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Wirtschaft Weltweit

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WTO-Prognose: Welthandel steht wegen Ukrainekriegs Einbruch bevor

Wichtige Rohstoffe fehlen, Energie ist knapp und teuer: Europa muss sich auf gravierende Folgen des Ukrainekriegs gefasst machen, prophezeit die Handelsorganisation WTO. Für ärmere Länder sei das Risiko noch höher.

Der russische Krieg gegen die Ukraine könnte die globale Wirtschaft laut einer Analyse der Welthandelsorganisation (WTO) in diesem Jahr bis zu 1,3 Prozentpunkte Wachstum kosten. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte 2022 nach Modellrechnungen nur noch um 3,1 bis 3,7 Prozent wachsen, schrieb die WTO in einer Analyse über die Folgen des Krieges für den Handel.

Als Grund führt die Organisation höhere Lebenmittel- und Energiepreise und fallende Exporte Russlands und der Ukraine an. «Ärmere Länder sind durch den Krieg großen Risiken ausgesetzt, weil sie im Vergleich zu reicheren Ländern einen größeren Teil ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben«, hieß es. «Das könnte Folgen für die politische Stabilität haben.«

Im Oktober war die WTO noch von einem Wachstum des Welthandels in diesem Jahr um 4,7 Prozent ausgegangen. Dies könne nach neuen Berechnungen fast halbiert werden, prognostiziert die Handelsorganisation nun.

Energie und Getreide sind nicht die einzigen Herausforderungen

Es gehe nicht nur um russische und ukrainische Exporte von Energie, Getreide und Sonnenblumenprodukten. Russland sei einer der Hauptlieferanten von Palladium und Rhodium für die Herstellung von Katalysatoren für Autos, die Ukraine versorge die Halbleiterindustrie mit Neon.

Die Organisation warnt vor negativen Folgen, wenn die Weltwirtschaft in Handelsblöcke zerfalle und Länder wieder stärker auf Selbstversorgung in Produktion und Handel setzten. Das schade dem Wettbewerb und ersticke Innovation.

Die Folgen wären vor allem für Entwicklungs- und Schwellenländer gravierend. Doch auch die europäische Wirtschaft stehe vor großen Herausforderungen. «Europa wird die wirtschaftlichen Auswirkungen als Hauptabnehmer russischer und ukrainischer Exporte am stärksten zu spüren bekommen«, schreibt die WTO.

Deutsche Exporteure werden vorsichtiger

Deutsche Exporteure müssen bereits mit den Folgen des Krieges zurechtkommen. Probleme wie Lieferengpässe oder hohe Energie- und Transportkosten haben sich noch einmal deutlich verschärft, wie aus einer Umfrage des Kreditversicherers Allianz Trade hervorgeht. Dennoch rechnen weiter viele Firmen in diesem Jahr mit einem Umsatzanstieg. Die Zahl der Optimisten ist allerdings nach dem russischen Angriff auf die Ukraine gesunken.

«Die russische Invasion in der Ukraine und der erneute Ausbruch von Covid-19 in China treffen den Welthandel doppelt hart mit geringeren Mengen und höheren Preisen», sagte Ana Boata, Volkswirtin bei Allianz Trade. Durch Umwege wegen des Krieges und Hafenschließungen gebe es lange Transportzeiten. «Somit bleiben dem Welthandel Verspätungen und hohe Frachtraten länger erhalten als ursprünglich erwartet - auch aufgrund der hohen Energiepreise.»

Die hohen Energiepreise sehen etwa 80 Prozent der befragten Unternehmen als Herausforderung für ihre Exporttätigkeit. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) erwartet noch weiter steigende Kosten.

Infolge der weltweiten Konjunkturerholung nach der Corona-Krise 2020 waren die Energiepreise bereits deutlich gestiegen. Nach Kriegsbeginn kam es zu weiteren Preissprüngen.

Keine Entspannung erwartet

Etwa doppelt so viele Exporteure wie vor dem Ukraine-Krieg sorgen sich der Umfrage zufolge mittlerweile um steigende Zahlungsausfälle (58 Prozent) bei Abnehmern und um Störungen der Lieferketten (47 Prozent).

Hinzu kommen stark gestiegene Transportkosten. «Die meisten deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass sich weder bei Transportkosten noch -zeiten 2022 Entspannung abzeichnen wird», berichtete Milo Bogaerts, Chef von Allianz Trade in DeutschlandÖsterreich und der Schweiz. Mehr als die Hälfte der Firmen (53 Prozent) geht mit Ausbruch des Ukraine-Konflikts davon aus, dass sich die Situation weiter verschärft.» Vor Kriegsbeginn war dies nur bei etwa jedem dritten Unternehmen der Fall.

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Europa: Gefahr einer Rezession ist größer als in den USA

Europa: Gefahr einer Rezession ist größer als in den USA

Investing.com – Die Inversion der US-Renditekurve bei den 2- und 10-jährigen Anleihen ist aus Sicht von Experten ein Warnsignal. „Wenn der IRR der zehnjährigen Anleihe ähnlich hoch ist wie der zweijährigen (Abflachung), erwartet der Markt ein Szenario mit geringerem Wachstum und einer Verschlechterung der finanziellen Bedingungen (Zinserhöhungen). Problematisch wird es, wenn der 2/10A-Spread über einen längeren Zeitraum negativ wird (invertierte Kurve)“, warnt Bankinter.

