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Virus Aktuell

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Könnte ein Lockdown für Ungeimpfte kommen?

 

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat laut Medienberichten am Dienstag im CDU-Bundesvorstand angekündigt, dass es „starke Einschränkungen für Ungeimpfte“ geben werde. Sie zeigte sich demnach wegen des exponentiellen Wachstums der Corona-Infektionen und der immer höheren Zahl von Krankenhausbehandlungen in Deutschland äußerst besorgt.

Die Teilnehmerangaben zu der Situation sind widersprüchlich. Andere Quellen erinnern sich gegenüber WELT so: Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe auf eine Frage hin angeführt, Einschränkungen für Ungeimpfte seien schon jetzt rechtlich möglich – Merkel habe lediglich zustimmend genickt.

Medienberichten zufolge sagte Spahn, tägliche Tests am Arbeitsplatz für Ungeimpfte seien nicht ausgeschlossen. Die Einschränkungen könnten über das 2G-Modell hinausgehen. Nordrhein-Westfalen, das zurzeit den Vorsitz der Ministerpräsidentenkonferenz innehat, soll eine neue Bund-Länder-Runde ausloten.

Seit gut zweieinhalb Wochen steigen in Deutschland die Zahlen der erfassten Neuinfektionen – auch wenn es am Dienstag (möglicherweise wegen des Feiertags Allerheiligen in fünf westdeutschen Bundesländern am Montag) einen minimalen Rückgang gab. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 153,7 pro 100.000 Einwohner, nach 154,8 am Vortag.

Es gibt jedoch große regionale Unterschiede: So sind die Inzidenzen in Thüringen (306,5), Sachsen (284,4) und Bayern (248,9) sehr hoch, während sie in Schleswig-Holstein (70,6), dem Saarland (74,3) und Niedersachsen (77,9) am niedrigsten liegen.

Sachsen will Schutzmaßnahmen verschärfen

Die sächsische Regierung will aufgrund der drastisch steigenden Infektionen die Schutzmaßnahmen verschärfen und die 2G-Regel für Gastronomie, Veranstaltungen im Innenbereich oder Großveranstaltungen, zu denen auch Fußballspiele zählen, einführen. Das sehen Eckpunkte der neuen Schutzverordnung vor, über die das Kabinett am Dienstag beriet. Im öffentlichen Nahverkehr sollen FFP-2-Masken Pflicht sein. Die Maskenpflicht im Unterricht wird nicht aufgehoben.

Nach einer verkürzten Anhörungsphase will das Kabinett am Freitag endgültig entscheiden. Die neue Verordnung soll am kommenden Montag in Kraft treten. Es gehe um eine „Prävention in der Pandemie“, erklärte Dagmar Neukirch, Staatssekretärin im Sozialministerium. Andernfalls müsste man bei einer Überlastung der Krankenhäuser den Notstand ausrufen. „Wir sind leider in einer sehr ernsten Lage“, sagte Neukirch.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI binnen eines Tages 10.813 Corona-Neuinfektionen. Deutschlandweit wurden binnen 24 Stunden 81 Todesfälle verzeichnet. Vor einer Woche waren es 128 Todesfälle. Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 4.618.021 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

Außerdem steigt die Belegung der Intensivstationen mit Corona-Patienten und die bundesweite Impfquote stagniert – aktuell liegt sie bei 66,7 Prozent (mindestens 55,5 Millionen Personen)

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Diese Verschärfungen planen die Bundesländer für Ungeimpfte

Kanzlerin Merkel hat sich für verschärfte Maßnahmen für Ungeimpfte ausgesprochen. Einige Bundesländer planen oder haben bereits neue Corona-Regeln. Was in einzelnen Regionen gelten soll – ein Überblick.

Die Inzidenzen steigen, gleichzeitig stagniert die Impfquote. Knapp 67 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind derzeit vollständig geimpft. Nun fordert Bundeskanzlerin Angela Merkel härtere Maßnahmen gegen Ungeimpfte. Im Bundesvorstand der CDU soll sie offenbar gefordert haben, dass es starke Einschränkungen für Ungeimpfte geben soll. Das erfuhr t-online aus Parteikreisen. Angesichts des deutlichen Anstiegs an Infektionszahlen habe Merkel sich besorgt gezeigt. Sie schließe deshalb nicht aus, dass Ungeimpfte sich täglich am Arbeitsplatz testen müssten und die Einschränkungen über das 2G-Modell hinausgehen.

Einige Bundesländer gehen bereits eigene Wege. Ein Überblick.

Baden-Württemberg

In Baden-Württemberg tritt am Mittwoch die Corona-Warnstufe in Kraft. Die Zahl der Covid-19-Patienten auf Intensivstationen hat am Dienstag den zweiten Werktag in Folge den Wert von 250 überschritten, wie das Gesundheitsministerium am Dienstag in Stuttgart mitteilte. Damit gelten künftig wieder strengere Regeln vor allem für Ungeimpfte.

Die erste kritische Marke sei erreicht, die Lage in den Krankenhäusern angespannt, teilte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) am Dienstag mit. "Wir erleben derzeit eine Pandemie der Ungeimpften. Das sehen wir nicht nur an den getrennt ausgewiesenen Inzidenz-Werten, sondern auch auf den Intensivstationen." Dort lägen fast ausnahmslos nicht geimpfte Patientinnen und Patienten mit einem schweren Verlauf, so Lucha. Es sei deshalb klar, dass man mit den Einschränkungen bei den Nicht-Geimpften ansetzen müsse. "Sie sind Treiber der Pandemie und sorgen für die Belastung des Gesundheitssystems", teilte der Gesundheitsminister mit.

Für Ungeimpfte bedeutet die Warnstufe wieder umfassendere Testpflichten sowie die Rückkehr von Kontaktbeschränkungen. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss künftig bei zahlreichen Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen, etwa im Restaurant, Kino oder Schwimmbad einen PCR-Test vorweisen. Ein Schnelltest reicht dann nicht mehr aus.

Zudem sehen die strengeren Regeln wieder eine Kontaktbeschränkung auf einen Haushalt und fünf weitere Personen vor. Geimpfte und Genese sowie Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, sind ausgenommen. Auch Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre zählen nicht dazu.

Berlin

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hat angesichts steigender Corona-Zahlen strengere Kontrollen in der Gastronomie angekündigt. Der Senat habe darüber beraten, welche weiteren Maßnahmen mit Blick auf den bevorstehenden Winter nötig seien. Aber auch die Kontrollen der Corona-Regeln, die schon gelten, müssten verstärkt werden, sagte Kalayci am Dienstag nach der Sitzung des Senats.

Im Gastgewerbe verlagere sich das Geschäft nun in die Innenräume. Kalayci kritisierte, dass dort nicht immer kontrolliert werde, ob Gäste zum Beispiel geimpft seien. Insgesamt sollten die Kontrollen durch Ordnungsämter und Polizei noch einmal verstärkt werden, sagte Kalayci. Details sollen voraussichtlich bei der Senatssitzung in der kommenden Woche beschlossen werden.

