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Russland soll Öl für niedrigere Preise an große Abnehmer verkaufen

Elmau. Russland verdient mit Ölexporten trotz westlicher Sanktionen Milliarden. Zugleich müssen Verbraucher in den USA und Europa starke Preissprünge für Benzin und Heizöl hinnehmen. Jetzt fassen die G7-Staaten einen heiklen Eingriff in den Markt ins Auge.

 Eine Tiefpumpe steht in der Nähe der Stadt Usinsk, 1500 Kilometer nordöstlich von Moskau. Die G7-Staaten wollen an einem Preisdeckel für russisches Öl arbeiten.

© Dmitry LovetskyEine Tiefpumpe steht in der Nähe der Stadt Usinsk, 1500 Kilometer nordöstlich von Moskau. Die G7-Staaten wollen an einem Preisdeckel für russisches Öl arbeiten.

Deutschland und die anderen G7-Staaten wollen nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur Mechanismen für einen Preisdeckel für russisches Öl prüfen. Die zuständigen Minister sollten entsprechend angewiesen werden, bestätigten mehrere Diplomaten am Dienstag kurz vor dem Abschluss des G7-Gipfels im bayerischen Elmau. Auch Möglichkeiten für Preisobergrenzen für Gas sollen geprüft werden.

Die bereits erfolgten Planungen sehen vor, Russland dazu zu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Dies könnte funktionieren, indem der Westen Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung des Preisdeckels knüpft.

Mit der Obergrenze soll einerseits dafür gesorgt werden, dass Russland nicht länger von Preisanstiegen auf dem Energiemarkt profitiert. Anderseits soll sie weltweit zu einer Entspannung auf den Ölmarkten beitragen. Nicht nur in der EU, sondern auch in den USA sind die hohen Spritpreise derzeit ein großes Thema.

EU-Ratspräsident Charles Michel hatte gesagt, benötigt werde unter anderem eine klare Vorstellung über die direkten Auswirkungen und mögliche Nebenwirkungen des geplanten Mechanismus für eine Preisgrenze. Demnach müsste klar sein, dass dieser Russland wirklich trifft und nicht nur dafür sorgt, dass die Situation für die EU noch schwieriger und komplexer wird.

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Ukrainer klagen wegen Gasturbine vor Bundesgerichtshof gegen Kanada

Der Verband für die Rechte der Ukrainer im Ausland geht gegen die Ausnahmegenehmigung für die Lieferung der in Kanada gewarteten Siemens-Turbine für die Nord-Stream-1-Pipeline vor. Der Ukrainische Weltkongress teilte mit, er habe einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung beim Bundesgerichtshof eingereicht und fordere „die Feststellung, dass die Entscheidung, Siemens eine Genehmigung zu erteilen, unangemessen und unberechtigt war, sowie die Aufhebung der Genehmigung“.

„Wenn Putin den Westen unter Druck setzen will, müsste er das machen, bevor die europäischen Speicher voll sind“, sagt Politologe Gerhard Mangott. Er ziele mit der Gasdrosselung darauf ab, dass die Zustimmung zur Unterstützung der Ukraine sinke. Quelle: WELT/Christina Lewinsky

© WELT/Christina Lewinsky„Wenn Putin den Westen unter Druck setzen will, müsste er das machen, bevor die europäischen Speicher voll sind“, sagt Politologe Gerhard Mangott. Er ziele mit der Gasdrosselung darauf ab, dass die Zustimmung zur Unterstützung der Ukraine sinke. Quelle: WELT/Christina Lewinsky

Die Ausnahme vom Sanktionsregime gegen Russland sei „völlig inakzeptabel“. Es gebe echte Alternativen zur Deckung des deutschen Gasbedarfs, einschließlich des Kaufs über die ukrainische Pipeline. Das kanadische Verteidigungsministerium reagierte nicht sofort auf eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters zur Stellungnahme.

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Ölembargo und Gas-Krise: Stell Dir vor es ist Wirtschaftskrieg, und keiner geht hin

Die Regierungen in Europa und den USA verhängen eifrig Sanktionen gegen Russland, wollen aber nicht die Folgen tragen. Das wird nicht funktionieren.

Ölembargo und Gas-Krise: Stell Dir vor es ist Wirtschaftskrieg, und keiner geht hin

© Michael Kappeler / dpaÖlembargo und Gas-Krise: Stell Dir vor es ist Wirtschaftskrieg, und keiner geht hin

In der Kreml-Hierarchie ist Dmitrij Medwedew nur noch Vizechef des Sicherheitsrats, um so eifriger müht sich Russlands früherer Präsident, Wladimir Putin mit antiwestlicher Propaganda zu erfreuen. Auf seinem Telegram-Kanal postete er jüngst die Fotos von Boris Johnson und Mario Draghi und daneben ein großes Fragezeichen, was offenbar bedeuten sollte: »Wer ist der nächste«?

Russlands einstige Reformhoffnung geriert sich schon länger als Moskaus oberster Kriegshetzer, aber in diesem Fall hat er einen Punkt. Fünf Monate nach dem russischen Überfall auf die Ukraine sitzt Putin offenbar fester im Sattel denn je, dafür macht manche Regierung in den G7-Staaten nicht unbedingt den souveränsten Eindruck, und das gilt nicht nur für die Kabinette in London und Rom. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sieht sich nach einem glanzlosen Wahlsieg einer Opposition aus putinfreundlichen Rechts- und Linkspopulisten gegenüber. In den USA stellen sich Joe Bidens Demokraten auf eine Schlappe bei den Kongresswahlen im Herbst ein. Und Bundeskanzler Olaf Scholz war bei den Wählern auch schon mal beliebter. Putin hat den Westen geeint, so lautet der Befund, aber nicht unbedingt stärker gemacht.