Laut einer Studie der San Francisco Fed aus dem Jahr 2018 sind die neun Rezessionen, die die USA seit 1955 erlebt haben, mit einer inversen Kurve einhergegangen, die 6 bis 24 Monate zuvor auftrat. „Es ist keine 100 Prozent sichere Regel, aber in 63 Jahren gab es nur einen Fehlalarm, und wir müssen dazu bis in die Mitte der 1960er-Jahre zurückgehen“, erklären die Experten.

Laut Bankinter gibt es jedoch auch gute Nachrichten:

Der Spread der 2/10 Anleihen liegt jetzt bei +18,0 Basispunkten gegenüber -8,0 Basispunkten am 4. April und damit nicht mehr auf dem Niveau von Krisenzeiten (-10/-30 in den 1970er/80er-Jahren).

Die Käufe der Fed (QE) verzerren die Bewegung der Kurve, weshalb die IRR von 10-Jahres-Anleihen ungewöhnlich niedrig ist. In Deutschland, wo die Wahrscheinlichkeit einer Rezession nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine höher ist als in den USA, liegt der Spread der 2/10-Jahres Anleihen bei 60 Basispunkten.

Die Energieunabhängigkeit der USA und die Stärke des Arbeitsmarktes verringern die Wahrscheinlichkeit einer Rezession.

Diesen Analysten zufolge „erwartet der Markt eine flache Kurve im Jahr 2022. In den Futures ist für Dezember ein Leitzins von 2,50 Prozent (+200 Basispunkte) eingepreist – die stärkste Anhebung seit 1994 - und der Konsens geht von einem 10-jährigen IRR von 2,60 Prozent aus (gegenüber 2,75 Prozent heute).

Gleichgültigkeit? Es scheint so, denn die Fed beginnt im Mai mit der Reduzierung ihrer Bilanz und die von den Anlegern geforderte Risikoprämie in der langfristigen Anleihe (10 Jahre) wird wahrscheinlich steigen."

Víctor Alvargonzález, Strategiedirektor und Gründungspartner von Nextep Finance, erklärt seinerseits, dass bei der Abflachung der Kurve einige wichtige Nuancen zu berücksichtigen sind

„Erstens handelt es sich um einen Indikator für Erwartungen, nicht um ein physikalisches Gesetz oder eine mathematische Regel. Das heißt, selbst wenn die Marktteilnehmer eine höhere Rezessionswahrscheinlichkeit erwarten, können sie sich auch irren. Was die Zuverlässigkeit dieses Indikators angeht, so zeigen die Statistiken einen eher unregelmäßigen Grad der Erfüllung.“

„Eine weitere wichtige Rolle spielt Europa, das derzeit am ehesten in eine Rezession geraten dürfte. Durch Sanktionen gegen Russland könnte die EU bis zu zwei Prozentpunkte ihres BIP-Wachstums einbüßen, und zwei weitere, wenn Putin die Gaslieferungen unterbricht oder die EU einseitig beschließt, dies zu tun. In den USA hingegen geht das Conference Board davon aus, dass das Land ungeachtet der Sanktionen ein Wachstum von bis zu 3 Prozent erreichen kann. Und wir sagen bis zu 2,5 Prozent, wenn die Fed zu stark auf die Bremse tritt. Tatsache ist, dass die Kurve in Europa nicht abgeflacht, geschweige denn invertiert ist, obwohl die Gefahr einer Rezession größer ist als in den USA“, fügt Alvargonzález hinzu.

„Man darf schließlich nicht vergessen, dass die Kurve ihre Abflachung verliert, sobald die langfristigen Zinsen steigen. Erst vor wenigen Tagen ließ die Aussage eines Fed-Mitglieds die 10-jährige Rendite in die Höhe schnellen und die Abflachung der Kurve verschwand. Um ein zuverlässiges Instrument zu sein, muss die Abflachung im Laufe der Zeit anhalten“, betont er.

Ist es sinnvoll, an den Aktienmärkten ein Durationsrisiko einzugehen? „Nein. Erstens, weil die Abflachung der Kurve dadurch zu erklären ist, dass die kurzfristigen Zinssätze stärker steigen als die langfristigen. Darunter leiden die Bewertungen (Abflachung der Bären), primär bei den langfristigen Anleihen. Und zweitens, weil der aktuelle IRR von 10-Jahres-Anleihen das Risiko (Inflation, Geopolitik/Russland und Bilanzen der Zentralbanken) nicht ausgleicht“, so Bankinter.

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Gemeinsam gegen den Westen? Handel zwischen China und Russland nimmt massiv zu

Auf wessen Seite steht China? Im Ernstfall wohl an der Seite des Kremls und des russischen Präsidenten Wladimir Putin – trotz des Spagats den China machen muss. Einerseits Russland gegen den gemeinsamen Feind USA beiseite stehen, andererseits keine Sanktionen des Westens riskieren, von dem man wirtschaftlich abhängig ist. 

Ausgerechnet in diesen Zeiten teilt der Zoll in Peking nun mit, dass der Handel mit Russland im ersten Quartal zum Vorjahreszeitraum deutlich gestiegen sei – konkret belief sich der Gesamthandel zwischen Januar bis März 2022 auf rund 38,18 Milliarden Dollar. Ein deutliches Plus von 27,8 Prozent. Immerhin: Analysten sehen keine Hinweise darauf, dass Sanktionen des Westens gegen Russland von China umgangen werden. Russland und China erklärten bereits im Februar eine strategische Partnerschaft ohne Grenzen.