Mecklenburg-Vorpommern

Mecklenburg-Vorpommern erhöht die Corona-Schutzvorkehrungen für die Bewohner von Pflegeheimen. Dort sollen künftig konsequent die 3G-Regelungen auf alle angewendet werden, sagte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Schwerin. Sie kündigte eine entsprechende Änderung der Corona-Verordnung an. Demnach müssen sich nicht geimpfte Mitarbeiter künftig mehrfach, möglicherweise täglich testen lassen. Bislang sind zwei Tests pro Woche üblich.

Besucher müssen geimpft oder genesen sein, andernfalls einen aktuellen negativen Corona-Test vorlegen. Gemeinschaftsfeiern soll es in den Einrichtungen bis auf Weiteres nicht geben. Alle Heimbetreiber sollen zudem verpflichtet werden, nicht geimpften Mitarbeitern ein Beratungsangebot zu unterbreiten. In Mecklenburg-Vorpommern sind nach Angaben des Sozialministeriums etwa 75 Prozent der Pflegekräfte geimpft. Allerdings schwanken die Impfquoten von Heim zu Heim teilweise beträchtlich.

Niedersachsen

Die Maskenpflicht im Unterricht für viele Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen soll nach einem Verordnungsentwurf weiterhin bestehen bleiben. Nur die Schüler der ersten und zweiten Klasse dürfen die Masken demnach weiterhin im Unterricht absetzen, wie aus einem Entwurf der Corona-Landesverordnung hervorgeht, der der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag in Hannover vorlag. Die derzeitige Corona-Landesverordnung, in der auch die Regelungen für Schulen festgehalten sind, ist noch bis kommende Woche Mittwoch gültig. Eine überarbeitete Corona-Landesverordnung wird Anfang kommender Woche erwartet.

Rheinland-Pfalz

Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat Erleichterungen der Corona-Beschränkungen im Freien beschlossen. Martinsumzüge und Weihnachtsmärkte sollen ohne Schutzmasken, Abstand und Kontakterfassung stattfinden können, teilten Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) am Dienstag mit. In der neuen Corona-Bekämpfungsverordnung, die an diesem Montag (8. November) in Kraft treten wird, ist außerdem eine tägliche Testpflicht für nicht geimpftes Personal in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ähnlichen Einrichtungen vorgesehen.

Sachsen

Sachsens Regierung will angesichts drastisch steigender Corona-Infektionen die Schutzmaßnahmen verschärfen und die 2G-Regel (geimpft oder genesen) für Gastronomie, Veranstaltungen im Innenbereich oder Großveranstaltungen einführen. Das sehen Eckpunkte der neuen Schutzverordnung vor, über die das Kabinett am Dienstag beriet. Zu den Großveranstaltungen zählen auch Fußballspiele. Im öffentlichen Nahverkehr sollen FFP-2-Masken Pflicht sein.

Nach einer verkürzten Anhörungsphase will das Kabinett am Freitag endgültig entscheiden. Die neue Verordnung soll am kommenden Montag in Kraft treten. Es gehe um eine "Prävention in der Pandemie", erklärte Dagmar Neukirch, Staatssekretärin im Sozialministerium. Andernfalls müsste man bei einer Überlastung der Krankenhäuser den Notstand ausrufen.

Sachsen-Anhalt

Die Landesregierung in Sachsen-Anhalt setzt auch in Zukunft auf ein regionalisiertes Corona-Konzept. In der kommenden Corona-Verordnung sollen die Landkreise und kreisfreien Städte dazu verpflichtet werden, bei der Überschreitung bestimmter Grenzwerte wieder Testpflichten einzuführen. Das sagte Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) am Dienstag nach der Kabinettssitzung in Magdeburg. Konkret sei geplant, dass die Sieben-Tage-Inzidenz eine Woche lang über 100 liegen müsse. Wenn gleichzeitig die Krankenhausaufnahmen pro 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen über fünf oder die Belegung der Intensivbetten regional bei über fünf Prozent liege, seien Tests für Innenräume verpflichtend.

Schon jetzt könnten die Kreise und Städte eigenmächtig ab einer Inzidenz von 35 eine Testpflicht beschließen, sagte Grimm-Benne. Sie müssen es aber nicht. "Wir haben im Sommer sehr viele Erleichterungen zugelassen, insbesondere von Testpflichten abzuweichen", sagte Grimm-Benne.

Handball- und Fußballfans müssen sich bei Großveranstaltungen auf mehr Einschränkungen einstellen. Die schwarz-rot-gelbe Landesregierung will in ihrer neuen Corona-Schutzverordnung in der nächsten Woche striktere Regeln festschreiben. In geschlossenen Räumen wie beim Handball sollen künftig bei einer 3G-Regelung auch das Einhalten von Abständen und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorgeschrieben werden. Damit können die Hallen nicht voll ausgelastet werden. Alternativ komme die "Option 2G" in Frage, so Petra Grimm-Benne (SPD). Damit könnte auf die Einhaltung der Abstandsregeln verzichtet werden.

Bei 2G dürfen nur geimpfte und nachweislich genesene Personen an einer Veranstaltung teilnehmen, bei 3G zusätzlich auch negativ getestete. Auch in den Fußballstadien sollen die Regeln verschärft werden. Bei einer 3G-Veranstaltung soll auf den Rängen zusätzlich Mund-Nasen-Schutz vorgeschrieben werden, da der Abstand häufig nicht eingehalten werden könne, so Grimm-Benne.

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Neuer Höchststand bei der Inzidenz: Risiko für Ungeimpfte gilt jetzt als „sehr hoch“

 

 

Das Robert Koch-Institut schätzt die Corona-Lage in Deutschland in seinem neuen Wochenbericht als „sehr besorgniserregend“ ein. Basis dieser Einschätzung sind auch die aktuellen Zahlen: Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 169,9 wurde, Stand Freitagmorgen, 5. November, der alte Höchststand der dritten Corona-Welle vom 26. April übertroffen, der bei 169,3 gelegen hatte. Die höchste bundesweite Inzidenz in der gesamten Pandemie hatte es in der Weihnachtszeit 2020 gegeben: mit 197,6 am 22. Dezember.

Senkten Maßnahmen wie Masken, Abstand, Verringern von Kontakten und Lüften nicht rasch die Zahl der Ansteckungen, sei eine weitere Zunahme schwerer Erkrankungen und Todesfälle zu befürchten, schreibt das RKI weiter. In diesem Fall könnten demnach auch die Behandlungskapazitäten der Intensivstationen überschritten werden.