Der Westen führt den Wirtschaftskrieg nicht mit der notwendigen Ehrlichkeit

Ursache ist nicht zuletzt der Wirtschaftskrieg, von dem sich kaum behaupten lässt, dass er nach Plan verläuft. Sechs Sanktionspakete hat die Anti-Kreml-Koalition inzwischen auf den Weg gebracht, und wenn die Konjunkturforscher recht behalten, wird die beispiellose Kette von Handelsschranken und Technologiesperren Russland schon im laufenden Jahr in eine Rezession stürzen.

Nur: Putins Fähigkeit, Krieg zu führen, haben die Maßnahmen bislang kaum beeinträchtigt, weil die steigenden Energiepreise zugleich die Staatskasse füllen. Umso größer sind die Kollateralschäden im Westen, wo der Konflikt zu historisch hohen Inflations- bei gleichzeitig sinkenden Wachstumsraten geführt hat, weshalb eine wachsende Zahl von Ökonomen mit einer Rezession rechnet, zumindest in Europa. Ist es denkbar, so lautet inzwischen die Frage, dass die Sanktionen ihr Ziel verfehlen?

Das wäre eine voreilige Schlussfolgerung, weil die meisten Strafmaßnahmen langfristig wirken, und es ein Gebot westlicher Selbstachtung ist, den Handel mit dem Kriegsherrn im Kreml auf ein Minimum zu beschränken. Unübersehbar aber ist, dass der Westen seine Sanktionspolitik gegen den Kreml nicht mit der notwendigen Geduld, Entschlossenheit und Ehrlichkeit führt. Wirtschaftskrieg bedeutet, dem Gegner zu schaden, in dem man sich selbst schadet. Wer über Sanktionen redet, darf über die Kosten nicht schweigen. Sie können nicht weggeredet, sondern bestenfalls möglichst gerecht verteilt werden.

Das ist die Logik des ökonomischen Konflikts, der sich vor allem die Europäer derzeit freilich mit allen nur erdenklichen Winkelzügen zu entziehen versuchen. Frei nach der pazifistischen Formel: Stell Dir vor es ist Wirtschaftskrieg, und keiner geht hin.

Weil die Ökonomie der Ukraine im Zuge der russischen Invasion eingebrochen ist, braucht die Regierung in Kiew dringend Geld, das nach Lage der Dinge nur aus dem Westen kommen kann. Doch wenn die europäischen Regierungschefs auf ihren gut ausgeleuchteten Bahnreisen nach Kiew vor die Kameras treten, reden sie viel über den weit entfernten EU-Beitritt des Landes, aber nur wenig über die nötigen Finanzmittel für den nahenden Herbst.

Bei der Konferenz der G7-Finanzminister stellten die USA sieben Milliarden Euro für die Ukraine bereit, die Deutschen lediglich eine Millarde Euro. Und von den neun Milliarden Euro, die Brüssel im Frühjahr der Regierung Selenskyj versprochen hat, ist gerade mal eine Milliarde bewilligt. Dabei müssen sich die Europäer noch auf deutlich höhere Zahlungen einstellen, wie der zuständige EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn diese Woche im SPIEGEL vorgerechnet hat. Machen die Regierungschefs hingegen im selben Stil weiter wie bisher, geht der Ukraine wahrscheinlich eher das Geld als die Munition aus.

Wie Europa auf den Anstieg der Energiepreise reagieren sollte, ist unter Experten ebenfalls wenig umstritten. Die Regierungen sollten bedürftigen und gering verdienenden Haushalten unter die Arme greifen, aber möglichst nicht die Preise mit staatlichen Milliarden drosseln, um den Anreiz zum Sparen zu erhalten. So würden die unvermeidlichen Sanktionslasten den gut und besser verdienenden Bürgern auferlegt, die Einbußen am ehesten verkraften können.

»Liebe Regierung, bitte finanziere meinen Wahlkampf«

Doch davon halten viele europäische Regierungschefs wenig, schon gar nicht der in Bedrängnis geratene französische Präsident Emmanuel Macron. Er hat seinen Landsleuten gerade ein umfassendes Paket sogenannter Kaufkrafthilfen versprochen, dass die Spritpreise dauerhaft deckeln und möglichst allen Franzosen Treibstoffkosten wie vor dem Ukrainekonflikt sichern soll. So hat es sein Wirtschaftsminister Bruno Le Maire jüngst allen Ernstes versprochen. Dass so etwas unbezahlbar ist und nur »die gefährliche Illusion einer unbegrenzten und kostenlosen französischen Staatsverschuldung« nährt, wie es der französische Notenbankchef François Villeroy de Galhau ausgedrückt hat, ist dem Mann im Élysée gleichgültig. Schließlich gilt es, neue Proteste der Gelbwesten abzuwenden.

So ist es derzeit an vielen Stellen in der europäischen Politik. Die Regierenden heften sich gelb-blaue Ukraine-Bändchen ans Revers, aber sie verschließen die Ohren, wenn die Rede auf die nötigen Finanzhilfen kommt. Sie lassen sich für strenge Russland-Sanktionen feiern – und schauen betreten weg, wenn geklärt werden muss, wer dafür aufkommen soll. Sie fordern die Zeitenwende und hoffen insgeheim, dass alles wieder so wird wie vor dem 24. Februar.

