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Virus Aktuell

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Corona in Israel  

Der Impfweltmeister wird zum Sorgenkind

Eine schnelle Impfkampagne, wenige Corona-Fälle – zuletzt galt Israel als Musterland der Corona-Bekämpfung. Doch die Zahlen steigen jetzt wieder rapide an. Die Gründe dafür zeigen, dass auch Deutschland bald wieder ein Problem bekommen könnte.

Ein Klick, ein Selfie – im Kampf gegen das Coronavirus geht Israels Premierminister Naftali Bennett auch ungewöhnliche Wege. Der Politiker hat sich die Hilfe von Social-Media-Stars gesichert und hofft auf ihren Einfluss auf die junge Bevölkerung Israels. "Eure Aktionen werden heute dazu führen, dass Leben gerettet werden", sagte Bennett bei einem Treffen mit einigen der einflussreichsten Internetstars und fügte hinzu, dass jeder von ihnen die Fähigkeit habe, 30 bis 40 Menschen zu retten.

Ob sich durch die PR-Aktion tatsächlich junge Menschen von einer Impfung überzeugen lassen, ist nicht klar. Es ist zumindest ein Versuch der Regierung, sich gegen die rapide ansteigenden Corona-Zahlen zu stemmen. Fast 10.000 Fälle an einem Tag zählte das Gesundheitsministerium am vergangenen Montag. Das ist nur etwas weniger als der bisherige Tagesrekordwert von 10.100 Fällen aus dem Januar. Die Bundesregierung hat Israel als Hochrisikogebiet eingestuft.

Dabei schien die Pandemie in Israel schon vorbei. Vom 1. bis zum 7. Juli wurde kein einziger neuer Corona-Infizierter gemeldet und das Land mit seinen 9,4 Millionen Einwohnern lag im Wettrennen um die höchste Impfquote lange in Führung. Deutschland blickte zudem neidisch auf die zahlreichen Dosen an Impfstoff, die hierzulande noch Mangelware waren.

Impfmüdigkeit

Doch bereits im April hat der große Ansturm auf die Impfung nachgelassen. Vollständig geimpft sind um die 63 Prozent, in Deutschland sind es rund 59 Prozent. Etwa eine Million Menschen in Israel wollen sich überhaupt nicht impfen lassen. Vor allem die junge Bevölkerung lässt sich vergleichsweise selten eine Spritze verpassen.

Bei den über 70-Jährigen liegt die Quote der vollständig Geimpften bei mehr als 90 Prozent. Doch je jünger die Menschen sind, desto größer ist die Impfskepsis. Bei den 20- bis 29-Jährigen sind nur noch rund 70 Prozent  vollständig geimpft und in der Gruppe der 12- bis 15-Jährigen erst knapp 30 Prozent. Das geht aus Daten des israelischen Gesundheitsministeriums hervor.

Auch in Deutschland sind es derzeit vor allem junge Menschen, die sich mit dem Coronavirus infizieren. Also die Gruppe, die erst spät Zugang zu Impfstoffen bekommen hat.

Israels Premierminister Bennett posiert deshalb mit Influencern, Schüler sollen während des Unterrichts geimpft werden und das Gesundheitsministerium produziert Videos mit jungen Menschen auf Partys, bei denen alle Spaß haben, nur die ungeimpfte Person muss zu Hause sitzen. Daneben der Hinweis: "Bleiben Sie gesund und genießen Sie das Leben weiterhin."

Die Regierung verstärkt auch deshalb ihre Bemühungen um junge Menschen, weil nach ihrer Auffassung von der Impfquote der Teenager auch ein möglicher neuer Lockdown im September abhängt.

Ein erneuter Lockdown droht

Der Monat wird ein schwieriger für die Pandemie-Bekämpfung: Es stehen mehrere jüdische Feiertage an, unter anderem Jom Kippur. Das Versöhnungsfest ist der höchste Feiertag im jüdischen Kalender. Sich jetzt nicht impfen zu lassen, sei, als ob "man mit einem Maschinengewehr herumläuft und Delta-Varianten auf Menschen abfeuert", sagte der israelische Premierminister.

Dabei gehören ultraorthodoxe Juden und arabische Israelis zu den größten Gruppen der Impfverweigerer, wie aus einer Untersuchung des Gesundheitsministeriums hervorgeht. Hinzu komme, dass es einen Zusammenhang zwischen Armut und der Impfbereitschaft gebe. "Die Reichen werden mehr geimpft, die ärmeren Bevölkerungsschichten viel weniger", sagte Gesundheitsminister Horowitz und kündigte an, mobile Impfteams in die entsprechenden Gemeinden zu schicken.

"An die fünfte Welle denken, nicht nur an die vierte"

Für Besorgnis sorgten zudem Meldungen über Impfdurchbrüche., also Patienten, die sich trotz einer Impfung infizierten und im Krankenhaus behandelt werden mussten. Doch Datenanalyst Jeffry Morris gibt Entwarnung: Die Zahlen aus den Krankenhäusern zeigten, dass die Impfungen wirkten, schreibt der Professor für Biostatistik auf Twitter.

Es zeigt sich, dass, gemessen an ihrem Anteil an der Bevölkerung, deutlich mehr Ungeimpfte schwer an Covid-19 erkranken als Geimpfte. Zudem sei es normal, dass bei steigender Impfquote auch mehr Menschen ins Krankenhaus kommen, die bereits eine Spritze bekommen haben.

Dass Israel jetzt wieder einen starken Anstieg an Neuinfektionen sieht, hängt laut dem israelischen Arzt Salman Zarka, den die "Times of Israel" nur den "Coronavirus-Zar" nennt, mit der Delta-Variante zusammen. Die Regierung glaubte, das Virus besiegt zu haben und sei dann von der Mutation "überrascht" worden. Jetzt sei klar, dass "wir nur die Schlacht gewonnen haben und der Krieg noch nicht vorbei ist", so Zarka.

Es sei aus heutiger Sicht ein Fehler gewesen, in der Phase geringer Infektionszahlen die Impfkampagne zurückzufahren, wieder weitgehend zum normalen Leben zurückzukehren und Einrichtungen zur Virusbekämpfung zu schließen, analysiert der Arzt. "Wir müssen aus diesen Fehlern lernen und bereits an die fünfte Welle denken, nicht nur an die vierte."

Mit einem Booster aus der Pandemie

Deshalb probiert Israel gerade etwas, das auch in Deutschland ab September geplant ist: eine dritte Impfdosis, die sogenannte Booster-Impfung. Über eine Million Israelis haben diese bereits erhalten, darunter hauptsächlich ältere Menschen. Jetzt gab es auch die Freigabe für alle ab 30 Jahren.

Israelische Gesundheitsexperten schätzen, dass die Corona-Fallzahlen wieder zurückgehen werden, sobald fünf Millionen Menschen die dritte Dosis erhalten haben. "Ohne uns wüsste die Welt nicht, wie hoch die Wirksamkeit der Auffrischungsimpfungen genau ist, wann sie verabreicht werden, wie sie sich auf Infektionen auswirken und wie sie schwere Erkrankungen beeinflussen", sagte Premierminister Bennett.

Laut einer ersten Auswertung soll die Wirksamkeit gegen die Delta-Variante mit der Booster-Impfung höher sein als ohne. Die Weltgesundheitsorganisation WHO bleibt einer dritten Impfung gegenüber skeptisch.

Rückkehr der Corona-Regeln

Doch bis die Zahlen möglicherweise wieder sinken, setzt Israel erneut auf strengere Corona-Regeln. Ausländische Touristen dürfen nicht einreisen, für Reiserückkehrer gilt eine Quarantänepflicht und bei Veranstaltungen im Freien ab 100 Teilnehmern müssen wieder Masken getragen werden, bei anderen gilt die 3G-Regel. Unternehmen sollen wieder verstärkt Homeoffice ermöglichen.

