfassungsgerichts, als Doris König den Zeitplan für den anstehenden Tag der mündlichen Verhandlung erwähnt. „Wir haben ein heftiges Programm vor uns“, sagt die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, kaum dass sie und ihre sieben Kollegen pünktlich um 10 Uhr auf der Richterbank Platz genommen hat. Sie streben an, bis 19 Uhr fertig zu werden. Mit einem so späten Ende hatten offenbar wenige gerechnet.

Die Richter haben viele Fragen, dies wird im weiteren Verlauf deutlich. Es geht in dem Verfahren nicht nur darum, ob die Bundesregierung 60 Milliarden Euro, die im Jahr 2021 zur Bekämpfung der Corona-Krise gedacht waren, für den Klimaschutz nutzen darf. Gegen den Transfer der Mittel in den heutigen Klima- und Transformationsfonds durch die damaligen Neu-Koalitionäre von SPD, Grünen und FDP hatte die Neu-Oppositionsfraktion aus CDU und CSU im Frühjahr des vergangenen Jahres geklagt (Az. 2 BvF 1/22).

Es geht um weit mehr. Das wird schnell deutlich. Die berichterstattende Richterin Sibylle Kessal-Wulf zitiert bei ihren einleitenden Ausführungen den US-Ökonomen James Buchanan mit den Worten: „Staatsschulden sind eine Form der Besteuerung künftiger Generationen.“

Damit hatte sie eine Brücke zu einem wegweisenden Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2021 geschlagen, in dem die Richter mit Blick auf künftige Generationen dem Klimaschutz eine besondere Bedeutung gegeben haben.

Es ist nun an den Richtern des Zweiten Senats festzulegen, mit welcher Begründung die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse überhaupt ausgesetzt werden darf und vor allem, in welchem Ausmaß und für was genau zusätzliche Schulden aufgenommen werden dürfen – handhabbar für den Bundestag, überprüfbar durch Gerichte und transparent für die Öffentlichkeit.

Die Prozessvertreter der Bundesregierung machen deutlich, dass es eigentlich nur darauf ankommt, dass der Gesetzgeber die in Artikel 115 genannte Ausnahme einer „außergewöhnlichen Notsituation“ gut begründet. Ist die Notlage festgestellt und die Schuldenbremse ausgesetzt, dürfe es keine Beschränkungen für den Haushaltsgesetzgeber geben.

Sonst komme es zu einer „Vorratswirtschaft“

„Die Krisenbewältigung darf nicht erschwert werden“, sagt der Bevollmächtigte Alexander Thiele von der Business & Law School in Berlin. Sprich, dann dürfen so viele neue Schulden aufgenommen werden, wie die Politik für notwendig hält, um die Krise zu bekämpfen.

Dazu könnten auch Investitionen gehören, um die Wirtschaft danach wieder in Schwung zu bekommen. Dass eine Regierung die Mittel für Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels und damit für die Zukunft ausgebe, sei ihr kaum vorzuwerfen.

Die Unionfraktion hält den Verweis auf notwendige Investitionen in der Nach-Krisen-Zeit für ein „Scheinargument“, wie der Bundestagsabgeordnete Mathias Middelberg (CDU) vor Gericht sagt. Mittel könnten nicht einfach für Ausgaben in den Folgejahren umgewidmet werden, sonst komme es zu einer „Vorratswirtschaft“, welche durch die Schuldenbremse gerade verhindert werden sollte.

Dass die Corona-Pandemie eine außergewöhnliche Notsituation war, bestreiten die Unionsvertreter nicht. Aber wirtschaftliche Folgen einer Notlage könnten das Überschreiten der Kreditobergrenze nicht rechtfertigen.

Auf jeden Fall hätte es eines erneuten Beschlusses des Bundestages bedurft, der 2022 erneut eine Notsituation infolge der Corona-Krise hätte feststellen müssen. Allenfalls unter dieser Voraussetzung hätten weitere Mittel in den heutigen Klima- und Transformationsfonds übermittelt werden können.