Dabei zeigen Umfragen, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl bereit sind, zugunsten der Ukraine auf Wohlstand zu verzichten. Nur müssen die Kosten nachvollziehbar und gerecht verteilt sein. Wladimir Putin dagegen hält die Demokratien für schwach und dekadent, und es gibt offensichtlich manche im Westen, die ihren Bürgern ebenfalls nicht allzu viel zutrauen. Politiker wie Markus Söder zum Beispiel, der bayerische Ministerpräsident.

Der Mann hat offenbar bemerkt, dass die bayerischen Landtagswahlen im nächsten Jahr zu einem Zeitpunkt stattfinden könnten, zu dem die Wähler noch immer unter dem Schock ihrer letzten Gasrechnung stehen. Und so hat er am Wochenende gefordert, dass die Berliner Regierung gleichzeitig einen staatlich finanzierten Tankrabatt und Steuersenkungen beschließen soll. Genauso hätte die Forderung lauten können: »Liebe Bundesregierung, finanziere meinen Wahlkampf!«

Das ist einerseits ein nachvollziehbarer Wunsch für einen Politiker, dessen Umfragewerte gerade im Keller sind. Andererseits aber der falsche Ansatz in einem Wirtschaftskrieg.

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USA geben Bulgarien Beobachtungsstatus auf der Schwarzen Liste wegen Menschenhandels

Belarus und Brunei sind auf der Schwarzen Liste der USA gelandet, Vietnam und Kamboschda werden im Menschenhandels-Bericht ebenfalls gerügt. Aber: Auch nach Europa schaut Washington – und dort vor allem nach Sofia.

USA geben Bulgarien Beobachtungsstatus auf der Schwarzen Liste wegen Menschenhandels

© Michael Sohn / APUSA geben Bulgarien Beobachtungsstatus auf der Schwarzen Liste wegen Menschenhandels

Die USA haben VietnamKambodschaBelarusBrunei und Macau auf ihre Schwarze Liste gesetzt. Der Grund: mangelndes Vorgehen gegen Menschenhandel. Das geht aus dem am Dienstag in Washington vorgestellten jährlichen Menschenhandels-Bericht des US-Außenministeriums hervor. Das EU-Land Bulgarien kommt demnach wegen Befürchtungen, das Problem nicht ernst genug zu nehmen, auf eine Beobachtungsliste.

»Wenn Sie sich den Bericht ansehen, werden Sie ein gemischtes Bild der Fortschritte sehen«, sagte Außenminister Antony Blinken. »Während wir uns diplomatisch mit Themen wie Klima und Korruption befassen, müssen wir uns auch damit auseinandersetzen, wie sie sich mit dem Menschenhandel überschneiden.« Demnach ist Korruption ein grundlegendes Problem, das häufig Menschenhandel erst ermöglicht.

In der Vergangenheit waren häufig auch Verbündete der USA auf der Schwarzen Liste gelandet, was wiederholt zu diplomatischen Spannungen führte. Gegen betroffene Länder werden Sanktionen verhängt, im Fall von befreundeten Staaten lässt die US-Regierung diese jedoch häufig fallen, solange sie Besserung geloben.

»Übersehen, leugnen oder verharmlosen«

Dem Bericht zufolge führt in Kambodscha »endemische Korruption« dazu, dass tausenden von Zwangsarbeit betroffenen Kindern nicht geholfen wird. Die Behörden würden Missbrauch häufig »übersehen, leugnen oder verharmlosen«. Im Fall von Vietnam kritisiert der Bericht vor allem, dass die Regierung in Hanoi nichts gegen eigene Botschaftsvertreter in Saudi-Arabien getan habe, die des Menschenhandels bezichtigt wurden.

Zu Bulgarien, dem wie Serbien eine Herabstufung auf die Schwarze Liste droht, wenn keine Verbesserungen eintreten, erklärte das Außenministerium unter anderem, dass Opfer von Menschenhandel für die gegen sie begangenen Verbrechen bestraft worden seien.

Auf der Schwarzen Liste befanden sich bereits MalaysiaAfghanistanKubaEritreaGuinea-Bissau, IranMyanmarNordkoreaNicaraguaRusslandSüdsudanSyrienTurkmenistan und VenezuelaAlgerien und die Komoren wurden von der Liste gestrichen, weil sich dort die Lage verbessert habe, erklärte das Außenministerium.

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Drohung aus China: Darum geht es im Taiwan-Konflikt

Taiwan sieht sich als unabhängig, China betrachtet es als abtrünnige Provinz. Droht ein Krieg? Und welche Rolle spielen die USA dabei? Die wichtigsten Antworten

Ehrenwächter tragen die taiwanesische Flagge auf dem Freiheitsplatz in Taipeh.

© Ann Wang/​ReutersEhrenwächter tragen die taiwanesische Flagge auf dem Freiheitsplatz in Taipeh.

Die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses reist derzeit durch Asien. Nancy Pelosi war am Montag zunächst in Singapur und landete am Dienstagmorgen in Malaysia. Im Anschluss plant sie, Japan und Südkorea zu besuchen. Nach Angaben aus dem taiwanesischen Parlament wird die ranghohe Politikerin auch in der demokratischen Inselrepublik erwartet. Das sorgt für Spannungen. Auch in Deutschland äußern sich Politiker besorgt.

Worum geht es in dem Konflikt?