Angesichts dieser Zahlen hat das RKI auch seine Risikobewertung für unvollständig oder nicht Geimpfte geändert: von „hoch“ auf „sehr hoch“. „Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat, aber aufgrund der steigenden Infektionszahlen ansteigend eingeschätzt“, heißt es im aktuellen Wochenbericht vom 4. November. Noch vor einer Woche war das Risiko für Geimpfte im Bericht als „moderat“ beschrieben worden. Das RKI betont aber auch, dass alle hierzulande verfügbaren Impfstoffe „nach derzeitigem Erkenntnisstand bei vollständiger Impfung wirksam vor einer schweren Erkrankung“ schützten.

Spahn plädiert für Testpflicht in Heimen

In Lindau am Bodensee beraten die Gesundheitsminister von Bund und Ländern gerade in einer Konferenz darüber, wie sie in der Pandemie weiter verfahren wollen. Auch die Ausweitung der Testpflicht in Pflegeheimen war dabei ein Thema. Jens Spahn, geschäftsführender Bundesgesundheitsminister, warb in den ARD-„Tagesthemen“ bereits für die Einführung einer „Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen per Bundesgesetz“. Es sei ihm unverständlich, dass Menschen, die mit Kranken und Pflegebedürftigen arbeiten, wenn sie sich selbst nicht impfen lassen, „diese ja auch unnötig ein Stück ins Risiko bringen“, sagte Spahn. Auch der geschäftsführende Kanzleramtschef Helge Braun sprach sich in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ dafür aus.

Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, äußerte im ZDF sein Unverständnis über Angestellte, die in Heimen ungeimpft arbeiten. Gassen wies aber auch auf den Personalmangel in der Pflege und die Gefahr hin, dass Beschäftigte bei einer Impfpflicht nicht mehr zur Arbeit kommen.

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„Wir erleben eine Tyrannei der Ungeimpften“

 

Auf den ersten Blick wirkt die aktuelle Coronalage wie ein Spiegelbild des letzten Herbstes: Die Fallzahlen steigen, die Intensivstationen füllen sich, die Politik sucht nach Antworten.

Ein erneuter Lockdown wie im vergangenen Jahr scheint ausgeschlossen. Welche Alternativen gibt es, um die vierte Welle zu stoppen? Braucht es eine bundesweite 2G-Regel oder gar eine Impfpflicht?

Darüber diskutierten am Sonntag im ARD-Talk bei Anne Will die Politiker Markus Söder (CSU) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sowie die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx. Mit dem Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, und der Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, ergänzten zudem zwei Gesundheitsexperten die Runde.

Markus Söder versuchte gar nicht erst, seine Frustration zu verbergen. „Wir könnten mit all dem durch sein, hätten wir alle geimpft“, stellte der aus München zugeschaltete bayerische Ministerpräsident fest. Nur etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind laut dem RKI vollständig geimpft, die ersten Krankenhäuser stoßen bereits an ihre Belastungsgrenze.

„Tyrannei der Ungeimpften, die über zwei Drittel der Geimpften bestimmen“

Frank Ulrich Montgomery fand für diese Entwicklung drastische Worte: „Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über zwei Drittel der Geimpften bestimmen“, schimpfte der Vorsitzenden des Weltärztebundes. „Tyrannei?“, hakte Moderatorin Anne Will nach. „Ja, ich benutze bewusst den Begriff der Tyrannei, denn in Ländern wie Portugal, in denen 97 Prozent geimpft sind, gibt es all diese einschränkenden Maßnahmen nicht mehr, weil man sie nicht mehr braucht.“

Etwas diplomatischer formulierte es Medizinethikerin Alena Buyx: „In Portugal ist die Sache durch, das hätten wir uns auch gewünscht.“ Die Wirkung einer hohen Impfquote sei derzeit in Bremen zu erkennen, ergänzte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Dank mehr als 80 Prozent vollständig geimpften Einwohnern – die höchste Quote in Deutschland – gebe es dort keine Überlastung der Krankenhäuser.

57 Prozent für eine allgemeine Impfpflicht

Mehr Impfungen sollen also her, und das möglichst schnell. Aber wie? Ein erneuter Lockdown könne nicht die Lösung sein, betonte Söder, das wäre „verfassungsrechtlich kritisch und gerade gegenüber den Geimpften nicht haltbar“. Könnte die Impfung nun also doch verpflichtend werden? Immerhin hatte sich im ARD-Deutschlandtrend zuletzt mehr als die Hälfte der Befragten für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen.

Zumindest für einzelne Berufsgruppen, „wo es am Ende um Leben und Tod geht“, sei er dafür offen, sagte Söder. Es habe in der Pandemie immer wieder Maßnahmen gegeben, die zunächst nicht diskutabel waren, sich dann aber doch als das richtige herausgestellt hätten. Ähnlich positionierte sich die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx. „Eine allgemeine Impfpflicht ist sehr schwer zu begründen“, sagte sie. In Berufen wie der Pflege, die eine besondere Verantwortung mit sich bringen, sei das anders.

Die Politik dürfe Maßnahmen wie eine Impfpflicht nicht kategorisch ausschließen, stimmte Frank Ulrich Montgomery zu. „Wir haben eine moralische Verpflichtung, weil uns die Patienten anvertraut werden.“ Widerspruch kam von der Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler. Es sei ungerecht, den Fokus allein auf die Pflegekräfte zu richten. „Wir wissen, welche Verantwortung wir tragen. Aber wir haben dieselben Rechte und Pflichten wie alle Bürger in diesem Land“, argumentierte sie.

Österreich testet allgemeine 2G-Regel

Eine andere Strategie lässt sich derzeit in Österreich beobachten: Bei einer Inzidenz von weit über 500 trat dort am Sonntag eine landesweite 2G-Regel für Restaurants, Friseure und Veranstaltungen ein. Der Vorstoß zeigte offenbar Wirkung: Mehr als 30.000 Österreicher ließen sich allein am Samstag impfen.

Kann das ein Vorbild für Deutschland sein? Ja, sagte Mediziner Montgomery. Eine 2G-Regel sei vor allem in Bereichen mit hoher Inzidenz sinnvoll, „aber wenn die Bevölkerung es nicht anders versteht, muss man es vielleicht auch mal bundesweit machen.“

„Jein“, sagte Grünen-Politikerin Göring-Eckardt. In einem Maßnahmen-Entwurf der zukünftigen Regierungskoalition, der am Montag im Bundestag vorgestellt werden soll, sei die Möglichkeit für 2G zwar vorgesehen. Eine bundesweite Regelung sei aber „nicht rechtssicher“, gab sie zu bedenken. Stattdessen müssten die Bundesländer weiterhin anhand der aktuellen Situation vor Ort über derartige Einschränkungen entscheiden können.

Markus Söder plädierte dafür, die 2G-Regel häufiger als bisher anzuwenden, vor allem in Regionen mit einer hohen Auslastung der Krankenhäuser. Sowohl Göring-Eckardt als auch Söder sprachen sich zudem für eine 3G-Regel am Arbeitsplatz aus. Italien habe damit bereits „gute Erfahrungen“ gemacht, pflichtete Montgomery bei.