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Corona-Lockdown in Shanghai: Stau vor dem größten Containerhafen der Welt

Die Lage in Shanghai entspannt sich ein wenig. Doch warten immer noch Hunderte Schiffe vor dem Hafen, andere steuern ihn gar nicht erst an. Der Corona-Lockdown wird massive Folgen haben – auch für Handelspartner in Europa.

Der strikte Corona-Lockdown in Shanghai beeinträchtigt den größten Containerhafen der Welt massiv – und sorgt für neue Verwerfungen im globalen Schiffsverkehr. Laut dem Datenanbieter VesselsValue stehen mehr als 300 Frachtschiffe vor dem Hafengebiet der chinesischen Wirtschaftsmetropole im Stau, um be- oder entladen zu werden.

Der Lockdown in der chinesischen hält seit mehr als drei Wochen an. Am Mittwoch zeichnete sich eine leichte Beruhigung der Lage ab: Die Behörden meldeten am Mittwoch keine neuen Infektionsfälle in zwei Stadtbezirken. Das weckt die Hoffnung, dass die strengen Ausgangsbeschränkungen gelockert und zumindest einige Fabriken allmählich wieder die Arbeit aufnehmen können. Doch selbst, wenn die strengen Beschränkungen aufgehoben werden, wird sich der Stau vor dem Hafen nicht so schnell auflösen.

"Die Wartezeiten betragen je nach Terminal zwischen drei Tagen und einer Woche, manchmal sogar mehr", sagte Peter Sand, Chefanalyst des auf Schifffahrt spezialisierten Analysehauses Xeneta, dem SPIEGEL. Die Abfertigung im Hafengebiet laufe derzeit nur etwa auf einem Viertel der normalen Kapazität. "Wir werden die Folgen rund um die Erde monatelang spüren."

Es mangelt an Truckern

Im Hafengebiet von Shanghai wurden 2021 mehr als 47 Millionen Standardcontainer umgeschlagen, mehr als an jedem anderen Ort der Welt. Doch der Ende März verhängte Lockdown bremst den Betrieb aus. Vor allem bei Importen gebe es massive Verzögerungen, sagt Sand. Dass der Hafen überhaupt noch operiert, liege daran, dass Arbeiter seit Wochen in einer »Coronablase« zusammenleben: abgeschirmt vom Rest der Welt.

Angesichts der Sorge vor Lebensmittelengpässen in Shanghai würden Schiffe mit dieser Fracht nun bevorzugt an den Terminals abgefertigt. Aber: "Wenn die Schiffe entladen werden, fehlt es oft an Truckern, um diese Container abzutransportieren", sagt Sand. Die Lkw-Fahrer unterliegen oft selbst strengen Restriktionen.

Auch bei den Exporten gibt es teils erhebliche Verzögerungen. Einige Reedereien haben ihre Schiffe daher aus dem Stau vor Shanghai abgezogen, andere steuern das Hafengebiet gar nicht erst an. Allerdings wurden zuletzt auch in anderen chinesischen Großhäfen wie Guangzhou oder Ningbo coronabedingte Einschränkungen verhängt.

Experte Sand erwartet neue Störungen der globalen Lieferketten: selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass der Lockdown in Shanghai bald aufgehoben werden sollte. Denn in den Wochen danach werden in den Empfängerhäfen in Amerika und Europa erst wenige Schiffe ankommen – und dann zu viele auf einmal. Die nächsten Frachterstaus in anderen Erdteilen sind programmiert.

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Wasserstoff bald günstiger als fossile Kraftstoffe und 2 Großprojekte

Bisher befindet sich die industrielle emissionsfreie Wasserstoff-Produktion immer noch in den Anfängen. Aus diesem Grund wird sie vielfach weiterhin staatlich subventioniert. Sobald der grüne Wasserstoff jedoch günstiger als bisherige Treibstoffe ist, sollten die Investitionssummen der Großindustrie in den Sektor deutlich steigen. Dies würde den sauberen Wasserstoff weiter verbilligen und so die Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Hydrofuel Canada strebt günstige Wasserstoff-Produktion an

Nel (WKN: A0B733) möchte dieses Ziel bis 2025 und Hydrofuel Canada vielleicht noch schneller erreichen. Das kanadische Unternehmen hat mit dem Georgia Institute of Technology eine exklusive Lizenzvereinbarung für das zum Patent angemeldete MAPS-System geschlossen. Es soll die saubere Wasserstoff- und Ammoniakproduktion günstiger als fossile Kraftstoffe machen.

Das MAPS-System ermöglicht mithilfe eines elektrochemischen Gasphasenprozesses eine nachhaltige und effiziente Ammoniaksynthese aus Luft und Wasser. Über eine dezentrale Produktion trägt es darüber hinaus zu einem geringeren Energieverbrauch im Vergleich zur zentralen Herstellung bei. So soll der Verkaufspreis auf 1,50 US-Dollar pro kg sinken.

1. In Portugal entsteht eine 500-MW-Anlage

Das Projekt in Sines wird von Power2X, Madoqua Renewables und Copenhagen Infrastructure Partners (Energy Transition Fund) entwickelt und soll bei Fertigstellung jährlich 50.000 Tonnen umweltfreundlichen Wasserstoff und Ammoniak produzieren. Die Investitionskosten liegen bei 1 Mrd. Euro. Die Unternehmen rechnen bis 2025 mit einer Inbetriebnahme.