Die kommunistische Führung Chinas unter Präsident Xi Jinping betrachtet das demokratische Taiwan als Teil der Volksrepublik und will die Insel mit Festland-China vereinen. Notfalls auch mit militärischen Mitteln.

Taiwan mit seinen 23 Millionen Einwohnern sieht sich hingegen schon lange als unabhängig. Seit 1996 wird dort demokratisch gewählt, Taiwan verfügt über eine eigene Währung und ein eigenes Militär. Dennoch wird Taiwan international von den meisten Ländern nicht als Staat anerkannt und gehört auch den Vereinten Nationen nicht an. Nur 14 überwiegend kleine Staaten unterhalten offizielle diplomatische Beziehungen mit der Regierung in Taipeh.

Taiwan war übrigens nie Teil der Volksrepublik China: Als das chinesische Kaiserreich 1912 endete, wurde die Republik China gegründet. Die Insel Taiwan gehörte erst ab 1945 dazu, da sie zuvor unter japanischer Kolonialherrschaft stand. 1949 besiegten Maos Kommunisten das Militär der Republik China, doch viele Anhänger der Republik flohen auf die Insel Taiwan. Seitdem tragen beide das Wort "China" im Namen: die kommunistische Volksrepublik China und die Republik China, die offiziell immer noch so heißt, aber international als Taiwan bekannt ist.

Welche Rolle spielen die USA?

Die USA pflegen keine offiziellen diplomatischen Beziehungen zu Taiwan. Offiziell folgen sie – ebenso wie die EU – der sogenannten Ein-China-Politik, ohne Taiwan genauer einzuordnen. China vertritt hingegen das Ein-China-Prinzip, das besagt, dass es nur ein China gibt – inklusive Taiwan.

Die USA haben sich aber mit dem Taiwan Relations Act 1979 verpflichtet, Taiwan verteidigungsfähig zu halten. Das zeigt sich vor allem in Waffenlieferungen, verpflichtet die USA aber nicht, militärisch einzugreifen, sollte Taiwan angegriffen werden. Dennoch gelten die USA als ein wichtiger Verbündeter Taiwans.

Warum wäre ein Besuch Pelosis problematisch?

Die chinesische Führung empfindet Besuche ausländischer Politiker und Politikerinnen in Taiwan grundsätzlich als Provokation. Vor allem, wenn es sich um ranghohe Politiker wie Nancy Pelosi handelt. Pelosi ist nach Präsident Joe Biden und Vizepräsidentin Kamala Harris die Nummer drei im Staat. Die US-Demokratin hatte davon gesprochen, Taiwan zu besuchen, um damit ein Zeichen gegen Drohungen aus China zu setzen. Der chinesische Verteidigungs­minister Wei Fenghe hat bei einer Konferenz in Singapur Mitte Juni gesagt, sollte Taiwan seine Unabhängigkeit erklären, werde China einen Krieg beginnen. "Wir werden um jeden Preis kämpfen und wir werden bis zum Ende kämpfen", sagte Wei Fenghe.

Da China Taiwan als Teil seines Territoriums sieht, verbittet es sich Einmischungen. China drohte sogar, Pelosis Flugzeug abzufangen. Staatschef Xi Jinping telefonierte am Donnerstag mit Präsident Biden und warnte ihn mit den Worten: "Diejenigen, die mit dem Feuer spielen, werden daran zugrunde gehen."

Den letzten hochrangigen Besuch eines US-Vertreters in Taiwan gab es 1997: Der Republikaner Newt Gingrich, damals ebenfalls Sprecher des Repräsentantenhauses, reiste auf die Insel. Das war kurz vor der Rückgabe der britischen Kronkolonie Hongkong an China. Die chinesische Reaktion fiel damals gemäßigter aus als heute, da Gingrich vorher Peking besucht hatte. Seitdem gab es vor allem diskrete Solidaritätsbesuche von US-Vertretern.

Droht ein Krieg?

Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine wachsen die Sorgen vor einer Eroberung Taiwans durch China.

Spätestens, seit Xi die Freiheitsbewegung in Hongkong brutal niederschlagen ließ, wurde klar, dass er keine Demokratien zulassen wird und auch vor Gewalt nicht zurückschreckt. Der Westen sprach vom Überschreiten einer roten Linie.

Xi beansprucht das Südchinesische Meer und Taiwan für China. Auch dabei könnte China Gewalt anwenden, davon ist der Chef des US-Geheimdiensts CIA, William Burns, überzeugt. In einem Interview mit NBC sagte er am Rande der Sicherheitskonferenz Aspen Security Forum im Juli, dass er von einem Angriff in den kommenden Jahren ausgehe: "Die chinesische Führung versucht, Lehren aus der russischen Invasion zu ziehen, und das hat aber aus unserer Sicht wahrscheinlich weniger Einfluss auf die Frage, ob China in ein paar Jahren Soldaten einsetzt, um Taiwan zu kontrollieren, sondern darauf, wie und wann."

Welchen Standpunkt vertritt Deutschland?

Außenministerin Annalena Baerbock hat China vor einer Eskalation gewarnt. "Wir akzeptieren nicht, wenn das internationale Recht gebrochen wird und ein größerer Nachbar völkerrechtswidrig seinen kleineren Nachbarn überfällt – und das gilt natürlich auch für China", sagte Baerbock am Montag in New York. Es sei mit Blick auf den "brutalen russischen Angriffskrieg" gegen die Ukraine wichtig, klarzumachen, dass die Weltgemeinschaft solches Verhalten nicht akzeptiere.