„Absoluter Ultra-Quatsch“

Großen Nachholbedarf sahen die Gäste bei der deutschen Impfkampagne. Viele Falschinformationen über die Impfung hielten sich hartnäckig, beklagte Ministerpräsident Söder. „Manchmal ist man fast ein bisschen am Verzweifeln, mit welchen Argumenten da gearbeitet wird.“

Verschwörungsmythen wie sie etwa von der Querdenker-Bewegung verbreitet werden, seien „absoluter Ultra-Quatsch“. Aber auch ernst zu nehmende Sorgen über die Folgen der Impfung, wie sie etwa Fußballer Joshua Kimmich vorgebracht hatte, könnten leicht entkräftet werden.

Unentschiedene Menschen könnten ihrer Erfahrung nach am besten durch direkte Ansprache erreicht werden, berichtete die gelernte Krankenschwester und Diplom-Pädagogin Christine Vogler. In der Kommunikation könne Deutschland viel von Dänemark lernen, wo die Regierung stärker auf die Vermittlung von Vertrauen und Gemeinschaftssinn setze, ergänzte Ethikrat-Präsidentin Buyx. Sie schlug vor, ungeimpfte Menschen zu einem konkreten Impftermin einzuladen. „Dann kommen die Leute eher.“ Auch Anreize wie eine Impfprämie könnten eine zusätzliche Motivation sein.

Wann kommt der Freedom Day?

Eine weitere Frage, die seit Wochen im Raum steht, ist das mögliche Ende der epidemischen Lage in Deutschland am 25. November. Die Regelung ermöglicht der Bundesregierung seit März 2020, Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ohne Zustimmung des Bundestags umzusetzen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte sich dafür ausgesprochen, diesen Ausnahmezustand nicht erneut zu verlängern, ebenso wie Vertreter der künftigen Regierungsparteien.

Auch Katrin Göring-Eckardt plädierte in der Talkrunde dafür, die epidemische Lage zu beenden. Angesichts der aktuellen Impfquote sei eine Verlängerung rechtlich nicht vertretbar. Der Entwurf der Ampelparteien sehe stattdessen den gezielten Einsatz von Schutzmaßnahmen vor. Markus Söder geht das nicht weit genug: „Mir reichen die Maßnahmen nicht“, bemängelte er.

Mehr noch als am Inhalt störte sich der CSU-Politiker aber an dem Vorgehen der möglichen nächsten Regierung. Statt der von den Ampelparteien geplante Absprache mit dem Bundesrat braucht es seiner Meinung nach eine Ministerpräsidentenkonferenz, in der Bund und Länder gemeinsam über die nächsten Schritte in der Pandemie beraten können. „Der Bundesrat ist die zweite Kammer, da müssen die Gespräche geführt werden“, hielt Göring-Eckardt dagegen. „Wir können jederzeit miteinander reden, aber ich glaube, dass es nichts bringt, parteipolitisch übereinander herzufallen.“

Parteipolitisch wurde es dann aber trotzdem noch: Söder kritisierte die Ankündigung des FDP-Politikers Marco Buschmann, dass es im März 2022 einen Freedom Day geben werde. „Ich will mal den Kollegen Buschmann in Schutz nehmen“, sprang Göring-Eckardt dem möglicherweise künftigen Koalitionspartner bei. Die geplanten Regelungen sollen vorerst nur bis zum Frühling gelten, das könne aber jederzeit angepasst werden, sollte es der Verlauf der Pandemie erfordern. „Ich freue mich, dass die neue Ampel schon funktioniert“, witzelte Söder.

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„Wir erleben eine Tyrannei der Ungeimpften“

 

Auf den ersten Blick wirkt die aktuelle Coronalage wie ein Spiegelbild des letzten Herbstes: Die Fallzahlen steigen, die Intensivstationen füllen sich, die Politik sucht nach Antworten.

Ein erneuter Lockdown wie im vergangenen Jahr scheint ausgeschlossen. Welche Alternativen gibt es, um die vierte Welle zu stoppen? Braucht es eine bundesweite 2G-Regel oder gar eine Impfpflicht?

Darüber diskutierten am Sonntag im ARD-Talk bei Anne Will die Politiker Markus Söder (CSU) und Katrin Göring-Eckardt (Grüne) sowie die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx. Mit dem Vorsitzenden des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, und der Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, ergänzten zudem zwei Gesundheitsexperten die Runde.

Markus Söder versuchte gar nicht erst, seine Frustration zu verbergen. „Wir könnten mit all dem durch sein, hätten wir alle geimpft“, stellte der aus München zugeschaltete bayerische Ministerpräsident fest. Nur etwa zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind laut dem RKI vollständig geimpft, die ersten Krankenhäuser stoßen bereits an ihre Belastungsgrenze.

„Tyrannei der Ungeimpften, die über zwei Drittel der Geimpften bestimmen“

Frank Ulrich Montgomery fand für diese Entwicklung drastische Worte: „Momentan erleben wir ja wirklich eine Tyrannei der Ungeimpften, die über zwei Drittel der Geimpften bestimmen“, schimpfte der Vorsitzenden des Weltärztebundes. „Tyrannei?“, hakte Moderatorin Anne Will nach. „Ja, ich benutze bewusst den Begriff der Tyrannei, denn in Ländern wie Portugal, in denen 97 Prozent geimpft sind, gibt es all diese einschränkenden Maßnahmen nicht mehr, weil man sie nicht mehr braucht.“

Etwas diplomatischer formulierte es Medizinethikerin Alena Buyx: „In Portugal ist die Sache durch, das hätten wir uns auch gewünscht.“ Die Wirkung einer hohen Impfquote sei derzeit in Bremen zu erkennen, ergänzte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Dank mehr als 80 Prozent vollständig geimpften Einwohnern – die höchste Quote in Deutschland – gebe es dort keine Überlastung der Krankenhäuser.

57 Prozent für eine allgemeine Impfpflicht

Mehr Impfungen sollen also her, und das möglichst schnell. Aber wie? Ein erneuter Lockdown könne nicht die Lösung sein, betonte Söder, das wäre „verfassungsrechtlich kritisch und gerade gegenüber den Geimpften nicht haltbar“. Könnte die Impfung nun also doch verpflichtend werden? Immerhin hatte sich im ARD-Deutschlandtrend zuletzt mehr als die Hälfte der Befragten für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ausgesprochen.

Zumindest für einzelne Berufsgruppen, „wo es am Ende um Leben und Tod geht“, sei er dafür offen, sagte Söder. Es habe in der Pandemie immer wieder Maßnahmen gegeben, die zunächst nicht diskutabel waren, sich dann aber doch als das richtige herausgestellt hätten. Ähnlich positionierte sich die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Alena Buyx. „Eine allgemeine Impfpflicht ist sehr schwer zu begründen“, sagte sie. In Berufen wie der Pflege, die eine besondere Verantwortung mit sich bringen, sei das anders.