In Deutschland haben mehrere Politiker einen erneuten Lockdown bereits ausgeschlossen. Zudem soll die Inzidenz nicht mehr als alleiniger Maßstab für künftige Corona-Regeln gelten. Dennoch zeigt das Beispiel Israels, dass auch in Deutschland wieder strengere Maßnahmen nötig werden könnten. Denn entscheidend für die Verbreitung des Virus, da sind sich Experten einig, ist die Impfquote – und die muss in Israel und Deutschland noch deutlich ansteigen.

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RKI: 500.000 Menschen haben Testergebnis mit Corona-Warn-App geteilt

Seit dem Start der Corona-Warn-App haben mehr als eine halbe Million Menschen ihr positives Testergebnis über die Smartphone-Anwendung geteilt und so einige Infektionsketten unterbrochen.

Das teilte das Robert-Koch-Institut (RKI) am Donnerstag auf Twitter mit. „Damit haben sie andere gewarnt und dazu beigetragen, Infektionsketten zu beenden.“ Experten gehen davon aus, dass dadurch in über 200.000 Fällen Infektionsketten unterbrochen wurden. Die Zahl der relevanten Warnungen könnte aber noch viel höher sein, wenn alle Anwenderinnen und Anwender der App, die positiv getestet worden seien, dies auch in die App eintragen würden. Anfangs trauten sich nach Regierungsangaben aber nicht einmal 40 Prozent der Betroffenen, diese Alarmkette auszulösen. Inzwischen ist der Anteil deutlich höher, exakte Zahlen liegen aber nicht vor.

Bei einer im Juni 2021 veröffentlichten repräsentativen Meinungsumfrage des Digitalverbandes Bitkom sagten 72 Prozent der App-Anwender, sie würden ein positives Ergebnis in der App teilen. Im Januar 2021 waren es nur 62 Prozent.

Die Corona-Warn-App zur Vermeidung von Infektionsketten wurde am 16. Juni 2020 in den Stores von Apple und Google veröffentlicht. In den ersten Monaten entwickelte sich die Verbreitung sehr dynamisch. Im September 2020 hatte das RKI über 18 Millionen Downloads in den Stores von Google und Apple registriert. Danach flachte die Kurve allerdings deutlich ab.

Zuletzt verzeichnete das RKI 32,4 Millionen Downloads. Die Zahl der aktiven Nutzer fällt geringer aus, da nicht erfasst wird, wer die App bereits wieder deinstalliert oder nach einem Wechsel des Smartphones nicht erneut installiert hat. Die Corona-Warn-App des Bundes gilt aber trotzdem als eine der erfolgreichsten Apps dieser Art weltweit.

 

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Ganz Spanien ist ab Sonntag kein Corona-Hochrisikogebiet mehr

Spanien galt wegen hoher Fallzahlen als Hochrisikogebiet. Nun fallen die Infektionszahlen und die Einstufung wird beendet. Alle Infos im Newsblog.

In Deutschland haben sich seit Beginn der Pandemie mehr als 3,9 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts starben 92.096. Mehr zu den aktuellen Zahlen lesen Sie hier. Im Zuge der Ende 2020 begonnenen Impfkampagne haben inzwischen 64,8 Prozent der Bundesbürger mindestens eine Impfdosis erhalten, 59,9 Prozent sind vollständig geimpft (Stand: 27. August 2021).

Spanien ist ab Sonntag kein Corona-Hochrisikogebiet mehr

Wegen sinkender Corona-Infektionszahlen streicht die Bundesregierung am Sonntag ganz Spanien und damit auch die beliebte Ferieninsel Mallorca von der Liste der Hochrisikogebiete. Das teilte das Robert Koch-Institut (RKI) am Freitag mit. Damit entfallen alle Quarantänevorschriften für aus Spanien zurückkehrende Urlauber.

Deutsche halten Corona nicht mehr für das wichtigste Problem

Erstmals seit dem Frühjahr 2020 ist die Coronavirus-Pandemie laut ZDF-Politbarometer nur noch das zweitwichtigste Problem in Deutschland. 40 Prozent halten das Thema Umwelt- und Klimaschutz für besonders drängend, 34 Prozent dann Corona. Die aktuellen Corona-Maßnahmen empfinden 58 Prozent der Befragten für gerade richtig, jeweils 19 Prozent halten sie für übertrieben beziehungsweise zu lasch. 63 Prozent glauben vor dem Hintergrund einer steigenden Impfquote, dass es in der vierten Welle nicht zu so großen Belastungen in den Krankenhäusern kommen wird wie bei früheren Wellen.

Dänemark hebt Corona-Einschränkungen auf

Dänemark definiert Covid-19 künftig nicht mehr als eine Pandemie, die in einem hohen Grad die Gesundheit der Bevölkerung bedroht. Gesundheitsminister Magnus Heunicke erklärte am Freitag, die Pandemie sei unter Kontrolle. "Wir haben rekordhohe Impfraten. Daher können wir zum 10. September einige der Sonderregeln, die wir im Kampf gegen Covid-19 einführen mussten, fallen lassen."

Für die Dänen bedeutet das, dass sie keinen Corona-Pass mehr vorzeigen müssen, wenn sie Restaurants, Nachtclubs oder größere Veranstaltungen besuchen. Ein Mund-Nasen-Schutz muss schon länger nicht mehr getragen werden. In Dänemark sind 80 Prozent der Bevölkerung im Alter über zwölf Jahre vollgeimpft.

Heunicke warnte jedoch, dass die Pandemie nicht überstanden sei. "Die Regierung wird nicht zögern, schnell zu handeln, wenn die Pandemie wieder wichtige Funktionen in unserer Gesellschaft bedroht."

Studie: Jeder zweite Corona-Krankenhauspatient nach einem Jahr mit Langzeitfolgen

Auch ein Jahr nach ihrer Erkrankung leiden einer Studie zufolge rund die Hälfte der wegen einer Corona-Infektion ins Krankenhaus eingelieferten Patienten noch an Langzeitfolgen. Die Autoren der chinesischen Studie, die am Freitag in der Fachzeitschrift "The Lancet" erschien, forderten daher eine bessere Berücksichtigung der Langzeitfolgen der Krankheit. Einer von drei Patienten sei etwa auch nach einem Jahr noch kurzatmig. Die Gesundheitssysteme müssten sich darauf einstellen, Covid-19-Patienten langfristige Unterstützung anzubieten.

Bei Patienten, die mit einem schweren Verlauf der Erkrankung auf einer Intensivstation lagen, sei der Anteil der Menschen mit Langzeitfolgen der Studie zufolge noch höher. Die Forscher nutzten die Krankenakten von fast 1.300 Patienten, die zwischen Januar und Mai 2020 in einem Krankenhaus in der chinesischen Stadt Wuhan behandelt wurden, wo das Virus zuerst entdeckt wurde.

Für die Studie wurden Daten sechs und zwölf Monate nach dem Ende der Behandlung gesammelt. Demnach lag der Anteil der Patienten mit mindestens einem verbleibenden Symptom oder einer Folgeerkrankung nach einem halben Jahr bei 68 Prozent, nach einem Jahr bei 49 Prozent. Der Anteil der Patienten, die unter Angstzuständen und Depressionen litten, stieg leicht von 23 auf 26 Prozent. Trotz der Langzeitfolgen stellten die Forscher fest, dass eine große Mehrheit von 88 Prozent ein Jahr nach ihrer Erkrankung wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt war.

Fast 60 Prozent der Deutschen sind vollständig geimpft

"Die vierte Welle kommt mit zunehmender Wucht. Der beste Schutz ist eine rechtzeitige Impfung", teilte Gesundheitsminister Jens Spahn auf Twitter mit. 59,9 Prozent, also 49,85 Millionen Menschen in Deutschland, sind jetzt vollständig geimpft. 64,8 Prozent haben mindestens eine Impfung.