Warum ist Taiwan wichtig für Deutschland?

Deutschland pflegt inoffizielle Beziehungen mit Taiwan, die deutschen Interessen werden in Taipeh vom Deutschen Wirtschaftsbüro vertreten. Das Land ist Deutschlands fünftwichtigster Handelspartner in Asien, für Taiwan ist Deutschland wiederum der bedeutendste Handelspartner in der EU. Etwa 300 deutsche Unternehmen sind in Taiwan ansässig. Zudem bestehen mehr als 200 Partnerschaften zwischen Universitäten und Forschungseinrichtungen.

Sollte der Konflikt eskalieren, wäre das auch in Deutschland spürbar, davon ist etwa der FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff überzeugt: "Ein Großteil der weltweit produzierten hochleistungsfähigen Halbleiter stammt aus Taiwan, sie werden in Haushaltsgeräten genauso eingesetzt wie in High-Tech-Produkten, von der Waschmaschine bis zum Verkehrsflugzeug."

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„Tiefes Misstrauen“: Lassen die USA Selenskyj fallen?

„Tiefes Misstrauen“: Lassen die USA Selenskyj fallen?

© Bereitgestellt von Berliner Zeitung„Tiefes Misstrauen“: Lassen die USA Selenskyj fallen?

Einer der wichtigsten US-Journalisten, Tom Friedman von der New York Times (NYT), enthüllt in seiner aktuellen Kolumne in der NYT: Die US-Regierung hat massive Probleme mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj. Friedman, der in den Entscheidungsgremien der Demokraten und im Regierungsapparat in Washington hervorragend vernetzt ist, schreibt: „Im privaten Gespräch sind US-Beamte viel besorgter über die Führung der Ukraine, als sie zugeben. Zwischen dem Weißen Haus und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj herrscht tiefes Misstrauen – erheblich mehr als bisher berichtet.“

Friedman nennt die jüngsten Personalentscheidungen von Selenskyj „seltsame Vorgänge“ und schreibt: „Am 17. Juli entließ Selenskyj die Generalstaatsanwältin seines Landes und den Leiter des Inlandsgeheimdienstes – die bedeutendste Erschütterung seiner Regierung seit der russischen Invasion im Februar. Das wäre so, als würde Biden am selben Tag Merrick Garland und Bill Burns feuern.“

Friedman versteht die Entscheidung nicht – und so scheint es auch in Washington vielen zu gehen. „Ich habe noch keine Berichterstattung gesehen, die überzeugend erklärt, was es damit auf sich hat“, so der Bestsellerautor von der NYT. Sein Fazit: „Es hat den Anschein, als wollten wir in Kiew nicht zu genau unter die Decke schauen, aus Angst vor Korruption oder Skandalen, die wir entdecken könnten – nachdem wir dort so viel investiert haben.“

Die Geschichte scheint keine Andeutung oder bloße Mutmaßung des Kolumnisten zu sein, obwohl er die brisanten Informationen in einem Text über den Taiwan-Besuch von Nancy Pelosi vergräbt. Friedman kündigt an: „Mehr zu den Gefahren davon an einem anderen Tag.“

Bereits Anfang Juni hatten US-Geheimdienstbeamte darüber geklagt, dass sie von Kiew nicht ausreichend über die Vorgänge im Land informiert worden seien. „Wie viel wissen wir wirklich darüber, wie es der Ukraine geht?“, sagte Beth Sanner, eine ehemalige hochrangige Geheimdienstmitarbeiterin, damals der NYT: „Können Sie jemanden finden, der Ihnen mit Zuversicht sagen kann, wie viele Truppen die Ukraine verloren hat, wie viele Ausrüstungsgegenstände die Ukraine verloren hat?“

Avril D. Haines, die Direktorin des Nationalen Geheimdienstes (DNI), sagte vergangenen Monat bei einer Anhörung im Senat aus, dass „es sehr schwer zu sagen sei“, wie viel zusätzliche Waffenhilfe die Ukraine absorbieren könne. Wenig später schlug die Nato Alarm und gab bekannt, dass offenbar einiges Gerät nicht an die Front gelange, sondern auf den internationalen Schwarzmarkt. Laut Washington Post werden politische Funktionsträger langsam unruhig. So sagte der republikanische Abgeordnete Michael Waltz, das Vertrauen des Kongresses in das 40 Milliarden Dollar schwere Waffen- und Hilfs-Programm für die Ukraine werde ohne direktere Kontrolle schwinden. „Aus Transparenzgründen müssen wir wissen, wohin dieses Zeug geht“, sagte er.

Tom Friedman glaubt, dass der Krieg in der Ukraine noch zu einem Problem für die US-Steuerzahler werden könnte – und dass der von vielen Medien als Held der Freiheit abgefeierte ukrainische Präsident zum Problem werden könnte. Friedman zitiert anonyme „hochrangige“ Beamte, die den Einsatz „einer kleinen Atomwaffe gegen die Ukraine“ durch die Russen für möglich halten. Der Krieg jedenfalls sei alles andere als vorbei, die Lage sei nicht stabil und es könnten jeden Tag neue „gefährliche Überraschungen“ auftauchen.

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Belarus: Swetlana Tichanowskaja stellt alternative Regierungsmannschaft vor

Vor zwei Jahr wählte Belarus, Machthaber Lukaschenko erklärte sich zum Sieger. Die Oppositionelle Tichanowskaja musste fliehen, es gab blutige Proteste. Nun beginnt sie aus dem Exil ihre eigene Regierungsarbeit.