Die Politik dürfe Maßnahmen wie eine Impfpflicht nicht kategorisch ausschließen, stimmte Frank Ulrich Montgomery zu. „Wir haben eine moralische Verpflichtung, weil uns die Patienten anvertraut werden.“ Widerspruch kam von der Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler. Es sei ungerecht, den Fokus allein auf die Pflegekräfte zu richten. „Wir wissen, welche Verantwortung wir tragen. Aber wir haben dieselben Rechte und Pflichten wie alle Bürger in diesem Land“, argumentierte sie.

Österreich testet allgemeine 2G-Regel

Eine andere Strategie lässt sich derzeit in Österreich beobachten: Bei einer Inzidenz von weit über 500 trat dort am Sonntag eine landesweite 2G-Regel für Restaurants, Friseure und Veranstaltungen ein. Der Vorstoß zeigte offenbar Wirkung: Mehr als 30.000 Österreicher ließen sich allein am Samstag impfen.

Kann das ein Vorbild für Deutschland sein? Ja, sagte Mediziner Montgomery. Eine 2G-Regel sei vor allem in Bereichen mit hoher Inzidenz sinnvoll, „aber wenn die Bevölkerung es nicht anders versteht, muss man es vielleicht auch mal bundesweit machen.“

„Jein“, sagte Grünen-Politikerin Göring-Eckardt. In einem Maßnahmen-Entwurf der zukünftigen Regierungskoalition, der am Montag im Bundestag vorgestellt werden soll, sei die Möglichkeit für 2G zwar vorgesehen. Eine bundesweite Regelung sei aber „nicht rechtssicher“, gab sie zu bedenken. Stattdessen müssten die Bundesländer weiterhin anhand der aktuellen Situation vor Ort über derartige Einschränkungen entscheiden können.

Markus Söder plädierte dafür, die 2G-Regel häufiger als bisher anzuwenden, vor allem in Regionen mit einer hohen Auslastung der Krankenhäuser. Sowohl Göring-Eckardt als auch Söder sprachen sich zudem für eine 3G-Regel am Arbeitsplatz aus. Italien habe damit bereits „gute Erfahrungen“ gemacht, pflichtete Montgomery bei.

„Absoluter Ultra-Quatsch“

Großen Nachholbedarf sahen die Gäste bei der deutschen Impfkampagne. Viele Falschinformationen über die Impfung hielten sich hartnäckig, beklagte Ministerpräsident Söder. „Manchmal ist man fast ein bisschen am Verzweifeln, mit welchen Argumenten da gearbeitet wird.“

Verschwörungsmythen wie sie etwa von der Querdenker-Bewegung verbreitet werden, seien „absoluter Ultra-Quatsch“. Aber auch ernst zu nehmende Sorgen über die Folgen der Impfung, wie sie etwa Fußballer Joshua Kimmich vorgebracht hatte, könnten leicht entkräftet werden.

Unentschiedene Menschen könnten ihrer Erfahrung nach am besten durch direkte Ansprache erreicht werden, berichtete die gelernte Krankenschwester und Diplom-Pädagogin Christine Vogler. In der Kommunikation könne Deutschland viel von Dänemark lernen, wo die Regierung stärker auf die Vermittlung von Vertrauen und Gemeinschaftssinn setze, ergänzte Ethikrat-Präsidentin Buyx. Sie schlug vor, ungeimpfte Menschen zu einem konkreten Impftermin einzuladen. „Dann kommen die Leute eher.“ Auch Anreize wie eine Impfprämie könnten eine zusätzliche Motivation sein.

Wann kommt der Freedom Day?

Eine weitere Frage, die seit Wochen im Raum steht, ist das mögliche Ende der epidemischen Lage in Deutschland am 25. November. Die Regelung ermöglicht der Bundesregierung seit März 2020, Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie ohne Zustimmung des Bundestags umzusetzen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hatte sich dafür ausgesprochen, diesen Ausnahmezustand nicht erneut zu verlängern, ebenso wie Vertreter der künftigen Regierungsparteien.

Auch Katrin Göring-Eckardt plädierte in der Talkrunde dafür, die epidemische Lage zu beenden. Angesichts der aktuellen Impfquote sei eine Verlängerung rechtlich nicht vertretbar. Der Entwurf der Ampelparteien sehe stattdessen den gezielten Einsatz von Schutzmaßnahmen vor. Markus Söder geht das nicht weit genug: „Mir reichen die Maßnahmen nicht“, bemängelte er.

Mehr noch als am Inhalt störte sich der CSU-Politiker aber an dem Vorgehen der möglichen nächsten Regierung. Statt der von den Ampelparteien geplante Absprache mit dem Bundesrat braucht es seiner Meinung nach eine Ministerpräsidentenkonferenz, in der Bund und Länder gemeinsam über die nächsten Schritte in der Pandemie beraten können. „Der Bundesrat ist die zweite Kammer, da müssen die Gespräche geführt werden“, hielt Göring-Eckardt dagegen. „Wir können jederzeit miteinander reden, aber ich glaube, dass es nichts bringt, parteipolitisch übereinander herzufallen.“

Parteipolitisch wurde es dann aber trotzdem noch: Söder kritisierte die Ankündigung des FDP-Politikers Marco Buschmann, dass es im März 2022 einen Freedom Day geben werde. „Ich will mal den Kollegen Buschmann in Schutz nehmen“, sprang Göring-Eckardt dem möglicherweise künftigen Koalitionspartner bei. Die geplanten Regelungen sollen vorerst nur bis zum Frühling gelten, das könne aber jederzeit angepasst werden, sollte es der Verlauf der Pandemie erfordern. „Ich freue mich, dass die neue Ampel schon funktioniert“, witzelte Söder.

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 Corona-Regeln: FDP und Grüne fordern Wiedereinführung kostenloser Tests

Auf Bedingungen für eine Regierung haben sich SPD, FDP und Grüne noch nicht einigen können. Gemeinsam wollen sie aber bereits heute neue Corona-Vorgaben auf den Weg bringen – auch erneut kostenlose Bürgertests?

Mit dem Ende der kostenlosen Coronatests wollte die Politik es für Ungeimpfte lästig und teuer machen. Doch auf das erhoffte Niveau ließ sich die Impfquote damit nicht steigern. Angesichts der zunehmend ernsten Infektionslage in Deutschland deutet sich nun eine Wiedereinführung der Gratis-Tests an.