Neuseeland verlängert Lockdown erneut

Neuseeland verlängert wegen Dutzender neuer Corona-Fälle den landesweiten Lockdown um weitere vier Tage. Gleichzeitig kündigte die Regierung ab kommendem Mittwoch Lockerungen der strikten Regeln in weiten Landesteilen an. Am Freitag verzeichneten die Behörden in dem Pazifikstaat 70 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden, größtenteils in der Metropole Auckland auf der Nordinsel. Jedoch waren zuletzt auch in der Hauptstadt Wellington Fälle gemeldet worden.

Derzeit sind in Neuseeland Schulen und nicht lebensnotwendige Geschäfte geschlossen. Bürger dürfen das Haus nur noch unter bestimmten Bedingungen verlassen. Während Mitte kommender Woche einige Beschränkungen für Regionen südlich von Auckland aufgehoben werden könnten, sollen sie in der Stadt selbst voraussichtlich noch einige Zeit bestehen bleiben, wie Ministerpräsidentin Jacinda Ardern sagte.

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Corona-Studie  

Dieser Faktor kann Covid-19-Verlauf bestimmen

Wie die Krankheit nach der Ansteckung mit dem Coronavirus verläuft, hängt von vielen Faktoren ab. Eine Untersuchung zeigt: Wenig Bewegung könnte sich negativ auswirken.

Ein bewegungsarmer Lebensstil erhöht laut einer neuen Studie das Risiko, schwer an Covid-19 zu erkranken und an der Krankheit zu sterben. Menschen, die sich in den mindestens zwei vorangegangenen Jahren vor ihrer Infektion körperlich wenig betätigten, laufen demnach eher Gefahr, wegen der Krankheit ins Krankenhaus und auf die Intensivstation zu müssen und daran zu sterben, als körperlich aktive Patienten.

Bewegungsarmut könnte schwere Verläufe hervorrufen

Für ihre im "British Journal of Sports Medicine" veröffentlichte Studie beleuchteten die Forscher die Fälle von fast 50.000 Corona-Infizierten in den USA, die in den vorangegangenen zwei Jahren mindestens dreimal bei einer Klinik Angaben zu ihren körperlichen Aktivitäten gemacht hatten. Dabei stellte sich heraus, dass Bewegungsarmut für den Krankheitsverlauf ein wesentlich höheres Risiko darstellt als beispielsweise Rauchen, Fettleibigkeit oder Bluthochdruck.

Von den untersuchten Patienten hatten 15 Prozent sich selbst als inaktiv beschrieben (null bis zehn Minuten körperliche Aktivität pro Woche), fast 80 Prozent gaben eine "gewisse Aktivität" an (11 bis 149 Minuten Bewegung pro Woche), und sieben Prozent meldeten stetige Bewegung von mehr als 150 Minuten pro Woche.

Risiko für Krankenhausaufenthalte enorm hoch

Körperlich inaktive Patienten haben der Studie zufolge ein doppelt so hohes Risiko, wegen Covid-19 ins Krankenhaus zu müssen, wie diejenigen aus der aktivsten Gruppe. Ihr Risiko, auf der Intensivstation zu landen, war 73 Prozent höher, ihr Sterberisiko war zweieinhalb Mal so hoch.

Verglichen mit der mäßig aktiven Gruppe hatten die Inaktiven ein 20 Prozent höheres Risiko eines Krankenhausaufenthalts, ein um zehn Prozent höheres Risiko, auf die Intensivstation zu müssen, und ein 32 Prozent höheres Sterberisiko.

 

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Neue Corona-Studie  

Zahnprobleme können Risiko für schweren Covid-19-Verlauf erhöhen

Schlechte Zähne sind nicht nur ein ästhetisches Problem – sie können sich auch auf den allgemeinen Gesundheitszustand auswirken. Untersuchungen geben sogar Hinweise auf einen Risikofaktor für Covid-19.

Schon länger ist bekannt, dass Zahnprobleme ernste Krankheiten auslösen können. Entzündetes Zahnfleisch (Parodontitis) etwa kann im Extremfall den ganzen Körper beeinträchtigen. Breitet sich die Entzündung über den Mundraum hinaus aus, wird das Immunsystem geschwächt und das Risiko für Herzinfarkt, Rheuma und Lungenerkrankungen steigt.

Risikofaktor Zähne: Parodontitis kann auch den Covid-19-Verlauf beeinflussen

Die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie verweist auf eine Untersuchung, die zeigt, dass Parodontitis ähnlich wie andere Vorerkrankungen als Risikofaktor für schwere Verläufe von Covid-19 anzusehen ist.

Forscher untersuchten den Covid-19-Verlauf bei 568 Patienten, die zwischen Februar und Juli 2020 in Krankenhäuser im Emirat Katar eingeliefert wurden. Mithilfe von elektronischen Krankenakten konnten sie zudem nachvollziehen, ob und wie stark die Betroffenen unter Parodontitis litten.

Das Ergebnis der im englischsprachigen Fachblatt "Journal of Clinical Periodontology" veröffentlichten Studie: Covid-19-Patienten mit Parodontitis mussten im Schnitt 3,5-mal häufiger auf der Intensivstation behandelt und 4,5-mal häufiger beatmet werden. Sie starben auch fast neunmal häufiger als zahngesunde Patienten.

Orale Bakterien können die Lunge infizieren

Die Forscher beobachteten, dass Patienten mit Parodontitis orale Bakterien einatmen, die aus dem Mund in die Lunge gelangen und dort zusätzliche Entzündungen auslösen können – insbesondere bei Patienten, die ein Beatmungsgerät verwenden.

"Dies kann zur Verschlechterung des Gesundheitszustandes von Patienten mit Covid-19 beitragen und das Sterberisiko erhöhen", sagte Studienautor Mariano Sanz. Er empfiehlt daher, bei Covid-19-Patienten mit Parodontitis den Mundraum vor der Beatmung zu desinfizieren.

 

Mundgesundheit vor allem in Corona-Zeiten wichtig

Der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie zufolge unterstreicht diese Studie "die Bedeutung der parodontalen Gesundheit hinsichtlich der Prävention und möglicherweise sogar des Managements von Covid-19-Komplikationen. Die Mediziner raten dazu, auch in Zeiten der Pandemie die Zahnpflege nicht zu vernachlässigen.

Um Parodontitis vorzubeugen, ist eine gute Mundhygiene essenziell. Zweimal täglich Zähneputzen sollte selbstverständlich sein, reicht aber zur Vorbeugung nicht aus. So sollten die Zahnzwischenräume ebenfalls mit Zahnseide oder speziellen Interdentalbürsten gereinigt werden. Zudem empfiehlt sich mindestens zweimal jährlich eine Prophylaxe beim Zahnarzt. Dabei werden Beläge sowie Zahnstein entfernt und die Zähne mit Fluorid behandelt.

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Millionenstadt in China nach Corona-Ausbruch abgeriegelt

Eine chinesische Großstadt ist nach mehreren Corona-Fällen abgeriegelt worden. Wer Putian verlassen will, muss einen negativen Test vorweisen. Alle Infos im Newsblog.

In Deutschland haben sich seit Beginn der Pandemie mehr als vier Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts starben 92.618. Mehr zu den aktuellen Zahlen lesen Sie hier. Im Zuge der Ende 2020 begonnenen Impfkampagne haben inzwischen 66,4 Prozent der Bundesbürger mindestens eine Impfdosis erhalten, 62 Prozent sind vollständig geimpft (Stand: 13. September 2021).
Millionenstadt in China nach Corona-Ausbruch abgeriegelt

In Putian, einer Großstadt in Südchina mit knapp drei Millionen Einwohnern, haben Behörden drastische Maßnahmen ergriffen. Um eine weitere Verbreitung des Coronaviruses zu verhindern, ist die Stadt praktisch abgeriegelt, wie die Nachrichtenagentur AP berichtet. Busse und Bahnen haben den Dienst eingestellt. Wer die Stadt im Auto verlassen will, muss einen aktuellen Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf.