Belarus: Swetlana Tichanowskaja stellt alternative Regierungsmannschaft vor

© Christoph Soeder / dpaBelarus: Swetlana Tichanowskaja stellt alternative Regierungsmannschaft vor

Vor zwei Jahren musste die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl ins Exil fliehen – Diktator Alexander Lukaschenko festigte seine Macht. Nun hat Tichanowskaja eine alternative Regierungsmannschaft vorgestellt, um die Ablösung des Machthabers voranzutreiben.

Die Politikerin verkündete in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein »Vereintes Übergangskabinett« und ernannte erste Mitglieder. Das Gremium solle die nationalen Interessen von Belarus vertreten, einen demokratischen Wandel herbeiführen und die Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen, sagte sie. Staatliche Befugnisse hat die Gruppe nicht, sie agiert aus dem Exil. Zu ihren Mitstreitern gehören auch Oppositionelle, die früher dem belarussischen Führungssystem angehörten.
Bei der Wahl am 9. August 2020 hatte sich Lukaschenko zum Sieger der Wahl ausrufen lassen und damit beispiellose Proteste in Belarus ausgelöst. Viele sehen Tichanowskaja als wahre Siegerin des Urnengangs. Sie flüchtete nach der Wahl nach Litauen. Die Opposition hatte massiven Wahlbetrug angeprangert und eine Protestbewegung gegen Lukaschenko gestartet, die aber von der Regierung gewaltsam niedergeschlagen worden war. Heutge gibt es in Belarus aufgrund massiver staatlicher Repressionen so gut wie keine größeren Demonstrationen mehr.

»Lukaschenko darf auf keinen Fall auf internationaler Bühne legitimiert werden«, sagte Tichanowskaja in einem Interview zum Jahrestag der polnischen Zeitung »Rzeczpospolita«. 1261 politische Gefangene sind immer noch in Belarus inhaftiert, wie eine der wichtigsten Menschenrechtsorganisationen des Landes, Wjasna, mitteilte. Nach Ansicht von Tichanowskaja reichen die westlichen Sanktionen bisher nicht aus, um Lukaschenko zum Einlenken zu bewegen und die Gefangenen freizulassen.

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Der Nato-Beitritt von Finnland und Schweden ist noch lange nicht in trockenen Tüchern

Ein schwedischer Soldat nimmt an dem Nato-Manöver «Baltop» Anfang Juni im Ostseeraum teil. Jonas Gratzer / Getty

© Bereitgestellt von Neue Zürcher Zeitung DeutschlandEin schwedischer Soldat nimmt an dem Nato-Manöver «Baltop» Anfang Juni im Ostseeraum teil. Jonas Gratzer / Getty

Gross war die Erleichterung, als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, der finnische Präsident Sauli Niinistö und die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson Ende Juni am Nato-Gipfel in Madrid eine Absichtserklärung unterzeichneten. Niinistö und Andersson hatten sich darin verpflichtet, auf türkische Sicherheitsbedenken gegenüber einem Nato-Beitritt ihrer Länder einzugehen. Sie versprachen unter anderem, den Kampf gegen Gruppen wie die PKK zu verschärfen und Auslieferungsgesuche von mutmasslichen Terroristen an Ankara zu prüfen.

Ankara fordert Auslieferung von «Terroristen»

Einer Mitgliedschaft der zwei bis anhin bündnisfreien Nordstaaten in der westlichen Verteidigungsallianz schien damit nichts mehr im Wege zu stehen. Erdogan, der Finnland und Schweden zuvor wochenlang als «Heimat von Terroristen» beschimpft und so seinen Widerstand gegen den Doppelbeitritt begründet hatte, gab sich versöhnlich und stimmte wie alle anderen Nato-Staats- und -Regierungschefs dem Beginn des Aufnahmeverfahrens zu. Man habe eine historische Entscheidung getroffen, jubelte der Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Doch womöglich freute sich der Norweger zu früh.

Zwar unterschrieben die Botschafter aller 30 Mitgliedstaaten schon eine Woche nach dem Gipfel die Beitrittsprotokolle der Finnen und Schweden. In Rekordgeschwindigkeit gaben kurz darauf die Parlamente in Kanada, Dänemark, Island und Norwegen grünes Licht. In Deutschland stimmten der Bundestag und der Bundesrat bereits am 8. Juli für die Nato-Norderweiterung. Am 3. August votierte mit überraschend grosser Mehrheit auch der amerikanische Senat dafür. Insgesamt haben damit bisher 23 Mitgliedstaaten für die Aufnahme Schwedens und Finnlands in die Allianz gestimmt.
Zu den Ländern, die den Beitritt noch nicht ratifiziert haben, gehören Tschechien, Griechenland, Ungarn, die Slowakei, Spanien sowie die Türkei. Das hat vor allem mit Verfahrensgründen zu tun, wie es in Brüssel heisst. Bis Jahresende dürften die meisten Verbündeten nachziehen.

Doch noch immer geht die grösste Unsicherheit von der Türkei aus. Er könne, so drohte der türkische Präsident am Montag bei einem Treffen mit Diplomaten in Ankara, den Beitrittsprozess jederzeit wieder einfrieren. Die Schweden und die Finnen hätten ihr Wort bisher nicht gehalten, und solange dies nicht geschehe, werde er den Beitritt der Nordeuropäer zur Nato nicht unterstützen. Tatsächlich hatte Erdogan schon wenige Tage nach dem Gipfel erklärt, das Parlament erst dann abstimmen zu lassen, wenn restlos alle Zusagen aus dem Memorandum erfüllt seien.