»Die Abschaffung der kostenlosen Bürgertests war ein Fehler«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Und: »Ihre Wiedereinführung wäre ein Beitrag, um Infektionsketten schneller zu unterbrechen.«

Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher der Grünen, sprach sich in der »Welt« ebenfalls für die Rückkehr zu Gratistests aus, mahnte aber Verbesserungen an: »Testergebnisse müssen bei Rückkehr zu kostenlosen Bürgertests verbindlich per QR-Code einlesbar und beispielsweise von Veranstaltern beziehungsweise Gastronomen wie in unseren Nachbarländern ausschließlich digital kontrolliert werden.«

Die kostenlosen Corona-Bürgertests waren erst vor einem Monat abgeschafft worden. Inzwischen haben sich unter anderem bereits die Bundesärztekammer, Grünenchef Robert Habeck, der Deutsche Städtetag und der Handelsverband für die Wiedereinführung ausgesprochen.

Trotz Inzidenz über 200: Göring-Eckardt gegen Verlängerung von epidemischer Lage

 

Ob es tatsächlich zu einer entsprechenden Änderung der Testverordnung kommt, ist trotz allem noch unklar. In anderen Bereichen legen die womöglich künftigen Ampel-Koalitionäre dagegen sicher schon mal vor.

Auch wenn sie sich bislang nicht auf die Rahmenbedingungen einer gemeinsamen Regierungszusammenarbeit haben einigen können, wollen SPD, FDP und Grüne bereits einen Gesetzentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes vorstellen.

»Am Montag werden wir dem Parlament einen Gesetzentwurf zur angemessenen und entschlossenen Bekämpfung von Corona vorlegen«, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese der »Welt«. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung »Anne Will«: »Das sagen wir morgen im Parlament natürlich und den Fraktionen als erstes«.

Der Bundestag will am Donnerstag in erster Lesung über ein neues Infektionsschutzgesetz beraten. Am 25. November läuft der Sonderstatus der epidemischen Lage von nationaler Tragweite aus. Göring-Eckardt lehnte eine Verlängerung ab und betonte, notwendig sei eine Lösung, die ausreichend und auch rechtssicher sei. CSU-Chef Markus Söder entgegnete in der ARD, was denn die jetzige Lage sei, wenn nicht eine pandemische.

Keine bundesweite 2G-Regel?

Auf eine bundesweite 2G-Regel wollen die Ampel-Parteien womöglich verzichten. Wie die »Bild am Sonntag« unter Berufung auf Verhandlungskreise berichtete, erwägen SPD, Grüne und FDP unter anderem eine tägliche Testpflicht für Mitarbeiter und Besucher in Pflegeheimen – unabhängig davon, ob diese geimpft oder genesen sind.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, forderte in der »Bild«-Zeitung, dies sofort umzusetzen und nicht bis zum 25. November zu warten. Zudem müsse die Testpflicht für die gesamte Altenpflege gelten, »auch für eine Million Menschen, die durch ambulante Dienste zu Hause betreut werden«. SPD-Fraktionsvize Wiese betonte in der »Bild«-Zeitung, die Testpflicht sei schon jetzt möglich. »Wir stellen rechtlich klar, was in einigen Ländern bereits praktiziert wird.«

Zu Details der Neuregelung wollte sich die Göring-Eckardt nicht äußern. Zur Frage, ob es eine bundesweite 2G-Regel, also Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, geben soll, sagte sie, das lasse sich aus ihrer Sicht nicht rechtssicher bundesweit machen. Der bayerische Ministerpräsident sprach sich für mehr 2G-Regeln aus und für 3G-Regeln am Arbeitsplatz. Letzteres bezeichnete auch Göring-Eckardt als richtig.

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Ab Donnerstag  

Bayern ruft wegen Coronakrise Katastrophenfall aus

Im Juni wurde der Katastrophenfall erst aufgehoben, nun gilt er in Bayern erneut. Grund sei die "aktuelle besorgniserregende Situation", betont Ministerpräsident Söder. 

Angesichts der dramatisch steigenden Corona-Infektionszahlen ruft Bayern erneut den landesweiten Katastrophenfall aus. Ministerpräsident Markus Söder habe aufgrund "der aktuellen besorgniserregenden Situation in der Corona-Pandemie die Feststellung des Katastrophenfalls ab dem 11. November 2021 angeordnet", teilte die Staatskanzlei am Mittwoch in München mit.

Zuvor hatte Söder dies auch in einer Sitzung der CSU-Landtagsfraktion angekündigt. Das Innenministerium werde zeitnah eine entsprechende Bekanntmachung erlassen. Bereits nach der gestrigen Kabinettssitzung hatte Söder den Schritt angedeutet.

Katastrophenfall im Juni erst aufgehoben

Der Katastrophenfall wurde in der Corona-Pandemie bereits am 9. Dezember 2020 ausgerufen, er wurde erst am 4. Juni 2021 wieder aufgehoben. Wird er ausgerufen, ermöglicht das eine koordinierte und strukturierte Vorgehensweise aller im Katastrophenschutz mitwirkenden Behörden, Dienststellen und Organisationen.

Aus der Staatskanzlei hieß es, das Corona-Infektionsgeschehen entwickele sich in Bayern derzeit sehr dynamisch. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreiche täglich neue Höchststände, auch die Belegung der Kranken- und Intensivbetten steigt weiter an. "In vielen Krankenhäusern sind bereits jetzt keine oder nur noch sehr wenige Kapazitäten verfügbar", teilte die Staatskanzlei mit. Dies erhöhe den Koordinierungsbedarf bei der Belegung der Intensivbetten und der Verlegung von Patienten aus überlasteten Kliniken.

Söder fordert Impfpflicht für bestimmte Berufe

Söder forderte von SPD, Grünen und FDP  einen Notfallplan und eine Impfpflicht für bestimmte Berufe. Corona sei "mit aller Macht zurück", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Das, was in einigen Bundesländern stattfindet, ist nur der Vorläufer für das ganze Land", warnte der CSU-Chef.

Er appellierte an die Koalitionäre, ihr Corona-Paket massiv nachzuschärfen. "Masken, Abstand halten, 3G und auch 2G sind ordentliche Instrumentarien. Aber es könnte sein, dass sie nicht reichen", sagte Söder. Der forderte zudem eine partielle Impfpflicht, etwa für Beschäftigte in Alten- und Pflegeheimen sowie in Krankenhäusern.

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Kontrollen und harte Strafen

Lauterbach: 2G muss drastisch und flächendeckend kommen

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach fordert mehr Kontrollen und Strafen bei der 2G-Regel. So sollen Restaurants, die Gäste nicht kontrollieren, bis zu sechs Wochen geschlossen werden. 

Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich für drastische Strafen ausgesprochen, sollten Corona-Zugangsregeln für Geimpfte und Genesene (2G) nicht kontrolliert werden. "Das muss ganz streng kontrolliert werden. Wenn beispielsweise ein Restaurant 2G nicht kontrolliert und fällt dann auf, dann führt das zu sechs Wochen Schließung", forderte Lauterbach in der ARD-Sendung "Maischberger. Die Woche". Der SPD-Politiker betonte: "Ohne den Mut, ganz drastisch und auch mit harten Kontrollen flächendeckend 2G einzuführen, werden wir diese Welle nicht in den Griff bekommen."