„Portugal ist strukturell gut positioniert, um eine führende Rolle im Bereich der Energiewende in Europa zu spielen. Das Projekt wird zusammen mit der Entwicklung spezieller Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien einen wichtigen Beitrag zur nationalen Wasserstoffstrategie Portugals leisten“, so der Madoqua-Renewables-CEO Rogaciano Rebelo.

„MadoquaPower2X wird den Weg für die Dekarbonisierung kritischer Industrieprozesse und eine geringere Abhängigkeit von Erdgasimporten ebnen“, sagte der Power2X-CEO Occo Roelofsen.

2. Masdar Clean Energy unterstützt ägyptisches Wasserstoff-Großprojekt

Die in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) ansässige Masdar Clean Energy hat mit der ägyptischen Hassan Allam Utilities eine Absichtserklärung zur Unterstützung eines 4-GW-Projekts unterzeichnet. Die neue Wasserstoff-Anlage entsteht in der Wirtschaftszone des Suezkanals und soll bis 2030 jährlich bis zu 480.000 Tonnen umweltfreundlichen Wasserstoff, auch für den Export, produzieren.

„Diese Vereinbarungen sind ein entscheidender Schritt in der Entwicklung der grünen Wasserstoffwirtschaft sowohl für die VAE als auch für Ägypten. Sie werden eine wichtige Rolle bei den Dekarbonisierungsbemühungen unserer beiden Länder spielen. Durch die Zusammenarbeit mit Partnern wie Hassan Allam Utilities können wir dazu beitragen, dass der Markt für grünen Wasserstoff in den kommenden Jahren sein volles Potenzial entfaltet und seinen Teil zur Unterstützung der globalen Energiewende beiträgt“, so der Masdar-Clean-Energy-CEO Mohamed Jameel Al Ramahi.
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Hunger droht in Kaliningrad: Arbeiter in BMW-Fabrik bauen jetzt Kartoffeln an

Mitarbeiter eines Montagewerks der Avtotor-Holding im russischen Kaliningrad haben von nun an die Möglichkeit, Kartoffeln anzubauen, statt Autos zu produzieren. In dem Werk wurden bis vor der russischen Invasion in der Ukraine unter anderem deutsche Autos der Marke BMW montiert.

Aufgrund „der schwierigen wirtschaftlichen Lage“ werden den Mitarbeitern ab sofort Ackerflächen zur Verfügung gestellt, wie die Holding auf ihrer Webseite schreibt. Insgesamt 300 Hektar Land umfasst das Areal, wobei pro Mitarbeiter 1000 Quadratmeter zugesichert wurden.

Das beschlossen die Unternehmensleitung und Aktionäre von Avtotor. Das Automobilwerk nannte den Schritt eine „zusätzliche soziale Unterstützung“ für die Belegschaft. Durch die politische Lage, in der sich viele Unternehmen in Russland derzeit befinden, ist das Montagewerk in ein „ökonomisches Loch“ gefallen, so die Automobilholding.

Seit dem Krieg in der Ukraine wurde ein erheblicher Teil der 3500 Mitarbeiter im März 2022 in den bezahlten Urlaub geschickt. Ein Mittel, das auch in vielen anderen Unternehmen in Russland seit dem Krieg angewandt wird. Wie das russische Wirtschaftsmedium RBK mitteilte, gab es schon im Vorlauf der Aktion Listen für freie Ackerflächen, auf denen sich Werksangehörige eintragen konnten.

Die Holding selbst berichtet, dass auch eine betriebsinterne Umfrage stattgefunden haben soll, in der die Mehrheit für eine solche Entscheidung stimmte. Erste Grundstücke sollen im Losverfahren bereits vergeben worden sein. Bis Mitte Mai sollen alle Flächen verlost sein, so das Montagewerk auf seiner Seite.

Wladimir Schtscherbakow, ehemaliger stellvertretender Ministerpräsident der Sowjetunion und Haupteigentümer der Unternehmensgruppe, rechtfertigte die unorthodoxe Maßnahme mit der verschlechterten wirtschaftlichen Situation in der Region Kaliningrad. Dabei verwies er in einem Statement auf die dramatischen wirtschaftlichen Umstände der 1990er-Jahre in Russland. Damit erinnerte Schtscherbakow an die für viele Russen traumatischen Erlebnisse der Transformationsjahre.

Auch die aktuelle Krise soll laut dem Vorsitzenden von Avtotor wieder mit diesem Schritt abgefedert werden. Schtscherbakow gehört nach Einschätzungen von Forbes Russia zu den 200 reichsten Menschen Russlands (Platz 171 auf der Forbes-Liste).

Der Entschluss zeigt, wie gravierend die wirtschaftliche und soziale Lage in Russland sich im Zuge der euro-atlantischen Sanktionspolitik verschlechtert. Besonders die russische Exklave Kaliningrad, umgeben von Polen, Litauen und der Ostsee, befindet sich in einer fragilen Situation. Exporte in die Exklave haben in den letzten Monaten rapide abgenommen.

Kaliningrad, auch „russische Insel in der EU“ genannt, war berühmt für seine geografisch bedingt westliche Anbindung in Osteuropa. Durch die exponierte Lage der russischen Exklave, leidet insbesondere die Industrie rund um die Ostseestadt. Das Werk war 1994 das erste in Russland, das mit der Montage von Automarken aus dem Westen begann. Neben BMW wurden unter anderem auch Marken wie Hyundai und Kia dort gefertigt. Nach Angaben von Avtotor überstieg das Gesamtproduktionsvolumen bisher 2,5 Millionen Fahrzeuge.