In Putian wurden nach Angaben lokaler Medien bis zum Sonntag 32 Neuinfektionen festgestellt worden. Viele Patienten sind unter 12 Jahre alt. Behörden haben einen Massentest begonnen, mit 120.000 Tests pro Tag.  Kinos und Sehenswürdigkeiten sind geschlossen, Restaurants müssen strikte Anweisungen befolgen.

Eigentlich hatte China die Pandemie schon 2020 als unter Kontrolle bezeichnet. Durch die Delta-Variante kommt aber immer wieder zu regionalem Aufflammen.

Institut: Lockdown viermal teurer als Ausschluss Ungeimpfter

Ein erneuter Lockdown für alle Bundesbürger würde einem Bericht zufolge viermal so hohe finanzielle Schäden verursachen wie ein Ausschluss Ungeimpfter. Das zeigen Berechnungen des Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), wie das "Handelsblatt" am Sonntag berichtete. Erneute Einschränkungen würden demnach je nach Ausgestaltung zwischen 6,5 und 52 Milliarden Euro an Wertschöpfung kosten.

Als akut von Einschränkungen bedroht gelten dem Bericht zufolge die Anbieter von kontaktintensiven Dienstleistungen. Dazu gehören Restaurants, Tourismus, Kunst und Kultur. Das RWI hat berechnet, wie groß der Schaden verschiedener (Teil-)Schließungen in diesem Bereich wäre, wenn diese im vierten Quartal eingeführt und noch das gesamte erste Quartal 2022 gelten würden.

Der Schaden bei Schließungen, die für alle Bundesbürger gelten, betrüge demnach 52 Milliarden Euro. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde dadurch 0,6 Prozentpunkte im Gesamtjahr 2022 geringer ausfallen. Vergleichswert ist ein Szenario ohne Schließungen, bei dem die Unternehmen von einer überdurchschnittlichen Nachfrage profitieren, weil die Bürger Konzerte oder Reisen nachholen.

Würde die Politik nur den Ungeimpften den Zugang zu bestimmten Orten verwehren und eine 2G-Regelung einführen, läge die Wertschöpfung dem Bericht zufolge 13 Milliarden Euro geringer, sofern es bei dem aktuellen Impftempo bleibt und die Kaufkraft zwischen Geimpften und Ungeimpften gleich ist. Das BIP würde 0,15 Prozentpunkte geringer ausfallen.

Lauterbach plädiert für Drittimpfung mit Biontech-Impfstoff

Karl Lauterbach (SPD) zufolge ist die Wirkung einer dritten Corona-Impfung mit dem Impfstoff des Herstellers Biontech/Pfizer deutlich stärker, als es viele Experten erwartet hätten. Dabei bezieht sich der Gesundheitsexperte via Twitter auf erste Ergebnisse einer Studie, die in Israel durchgeführt wurde. Die Auffrischimpfung biete einen zehnfachen Schutz gegen eine Infektion mit dem Coronavirus oder einen schweren Krankheitsverlauf. "Damit ist klar, dass die Nachfrage bald sehr groß sein wird", so Lauterbach.

Der SPD-Politiker ist wegen Tweets wie dieser längst zum Feindbild aller Corona-Skeptiker geworden. Inzwischen traut er sich nur noch mit Personenschutz auf die Straße. Mehr dazu lesen Sie hier.

Brandenburger Regierung erwägt Einführung der 2G-Regelung

Brandenburg erwägt die landesweite Einführung der sogenannten 2G-Regelung (Geimpfte und Genesene) für den Zugang zu bestimmten Innenräumen. Das geht aus dem Kabinettsentwurf für die dritte Sars-CoV-2-Umgangsverordnung hervor, der der dpa vorliegt. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet, darunter die "B.Z.", der "Tagespiegel", die Märkische Allgemeine" und der RBB.

Wie aus dem Entwurf hervorgeht, soll es mit diesem Modell Veranstaltern und Einrichtungen ermöglicht werden, ausschließlich Geimpften oder Genesenen und Kindern bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr Zutritt zu gewähren. Dafür entfielen einzelne Vorgaben zum Infektionsschutz. Betreiber und Veranstalter, die die 2G-Regelung anwenden wollen, müssen dies an die Gesundheitsämter melden. Die Brandenburger Landesregierung will in der kommenden Woche über die neue Corona-Verordnung entscheiden.

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Dutzende Infizierte in Münster  

Wie konnte eine 2G-Party zum Superspreader-Event werden?

63 Corona-Infizierte nach einer 2G-Party in Münster sorgen für Schlagzeilen – und werfen die Frage auf: Wie sinnvoll ist die neue Corona-Regel? Der Fall liefert zwei wichtige Erkenntnisse. 

In Münster wollte ein Club den Menschen das zurückgeben, was seit Monaten nicht mehr möglich war: sorglos zu tanzen und zu feiern. Dafür galt die 2G-Regel: Zutritt zu der Party hatte nur, wer doppelt gegen das Coronavirus geimpft ist oder sich in den vergangenen sechs Monaten infiziert hat. Diverse Bundesländer wollen diesem Beispiel künftig folgen. In Berlin beschloss der Senat am Dienstag etwa die Einführung eines 2G-Optionsmodells: In etlichen Bereichen wie der Gastronomie oder bei Veranstaltungen können die Betreiber dann selbst entscheiden, ob sie den Zutritt zu Innenräumen nur Geimpften oder Genesenen (2G) oder auch Getesteten (3G) erlauben. Im Falle von 2G würden bisherige Corona-Einschränkungen wie Abstand oder Maske wegfallen.

Doch das 2G-Modell bringt ein Problem mit sich, wie die Party in Münster zeigt: Sie hat sich trotz des Konzepts zu einem Superspreader-Event entwickelt. Von 380 Gästen haben sich mindestens 63 Feiernde angesteckt. Die Zahlen könnten noch weiter steigen, da noch nicht alle Kontaktpersonen PCR-Tests vorgelegt hätten, berichtete die "Welt".

Das 2G-Konzept ist deshalb längst nicht gescheitert. Aber der Fall aus Münster liefert zwei wichtige Erkenntnisse darüber, was es verhindern kann – und was nicht.

2G verhindert kein Superspreader-Event

Erstens: Selbst bei 2G-Veranstaltungen kann es auch in Zukunft noch zu Ansteckungen kommen. Dagegen hilft auch ein gutes Hygienekonzept wenig. Die Stadt Münster attestierte dem Club jedenfalls, die Veranstaltung sei vorbildlich abgelaufen, da nur immunisierten Menschen Zutritt gewährt worden sei. Zudem überträfen die Lüftungsanlagen die Anforderungen.

Dass sich nun viele Feiernde angesteckt haben, spricht nicht grundsätzlich gegen das 2G-Konzept – denn Impfdurchbrüche sind dem Robert Koch-Institut zufolge durchaus möglich. Eine Impfung bietet keinen hundertprozentigen Schutz. Seit Beginn der Impfkampagne hat das RKI knapp 24.200 Durchbrüche gemeldet (Stand: 02.09.2021).

Die Zahl der Impfdurchbrüche scheint nicht zuletzt wegen der ansteckenderen Delta-Variante zu steigen. Die bisher zugelassenen Impfstoffe gegen Sars-Cov-2 erzeugen zudem keine sterile Immunität. Geimpfte sind zumindest zu Beginn der Infektion ähnlich ansteckend wie Ungeimpfte. Nach den ersten Tagen der Ansteckung geht die Viruslast bei Geimpften jedoch deutlich schneller zurück als bei Personen, die sich nicht impfen lassen haben.