Zu diesen Zusagen gehört nach türkischer Sicht die Auslieferung von gesuchten «Terroristen», die der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) oder der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen angehören. Man habe offiziell die Überstellung von 33 Personen beantragt, bisher aber keine Antwort aus Stockholm und Helsinki erhalten, beklagte sich der türkische Justizminister Bekir Bozdag vergangene Woche. Verpflichtet hatten sich Schweden und Finnland ausserdem, die syrische Kurdenmiliz YPG nicht zu unterstützen (obwohl diese vom Westen als Partner im Kampf gegen den Islamischen Staat begriffen wird) sowie alle Exportbeschränkungen von Waffen an die Türkei aufzuheben.

Ein Druckmittel gegen¨über Washington?

Dass das Madrider Memorandum von den Beteiligten unterschiedlich gelesen wird, liegt auf der Hand. So ist die PKK zwar auch in Schweden und Finnland offiziell verboten. Einzig in Ankara werden jedoch auch die YPG oder die Anhänger Gülens als «terroristisch» gesehen. Man liefere keine schwedischen Staatsbürger aus, nur weil die Türkei diese als Terroristen einstufe, heisst es aus Stockholm. Auf eine Erfüllung seiner Forderungen kann Erdogan also lange warten, was ihm die Möglichkeit verschafft, weiter zu verhandeln und neue Bedingungen zu stellen.

Angesichts der schweren Wirtschaftskrise in seinem Land und der bevorstehenden Präsidentschaftswahl im nächsten Jahr dürfte Erdogan noch auf längere Zeit versuchen, mit aussenpolitischer Kraftmeierei innenpolitisch zu punkten. Dabei richtet sich sein Forderungskatalog wohl kaum nur an die Nordeuropäer. Von den Amerikanern wünscht der türkische Präsident Kampfflugzeuge vom Typ F-16 zu kaufen. Dagegen gibt es in Washington Widerstand. Schliesslich war die Türkei, nachdem sie S-400-Abwehrraketen von Russland erworben hatte, erst 2019 aus einem anderen Kampfjet-Programm ausgeschlossen worden. Die Nato-Karte als entsprechendes Druckmittel gegenüber den USA dürfte Erdogan insofern nicht so schnell aus der Hand geben.

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"Lässt das Blut in den Adern gefrieren": Joe Biden attackiert Moskau bei UN-Vollversammlung

US-Präsident Joe Biden hat in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung den russischen Präsidenten Wladimir Putin scharf angegriffen. Biden warf Moskau vor, das Existenzrecht der Ukraine auslöschen zu wollen. Er rief die Vereinten Nationen zu einem geschlossenen Vorgehen gegen den Kremlchef auf.

US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede in New York

US-Präsident Joe Biden bei seiner Rede in New York© Evan Vucci/AP Photo

An die Weltgemeinschaft gewandt sagte der 79-Jährige: "Wer auch immer Sie sind, wo auch immer Sie leben, was auch immer Sie glauben, das sollte Ihnen das Blut in den Adern gefrieren lassen."

Biden offen für Reform des UN-Sicherheitsrates

"Ein ständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen ist in sein Nachbarland einmarschiert und hat versucht, einen souveränen Staat von der Landkarte zu wischen." Russland habe schamlos gegen die Grundpfeiler der Charta der Vereinten Nationen verstoßen, so Biden "Es gibt nichts Wichtigeres, als das klare Verbot für Staaten, sich das Territorium ihres Nachbarn mit Gewalt anzueignen."

Biden zeigte sich offen für eine Reform des UN-Sicherheitsrates. So forderte er, dass Länder aus Afrika, Lateinamerika und der Karibik ständige Sitze haben müssten.

"Ein Atomkrieg kann nicht gewonnen werden"

"Die Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, einschließlich der USA, sollten die UN-Satzung dauerhaft aufrechterhalten und verteidigen und auf die Anwendung des Vetos verzichten - außer in seltenen, außergewöhnlichen Situationen - damit sichergestellt wird, dass der Rat glaubwürdig und effektiv bleibt." Das sei auch der Grund, weshalb die USA die Erhöhung der Zahl der ständigen und nichtständigen Vertreter des Rates unterstützen würden, sagte der US-Präsident.

Hinsichtlich nuklearer Drohungen seitens Russlands und Nordkoreas sowie anderer Länder sagte Biden, dass ein Atomkrieg nicht gewonnen werden könne und niemals geführt werden dürfe.

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IWF-Prognose: Diese Krise ist anders

Der Internationale Währungsfonds sagt eine Rezession voraus. Und diesmal kann der Staat nicht alle retten.

Teilnehmer des IWF-Herbsttreffens in Washington, D.C.

Teilnehmer des IWF-Herbsttreffens in Washington, D.C.© Stefani Reynolds/​AFP/​Getty Images

Es sieht nicht gut aus. Die Welt sei in einer "volatilen" Phase, schreibt der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem neuen Weltwirtschaftsausblick, der gestern anlässlich der Herbsttagung der Organisation in Washington, D.C., vorgestellt wurde. Das ist noch eine freundliche Beschreibung der Lage. Das weltweite Wirtschaftswachstum wird nach Einschätzung der Experten des IWF im kommenden Jahr nur noch bei 2,7 Prozent liegen – das wäre mit Ausnahme der Krisenjahre 2020 (Corona) und 2009 (Finanzkrise) der niedrigste Wert seit 20 Jahren. In Deutschland wird die Wirtschaftsleistung demnach sogar schrumpfen, die Bundesregierung kommt in ihrer eigenen Prognose zu ganz ähnlichen Ergebnissen.