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Institut - Staus der Containerschiffe erreichen die Nordsee

Berlin (Reuters) - Staus und Verzögerungen in der Containerschifffahrt haben dem Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) zufolge nun auch die Nordsee erreicht.

"Erstmals seit Ausbruch der Pandemie stauen sich Containerschiffe auch in der Nordsee vor den Häfen Deutschlands, Hollands und Belgiens", heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Handelsindikator. "Hier stecken gegenwärtig knapp zwei Prozent der globalen Frachtkapazität fest und können weder be- noch entladen werden."

Allein in der deutschen Bucht warten demnach etwa ein Dutzend große Containerschiffe mit einer Kapazität von insgesamt etwa 150.000 Standardcontainern auf das Anlaufen in Hamburg oder Bremerhaven. Vor den Häfen Rotterdam und Antwerpen sei die Lage noch dramatischer. Dagegen habe sich der Containerschiffstau vor Los Angeles und dem südlichen Kalifornien wieder gänzlich zurückgebildet.
Für Mai weist das Barometer für den Welthandel im Vergleich zum Vormonat ein leichtes Minus von einem Prozent aus. Auch für Deutschland liegen die Exporte demnach im roten Bereich (-1,2 Prozent), die Importe im grünen (+1,6 Prozent). China sticht den Angaben zufolge unter den großen Volkswirtschaften im Mai positiv hervor, was allerdings auch am schwachen April liegen dürfte: Im Vergleich dazu dürften die Exporte leicht (+2,1 Prozent), die Importe sogar deutlich (+7 Prozent) gestiegen sein. Der Exportweltmeister und wichtigste deutsche Handelspartner leidet unter Corona-Lockdowns, von denen etwa auch die Wirtschaftsmetropole Shanghai mit ihrem riesigen Hafen betroffen war.

"Insgesamt zeigt sich der Maihandel eher verhalten und setzt die Seitwärtsbewegung der letzten Monate fort", sagte IfW-Experte Vincent Stamer. "Der internationale Handel leidet jedoch wieder stärker unter den Staus und Verzögerungen der Containerschifffahrt, die nun auch die Nordsee erreicht haben."

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Weizenpreis sinkt auf tiefsten Stand seit vier Monaten

Gute Nachrichten vom Getreidemarkt: Der Preis für Weizen ist auf den niedrigsten Wert seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gefallen.

Weizenpreis sinkt auf tiefsten Stand seit vier Monaten

© - / dpaWeizenpreis sinkt auf tiefsten Stand seit vier Monaten

Russlands Überfall auf die Ukraine hat Schockwellen an den Rohstoffmärkten ausgelöst: Energieträger sind drastisch teurer geworden. Noch dramatischer allerdings war die Entwicklung am Weizenmarkt: Der Preis des Getreides stieg jäh an auf mehr als das Doppelte. Die durch den Angriff auf die Ukraine ausgelöste Getreideknappheit – das Land ist einer der größten Weizenexporteure – schürt zudem weltweit Sorgen vor Hungersnöten, etwa in Teilen Afrikas.

Nun zeichnet sich zumindest bei der Preisentwicklung leichte Entspannung ab. Der Weizenpreis ist in der Nacht zu Montag auf den tiefsten Stand seit vier Monaten gefallen. Zeitweise wurde ein Scheffel (etwa 27 Kilogramm) an der Börse in Singapur für 9,26 US-Dollar gehandelt. So niedrig war der Weizenpreis zuletzt Ende Februar als Russland den Angriffskrieg gegen das Nachbarland Ukraine begonnen hat. Marktbeobachter verwiesen zur Begründung für den aktuellen Preisrückgang auf Meldungen aus Ägypten. Demnach plant das Land, seine Weizenimporte – und damit die Nachfrage nach Weizen – zu senken.

Weltweite Getreideproduktion nur leicht rückläufig

Nach Angaben eines ägyptischen Regierungsvertreters will das Land den Import von Weizen um 500.000 Tonnen pro Jahr senken. Das nordafrikanische Land ist ein wichtiger Importeur für Weizen aus der Kriegsregion. Durch die Folgen des Kriegs sind Lieferungen ausgeblieben und es kam zu einem starken Anstieg der Weltmarktpreise. Im Mai wurde ein Scheffel Weizen zeitweise für bis zu 12,85 Dollar gehandelt. Russland und die Ukraine zählen zu den wichtigsten Anbauländern von Weizen weltweit. Beide Länder haben vor dem Krieg zusammen etwa ein Viertel des weltweiten Weizenhandels abgedeckt.

Gute Nachrichten gibt es auch auf der Produktionsseite: Trotz des Konflikts und stark ansteigenden Düngerpreisen wird die Weltgetreideernte in diesem Jahr nach Schätzung der Vereinten Nationen nur unwesentlich geringer ausfallen als 2021. Bislang erwartet werden 2,785 Milliarden Tonnen, das wären rund 23 Millionen Tonnen weniger als im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, sagte Josef Schmidhuber, Ökonom bei der Uno-Agrarorganisation FAO in Rom. »Das ist ein sehr geringer Unterschied, und im Augenblick wirklich nur eine grobe Schätzung.«

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Wegen gestörter Lieferketten herrscht in Industriefirmen Stress – der Chefeinkäufer des Fahrzeugherstellers Aebi Schmidt versucht trotzdem, Ruhe zu bewahren

Gefragt, wie hoch der Stress auf einer Skala von 1 bis 10 sei, antwortet Stefan Kaltenbach, der Chefeinkäufer der Zürcher Industriegruppe Aebi Schmidt: «Im Moment sind wir bei Stufe 8.» Ganz schwierig war die Phase der ersten Monate nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine. «Damals standen wir bei 10.» Dermassen anspruchsvoll habe sich die Situation an den Beschaffungsmärkten präsentiert.