Experten uneins, wie infektiös Genesene sind

Auch Genesene können erneut erkranken. Wann und wie infektiös sie dann sind – darüber sind Experten uneins. Der Virologe Alexander Kekulé sagte dem "Focus", dass eine überstandene Infektion zu einer breiteren Immunantwort führe und den Körper vielschichtiger stimuliere als die Impfung. Der Immunologe Carsten Watz rechnet hingegen "durch Impfungen mit einem noch besseren, möglicherweise mehrjährigen Schutzeffekt vor schweren Verläufen bis hin zum Tod". Demnach würden höhere Antikörperspiegel erreicht als bei der natürlichen Infektion.

Ein wichtiger Faktor könnte das Alter sein. Dem "Spiegel" zufolge ergab eine US-Untersuchung, dass vor allem bei jungen Menschen und Menschen mit geringer Viruslast bereits kurze Zeit nach der Genesung keine Antikörper gegen Sars-Cov-2 mehr nachweisbar seien. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko) daher die Impfung auch für Genesene.

Die zweite Erkenntnis ist erfreulicher

Ansteckungen sind also auch unter dem 2G-Modell nicht auszuschließen. Es gibt jedoch eine zweite, erfreulichere Erkenntnis aus dem Fall Münster: Eine Impfung ist der beste Weg, sich gegen eine schwere Erkrankung zu schützen. Denn obwohl sich in Münster viele Feiernde angesteckt haben, blieben alle Infizierten der Stadt zufolge symptomfrei oder haben lediglich milde Symptome.

Das bestätigt auch die bisherigen Erkenntnisse des RKI. Das Institut schreibt allgemein: "Betrachtet man den Anteil der Impfdurchbrüche an allen Covid-19-Fällen, wird deutlich, dass nur ein geringer Anteil der hospitalisierten, auf Intensivstationen betreuten bzw. verstorbenen Covid-19-Fälle als Impfdurchbruch zu bewerten ist." Das bedeutet: Auch wenn sich eine doppelt geimpfte Person infiziert, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass sie im Krankenhaus behandelt wird oder an der Erkrankung stirbt.

2G macht ein Stück Normalität möglich

Fazit: Aus epidemiologischer Sicht ist das Superspreader-Event in Münster keine Überraschung. Ansteckungen können auch unter Einhaltung der 2G-Regel stattfinden. Aber: Trotz der vielen Infektionen ist keine Person schwer erkrankt. Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer aus Münster sagte der "Welt": "Die vorliegende Ansteckungsserie bestätigt noch einmal die enorme Bedeutung der Schutzimpfung." Es sei klar, dass eine breite Öffnung die Zahl der Infektionen in die Höhe treiben werde. "Für Ungeimpfte ist das ein echtes Problem. Sie müssen sich in dieser neuen Phase der Pandemie sehr genau überlegen, was geht, und was nicht."

2G ist also nicht das perfekte Modell – aber es ermöglicht inzwischen rund 55 Millionen Deutschen, die als genesen oder geimpft gelten, inmitten der Pandemie ein Stück Normalität.

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Aus diesen Gründen lassen sich Ungeimpfte nicht impfen

Die Impfquote in Deutschland stagniert. Doch Grund dafür sind nicht nur Impfverweigerer, sondern auch unsichere Zögerer. Eine Studie zeigt, was sie von einer Impfung abhält. Alle Infos im Newsblog.

In Deutschland haben sich seit Beginn der Pandemie mehr als vier Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts starben 92.837. Mehr zu den aktuellen Zahlen lesen Sie hier. Im Zuge der Ende 2020 begonnenen Impfkampagne haben inzwischen 66,9 Prozent der Bundesbürger mindestens eine Impfdosis erhalten, 62,7 Prozent sind vollständig geimpft (Stand: 16. September 2021).
Aus diesen Gründen lassen sich Ungeimpfte nicht impfen

Unter den Ungeimpften in Deutschland sind nicht nur strikte Impfgegner. Wie das Covid-Snapshot-Monitoring (Cosmo) zeigt, gehören 51 Prozent der Ungeimpften zu den unsicheren Zögerern: Sie möchten sich eher nicht impfen lassen oder wissen es noch nicht. Dafür nennen sie folgende Gründe: Sie verlassen sich eher auf die anderen, die sich impfen lassen oder sie neigen dazu, viele Informationen für und gegen die Entscheidung zu suchen und Risiken stark abzuwägen. Als weiterer Grund wird genannt, dass sie weniger als andere das Gefühl haben, durch Impfen die Normalität zurück zu erlangen, mehr Kontakte haben zu können oder mit der Impfung einen Beitrag zur Pandemiebekämpfung zu leisten.

Impfverweigerer – die 43,6 Prozent der Ungeimpften, die sich auf keinen Fall impfen lassen wollen – haben hingegen andere Argumente. Sie haben zum einen stärkere Sicherheitsbedenken, zum anderen halten sie die Impfung für überflüssig, da Covid-19 für sie keine Bedrohung darstellt. Praktische Barrieren spielen hier im Gegensatz zu anderen Ungeimpften keine Rolle, heißt es im Monitoring. Zudem ist die Tendenz, sich auf die Impfung von anderen zu verlassen, bei Verweigerern höher. Allerdings haben sie ebenso wie die unsicheren Zögerer eher weniger das Gefühl, durch Impfen zur Normalität zurück zu kommen.

An dem Monitoring sind unter anderem die Universität Erfurt, das Robert-Koch-Institut sowie die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung beteiligt.

Drosten sieht einen Wandel von der Pandemie zur Endemie – aber nicht in Deutschland

In manchen Regionen könnte die Pandemie schon bald zu einer Endemie werden, glaubt Christian Drosten. Der Virologe gibt eine Einschätzung, warum das in Deutschland noch dauern wird.

Sterblichkeit in der EU weiter über Durchschnittsniveau vor Corona 

Noch immer liegt die Zahl der Todesfälle in der Europäischen Union über dem Durchschnittsniveau der Jahre zuvor – aber nur noch knapp. Im Juli dieses Jahres starben gut vier Prozent mehr Menschen als im Vergleichszeitraum der Jahre vor der Corona-Pandemie, wie aus den am Mittwoch veröffentlichten Daten des Statistikamts Eurostat mit Sitz in Luxemburg hervorgeht. Wie viele Menschen tatsächlich an den Folgen einer Corona-Infektion gestorben sind, zeigt die Auswertung nicht. Die Daten unterscheiden keine Todesursachen und differenzieren nicht nach Geschlecht oder Alter.

In Deutschland entwickelten sich die Zahlen der Auswertung zufolge ähnlich wie in der EU, wobei die Übersterblichkeit hier tendenziell unter dem Schnitt der Europäischen Union lag. So habe diese im Juli 2021 bei gut zwei Prozent gelegen. Der Höhepunkt mit 30 Prozent über den Vergleichswerten wurde hierzulande den Informationen zufolge im Dezember 2020 erreicht.

Familienministerin Lambrecht will mehr Therapieplätze für Kinder 

Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht will mehr Therapiemöglichkeiten für junge Menschen schaffen. "Kinder und Jugendliche schultern seit Beginn der Pandemie besonders viel, sie leiden unter Ängsten, Einsamkeit und Bewegungsmangel", sagt Lambrecht in Berlin.

Die schweren Zeiten der Lockdowns wirkten nach. Freie Plätze für Psychotherapien seien schwer zu finden, dies müsse sich ändern. "Das ist eine Aufgabe, der wir uns annehmen müssen. Es ist ganz wichtig, dass Eltern, Kinder und Jugendliche diese Möglichkeit haben, dass sie Plätze finden." Möglich seien finanzielle Hilfen, Erhöhungen von Budgets sowie ein Ausbau von Vorsorgeuntersuchungen.