Den Richtern geht es um Grundsätzliches

Die acht Richter des Zweiten Senats stellen den Prozessvertretern beider Seiten ungewöhnlich viele Fragen. Dabei geht es außer um Aspekte des Staatsschuldenrechts auch um zeitliche Fristen bei der Etatplanung und die Verhältnismäßigkeit bei der Aufnahme von Krediten. Am Nachmittag wird mit beiden Seiten sogar der Punkt diskutiert, wie sinnvoll Sondertöpfe überhaupt sind, nicht nur der Klima- und Transformationsfonds.

Auch daran wird deutlich, dass die Richter es sich nicht einfach machen. Sie sind offenbar gewillt, sehr Grundsätzliches zum Umgang mit Schulden zu sagen – für heutige und für künftige Generationen. Wann mit dem Urteil zu rechnen ist, ist noch offen.

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Urteil in Regensburg - Mohammad M. vergewaltigt Mädchen und kommt frei: „Im Prinzip voll integriert“

Amtsgericht in Regensburg IMAGO/Manfred Segerer

Amtsgericht in Regensburg IMAGO/Manfred Segerer© IMAGO/Manfred Segerer

Vor dem Jugendschöffengericht des Regensburger Amtsgerichtes gab Mohammad M. zu, fünf jungen Frauen belästigt und befummelt zu haben, eine von ihnen vergewaltigte er. Dennoch darf der 23-Jährige den Gerichtssaal als freier Mann verlassen.

Ein Grund des Richters: „Der Richter sagte, dass er eigentlich ein Musterbeispiel dafür ist, wie man in Deutschland gut ankommen kann“, so Verteidiger Christian Reiser zur „Bild“ . Der zweite Anwalt Jörg Meyer: „Er ist im Prinzip voll integriert.“

2015 kam der Mann nach Deutschland, machte seinen Hauptschulabschluss mit 1,0 und absolvierte darauf eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker. Er arbeitete bei einem örtlichen Heizungsbauer und spielte bei einem Fußballverein.

Betrunken wurde Mohammad M. ein anderer Mensch

Doch wenn er trank, war er ein anderer Mensch.

Am 13. April 2019 küsste und befummelte er ein Mädchen unter der Kleidung auf einer Parkbank in der Nähe des Hauptbahnhofes, erst als sie ihn wegdrückte, hörte er auf. Er setzte sich dann zu einem anderen Mädchen, 16 Jahre alt, auch diese wies ihn mehrfach zurück. Sie vergewaltigte der damals 19-Jährige.

Im Herbst desselben Jahres forderte er von einer Frau Oralverkehr an einer Bahnunterführung. Als sie ablehnte, wurde er aggressiv und die Frau gab nach. Im Winter 2021 betatschte er eine Bekannte in seiner Wohnung, die gleiche Frau bedrängte und küsste er im Winter 2021 nochmal. Anfang 2022 berührte er eine betrunkene Bekannte, die bei ihm schlief, mehrfach mit seinem Penis.

Eines der Opfer litt über Jahre an den Erfahrungen und musste in Therapie. Erst Jahre später traute sie sich, Mohammad M. anzuzeigen. Nachdem er im Januar 2023 von einem Heimat-Besuch in Afghanistan zurückkehrte, wurde er am Flughafen München festgenommen und saß seitdem in U-Haft.

Vergewaltigungsopfer nahm Entschuldigung nicht an

Die sechs Monate, die er dort verbrachte, stimmten den Richter neben dem umfassenden Geständnis gnädig. Ein Opfer bestätigte zudem, dass er nüchtern ein ganz anderer Mensch sei.

Mohammad A. schlug einen Täter-Opfer-Ausgleich von 2500 Euro vor und bekam eine Strafe von 22 Monaten auf Bewährung. Zudem muss er ein Anti-Aggressionstraining absolvieren und darf nicht mehr als 0,5 Promille Blutalkohol haben.