Städte setzen auf Einsicht der Menschen und Kontrollen

Die Städte dringen darauf, Corona-Zugangsregeln zu Gaststätten oder Veranstaltungsräumen zu befolgen. "Durch 2G- oder 3G-Regeln lassen sich Infektionszahlen nur spürbar reduzieren, wenn sich alle daran halten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, der Deutschen Presse-Agentur. Hier setze man auf die Einsicht der Menschen, dass diese Regeln helfen, Ansteckungen zu vermeiden. Natürlich müsse die Einhaltung aber auch kontrolliert werden.

Wer Restaurants oder Clubs nach diesen Vorgaben öffne, Konzerte und andere Veranstaltungen organisiere, müsse das sicherstellen, mahnte Dedy. "Da sind also die Gastronomen und Veranstalter in der Pflicht und dürfen sich keinen schlanken Fuß machen." Wer rein wolle, müsse geimpft, genesen (2G) oder – bei 3G – wenigstens getestet sein.

Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter seien in den Städten unterwegs und kontrollierten stichprobenartig. "Sie geben Hinweise, ermahnen und verhängen auch Bußgelder", sagte Dedy. "Und je mehr jetzt 3G- oder 2G-Regeln greifen, desto mehr müssen diese Betriebe im Freizeitbereich damit rechnen, kontrolliert zu werden."

Lauterbach und die FDP-Gesundheitsexpertin Christine Aschenberg-Dugnus sprachen sich zudem dafür aus, dass Arbeitgeber künftig den Impfstatus ihrer Beschäftigten abfragen dürfen. Zum Auskunftsrecht werde es noch eine Vorlage für den Bundestag geben, kündigten die beiden möglichen Koalitionspartner an. Er sei der Meinung, "dass es in dieser katastrophalen Situation das Auskunftsrecht geben muss", sagte Lauterbach.

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Neue Auswertung  

Gestorben trotz Corona-Impfung: Studie zeigt, wer gefährdet ist

Ein Tod durch Covid-19 trotz Impfung ist extrem selten, aber möglich. Forscher aus Schottland haben nun dieses Risiko ermittelt. Welche Vorerkrankungen dabei eine Rolle spielen.

Die meisten Geimpften sind sehr gut geschützt vor Corona. Doch einen 100-prozentigen Schutz vor einer Infektion mit dem Virus bieten die derzeitigen Impfstoffe nicht. Das zeigt aktuell die steigende Zahl der Impfdurchbrüche. Hinzu kommt: Der Immunitätsschutz nimmt mit der Zeit langsam ab.

Auch die Impfquote steigert das Risiko für Impfdurchbrüche. "Dass im Laufe der Zeit mehr Impfdurchbrüche verzeichnet werden, ist erwartbar, da generell immer mehr Menschen geimpft sind und sich SARS-CoV-2 derzeit wieder vermehrt ausbreitet", erklärt das Robert Koch-Institut (RKI) dazu in seinem Wochenbericht. Dadurch steige die Wahrscheinlichkeit, als vollständig geimpfte Person mit dem Virus in Kontakt zu kommen. Meist bemerken die Betroffenen ihre Ansteckung kaum oder gar nicht. In der Regel sind die Symptome mild.

Die Corona-Impfung senkt das Risiko für einen schweren Verlauf zwar deutlich, aber nicht auf null. So erkranken Geimpfte selten auch schwer an Covid-19. Noch seltener aber enden solche schweren Verläufe tödlich. Eine neue Studie, die im Fachblatt "The Lancet" veröffentlicht wurde, hat das Covid-Sterberisiko für Geimpfte ermittelt. Es zeigt sich: Nicht alle Menschen haben das gleiche Risiko, trotz Impfung an Covid-19 zu erkranken oder gar zu sterben.

Wie wahrscheinlich ist ein Covid-Tod trotz Impfung?

Forscher von verschiedenen Universitäten Schottlands haben nach der Antwort auf die Frage gesucht: Was sind die Gründe dafür, dass Menschen trotz doppelter Impfung an Covid-19 sterben?

Dafür werteten sie die Datenlage in ihrem Land aus. Insgesamt starben 0,007 Prozent (236 Menschen) der vollständig Geimpften  an Covid-19. Davon hatten 47 Personen den Impfstoff von Biontech/Pfizer erhalten und 188 Personen Astrazeneca. Das Vakzin von Moderna wurde keinem der Covid-19-Toten verabreicht, es wurde daher in dieser Studie nicht berücksichtigt.

Info: Zum Untersuchungszeitpunkt am 18. August 2021 waren in Schottland 73,6 Prozent der Bevölkerung (3.273.336 Menschen) vollständig gegen Covid-19 geimpft.

 

Das mittlere Alter der Corona-Toten lag bei 79,5 Jahren. 61,8 Prozent von ihnen waren Männer.

Mindestens eine weitere Todesursache bei 97 Prozent

Bei 230 der Corona-Toten (97 Prozent) wurde mindestens eine weitere Todesursache zusätzlich zu Covid-19 aufgeführt. Durchschnittlich wurden 2,9 Todesursachen neben Covid-19 auf den Totenscheinen vermerkt. Die Spanne reichte von einer bis acht weiteren Todesursachen.

Zu den häufigsten Todesursachen gehörten:

  • chronische Herzerkrankungen,
  • chronische Nierenerkrankungen,
  • Diabetes mellitus,
  • chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen und
  • Vorhofflimmern.

Nach Berechnungen der Wissenschaftler steigt das Risiko, trotz Impfung an Covid-19 zu sterben, mit der Zahl der chronischen Erkrankungen. So hatten Männer und Frauen mit mehr als fünf sogenannten Komorbiditäten ein zehnmal höheres Risiko zu sterben als Menschen ohne Vorerkrankungen. Generell waren Männer 2,7-mal gefährdeter als Frauen.

Auch hatten die Personen, bei denen erst im Krankenhaus klar wurde, dass sie an Covid-19 erkrankt sind, ein gut zehnmal höheres Sterberisiko als diejenigen, die ambulant diagnostiziert wurden.

Hygienemaßnahmen bleiben wichtig

Das Fazit der Studienautoren lautet: Covid-19-bedingte Todesfälle unter vollständig Geimpften sind extrem ungewöhnlich. Am häufigsten sterben Menschen, die älter als 75 Jahre sind und mehrere Vorerkrankungen haben. Damit gehören sie zu den Hochrisikogruppen von Covid-19.

Besonders für ältere, chronisch Kranke ist es daher umso wichtiger, dass sie sich mit allen Mitteln vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen und die Vorsichtsmaßnahmen weiter einhalten.