Bundesregierung will Corona-Studie zu Rolle von Schulen

Die Rolle von Schulen in der Pandemie soll nach dem Willen der Bundesregierung durch eine Studie näher untersucht werden. "Die Bundesregierung strebt an, eine mit der Corona-Kita-Studie vergleichbare Studie für den Schulbereich aufzulegen", heißt es in einem gemeinsamen Bericht von Bundesgesundheits- und Bundesfamilienministerium, mit dem sich das Bundeskabinett am Mittwoch befasst hat.

Mit der angedachten Schulstudie sollen die Wirksamkeit von Infektionsschutzmaßnahmen an den Einrichtungen und auch die Belastung bei Schulkindern in den Blick genommen werden. An den Kitas läuft seit dem vergangenen Jahr bereits eine größer angelegte Studie, die vom Deutschen Jugendinstitut und dem Robert Koch-Institut umgesetzt wird. Sie erforscht, welche Rolle Kinder und Kitas bei der Verbreitung von Corona spielen.

EU spendet 200 Millionen weitere Impfdosen für ärmere Länder

Die Europäische Union will 200 Millionen weitere Corona-Impfdosen für ärmere Länder spenden. Das kündigte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in ihrer zweiten Rede zur Lage der Union in Straßburg an. Von der Leyen sprach von einer "Investition in die Solidarität und einer Investition in die weltweite Gesundheit".

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INTERVIEWChefarzt warnt  

"Wir haben ein viel infektiöseres Virus als vor einem Jahr"

Inzidenz über 80, mehr als 1.000 Covid-Intensivpatienten, Tausende tägliche Neuinfektionen: Welche Lehren sollten wir aus den Zahlen ziehen? t-online hat mit einem Chefarzt und Intensivmediziner gesprochen.

Als die Corona-Zahlen zuletzt so hoch waren wie aktuell, steckte Deutschland noch mitten im Lockdown. Doch obwohl gerade die Delta-Variante grassiert und die Zahlen teils rapide steigen, scheint zunächst kein erneuter Lockdown zu drohen. Gleichzeitig läuft die Impfkampagne nur noch schleppend.

Was erwartet uns im Herbst, werden die Intensivstationen überlastet? Wie können Impfskeptiker überzeugt werden? Und welche Zahlen sollten künftig eine wichtige Rolle in der Pandemie spielen? t-online hat zu diesen und weiteren Fragen mit Prof. Uwe Janssens gesprochen. Er ist Chefarzt und ehemaliger Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und kritisiert unter anderem den aktuellen "Flickenteppich" an Regelungen in Deutschland.

t-online: Wie ist die aktuelle Situation auf den Corona-Intensivstationen? Gerade wurden wieder mehr als 1.000 Corona-Patienten vermeldet, ist das schon spürbar?

Prof. Uwe Janssens: Man muss ganz klar sagen, dass die Stationen das jetzt natürlich merken. Wir haben jeden Tag mehr Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen. Aber zum jetzigen Zeitpunkt ist es absolut noch überschaubar. Uns ist ja während der zweiten und vor allem der dritten Welle vorgeworfen worden, wir würden "Alarmismus" machen. Aber es geht hier um die Verhinderung von zum Teil schweren Krankheitsverläufen. Wenn Sie einen Darmkrebs oder andere bösartige Erkrankungen bekommen, ist das naturgegeben. Diese Krankheiten entstehen in Ihrem Körper durch Entartung von Zellen.

Aber so eine Corona-Infektion ist prinzipiell schon durch einfache Maßnahmen verhinderbar. Und wenn ein bestimmter Prozentsatz der Patienten auf der Intensivstation landet, ist das der bedauerliche Endpunkt einer prinzipiell durch die Unterbrechung der Infektionskette verhinderbaren Krankheit. Vergessen Sie nicht: Covid-19 Patienten sind Behandlungsfälle, die wir ohne die Corona-Pandemie sonst nicht im Krankenhaus und auf den Intensivstationen behandeln müssten. Wenn wir also jetzt 1.500 Covid-Patienten haben, ist das sicherlich im Augenblick eine beherrschbare Situation. Aber unsere Sorge ist natürlich, dass die Zahlen jetzt noch nach oben schnellen. Und wir haben natürlich auch Gebiete, die stärker oder auch weniger stark betroffen sind. Wir müssen also immer sehr genau auch regional schauen, wie die Lage ist. Und da gab es teilweise schon erhebliche Schwierigkeiten. Ein kritischer Punkt ist auch das Personal.

Prof. Dr. med. Uwe Janssens ist Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Internistische Intensivmedizin am St.-Antonius-Hospital in Eschweiler, die er seit 2005 leitet. In der Divi engagiert sich Janssens bereits früh. Von 2019 bis 2020 war er Präsident der Divi.

Hat sich im Laufe der Pandemie etwas an der Personallage auf den Intensivstationen verändert?

Das Personal war schon vor der Corona-Krise nicht ausreichend auf den Intensivstationen. Deshalb gab es ja Personaluntergrenzen, die dann sogar noch verschärft worden sind. Ein Covid-19-Patient, der beatmet wird und auf dem Bauch liegt, braucht eine Pflegekraft, die ihn kontinuierlich betreut. Und wenn Sie dann eine Station wie beispielsweise in der Charité in Berlin mit bis zu 140 beatmeten Patienten haben, ist das eine große Schwierigkeit. Und das ist auch ein Verständnis, das vielen noch fehlt: Wir haben zwar die Betten, aber nicht das Personal, um die Patienten in diesen Betten ausreichend zu versorgen.

Uns liegen zwar noch keine klaren Zahlen dazu vor, wie hoch die Abwanderung beim Personal ist. In einer Umfrage vom April mit rund 1.500 Teilnehmern aus Pflegepersonal und Ärzten gaben 63 Prozent der Befragten an, sich überlastet zu fühlen. Auf die Frage, ob sie ihren Dienst in den kommenden zwölf Monaten verlassen wollen, haben rund 26 Prozent "ja" geantwortet. Und das ist auch unsere große Sorge. Denn wenn wir keine Pflegekräfte mehr haben, können wir so viele Intensivbetten und Beatmungsgeräte haben, wie wir wollen: Dann werden wir handlungsunfähig.

Wir haben die Zahlen (Inzidenzen, Intensivbelegung, Todesfälle) von jetzt mit denen von vor einem Jahr verglichen: Wie erklären Sie sich, dass aktuell alle Werte höher liegen, obwohl bereits so viele Menschen geimpft sind?

Genau, wir sind vor einem Jahr erst etwa Ende Oktober da gewesen, wo wir jetzt sind. Dafür gibt es viele Faktoren. Nordrhein-Westfalen war als erstes besonders betroffen – dort gibt es natürlich viele Metropolen, viele Menschen auf engem Raum. Aber auch die Reiserückkehrer spielen eine Rolle – ein Viertel der Urlauber haben das Virus mitgebracht.

Und wir haben ein viel infektiöseres Virus als vor einem Jahr. Im Herbst, wenn es kälter und nass wird, verstärkt sich die Infektiosität nochmals deutlich. Und man muss auch sagen: Die Signale aus der Politik im Sommer waren verständlicherweise positiv und haben vermittelt, die Pandemie wäre jetzt voll im Griff. Vielleicht haben diese Botschaften bei dem einen oder anderen zu einer Nachlässigkeit bei den Hygieneregeln geführt. Die Compliance der Menschen ist zum Teil schlechter geworden. Sie werden aber nicht nur einen Grund für diese Entwicklung finden. Ein Hauptgrund ist allerdings die alles beherrschende Delta-Variante.

Wie können wir dafür sorgen, dass die Zahlen auf den Intensivstationen nicht noch weiter ansteigen?