Sein Anwalt erklärte dazu: „Das Urteil vom Jugendschöffengericht ist nicht ungewöhnlich, weil bei Heranwachsenden der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht.“ Das Vergewaltigungsopfer hat die Zahlung übrigens zurückgewiesen und die Entschuldigung nicht angenommen.

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Arbeitsrecht: Die Rechtsform SE schränkt Rechte von Arbeitnehmern ein – noch

Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Familienunternehmerverbandes, weist die Vorschläge des Rechtsgutachtens zurück. Foto: Anne Großmann Fotografiedata-portal-copyright=

Marie-Christine Ostermann, Präsidentin des Familienunternehmerverbandes, weist die Vorschläge des Rechtsgutachtens zurück. Foto: Anne Großmann Fotografiedata-portal-copyright=© Bereitgestellt von Handelsblatt

Bei der Rechtsform der Europäischen Aktiengesellschaft gelten deutsche Mitbestimmungsstandards nicht. Ein Rechtsgutachten zeigt, wie die Ampelkoalition das ändern kann.

Was haben der im Dax notierte Immobilienkonzern Vonovia, der Versandhändler Zalando und das familiengeführte Technologieunternehmen Freudenberg gemeinsam? Sie sind als „Europäische Aktiengesellschaft“ (Societas Europaea, SE) organisiert.

Diese Rechtsform hatte die Europäische Union im Jahr 2001 mit dem Ziel eingeführt, Unternehmen grenzüberschreitende Aktivitäten zu erleichtern. Aus Sicht der Gewerkschaften verfolgen Firmen mit der SE aber noch ein anderes Ziel – nämlich die Mitbestimmung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern einzuschränken oder ganz zu verhindern.

Denn eigentlich haben diese in Deutschland das Recht, in Aufsichtsräten großer Aktiengesellschaften oder GmbHs mitzuwirken. In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten steht Arbeitnehmervertretern ein Drittel der Aufsichtsratsmandate zu. In Unternehmern mit mehr als 2000 Beschäftigten ist es die Hälfte, man spricht dann von paritätischer Mitbestimmung.

Bei einer SE ist das anders. Nehmen wachsende Unternehmen diese Rechtsform an, können sie einen Status quo mit geringer oder sogar ohne Arbeitnehmerbeteiligung festschreiben. Beispielsweise kann eine Gesellschaft, bei der nur ein Drittel der Aufsichtsratsmandate mit Arbeitnehmervertretern besetzt ist, diesen Zustand durch den Rechtsformwechsel hin zur SE „einfrieren“, selbst wenn sie auf mehr als 2000 B

Von den 389 aktiven SEs, die im Jahr 2020 mit Sitz in Deutschland registriert waren, hatten nur 21 einen paritätisch besetzten Aufsichtsrat, bei 48 weiteren stellten Beschäftigte ein Drittel der Mandate. 82 der Europäischen Aktiengesellschaften hatten mehr als 2000 Beschäftigte, würden also ohne die spezielle Rechtsform der paritätischen Mitbestimmung unterliegen.

Besonders Familienunternehmen vermeiden Mitbestimmung

Besonders oft geht die Rechtsform SE bei Familienunternehmen zulasten von Arbeitnehmerrechten. Denn nach einer Untersuchung des Instituts für Mitbestimmung und Unternehmensführung (IMU) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung aus dem Jahr 2021 vermieden 44 von 45 Unternehmen in Familienhand, die als Europäische Aktiengesellschaft betrieben wurden und mehr als 2000 Beschäftigte im Inland hatten, die paritätische Mitbestimmung.

SPD, Grüne und FDP wollen den „Einfriereffekten“ bei der Mitbestimmung nicht länger tatenlos zusehen. „Missbräuchliche Umgehung geltenden Mitbestimmungsrechts wollen wir verhindern“, heißt es im Koalitionsvertrag.

Die Bundesregierung will sich dafür einsetzen, „dass die Unternehmensmitbestimmung weiterentwickelt wird, sodass es nicht mehr zur vollständigen Mitbestimmungsvermeidung beim Zuwachs von SE-Gesellschaften kommen kann“.