Dazu zählt auch die Auffrischungsimpfung gegen Covid-19. Gerade bei den Älteren liegt die Immunisierung schon länger zurück. Generell fallen ihre Abwehrkräfte gegen Corona in der Regel von vornherein schwächer aus als bei jungen gesunden Menschen. Auch das Immunsystem reagiert weniger stark auf den Impfstoff. Eine Booster-Impfung ist für alle Menschen sinnvoll – kann für Ältere aber lebensrettend sein.

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1000er-Inzidenzen in Bayern: „Ich bin doch nur hier, was soll mir da passieren?“

Riesige Inzidenzen, wenig Impfungen, viele Corona-Skeptiker: Die Infektionszahlen bayerischer Regionen sind bundesweit an der Spitze. Das sind die Gründe.

Es ist eine unglaubliche Zahl. 1156 Fälle vermeldete das Robert-Koch Institut (RKI) am frühen Freitagmorgen für den Landkreis Rottal-Inn in Niederbayern. Er ist damit bundesweiter Spitzenreiter bei den neuen Corona-Infektionen. Berechnet auf 100.000 Bürger haben sich dort 1156 in den letzten sieben Tagen mit dem Virus infiziert.

Auf Platz zwei folgt Miesbach in Oberbayern mit 1049. Unter den bundesweiten Top Ten liegen acht im Freistaat, etwa Mühldorf am Inn, das Berchtesgadener Land oder Traunstein. Die Intensivstationen sind komplett voll, im Landkreis Rottal-Inn gibt es jetzt nur noch ein einziges freies Bett.

Insgesamt hat Bayern eine Inzidenz von 455, nur in Thüringen und Sachsen ist sie höher, im Bund sind es knapp 264.

Höchstinzidenzgebiet Bayern – woran liegt es?

Ursula Münch schnauft ein wenig ins Telefon. „Wenn ich das so genau wüsste", sagt die Politik-Professorin. Seit einiger Zeit ist die Direktorin der Akademie für Politische Bildung in Tutzing zu einer Art Bayern-Erklärerin geworden.

Die exorbitanten Zahlen sind nicht im ganzen Freistaat gleich verteilt. Vielmehr liegen die Hotspots recht genau im Süden, am Rand der Alpen und im Bayerischen Wald. „Auf dem Land sind PCR-Tests manchmal schwer erhältlich“, sagt Münch.

„Wer beim Schnelltest positiv ist und dann ein paar Tage warten muss – bleibt der dann auch in Quarantäne?“ Sie führt die Nähe zu Österreich an, wo die Zahlen noch höher liegen. „An der Grenze wird ja faktisch nicht kontrolliert.“

Wenig Vertrauen, viel Abneigung

Doch es könnte durchaus auch etwas mit der Einstellung mancher Menschen zu tun haben. „In den letzten Jahren hat vor allem auf dem Land der Vertrauensverlust gegenüber staatlichen Institutionen und auch den Medien enorm zugenommen“, konstatiert Münch. „Je weiter weg die Leute von den Zentren sind, desto größer ist die Abneigung.“

Die AfD hat in diesen Regionen vergleichsweise hohe Zustimmungswerte, und es gibt mehr Corona-Skeptiker. Die aufgeschlüsselten Zahlen des gescheiterten Querdenker-Volksbegehrens zur Auflösung des Landtags belegen dies: Bayernweit trugen sich 2,15 Prozent der Wahlberechtigten in die Listen ein.

In Traunstein aber waren es 4,35, im Berchtesgadener Land 3,88 und in Rottal-Inn 3,80. Zugleich liegen die Impfquoten in diesen Landkreisen signifikant unter dem gesamten Bayern-Wert, der wiederum niedriger ist als im Bund.

Skepsis gegenüber Staat und Neuem – auch einem neuen Virus

Auf dem Land, in konservativ geprägten Regionen ist die grundsätzliche Skepsis gegenüber Neuem groß. Und im Dorftratsch können sich seltene Ausnahmefälle schnell zur allgemeingültigen Wahrheit aufbauschen.

So will sich ein Landwirt aus dem Landkreis Garmisch-Partenkirchen trotz chronischer Atemwegserkrankung partout nicht impfen lassen, weil er der Sache nicht traut. In seinem Umfeld gibt es wilde Gerüchte von massenhaft Herzmuskelerkrankungen nach Corona-Impfungen – „fast alle sind tot“.

Die nicht sonderlich solidarische Methode des Bauern: „Warten“ bis genügend andere geimpft sind und es auf seine eigene Immunisierung nicht mehr ankommt. Dass auf dem Hof viel Durchlauf ist und oft Verwandtschaft vorbeikommt, stört nicht weiter. „Ich bin doch nur hier, was soll mir da passieren?“

Ein 60-jähriger Mann hat eine große Familie im südlichen Oberbayern. Über die Impfung sagt er, dass die Nebenwirkungen nicht erforscht seien, Corona beschreibt er als nur eine leichte Form der Grippe.

„Die Leute werden geboren, die Leute sterben. Ein Virus kommt und geht wieder.“ Mehr als die Hälfte seiner Familienangehörigen infizierte sich auf einen Schlag, eine Schwester leidet bis heute an Long Covid. Ein traditionelles Familienfest mit vielen Besuchern musste wegen der Infektionen abgesagt werden.

Eine jüngere Frau aus dem Bayerischen Wald wiederum, die in München arbeitet und am Wochenende pendelt, erzählt über die Zeiten strikter Ausgangssperren: „Natürlich haben wir im Freundeskreis trotzdem groß unsere Geburtstage gefeiert, wie immer.“ Man würde sich ja kennen.

„Wir sind da unter uns, da hat keiner was.“ Dass nahezu alle pendeln, wurde ignoriert. Und die Freunde wähnten sich noch besonders schlau. „Keiner ist nachts auf der Hauptstraße nach Hause gegangen, da stand ja oft die Polizei. Wir kennen im Dorf die kleinen Fußwege hinter den Gärten.“

Auch beim Blick auf die Querdenker- und die Reichsbürgerszene im Freistaat ist eine gewisse Konzentration auf den Südteil Bayerns, speziell die Chiemgau-Region, zu erkennen. Der Verfassungsschutz stellt fest, dass „infolge der Coronakrise Verschwörungstheorien von Reichsbürgern größere Verbreitung finden“.

Zum Typ Querdenker zählte jene Ende September ausgehobene illegal betriebene Schule in Deutelhausen bei Rosenheim. 50 Kinder aus Oberbayern wurden dort von Eltern und einer verbeamteten Lehrerin in einem alten Bauernhof unterrichtet, ohne Einhaltung jedweder Corona-Regeln und Genehmigung.

Dem Bayerischen Rundfunk sagte die Leiterin, sie sei wegen Corona „aus dem System ausgestiegen“ und habe „Eingebungen von oben“ bekommen, die Schule zu gründen. Diese befinde sich nicht in der Bundesrepublik, sondern sei „russisches Hoheitsgebiet“.