Natürlich ist gerade die Frage, wie wir die Zahlen senken oder stabil halten können. Zunächst einmal bleibt die alte Regel AHA+L wichtig. Ob 2G oder 3G soll die Politik entscheiden – absolute Priorität haben aus meiner Sicht die Impfungen. Wir kommen jetzt in die Phase, in der wir noch nicht genau wissen, wie es mit der Drittimpfung (der sogenannten Boosterimpfung) aussieht.

Ältere und immungeschwächte, vorerkrankte Menschen haben natürlich ein schwächeres Immunsystem und die große Sorge ist, dass gerade bei diesen vulnerablen Gruppen, die Antikörperspiegel jetzt schon abfallen, da sie schon sehr früh im Jahr geimpft wurden. Wir müssen also auch altersbezogene Daten zugrunde legen. In der Tiefe erfassen wir in Deutschland bisher nicht die Daten, die in anderen Ländern bereits vorliegen. Das können wir auf die Schnelle nicht ändern.

Das Kabinett plant, künftig neben der Inzidenz je nach Altersgruppe auch die Lage auf den Intensivstationen und die Impfquote für neue Maßnahmen zugrunde zu legen. Halten Sie das für richtig?

Die Inzidenz bleibt weiterhin ein wichtiger Wert – diesen abzuschaffen, wäre aus meiner Sicht grundlegend falsch. Denn die Inzidenz ist ja der erste Indikator und spiegelt die Infektionssituation wider. Die Krankenhausaufnahme findet erst zehn bis 14 Tage später statt. Schauen wir also nur auf die Krankenhausaufnahmen, haben wir schon alles verschlafen. Wir müssen den Dreiklang beobachten, den wir immer wieder predigen: Sieben-Tage-Inzidenz, Sieben-Tage-Hospitalisierungs-Inzidenz, Intensivbettenbelegungsrate. Das machen Berlin und Niedersachsen beispielsweise bereits sehr schön.

Zusätzlich dazu wäre der R-Wert wichtig, die Impfquote und die Altersstruktur. Und dann wird es auch schon so, dass es kaum noch verständlich ist. Aber die Werte könnten grafisch verständlich dargestellt werden. Was ich allerdings wirklich kritisiere, ist, dass wir jetzt wieder einen Flickenteppich in Deutschland haben. Es gibt keine klare Regelung, was wo gilt. Eine klare Aufgabe der Politik wäre es, festzulegen, was wir denn eigentlich machen, wenn alle Werte "rot" anzeigen. Was gilt denn dann?

Immer wieder gibt es Diskussionen über die Corona-Todeszahlen: Wie erklären Sie, dass es nicht immer einen direkten Zusammenhang zwischen Erkrankung und Tod gibt?

Das ist im Grunde ja immer so: Sie haben einen schweren Unfall – beispielsweise fahren Sie gegen einen Baum – erleiden Hirnverletzungen und sterben etwa ein halbes Jahr später. Juristisch gesehen zählt das aber dann als kausaler Zusammenhang. Und der besteht natürlich auch. Das Problem ist, dass die Zahl der Corona-Toten wahrscheinlich nicht über- sondern eher unterschätzt ist.

Wenn beispielsweise ein junger Mensch schwer an Corona erkrankt, beatmet werden muss und auf der Intensivstation landet. Dann überlebt er, kommt schwer geschädigt in eine Langzeitrehabilitation und 40 Wochen später erleidet er eine schwere Lungenembolie und stirbt. Dann zählt er wahrscheinlich nicht als Covid-Opfer – aber er ist eins. Das ist weltweit bekannt, dass es eher eine Unter- als eine Überschätzung gibt. Deshalb ist der Blick auf die Übersterblichkeit so wichtig.

Mehr als 90 Prozent der Patienten auf den Intensivstationen sollen mittlerweile Ungeimpfte sein – wie wichtig ist die Impfquote aus Ihrer Sicht?

Eine logische Schlussfolgerung aus dieser Tatsache ist natürlich, dass die Impfquote eine große Rolle spielt. Wir haben das auch publiziert – Christian Karagiannidis und Andreas Schuppert – wie die Steigerung der Impfquote die Inzidenzen absinken lässt und dann in der Konsequenz auch die Krankenhausaufnahmen. Das heißt, es gibt da immer noch einen linearen Zusammenhang. Und jetzt breitet es sich vor allem bei den Ungeimpften aus – bei den Jüngeren.

Und wer glaubt, dass die Jüngeren nur einen Husten und Schnupfen bekommen: Nein, das ist nicht so. Auch die bekommen einen schweren Verlauf und werden beatmet. Mittlerweile sind über 50 Prozent der behandelten Intensivpatienten unter 60 Jahre alt. Und das wollen wir doch nicht. Das ist verhinderbar – und deshalb sind die Impfungen so wichtig.

Wie könnten wir jetzt die Impfquoten steigern und Impfskeptiker abholen?

Grundsätzlich ist das eine politische Entscheidung. Aber man muss sich sehr genau anschauen, wer aus welchen Gründen noch nicht geimpft ist. Wir müssen uns beispielsweise langsam fragen, was wir in den Altenheimen machen – mit den Betreuten, aber auch mit den Betreuern. Gibt es hier nicht eine professionsethische Verpflichtung zur Impfung? Wenn ich in so einem Beruf arbeite, setze ich doch eigentlich alles daran, die Patienten, die ich betreue, nicht zu schädigen. Das ist mein oberstes Gebot, als Arzt, als Pflegekraft, als medizinische Fachkraft. Ich darf meinen Patienten, der mir anvertraut ist, nicht schädigen. Natürlich können Geimpfte sich auch anstecken und ansteckend sein – das Risiko ist aber deutlich geringer.

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Impfung ist wahrscheinlich nicht umsetzbar, aber jeder in einem solchen Beruf sollte sich mit dieser Frage auseinandersetzen. Und wir können Menschen auch mit guten Argumenten überzeugen. Indem wir jeden einzelnen Impfskeptiker fragen: Warum lässt du dich nicht impfen? Da wird es viele Leute geben, die wir noch mitnehmen können. Impfskeptiker sollte man auf keinen Fall in die Ecke stellen und mit dem Finger auf sie zeigen. Deshalb sollten wir alles daran setzen, sie von der hervorragenden Wirkung der Impfung, dem dadurch erzeugten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen und von der guten Verträglichkeit zu überzeugen: Mit Hausärzten oder indem wir dorthin gehen, wo die Menschen sind. Nicht mit Druck, sondern mit Aufklärung. Man muss den Menschen Sicherheit geben und ihnen ihre Ängste nehmen.

Mittlerweile trifft Corona besonders viele junge Menschen: Wie alt sind die Patienten aktuell im Schnitt?

Aktuell erkranken vor allem die Jüngeren, das ist richtig. Wir sehen jetzt auch, dass bei den Hospitalisierungen rund 40 Prozent über 60 Jahre alt sind, aber 40 Prozent eben auch zwischen 18 und 59 Jahren alt sind. Die Kinder spielen tatsächlich noch keine ganz große Rolle – aber trotzdem: Auch in dieser Altersgruppe wissen wir nicht, was mit Long-Covid passiert. Auch da sollten wir vorsichtig sein. Dass der Anteil der vielen älteren Patienten mit schweren Verläufen auf den Intensivstationen so zurückgegangen ist, ist aber ganz klar auch ein deutlicher Erfolg der Impfungen.

Betreffen die aktuellen Fälle Sie und Ihre Mitarbeiter auf den Intensivstationen persönlicher, da es mehr jüngere Patienten, beispielsweise junge Väter oder Mütter sind?

Jeder Fall betrifft uns – ganz egal ob ein 30-Jähriger, eine 50-Jährige oder ein 80-Jähriger. Es ist natürlich eine gewisse Emotionalität damit verbunden, wenn Jüngere so schwer erkranken, da alle Beteiligten wissen, wie hoch beispielsweise die Sterblichkeit ist. Zudem ist die Behandlungsdauer der jüngeren Patienten deutlich länger – das bedeutet automatisch eine zusätzliche Belastung der Mitarbeiter. Trotzdem berührt uns jedes Schicksal – auch die Älteren haben natürlich Schicksale und auch da muss man komplexe Entscheidungen treffen.