Das Zürcher Unternehmen Aebi Schmidt stellt seine Kehrmaschinen in St. Blasien im Schwarzwald her. Christoph Ruckstuhl / NZZ

Das Zürcher Unternehmen Aebi Schmidt stellt seine Kehrmaschinen in St. Blasien im Schwarzwald her. Christoph Ruckstuhl / NZZ© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland

Händler wurden bestürmt

Kaltenbach steht als Konzernleitungsmitglied und Leiter des Bereichs Supply Chain Management & Procurement beim Kommunalfahrzeughersteller und Landtechnikunternehmen Aebi Schmidt einer Mannschaft von 120 Personen vor. Er erinnert sich noch sehr genau daran, wie im vergangenen März der Handel von Nickel an der weltgrössten Börse für dieses Metall, der London Metal Exchange, mehrere Wochen lang quasi ausgesetzt war.

Nickel spielt in der Herstellung von Edelstahl eine wichtige Rolle, und in dieser Zeit waren die Produktion und der Handel dieses Werkstoffs massiv eingeschränkt. Dies führte dazu, dass die Abnehmer von Edelstahl die Händler bestürmten und alles zusammenkauften, was noch an Coils (Spulen) vorhanden war.

Die Firma Aebi Schmidt, deren Fahrzeuge aus zahlreichen Metallteilen zusammengeschweisst werden und die entsprechend viel Edelstahl benötigt, hatte sich glücklicherweise abgesichert und wurde trotzdem noch bedient. «Wir fixieren bei vielen Materialien unsere Abrufmengen und Konditionen, nicht nur bei Edelstahl, sondern beispielsweise auch bei Aluminium und Schwarzstahl.» Dasselbe gelte, fügt Kaltenbach hinzu, für wichtige Komponenten, von Fahrzeugen über Motoren bis hin zu Teilen von Kabelbäumen.

Underdogs in vielen Firmen

Die Beschaffung gilt in der Wirtschaft nicht als besonders sexy. Im Gegensatz zum Marketing oder zur Forschung und Entwicklung fristet sie in vielen Firmen eher ein Randdasein. Auch in der Öffentlichkeit wird dieser Tätigkeitsbereich normalerweise kaum wahrgenommen.

Doch die Krise in den Lieferketten, die zu Beginn der Coronavirus-Pandemie 2020 ausgebrochen war und jüngst wegen der Verwerfungen des Kriegs in der Ukraine noch verstärkt worden ist, hat allen aufgezeigt, welche zentrale Rolle die Mitarbeiter in der Beschaffung spielen. Fehlen bei einem Produkt nur wenige Teile, kann dadurch die gesamte Fertigung ins Stocken geraten.

Aebi Schmidt hat das bei der Herstellung von Salzstreuern für den Einsatz im Winterdienst erlebt. Weil ein halbes Dutzend Komponenten nicht rechtzeitig geliefert wurden, konnte das Montagewerk in den Niederlanden die Geräte nur halbfertig herstellen. Jetzt, wo die betroffenen Teile endlich verfügbar sind, müssen die Salzstreuer nachgerüstet werden. Das sorgt für zusätzliche Kosten, denn die Produkte müssen zur Vorbereitung der Abnahme durch die Kunden nochmals durch die Qualitätsprüfung geschleust werden.

«Wir sind sehr stark geprägt von fahrenden Maschinen aus Stahlblech», sagt Kaltenbach. Um einen Salzstreuer oder eine Kehrmaschine, wie sie Aebi Schmidt ebenfalls im Angebot hat, zu produzieren, müssen mehrere hundert Teile zusammengesetzt werden. Allein eine Kehrmaschine besteht aus 1800 bis 2000 Komponenten.

Dieselbe Strategie wie bei Stadler Rail

Die einzelnen Teile bezieht Aebi Schmidt von einem Heer von Zulieferern. Der Konzernchef Barend Fruithof beziffert die Gesamtzahl der gruppenweiten Lieferanten von Produktionsmaterialien auf 4000. Autohersteller, die mit deutlich höheren Stückzahlen operierten und deren Fertigungstiefe deutlich grösser sei, kämen auf deutlich weniger.

Die hohe Zahl von Lieferanten ist bei Aebi Schmidt teilweise aber auch gewollt. Der Konzern arbeitet ähnlich wie seine Schwesterfirma Stadler Rail, deren Hauptaktionär und Verwaltungsratspräsident ebenfalls der Unternehmer Peter Spuhler ist, ungern mit Monopolisten zusammen. Er setzt denn auch auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Kleinbetrieben, die im Umgang oft flexibler sind. Mit den Chefs solcher Firmen müsse man halt auch einmal einen Kaffee trinken gehen, sagt Kaltenbach. Doch das lohne sich alleweil. «Solche Betriebe legen für uns bei Bedarf nicht selten eine Extraschicht am Samstag ein.»