Nun sind Krisen kein Schicksal, zumindest gilt das für die meisten Wirtschaftskrisen. Der Staat kann einen Ausfall der privaten Nachfrage in aller Regel durch eine Ausweitung der öffentlichen Nachfrage ausgleichen. Indem er Brücken baut, Schulen saniert, Geld an die Haushalte verteilt – solche Dinge. Die Sache wird allerdings ein wenig komplizierter, wenn nicht die Nachfrage, sondern das Angebot ausfällt.

Mit genau diesem Problem schlagen sich viele Länder derzeit herum. Es ist ja nicht so, dass es in Deutschland jede Menge arbeitsloser Brückenbauer gäbe. Im Gegenteil: Es gibt nicht genug Arbeitskräfte, weil immer mehr Alte in Rente gehen und immer weniger Junge neu auf den Arbeitsmarkt kommen. Es gibt auch nicht genug Baumaterial, weil Russland kein Gas mehr nach Europa liefert und sich in chinesischen Häfen wegen coronabedingter Abfertigungsprobleme die Container stauen. Die Dinge sind also knapp, und deshalb steigt ihr Preis. So wie Äpfel teurer werden, wenn die Apfelernte schlecht ausfällt. Die weltweite Inflationsrate wird nach Einschätzung des IWF in diesem Jahr im Schnitt bei 8,8 Prozent liegen, sie wäre damit fast doppelt so hoch wie im vergangenen Jahr.

Mit Geldpolitik die Inflation "zähmen"

Und auch das ist eine Botschaft dieser Herbsttagung: Die Zeit der Knappheit wird nicht vorbei sein, auch wenn der Krieg in der Ukraine zu Ende ist. Die Umstellung der Wirtschaft auf eine klimaneutrale Produktion mag für viele Unternehmen neue Geschäftschancen eröffnen. Sie ist aber unter dem Strich mit einem Verlust an materiellem Wohlstand verbunden. Alte Produktionsanlagen werden entwertet, neue müssen erst errichtet werden. Das weltweite Wirtschaftswachstum wird dadurch nach Schätzungen des IWF bis 2030 um 0,15 bis 0,25 Prozentpunkte gebremst, die Inflationsrate steigt um 0,1 bis 0,4 Prozentpunkte.

Das bedeutet nicht, dass der Klimaschutz zu teuer wäre und deshalb unterbleiben sollte. Denn die Berechnungen des Währungsfonds zeigen auch: Der Schaden einer ungebremsten Erderwärmung wäre noch größer. Aber die Transformation ist nicht zum Nulltarif zu haben. Sie verursacht Kosten.

Für den IWF ist die Sache klar: Die Nachfrage muss so weit heruntergebremst werden, dass sie zu dem verringerten Angebot passt. Um das obige Beispiel noch einmal aufzugreifen: Wenn statt zwei Äpfeln nur noch ein Apfel geerntet wird, dann kann man auch nur einen Apfel kaufen. Aus diesem Grund empfiehlt der Fonds den Zentralbanken, mit ihrer Geldpolitik vor allem die Inflation zu "zähmen". Das heißt konkret: Sie sollen die Zinsen anheben, damit weniger Geld da ist und die Menschen sich weniger leisten können.

In den großen Währungsbehörden trifft diese Einschätzung weitgehend auf Zustimmung. Sowohl die Europäische Zentralbank als auch die Bank of England oder die amerikanische Notenbank Federal Reserve haben weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. Es gebe keinen "schmerzfreien" Weg im Kampf gegen die Teuerung, sagt der Federal-Reserve-Chef Jerome Powell. Und damit hat er vermutlich recht.

Doch inzwischen weisen Ökonomen wie Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman darauf hin, dass die Sache auch schiefgehen kann. Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen, ist in der Praxis eine recht komplizierte Angelegenheit. Schließlich lässt sich der exakte Wert für die anzusteuernde Nachfragemenge nicht einfach ausrechnen. So besteht die Gefahr, dass die Zentralbanken aus Angst vor der Inflation die Nachfrage stärker einschränken und mehr Leid verursachen, als es eigentlich nötig wäre.

Währung in Schwellenländern unter Druck

Das gilt umso mehr, als die Geldpolitik der großen westlichen Notenbanken immer weltweite Auswirkungen hat. Wegen der steigenden Zinsen in den Vereinigten Staaten ziehen viele Investoren ihr Kapital aus ärmeren Staaten ab, weil es nun auch auf dem sicheren amerikanischen Markt höhere Renditen abwirft. Dadurch geraten die Währungen vieler Schwellenländer unter Druck. Die Weltbank warnt bereits vor einer "Flut nationaler Schuldenkrisen", sollte die Federal Reserve die Zinsen zu schnell nach oben nehmen.

Als das Coronavirus sich auf der Welt verbreitete, stand die Wirtschaft für einige Monate still, wurde danach aber schnell wieder hochgefahren. Diese Krise ist anders, sie ist das Resultat einer Anpassung an die geostrategischen und klimapolitischen Realitäten des 21. Jahrhunderts. Sie wird länger anhalten, aber dafür möglicherweise weniger heftig ausfallen – wenn niemand nervös wird.