Wie stehen Sie zum Thema Dritte Impfung – halten Sie diese für sinnvoll und wenn ja, für wen?

Grundsätzlich sollten wir alles daransetzen, die Menschen abzuholen, damit sie sich impfen lassen. Und wenn wir da zum Thema Drittimpfung kommen, wird es noch komplizierter. Daher denke ich, dass es wichtiger ist, erst einmal die Zielpopulationen durchzuimpfen. Aber danach müssen wir uns zügig darum kümmern, wer die Drittimpfung bekommen soll. Ältere sicherlich – aber die Stiko müsste sich dazu erst einmal eindeutig äußern.

 

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Corona-Pandemie: Ohne Impfung weniger Lohn

 

Wer in Corona-Quarantäne muss, bekommt bisher trotzdem sein Gehalt. An diesem Mittwoch beraten die Länder darüber, das für Ungeimpfte zu streichen. Was spricht dafür, was dagegen - und was bedeutet das konkret? Ein Überblick.

Ohne Impfung weniger Lohn

Wer in Corona-Quarantäne sitzt und deswegen nicht arbeiten kann, bekommt in Deutschland sein Gehalt trotzdem. Der Arbeitgeber zahlt weiter - und bekommt das Geld anschließend erstattet. Noch. Denn für Ungeimpfte wird sich das vermutlich bald ändern. Für die Erstattung des Lohns sind die Länder zuständig. Baden-Württemberg hat die Zahlungen bereits beendet, andere Länder wollen das ebenfalls tun - und an diesem Mittwoch beraten die deutschen Gesundheitsminister darüber, ob, wann und wie die Lohnfortzahlung bundesweit abgeschafft wird.

"Wir gehen davon aus, dass es eine einheitliche Linie gibt", sagt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek (CSU), der der Ministerrunde derzeit vorsitzt. Nach einem Bericht des Handelsblatts ist als Datum der 11. Oktober im Gespräch. Was bedeutet das dann für die Beschäftigten und wer stellt sich warum dagegen? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Worum geht es genau?

Wer zum Beispiel engeren Kontakt zu einem Covid-19-Patienten hatte oder aus einem Risikogebiet zurückkehrt, muss meist in Quarantäne. Wenn er dann nicht im Homeoffice arbeiten kann, zahlt das Land sein Gehalt. Und zwar in voller Höhe (zumindest für die ersten sechs Wochen, aber so lange ist eigentlich niemand in Quarantäne). Das wollen viele Bundesländer bei den Ungeimpften nun nicht mehr; bei den Geimpften spielt diese Frage quasi keine Rolle, da sie wegen der geringeren Ansteckungsgefahr fast nie in Quarantäne müssen.

Wer will was in der Politik?

Baden-Württemberg hat die Zahlungen vergangene Woche eingestellt, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wollen im Oktober folgen. In Ländern wie Bayern, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gibt es ähnliche Überlegungen. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hält diesen Schritt für richtig, wie er schon vor gut zehn Tagen sagte: Letztlich kämen ja die Steuerzahler für die Entschädigung auf; und er sehe nicht ein, "warum auf Dauer andere zahlen sollen, wenn sich jemand nicht für die kostenlose Impfung entscheidet, obwohl er könnte".

Aber es gibt Gegenstimmen, auch in den Ländern - beispielhaft ist der Konflikt innerhalb der bayerischen Regierung. Die CSU ist für den Schritt: Wenn jemand sich nicht gegen Corona impfen lassen wolle, dürfe das "nicht zulasten der Gesellschaft gehen", sagt Gesundheitsminister Holetschek. Und Ministerpräsident Markus Söder (beide CSU) glaubt, dass so auch die Impfbereitschaft einen "deutlichen Schub" bekommen könnte. Söders Vize Hubert Aiwanger von den Freien Wählern hingegen lehnt den Schritt als "Impfzwang durch die Hintertür" ab. Auch der SPD-Gesundheitsexperte und Bundestagsabgeordnete Karl Lauterbach warnt davor - wenn auch aus anderen Gründen: Er fürchtet, dass Leute dann den Arbeitgeber anlügen oder die Quarantäne umgehen, in die sie eigentlich müssten, und so andere gefährden.

Wer kritisiert die Pläne der Länder noch?

Nicht zuletzt die Gewerkschaften. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Reiner Hoffmann, befürchtet, dass so der Konflikt ums Impfen auf die Betriebe und ihre Beschäftigten verlagert werde - mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen. Im Zweifel müssten dann nämlich sensible Gesundheitsdaten offengelegt werden, sagte Hoffmann im Deutschlandfunk. Also zum Beispiel zu der Frage, ob sich ein Mitarbeiter habe impfen lassen können oder nicht - und wenn nicht, warum. Es sei ein Gebot der Solidarität, sich impfen zu lassen, sagt Hoffmann, aber nicht mit dem Instrument, den Entgeltersatz zu streichen.

Am Dienstag meldete sich zudem der große Sozialverband VdK zu Wort: Es gebe zu Recht keine allgemeine Impfpflicht, sagte dessen Vorsitzende Verena Bentele. "Dann darf es aber auch keine existenzgefährdenden Folgen haben, wenn sich ein Mensch mit angeschlagener Gesundheit aufgrund einer chronischen Erkrankung gegen eine Impfung entscheidet." Dies gelte besonders, wenn medizinisch noch nicht einzuschätzen sei, wie sich eine Impfung auf die Gesundheit des Betroffenen auswirkt.

Der Verdienstausfall müsse bei einer Quarantäne deshalb "unabhängig vom Impfstatus gezahlt werden", fordert Bentele. Schließlich werde ja auch Lohnersatz gezahlt, wenn jemand erkrankt, weil er viel raucht, sich ungesund ernährt oder riskante Sportarten ausübt. Ähnlich argumentiert der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, der die Abschaffung der Entgeltentschädigung für "überzogen" hält.

Soll es Ausnahmen geben und bekommen Corona-Infizierte ihr Gehalt weiter?

In Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen zum Beispiel sind Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht haben impfen lassen können, ausgenommen und bekommen auch künftig während einer Quarantäne ihr Gehalt - das dürfte auch bundesweit so kommen. Allzu viele Menschen sind das aber nicht mehr, seit die Ständige Impfkommission auch für Schwangere und Stillende eine Corona-Impfung empfiehlt.

Nicht betroffen ist auch, wer geimpft oder von Corona genesen ist: In Ausnahmefällen können auch sie in Quarantäne geschickt werden - sie bekommen dann aber weiter ihr Gehalt. Genauso wie Menschen, bei denen das Coronavirus nachgewiesen wurde und die deswegen zu Hause bleiben müssen: Sie gelten juristisch als Kranke, hier greift die ganz normale Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.

Dürfen die Länder die Entgeltentschädigung einfach streichen?

Ja. Sie ist in § 56 des Infektionsschutzgesetzes geregelt - und da steht seit eineinhalb Jahren, dass die Entschädigung nicht bekommt, wer eine nicht unbedingt nötige Reise in ein Risikogebiet unternommen hat oder durch eine Impfung die Quarantäne hätte vermeiden können. Anfangs spielte das in der Corona-Pandemie keine Rolle, jetzt aber sehr wohl, denn Impfmöglichkeiten gibt es inzwischen genug. "Der Gesetzestext lässt eigentlich auch keinen Ermessensspielraum zu", sagt ein Sprecher des bayerischen Gesundheitsministeriums. Will heißen: Die Zahlung kann nicht nur gestrichen werden, sie muss sogar. Dass fast alle Länder immer noch zahlen, werten auch manche Juristen als Kulanz.