EU-Gesetzgebung zielt auf eine Stärkung der Arbeitnehmerrechte

In einem Gutachten für das IMU zeigt der Göttinger Rechtswissenschaftler Rüdiger Krause nun Wege auf, wie die Bundesregierung durch nationale Gesetzgebung den „Einfriereffekt“ eindämmen könnte. Neues EU-Recht soll dabei helfen.

Zwar enthalte das deutsche SE-Beteiligungsgesetz auch heute schon Möglichkeiten gegen die Umgehung von Mitbestimmung, schreibt Krause in dem Papier, das dem Handelsblatt vorliegt. Doch diese seien vielfach unwirksam, etwa weil bei Missbrauchsverdacht nachgewiesen werden müsse, dass das Einfrieren von Mitbestimmungsrechten das Motiv für die Gründung einer SE gewesen sei.

Krause schlägt vor, sich an der europäischen SE-Richtlinie zu orientieren. Aus der lasse sich deutlich herauslesen, dass eine SE-Gründung nicht zur Beseitigung oder Einschränkung der nationalen Gepflogenheiten der Arbeitnehmerbeteiligung führen dürfe.

Als Missbrauch werde dabei nicht nur die „Entziehung“, sondern auch die „Vorenthaltung“ von Beteiligungsrechten bezeichnet, also wenn eine SE gegründet wird, um Arbeitnehmer von vornherein aus dem Aufsichtsrat herauszuhalten.

Das Ansinnen des europäischen Gesetzgebers, den Arbeitnehmerschutz zu stärken, zeige sich zudem in der neuen EU-Umwandlungsrichtlinie, die grenzüberschreitende Verschmelzungen von Unternehmen regele, heißt es in dem Gutachten.

Krause sieht deshalb europarechtlichen Spielraum, das spezielle Missbrauchsverbot im deutschen SE-Recht zu konkretisieren. Er schlägt vor, das deutsche Gesetz dahingehend zu ändern, dass eine strategische Nutzung des „Einfrierens“ als Rechtsmissbrauch aufgefasst wird. Dieser soll dann vorliegen, wenn innerhalb von vier Jahren nach SE-Gründung ein Schwellenwert überschritten wird, der für die Mitbestimmung relevant ist.

Familienunternehmer verweisen darauf, dass die Gewerkschaft nicht für Risiken haftet

Im Gesetz sollten zudem Anhaltspunkte definiert werden, wann ein Missbrauch auch nach Ablauf der Vier-Jahres-Frist vermutet werden kann. Dies könnte etwa der Fall sein, wenn sich die Wertschöpfung des Unternehmens im Wesentlichen auf Deutschland beschränkt. Denn eigentlicher Zweck der SE ist es ja, grenzüberschreitende Aktivitäten im EU-Binnenmarkt zu erleichtern.

Aus dem Bundesarbeitsministerium heißt es dazu, man prüfe, wie das deutsche Recht geändert werden könnte. Weiter gehende Regelungen müssten aber vor allem auf EU-Ebene entstehen.

Kritik an dem Gutachten übte die Präsidentin des Verbands „Die Familienunternehmer“, Marie-Christine Ostermann. Es gebe einen Unterschied zwischen sogenannten börsennotierten Unternehmen im Streubesitz und Familienunternehmen mit dauerhaften Eigentümern. Bei den eigentümergeführten Unternehmen spiele die Frage, wer für was haftet, eine große Rolle.

Die deutsche Mitbestimmung unterstütze neben dem firmeneigenen Betriebsrat auch die hauptamtlichen Gewerkschaftsfunktionäre, sagte Ostermann. „Wenn die Gewerkschafter über die Mitbestimmung im Aufsichtsrat über die strategische Ausrichtung eines Unternehmens mitentscheiden, berührt das sofort die Frage, wer denn für die damit verbundenen Risiken haftet.“

Die Haftung liege am Ende immer bei der Eigentümerfamilie und nicht bei einer Gewerkschaft, betonte die Präsidentin des Familienunternehmerverbands.