Zurückhaltung gegenüber China zahlt sich aus

Laut eigenen Angaben hat Aebi Schmidt auch nur zurückhaltend direkte Beziehungen mit chinesischen Lieferanten geknüpft. Diese Strategie scheint sich seit dem Ausbruch der Pandemie ausbezahlt zu haben. So war die Firma auch weniger gezwungen, die horrend gestiegenen Kosten im Frachtverkehr mit Asien zu berappen. Der Preis für einen 40-Fuss-Container aus China nach Europa schnellte zeitweise von 2000 bis auf 15 000 Dollar. Im Moment geht Kaltenbach nicht davon aus, dass die Raten sich kurzfristig wieder stabil auf dem Niveau einstellen werden, das vor der Pandemie üblich war.

Extreme Preissprünge hat Kaltenbach zusammen mit seinen Mitarbeitern auch bei Mikrochips erlebt. Um überhaupt noch an Ware heranzukommen, wagte sich Aebi Schmidt in den Broker-Markt. In diesem sei man teilweise mit Verteuerungen nicht von 100 Prozent, sondern im Bereich des Hundertfachen gegenüber den früher üblichen Preisen konfrontiert gewesen, sagt Kaltenbach. So kostete ein Chip auf einmal 300 statt 3.50 bis 5 Franken. Die gesamte Bestellung verschlang auf einmal einen sechsstelligen Betrag.

Kehrmaschinen werden aus einer Vielzahl von Einzelteilen zusammengebaut. Christoph Ruckstuhl / NZZ

Kehrmaschinen werden aus einer Vielzahl von Einzelteilen zusammengebaut. Christoph Ruckstuhl / NZZ© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland

Den Gaspreis ständig im Blick

Wer den 46-jährigen Chef der Beschaffung von Aebi Schmidt an seinem Arbeitsort begleitet, gewinnt den Eindruck, er verfolge den ganzen Tag lang die Tarife unterschiedlichster Güter. Auch im Lift wirft er einen Blick auf sein Smartphone und kontrolliert den Erdgaspreis am Terminmarkt. Ja, den Erdgaspreis checke er ständig, auch Währungskurse rufe er täglich mehrmals ab, sagt Kaltenbach.

Der deutsche Manager blickt auf zwanzig Jahre Erfahrung in der Welt der Beschaffung von Industrieunternehmen zurück. Bevor er im Juni 2019 zu Aebi Schmidt wechselte, hatte er für die beiden Automobilzulieferer Meritor und Continental sowie für den Schienenfahrzeughersteller Bombardier (inzwischen Teil von Alstom) entweder in der Schweiz, in Deutschland oder in Japan gearbeitet. «Bleibe in jeder Situation ruhig», so lautet Kaltenbachs Motto nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch privat. Ruhe versucht er auch seinen Mitarbeitern zu vermitteln.

Während einer einstündigen Sitzung, welche die wichtigsten Vertreter des Konzernbereichs Supply Chain Management & Procurement aus Europa zusammenbringt, betont Kaltenbach mehrfach, dass man nicht gezwungen sei, hastige Entscheide zur Sicherung der Versorgung mit Erdgas und Elektrizität zu treffen. Aebi Schmidt scheint auch bei der Energie rechtzeitig Vorsorge getroffen zu haben und schloss die entsprechenden Verträge bereits 2020 ab.

Ab Anfang des nächsten Jahres muss aber eine neue Lösung her. Wie sie aussehen könnte, will Kaltenbach nicht offenlegen. Er erklärt lediglich vielsagend, dass sie sich von der im vorletzten Jahr getroffenen unterscheiden werde. Und ergänzt in der achtköpfigen Gesprächsrunde: «Wir werden ganz bestimmt nicht Preise bezahlen, wie sie zurzeit in Zeitungsberichten zur Energiekrise genannt werden.»

Bei der Photovoltaik zu langsam gewesen

Ausser als Chefeinkäufer fungiert Kaltenbach zurzeit auch als Verantwortlicher für Energiesparmassnahmen. Er schärft seinen Mitarbeitern ein, beim Weggehen das Licht im Büro zu löschen und den Computer auszuschalten. Gelüftet soll nur so lange wie nötig werden. Zugleich versichert er: «Bei uns muss niemand frieren. Bei der Absicherung der Brennstoffe sind wir für diesen Winter durch.»

Massnahmen zur Steigerung der Nachhaltigkeit, wie sie Aebi Schmidt in der niederländischen Fabrik mit Sonnenkollektoren oder dem automatischen Herunterfahren des gesamten Werks in Burgdorf nach Betriebsschluss um 18 Uhr schon umgesetzt hat, sollen auf die ganze Gruppe ausgedehnt werden. Allerdings hätte man mehr schon früher machen können, wie man in der Konzernzentrale einräumt. Um wie angestrebt bei den Fabriken und Logistikgebäuden der Firma breitflächig Photovoltaikanlagen zu installieren, wird es diesen Herbst und Winter nicht reichen. Dafür ist die Nachfrage im Markt viel zu gross.

Auftragsbücher sind voll

Was die Versorgung mit Materialien und Komponenten betrifft, verspürt man bei Aebi Schmidt erste Anzeichen einer Entspannung. Vor allem der amerikanische Markt sei agiler geworden, heisst es.

Wie in den meisten Industrieunternehmen derzeit treibt hingegen die Aussicht auf eine mögliche Strom- und Gasmangellage den Stresspegel des Managements in die Höhe. Darüber, was es bedeuten würde, wenn die Versorgung mit Elektrizität von staatlichen Stellen kontingentiert würde oder es gar zu rollierenden Abschaltungen käme, will man bei Aebi Schmidt am liebsten gar nicht reden. Der Konzern, der im laufenden Jahr mit einem Umsatz von 800 bis 850 Millionen Euro rechnet, verfügt laut eigenen Angaben über volle Auftragsbücher. Um die vielen Bestellungen termingerecht abzuarbeiten, ist das Unternehmen darauf angewiesen, keinerlei Unterbrüche bei der Produktion zu erleiden.

Aebi Schmidt produziert auch Fahrzeuge für den Winterdienst. Christoph Ruckstuhl / NZZ

Aebi Schmidt produziert auch Fahrzeuge für den Winterdienst. Christoph Ruckstuhl / NZZ© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung Deutschland
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Risikobericht des WEF: Die Welt steuert auf eine Existenzkrise zu

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021.

Nach der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021.© dpa

Eine Kristallkugel zur Vorhersage der Zukunft besitzt das World Economic Forum (WEF) nicht. In seinem Globalen Risikobericht vor einem Jahr, vorgestellt fünf Wochen vor Russlands Angriff auf die Ukraine, tauchte das Wort Krieg nicht auf. Das Risiko von „Konflikten zwischen Staaten“ erschien winzig, nur auf Platz 27 der Liste der global wichtigen Risiken, wie auf dem Podium zur Vorstellung des neuen WEF-Berichts erinnert wurde.

Seitdem haben Krieg und Sanktionen die Weltwirtschaft durchgeschüttelt. Gefahren für die Ernährung der Weltbevölkerung und die globale Energieversorgung drohen „Jahrzehnte des Fortschritts“ zunichtezumachen, befürchtet das Weltwirtschaftsforum.

In seinem neuen Global Risk Report 2023, der am Mittwoch in London vorgestellt wurde, zeichnet das WEF ein düsteres Panorama an Risiken und Gefahren. Der Bericht, publiziert kurz vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos nächste Woche, basiert auf Antworten von 1200 Fachleuten, Wissenschaftlern, Politikern und Risikomanagern.

Düsterer Ausblick

In den nächsten zwei Jahren werde laut ihrer Ansicht die Lebenshaltungskostenkrise dominieren, gefolgt von Naturkatastrophen und Extremwetterereignissen und geoökonomischen Konfrontationen. Am Schluss der Top-Ten-Risiken sehen sie große Migrationsbewegungen. Mittelfristig stehen jedoch klar Klimawandel- und Umweltgefahren an der Spitze.

Die ganze Reihe der Risiken, die das WEF aufführt, liest sich bedrohlich und ungewöhnlich düster. „Wir sehen die Rückkehr von ‚älteren‘ Risiken – Inflation, Krise der Lebenshaltungskosten, Handelskriegen, Kapitalabflüssen aus Entwicklungsländern, großflächigen sozialen Unruhen, geopolitischen Konfrontationen und dem Gespenst eines Nuklearkriegs –, die kaum jemand der aktuellen Generation von Wirtschaftsführern und Politikgestaltern bislang erlebt hat“, heißt es in der WEF-Zusammenfassung.

Hinzu kommen verschärfend neuere Risiken wie untragbare Schuldenstände, niedriges Wachstum, eine Deglobalisierung und der sich beschleunigende Klimawandel. Die Chance, dass die Welt die Erderwärmung auf 1,5 Grad zur vorindustriellen Zeit beschränke, schwinde. „Der Klimawandel ist eine existenzielle Bedrohung für den Planeten, und das Fenster zur Erreichung des Netto-Null-Ziels schließt sich“, meinte John Scott vom Versicherungskonzern Zurich, der am WEF-Bericht beteiligt ist. Man müsse mehr tun, sowohl zur Vermeidung als auch zur Anpassung an den Klimawandel.

Gefahr einer „Poly-Krise“

In den kommenden zehn Jahren sehen die Befragten sechs Umweltgefahren unter den Top-Ten-Risiken, darunter auch prominent die Gefahr eines dramatischen Verlusts an Biodiversität, als des Aussterbens von Tieren und Pflanzenarten. Hinzu komme eine Verknappung der natürlichen Ressourcen. Es existiere das Risiko, dass alle Faktoren zu einer „Poly-Krise“ um das Jahr 2030 zusammenkommen.

Die kommende wirtschaftliche Ära werde von drohender Stagnation, Divergenz und Not geprägt sein, heißt es düster. Anders als im Bericht des Jahres 2022, der noch von Corona geprägt war, sehen die befragten Fachleute diesmal Infektionskrankheiten nicht mehr als große akute oder mittelfristige Bedrohungen an. Nur noch auf dem zwanzigsten Platz steht die Gefahr durch Viren und Co. Das Risiko militärischer Kriege werten die 1200 Befragten ebenfalls nicht hoch. Zwischenstaatliche Konflikte sehen sie nicht als Top-Ten-Risiko.

Dafür taucht der Begriff der „geoökonomischen Konflikte“ prominenter auf. Gemeint sind Wirtschaftskriege und Sanktionen. Auch Cyberwarfare und Hackerangriffe gehören dazu. „Unternehmen, die nicht in Cybersicherheit investieren, kommen in eine Situation, wo sie nicht mehr versicherbar sind“, sagte Carolina Klint vom Versicherungsbroker Marsh, der auch am Bericht mitgearbeitet hat.